OLG Köln, Beschluss vom 20.01.2021 – 3 U 89/20

Oktober 4, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 20.01.2021 – 3 U 89/20

Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.05.2020 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn – 11 O 67/19 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wegen eines Rechenfehlers wie folgt berichtigt wird:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 328.453,56 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits sowie die Kosten der Streithelferin der Klägerin trägt die Beklagte. Die Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt diese selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin der Klägerin werden der Streithelferin der Beklagten auferlegt.

Das Urteil des Landgerichts Bonn vom 12.05.2020 – 11 O 67/197 – und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und ihre Streithelferin können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe
I.

Die Klägerin ist unter anderem Montageversicherer der Firma A GmbH und Co. KG (Versicherungsnehmerin der Klägerin) und macht Schadensersatzansprüche gestützt auf § 86 VVG aus übergegangenem Recht geltend.

Die Firma B AG (im folgenden: Firma B) beauftragte die Versicherungsnehmerin der Klägerin im Dezember 2016 mit der Lieferung und Montage einer Gleichrichteranlage GR 30 zu einem Festpreis von 1.238.400 € netto.

Die Versicherungsnehmerin der Klägerin wiederum beauftragte die Beklagte aufgrund des Angebots vom 11.08.2017 (Anl. K3, Bl. 31 d.A.) mit einem Teil der Leistungen, nämlich der Abladung der Schaltschränke, der Kühlgruppe und des Gleichrichters auf einem zuvor zu erstellenden Plateau und der Einbringung der Maschinenbestandteile in den Schaltraum des Gebäudes der Firma B (Bestellung Anl. K4, Bl. 36 ff. d.A.).

Die Beklagte ihrerseits beauftragte die Firma C GmbH D mit der Abladung und Einbringung der Trafoanlage, also ihre Streithelferin. Mit den Kranarbeiten beauftragte sie die Firma E.

Nach Anlieferung des Transformators am 04.10.2017 an das Werksgebäude der Firma B verunfallte der 54 tonnenschwere Trafo bei seiner Abladung/Einbringung und wurde schwer beschädigt. Ursächlich für den Schaden war nach den Ausführungen des gemeinsam von der Klägerin sowie dem Verkehrshaftpflichtversicherer der Beklagten (F AG, siehe Bl. 105 der Akten) eingesetzten Sachverständigen G der Absturz des Trafos von einem durch die Streithelferin der Beklagten errichteten Podest/Plateau. Dieses Podest sollte den Höhenunterschied von rund 60 cm zwischen dem Gebäudeeingang und dem Straßenniveau überbrücken. Der Trafo sollte dabei mit seiner einen Hälfte auf das Podest zunächst entladen werden, da die Rampe des Gebäudes allein für die Abladung nicht ausreichend tief war. Das von der Streithelferin der Beklagten errichtete Plateau vor den Trafoboxen war nicht gegen Verrutschen gesichert. Träger und Schwerlastplatten lagen nur lose aufeinander. Als das Trafo mittels Kran mit den vorderen beiden Rollen auf die zum Gebäude gehörende Betonrampe und mit den hinteren beiden Rollen auf dem Podest abgestellt war, kippte der Trafo entgegen der Zugrichtung seitlich nach hinten weg, wodurch die Rampe und der Trafo beschädigt wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den ersten Bericht des Sachverständigen G vom 18.08.2017 (Anl. K5, Bl. 40 ff. d.A.) Bezug genommen.

Unmittelbar nach dem Schadenseintritt wurde der Trafo vor Ort auf dem Firmengelände der Firma B durch die Herstellerin des Trafos erstmals begutachtet und der äußere Schaden entsprechend dem Damage Assessment (Anl. K6, Bl. 44 d.A.) festgestellt. Die zur Klärung des Schadensumfangs erforderliche Frequenzgangmessung des Trafos erfolgte am 19.10.2017. Ergebnis dieser war, dass auch im Inneren des Trafos erhebliche Beschädigungen entstanden waren (Anl. K7 und K8).

