OLG Köln, Beschluss vom 24.04.2017 – 12 U 6/17

Oktober 29, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 24.04.2017 – 12 U 6/17

Tenor
1.

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers gegen das am 29.11.2016 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Bonn, 17 O 190/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

2.

Der Kläger erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis bis zum 29.5.2017 Stellung zu nehmen. Er mag innerhalb der Frist mitteilen, ob die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückgenommen wird.

Gründe
Die Berufung hat nach dem derzeitigen Stand der Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO).

Es kann dahinstehen, inwieweit der formulierte Feststellungsantrag im Hinblick auf den grundsätzlichen Vorrang einer Leistungsklage nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bereits als unzulässig anzusehen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.2017, XI ZR 183/15, Rn. 11 ff.; VU v. 21.2.2017, XI ZR 467/15). Denn auch bei fehlendem Feststellungsinteresse kann die Klage aus Sachgründen abgewiesen werden (vgl. BGH, Urt. v. 1.7.2014, XI ZR 247/12, juris Rn. 18), weil das Feststellungsinteresse nur für die zusprechende Entscheidung echte Sachurteilsvoraussetzung ist (BAG, Urt. v. 12.2.2003, 10 AZR 299/02, juris Rn. 47 f.).

Der Senat erachtet die Klage in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Begründung in vollem Umfang Bezug genommen wird, als unbegründet, weil die erteilte Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden ist; der erklärte Widerruf ist deshalb zu spät erfolgt und damit unwirksam.

Die Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist ist hinsichtlich des Darlehensvertrages über 130.000 € entgegen den Rügen der Berufung (BB S.2-5) eindeutig. Die Annahme, es werde für die zunächst genannten Bedingungen des Fristbeginns ein zutreffender Hinweis auf § 187 Abs.1 BGB gegeben, der dann hinsichtlich der zuletzt genannten Bedingung des Vertragsschlusses aber fehle, geht fehl. Die – auch nach dem Verständnis der Berufung jedenfalls auf die zunächst genannten Bedingungen des Fristbeginns bezogene Formulierung, die Frist beginne „zu dem Zeitpunkt …“ ist offensichtlich synonym mit der vom Gesetz selbst in § 355 Abs.2 BGB a.F. verwendeten Formulierung, die Frist beginne „mit dem Zeitpunkt …“. Hiervon ausgehend gilt, dass dies schon deshalb nicht zu beanstanden ist, weil der Belehrende nicht genauer sein muss als das Gesetz (BGH, Beschl. v. 27.9.2016, XI ZR 309/15, juris Rn. 8; Urt. v. 22.11.2016, XI ZR 434/15, juris Rn. 17). Dies gilt sodann auch für die weitere Voraussetzung des Vertragsschlusses. Die Annahme, dass hinsichtlich des Vertragsschlusses als weiterer Voraussetzung insoweit ein falscher Eindruck entstehe, geht fehl; die von der Berufung hierzu zitierte Rechtsansicht des OLG Stuttgart ist durch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.2017, XI ZR 183/15, juris Rn. 26) überholt.

Auch die Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist hinsichtlich des Darlehensvertrages über 60.000 € ist nicht zu beanstanden. Sie wird entgegen der Ansicht der Berufung (BB S.5-6) den Erfordernissen des § 355 Abs.2 S.3 BGB a.F. gerecht. Indem als Voraussetzung für den Fristbeginn der Erhalt eines Exemplars der Belehrung benannt und die Belehrung verschriftlicht übersandt wurde, ist den Erfordernissen des § 355 Abs.2 S.3 BGB a.F. insoweit ohne weiteres Rechnung getragen (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.2017, XI ZR 183/15, Rn. 22). Der falsche Eindruck, die Frist beginne gegebenenfalls ohne Rücksicht auf die eigene Vertragserklärung des Verbrauchers, kann hier – anders als in dem Fall, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.3.2009, XI ZR 33/08 zugrunde lag – schon deshalb nicht entstehen, weil die Belehrung ausdrücklich auf eine Urkunde oder Abschrift des Darlehensvertrages oder das Darlehensangebot des Darlehensnehmers abstellt. Ohne Vertragserklärung des Darlehensnehmers gibt es kein Darlehensangebot des Darlehensnehmers; ohne Vertragserklärung des Darlehensnehmers kann es auch keine Vertragsurkunde – der hier verwendete Begriff der Urkunde des Darlehensvertrages ist insoweit offensichtlich synonym – oder eine Abschrift einer solchen geben (vgl. OLG Köln, Urt. v. 2.3.2016, 13 U 52/16, juris Rn. 16, NZB zurückgewiesen durch BGH, Beschl. v. 17.1.2017, XI ZR 128/16), womit ohne weiteres klargestellt ist, dass es einer eigenen Vertragserklärung des Darlehensnehmers bedarf. Soweit die Berufung weiter rügt, es sei unklar, was mit den „allgemeinen Vertragsbedingungen“ gemeint sei, enthält die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung diesen Begriff schon nicht, sondern verweist schlicht auf „alle Vertragsbedingungen“; was darunter zu verstehen ist, erschließt sich dem durchschnittlichen Verbraucher, dem der Vertrag wie hier vorliegt, ohne weiteres. Entsprechendes gilt für die in der Belehrung in Bezug genommenen „Finanzierungsbedingungen“, die ebenfalls Bestandteil des Vertrages waren.

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