Nach dem Zwischenbericht des Sachverständigen G vom 12.01.2017 war zunächst von Reparaturkosten von rund 500.000 € auszugehen (Anl. K9). Die Versicherungsnehmerin der Klägerin bezifferte später die angefallenen erforderlichen Reparaturkosten mit 350.772,00 € neu (Anlage K 11). Der Sachverständige G prüfte die Rechnungen und gelangte zu anzuerkennenden Instandsetzungskosten von zunächst 307.357,96 € (Anlage K 12).

Am 13.03.2019 forderte die Klägerin den zuständigen Verkehrshaftpflichtversicherer der Beklagten, die F AG, unter Vorlage ihrer in einer Excel Tabelle dargestellten Abrechnung und Beifügung von Zahlungsnachweisen zur Erstattung von 340.000 € auf. Eine Zahlung erfolgte nicht.

In dem Parallelverfahren vor dem Landgericht Bonn, Az. 11 O 45/19, haben die Beklagte und ihr Verkehrshaftpflichtversicherer den Subunternehmer der Beklagten (ihre hiesige Streithelferin) auf Zahlung in Anspruch genommen. Streithelferin der Klägerin im vorliegendem Verfahren ist der alleinige Transportversicherer der Firma B

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, ihrer Versicherungsnehmerin gegenüber aus der Montageversicherung einstandspflichtig gewesen zu sein. Sie hat behauptet, ihre Versicherungsnehmerin habe alle erforderlichen Reparaturarbeiten veranlasst; hierfür seien Kosten i.H.v. 340.000 € angefallen. Die Firma B habe die Instandsetzungsarbeiten ohne Beanstandung abgenommen. Sie habe an ihre Versicherungsnehmerin insgesamt 340.000 € gezahlt. Der Anspruch ihrer Versicherungsnehmerin sei nach § 86 VVG auf sie übergegangen.

Die Klägerin und ihre Streithelferin haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 340.000 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2019 zu zahlen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die klägerseits behaupteten Einzelheiten des Vertrages zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Firma B mit Nichtwissen bestritten. Zudem hat sie die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Zum einen sei der Transportversicherer der Firma B einstandspflichtig gewesen, zum anderen haftete die Klägerin nach § 5 Abs. 3 ihrer Versicherungsbedingungen nur subsidiär. Die Versicherungsbedingungen der Klägerin seien widersprüchlich und unter AGB-Gesichtspunkten unwirksam, da nach diesen ein Subunternehmer einerseits mitversichert sei und andererseits gegen diesen aufgrund anderer Regelungen dann doch ein Regressanspruch möglich sein solle.

Die Beklagte und ihre Streithelferin sind des Weiteren der Ansicht gewesen, sie seien als an dem von der Versicherungsnehmerin der Klägerin mit der Firma B geschlossenen Vertrag beteiligte Unternehmen in dem Montageversicherungsvertrag der Klägerin mit ihrer Versicherungsnehmerin mitversichert. Die Beklagte sei daher nicht „Dritte“ im Sinne des § 86 VVG; ein Regress scheide aus. Allenfalls könne die Klägerin einen beschränkten Ausgleich nach den Grundsätzen der Mehrfachversicherung verlangen.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 425 HGB, § 86 VVG aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 328.459,96 € zu. Zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Firma B sei ein Vertrag geschlossen worden, der die Lieferung einer Gleichrichteranlage einschließlich Verpackung, Montage und Inbetriebnahme zum Gegenstand gehabt habe. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen sei vor dem Hintergrund der von der Klägerin vorgelegten Vertragsunterlagen, die der Beklagten bereits vorgerichtlich zugänglich gemacht worden seien, unerheblich. Mit der Erbringung der vom vorgenannten Auftrag umfassten Transportleistung (Schaltschränke, Kühlgruppe und Gleichrichter mittels eines Autokrans und Spreize abladen, auf ein zuvor zu erstellendes Plateau vor der Trafobox T30 abstellen, Einbringung der Komponenten in den Schaltraum und grobe Ausrichtung dort) habe die Versicherungsnehmerin die Beklagte als Subunternehmerin beauftragt. Die Beklagte habe wiederum ihre Streithelferin (Firma C) als Subunternehmerin mit den Transportleistungen sowie die Firma E mit den erforderlichen Kranarbeiten beauftragt. Bei der Ausführung der Arbeiten durch die Mitarbeiter der Streithelferin der Beklagten sei der Trafo unstreitig aufgrund der im Tatbestand dargestellten Umstände verunfallt. Für den Schaden habe die Beklagte gegenüber der Klägerin nach § 425 HGB einzustehen, da der Schaden während der von der Beklagten übernommenen Transportleistung eingetreten sei. Die Beklagte müsste sich das Handeln ihrer Subunternehmerin im Verhältnis zur Klägerin nach § 428 HGB zurechnen lassen. Sie hafte auch im Sinne des § 435 HGB, da das zur Aufnahme des Trafos zu erstellende Podest grob mangelhaft gewesen sei. Die Klägerin habe einen Schaden i.H.v. 328.459,96 € schlüssig dargelegt. Dieser Betrag ergebe sich aus den vom Sachverständigen G in seinem Prüfbericht zunächst genannten Betrag von 307.357,96 €, weiteren 14.875 € für die zunächst gestrichene Position 170, die die Versicherungsnehmerin der Klägerin später nachgewiesen habe, weiteren 93,60 € Reisekosten sowie weiteren 6.127 €, die die Kammer nach § 287 ZPO für weitere Montagekosten ermittelt habe.

Der der Versicherungsnehmerin der Klägerin gegen die Beklagte zustehende Anspruch sei nach § 86 VVG auf die Klägerin übergegangen. Die Klägerin habe im Verhältnis zu ihrer Versicherungsnehmerin für den Schaden im Rahmen der Montageversicherung – und nicht im Rahmen der gleichfalls bestehenden Transportversicherung – einzustehen. Dies ergebe sich aus 2.1 der Versicherungspolice (Anl. K 15, Bl. 626 d.A.) sowie Ziff. 2.1. der Bedingungen für den Baustein Montageversicherung (Anl. K 16, Bl. 637 f. d.A.). Die Beklagte sei in der Montageversicherung der Klägerin nicht aufgrund der Regelung in § 5 Nr. 1 der Versicherungsbedingungen zum Baustein Montageversicherung mitversichert. Die Beklagte sei unstreitig allein mit der Beförderung des Trafos beauftragt gewesen und habe keine Montageleistungen wie die Klägerin geschuldet. Sie sei auch deshalb „Dritte“ im Sinne des § 86 VVG, weil ihr Interesse nicht durch die Versicherung geschützt sei. Bei der Klägerin sei allein das Sacherhaltungsinteresse der Versicherungsnehmerin der Klägerin an den im Rahmen des Vertrages mit dem Besteller erbrachten Montageleistungen versichert; seitens der Beklagten bestehe demgegenüber allein ein Interesse, im Fall einer Verletzung ihrer transportrechtlichen Pflichten als Schwergut- und Kranunternehmen nicht mit Schadensersatzansprüchen ihres Auftraggebers belastet zu werden. Die Beklagte habe mithin allein ein Haftungsinteresse, das nicht von der Montageversicherung umfasst sei.

Auch der Einwand der Mehrfachversicherung komme nicht zum Tragen. Dieser Einwand könne ohnehin allenfalls von einem Versicherer erhoben werden und nicht von der Beklagten als verantwortlichem Transportunternehmen. Zudem setze die Doppelversicherung die Identität des mit mehreren Verträgen versicherten Interesses voraus. Dies sei hier nicht der Fall, da einerseits das Sacherhaltungsinteresse und andererseits das Haftungsinteresse versichert sei. Zudem stünde die Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 3 der Versicherungsbedingungen Baustein Montage (Anlage K 16) einer Doppelversicherung entgegen. Diese im Versicherungswesen gängige Regelung verhindere, dass es überhaupt zu einer Mehrfachversicherung kommen könne. Der Einwand der Beklagten, dass anstelle von ihr der Transportversicherer der Firma B einstandspflichtig sei, sei nicht nachvollziehbar.

Gegen dieses der Beklagten am 18.05.2020 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.06.2020 eingereichte und mit Schriftsatz vom 14.08.2020 begründete Berufung der Streithelferin der Beklagten. Die Streithelferin der Beklagten rügt, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft die Annahme eines Forderungsübergangs nach § 86 Abs. 1 VVG zugrunde gelegt. Die Beklagte sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht „Dritte“ im Sinne des § 86 Abs. 1 VVG, da sie selbst als Nachunternehmerin der Versicherungsnehmerin der Klägerin unter der in Rede stehenden Montageversicherung mitversichert sei. Schadensursächlich sei unstreitig die Montage/Errichtung des Plateaus zur Aufnahme des Trafos gewesen. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ausschließlich Transportleistungen erbracht habe und damit bereits aus diesem Grunde nicht unter der bei der Klägerin unterhaltenen Montageversicherung mitversichert sei. Die Unrichtigkeit der Annahme zeige sich darin, dass die Klägerin selbst von einem Montageschaden ausgehe, mithin von einer Realisierung eines von ihr versicherten Montagerisikos bei der von ihrer Versicherungsnehmerin gegenüber der Firma B geschuldeten „Errichtung eines Plateaus“ zum Zwecke der Einbringung des Trafos in die Trafostation. Denn sonst hätte sie nicht aus der bei ihr unterhaltenen Montageversicherung regulieren müssen. Die Beklagte habe die „Erstellung des Plateaus“ für die Versicherungsnehmerin der Klägerin ausgeführt und somit letztlich die schadenverursachende Montageleistungen erbracht, und zwar durch die von ihr als Nachunternehmerin in die Liefer-/Montagewerke einbezogene Streithelferin. Insofern sei die Beklagte wie auch die Streithelferin gemäß § 5 Ziff. 1 des Bedingungswerks mitversichert. Die Beklagte habe für die Versicherungsnehmerin der Klägerin bei der Errichtung des Plateaus eine der Versicherungsnehmerin obliegende Montageleistung erbracht.

Die Streithelferin der Beklagten beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bonn zum Az. 11 O 67/19 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die von ihrer Versicherungsnehmerin gegenüber der Firma B geschuldete Leistung sei bezüglich der Montageleistungen (Montage der Bestandteile der Gleichrichteranlage einschließlich des hier streitigen streitgegenständlichen Trafos, Verbindung aller Maschinenbestandteile, Inbetriebnahme) in vollem Umfang bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin verblieben. Lediglich die Transportleistungen seien an Subunternehmer, konkret an die Beklagte, vergeben worden. Die Errichtung eines Plateaus vor den Trafoboxen sei lediglich ein Transporthilfsmittel zur Überbrückung eines Höhenunterschieds und damit unwesentliche Nebenleistung des erteilten Frachtauftrags und keine gesonderte Montageleistung. Die Klägerin habe auch nicht deshalb den konkreten Schadensfall über die abgeschlossene Montageversicherung gedeckt, weil zur Verbringung des Trafos ein Podest zu errichten gewesen sei. Grund für die Regulierung nach der Montageversicherung sei gewesen, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin mit der Firma B eine Lieferung nach den Incoterms „DDU“ vereinbart hätte, nach denen es der Verkäufer schuldete, die nicht zur Einfuhr freigemachte Ware am vereinbarten Bestimmungsort dem Käufer zur Verfügung zu stellen. Das Abladen der Ware sei nach der DDU nicht mehr in den Verantwortungsbereich des Verkäufers gefallen. Insofern decke die Transportversicherung unter den Incoterms DDU nur den Transport der Ware bis zur Bereitstellung beim Käufer, hier also der Firma B, ab. Das Entladen und die anschließende Verbringung des Trafos in das Trafohäuschen zum Zwecke der dortigen Montage sei unter der bei der Klägerin eingedeckten Transportversicherung nicht mehr gedeckt. Da diese Leistung allerdings Voraussetzung für die eigentliche Montageleistung und Inbetriebnahme der Gleichrichteranlage gewesen sei, habe Deckung unter der Montageversicherung bestanden. Dass für das Verbringen des Trafos vom anliefernden Lkw in die Trafobox ein Podest genutzt worden sei, habe demgegenüber für die Regulierung unter der Montageversicherung keinerlei Bedeutung gehabt. Das Landgericht habe insofern zu Recht angenommen, dass die Beklagte ausschließlich mit einer Transportleistung beauftragt worden sei.

Die Errichtung des Podests sei keine gesonderte Montageleistung, sondern notwendiger Bestandteil der Transportleistung. Dass bei der Beklagten sowie bei der Streithelferin der Beklagten das Transporthaftungsinteresse betroffen sei und nicht das Sacherhaltungsinteresse, ergebe sich auch daraus, dass bei der von der Streithelferin der Beklagten angeblich unterhaltenen Montageversicherung nur Lieferungen und Leistungen für die Errichtung des Montageobjekts versichert seien, also nur Schäden an dem Podest, und nicht ein Schaden an dem über dieses Podest eingebrachten Trafos. Zudem bestehe eine Entschädigungspflicht nach diesen Versicherungsbedingungen für ein Montageobjekt nicht, dass man selbst mangelhaft errichtet habe. Im Verhältnis zur Versicherungsnehmerin der Klägerin habe sich vorliegend das Transportrisiko realisiert.

Nach Auffassung der Streithelferin der Klägerin ist der Einwand der Beklagten, dass die Klägerin unter der von ihr gezeichneten Police nicht zur Leistung verpflichtet gewesen sei, unerheblich für einen Rechtsübergang nach § 86 Abs. 1 VVG. Angesichts der in den Bedingungen der Klägerin enthaltenen qualifizierten Subsidiaritätsklausel genieße die Beklagte auch insofern keinen Versicherungsschutz als Mitversicherte, weil sie für den streitgegenständlichen Schaden bzw. das Transportrisiko eine eigene Versicherung unterhalte. Das Landgericht habe auch zutreffend festgestellt, dass eine Identität der versicherten Risiken nicht bestehe. Unter der von der Klägerin gezeichneten Montageversicherung sei das Sacherhaltungsinteresse am streitgegenständlichen Trafo versichert, während sich bei der Beklagten ein Transportrisiko verwirklicht habe, für das diese selbst eine Transportversicherung unterhalte.

II.

Die Berufung der Streithelferin der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Der Senat hat die Streithelferin der Beklagten auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung mit Beschluss vom 26.11.2020 wie folgt hingewiesen:

„Die Berufung der Streithelferin der Beklagten ist zulässig und fristgerecht (innerhalb der für die Beklagte geltenden Berufungsfrist) eingelegt und begründet worden. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat Bezug nimmt, der Klage in Höhe von 328.453,56 € stattgegeben (zur Differenz von 6,40 € zum tenorierten Betrag siehe nachfolgend II.).

1. Das Landgericht hat zunächst zutreffend erkannt, dass der Versicherungsnehmerin der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz aus den §§ 425 Abs. 1, 428, 429 Abs. 2 HGB zusteht, weil an dem Frachtgut ein Schaden in der Obhut der Beklagten, bzw. der von ihr hinzugezogenen Streithelferin, entstanden ist. Zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten ist auf der Grundlage des Angebots der Beklagten, Anlage K 3, und der Bestellung, Anlage K 4, ein Vertrag u.a. über das „Abladen des Trafos mittels Autokran und Spreize, Abstellen auf einem vorher zu erstellenden Plateau und Einbringen und Grobausrichten in der Trafobox“ bei der Fa. B zustande gekommen. Diesen Vertrag hat das Landgericht zu Recht und von der Berufung auch nicht mit Substanz angegriffen als Frachtvertrag im Sinne des § 407 HGB qualifiziert. Für den Frachtvertrag reicht die gewerbsmäßige Übernahme der Beförderung auch nur auf kürzeste Distanz aus, zum Beispiel der Transport von Möbeln von einem Zimmer in ein anderes oder der Transport einer Maschine mittels eines Krans innerhalb eines Gebäudes von dem einen in den andern Stock (BGH, Urteil vom 15.12.1994, I ZR 196/92, juris Rz. 17). Auch die AGB BSK (Allgemeine Geschäftsbedingungen der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten, abgedruckt in Koller, Transportrecht, 10. Aufl.), auf deren Einbeziehung die Beklagte in ihrem Angebot verweist, nehmen in Ziff. 15.1. Bezug auf das Frachtrecht. In den Ziffern 2 und 3 werden Kranarbeiten und Transportleistungen insbes. mittels besonderer Transporthilfsmittel als Güterbeförderung bezeichnet. Grobmontagen sind Bestandteile der Kran- und Transportleistungen. Zwar ist das Angebot der Beklagten mit „Gestellung Teleskopkrane und Montagekolonnen“ überschrieben. Dies führt indes nicht zu einer anderen rechtlichen Qualifikation des Vertrages, z.B. als Miet- oder Personalüberlassungsvertrag. Denn aus der Beschreibung der Arbeiten im Angebot geht hervor, dass ein Transporterfolg, nämlich das Abladen, Einbringen und Ausrichten des Trafos geschuldet wird. Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeiten vom Personal nach Weisung und Disposition der Versicherungsnehmerin der Klägerin durchgeführt werden sollten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Diese hat vielmehr für die Transportleistung die Beklagte als Frachtführerin beauftragt, die sich wiederum der Streithelferin bediente. Das Erstellen des Plateaus zur vorübergehenden Aufnahme des Trafos vor dem Einschieben in die Box ist nicht als eigenständige Werkleistung, sondern als untergeordnete Montageleistung zur Erbringung des Transporterfolgs anzusehen (vgl. auch BGH, Urteil vom 28.01.2016, I ZR 60/14, juris Rz. 21, 22).

2. Der Anspruch der Versicherungsnehmerin der Klägerin ist auf diese nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übergegangen. Danach geht der Ersatzanspruch, der dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zusteht, auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt.

a) Soweit die Beklagte erstinstanzlich eingewandt hat, die Klägerin sei gegenüber der Versicherungsnehmerin für den Transportschaden gar nicht eintrittspflichtig gewesen, weil dieser Schaden über die Transportversicherung der Fa. B gedeckt gewesen sei, ist dies unerheblich. Es kommt nur darauf an, ob der Versicherer tatsächlich reguliert hat. Der Ersatzanspruch geht grundsätzlich unabhängig davon auf den Versicherer über, ob dieser zur Leistung verpflichtet ist (BGH VersR 1989, 250 (251); VersR 1963, 1192 (1193); OLG Frankfurt a.M. r+s 2005, 160 f.; OLG Hamm r+s 1998, 184; BeckOK VVG, Marlow/Spuhl, 8. Edition Stand: 01.08.2020, § 86 Rz. 52 m.w.N.).

b) Die Beklagte ist auch als „Dritter“ im Sinne des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG anzusehen. Wer „Dritter“ ist, ist durch Auslegung des Versicherungsvertrags zu bestimmen. Die Abgrenzung hat negativ zu erfolgen. Dritter ist demnach jeder, dessen betroffenes Interesse nicht durch den Versicherungsvertrag versichert ist (Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 86 Rz. 108).

Der Umstand, dass die Beklagte bzw. ihre Subunternehmerin in Bezug auf das Plateau und das Abstützen der Rampe auch Montageleistungen zu erbringen hatte, führt nicht dazu, dass sie in der bei der Klägerin gehaltenen Montageversicherung mitversichert ist. Zwar sieht die Versicherung „Grundbaustein Montage“ (Anlage K 16, Bl. 637 ff. d.A.) in § 5.1. vor: „Sofern nichts anderes vereinbart – ist das Interesse aller Unternehmer, die an dem Vertrag mit dem Besteller beteiligt sind, einschließlich der Subunternehmer, jeweils an ihren Lieferungen und Leistungen versichert“. Auch ist die Beklagte im Verhältnis zur Fa. B als Subunternehmerin der Versicherungsnehmerin der Klägerin (Fa. A) anzusehen. Die Einbeziehung der Beklagten als Subunternehmerin erfolgte aber lediglich in Bezug auf die Teilleistung „Lieferung“ und nicht in Bezug auf die Teilleistung „Montage“ des Trafos. Nach dem maßgeblichen Versicherungsschein der Klägerin (Anlage K 15) besteht Versicherungsschutz für Projektierung, Fertigung, Lieferung, Montage und Inbetriebnahme von elektrischen Anlagen. Die Multi-Risk-Versicherung umfasst u.a. eine Montageversicherung (ferner die Risikobausteine Transport, Haftpflicht, Sachwerte und Erträge). Gem. § 2.1 der Montageversicherung sind versichert „alle Lieferungen und Leistungen für die Errichtung des im Versicherungsvertrag bezeichneten Montageobjekts (Konstruktionen, Maschinen …elektrische Einrichtungen …), sobald sie erstmals innerhalb des Versicherungsortes abgeladen worden sind“. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich unwidersprochen und untermauert durch die Anlage K 1 vorgetragen, dass sich die Montageleistung ihrer Versicherungsnehmerin aus dem von dieser mit der Fa. B geschlossenen Vertrag auf Leistungen bei der Fa. B bezog. Dort sollte das streitgegenständliche Trafo mit anderen Bestandteilen der Gleichrichteranlage verbunden und in Betrieb genommen werden. Davon zu unterscheiden und nicht umfasst ist die Transportleistung und folglich auch nicht die Errichtung des Plateaus als Transporthilfsmittel. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin hat die Beklagte daher nicht in die ihr obliegenden Montageleistung einbezogen. Insofern ist es entgegen der von der Streithelferin der Beklagten vertretenen Auffassung unerheblich, dass der eingetretene Schaden ebenfalls – zufällig – mit einer Montageleistung (fehlerhafte Errichtung des Plateaus) in Zusammenhang steht. Denn diese ist – wie dargelegt – lediglich (untergeordneter) Teil der Transportleistung.

c) Das Landgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass bei der Klägerin das Sacherhaltungsinteresse der Versicherungsnehmerin an den im Rahmen des Vertrages mit dem Besteller erbrachten Montageleistungen versichert ist, während das Interesse der Beklagten darin besteht, im Fall einer Verletzung ihrer transportrechtlichen Pflichten als Schwergut- und Kranunternehmen nicht mit Schadensersatzansprüchen ihres Auftraggebers für Schäden am Transportgut belastet zu werden. Für diesen Fall unterhält sie nach eigenen Angaben gerade eine Verkehrshaftpflichtversicherung. Das Sachersatzinteresse der Beklagten in Bezug auf fremde Sachen bzw. wegen Beschädigungen von Lieferungen und Leistungen, die andere versicherte Personen erbringen (also z.B. des Trafos), ist nicht von der bei der Klägerin eingedeckten Montageversicherung umfasst.

d) Für einen Gleichlauf der versicherten Interessen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten in der Montageversicherung spricht auch nicht, dass die Klägerin den Schaden auf Grundlage der bei ihr eingedeckten Montageversicherung reguliert hat. Denn die Klägerin hat bereits erstinstanzlich nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass die Regulierung auf Grundlage der Montageversicherung nichts damit zu tun hat, dass die Beklagte bzw. ihre Streithelferin im Auftrag ihrer Versicherungsnehmerin ein Plateau/Podest „montiert“ haben. Vielmehr habe dies allein mit den zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Fa. B vereinbarten Lieferbedingungen (Incoterms DDU) und den dadurch abgesteckten Gefahrtragungsbereichen zu tun. Danach gehöre das Abladen der Ware nicht mehr zum Verantwortungsbereich des Verkäufers und sei insofern nicht von der bei der Klägerin unterhaltenen Transportversicherung gedeckt, wohl aber von der Montageversicherung, da das Abladen der Ware Voraussetzung für die eigentliche Montageleistung ihrer Versicherungsnehmerin sei.

3. Insofern geht auch der Einwand der Streithelferin der Beklagten fehl, ein Regress gegen die Beklagte nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG sei wegen einer Doppelversicherung und der vorrangigen Ausgleichsregel nach § 78 Abs. 2 VVG ausgeschlossen. Eine Doppelversicherung setzt zunächst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Identität des mit mehreren Verträgen versicherten Interesses voraus (BGH, Urteil vom 18.11.2009, IV ZR 58/06, juris Rz. 12 m.w.N.). Dies ist nach vorstehenden Ausführungen unter 2. nicht der Fall. Zudem stünde die in § 5 Abs. 3 der Versicherungsbedingungen der Klägerin für den „Grundbaustein Montage“ vorgesehene Subsidiaritätsklausel einer Doppelversicherung entgegen. Eine Subsidiaritätsklausel verhindert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass es überhaupt zu einer echten Doppelversicherung kommt (BGH, Urteil vom 18.11.2009, IV ZR 58/06 Rz. 10 m.w.N.).“

An diesen Ausführungen hält der Senat auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen der Streithelferin der Beklagten im Schriftsatz vom 14.01.2021, in der sie ihren Standpunkt wiederholt, fest.

Die Streithelferin der Beklagten wendet auch in ihrer Stellungnahme nichts dagegen ein, dass der zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin der Klägerin geschlossene Vertrag als Frachtvertrag zu qualifizieren ist. Der Senat bleibt dabei, dass die Beklagte von der Versicherungsnehmerin der Klägerin mit einer Transportleistung beauftragt wurde und es sich bei der Errichtung des Podests um eine Nebenleistung der geschuldeten Transportleistung handelt. Der Umstand, dass mit der Errichtung des Podests eine untergeordnete Montageleistung verbunden war, führt nicht dazu, dass die Beklagte als Nachunternehmerin der Versicherungsnehmerin der Klägerin in die dieser gegenüber der Fa. B obliegende Montageverpflichtung einbezogen wurde. Die Montageverpflichtung der Versicherungsnehmerin der Klägerin bezog sich auf die Verbindung des Trafos und die Inbetriebnahme der Gleitrichteranlage auf dem Betriebsgelände der Fa. B. Dadurch, dass sich die Versicherungsnehmerin der Klägerin bezüglich des Transports des Trafos zum Trafogebäude der Beklagten bediente, wird die Beklagte nicht zur Mitversicherten in der bei der Klägerin gehaltenen Montageversicherung. Es hat sich nämlich ein Transport- und nicht ein Montagerisiko realisiert. Dem Umstand, dass die Klägerin den Schaden auf Grundlage der Montageversicherung reguliert hat, kann entgegen dem Vorbringen der Streithelferin der Beklagten keine Weichenstellung dahin entnommen werden, dass damit im Verhältnis zur Beklagten feststeht, dass sich ein Montagerisiko realisiert hat. Vielmehr ist allein darauf abzustellen, ob die Versicherungsnehmerin der Klägerin die Beklagte mit einer Transport- oder einer Montageleistung als Nachunternehmerin beauftragt hat. Nur bei Beauftragung mit einer Montageleistung wäre die Beklagte in Bezug auf diese Leistung mitversichert gewesen. Hier handelt es sich aber – wie ausgeführt – bei zutreffender rechtlicher Einordnung des Vertragsverhältnisses auf Grundlage der Anlage K 3, Bl. 31 ff. GA, um einen Transportvertrag und die untergeordnete Montageverpflichtung bezog sich nicht auf das Trafo bzw. die Gleitrichteranlage als solche, sondern auf das Plateau als Transporthilfsmittel.

III.

Soweit dem Landgericht bei der Berechnung der ausgeurteilten Summe ein Rechenfehler unterlaufen ist, wird dieser – wie im Hinweisbeschluss unter II. angekündigt – im Tenor korrigiert. Auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss wird verwiesen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 ZPO. Da sich die Beklagte an der Berufung der Streithelferin materiell nicht beteiligt hat, hat die Streithelferin der Beklagten die Kosten der Berufung allein zu tragen (vgl. Zöller-Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 67 Rz. 6; Zöller-Herget, a.a.O., § 101 Rz. 4).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 328.459,96 €

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