OLG Köln, Beschluss vom 24.11.2016 – 24 U 110/16

November 2, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 24.11.2016 – 24 U 110/16

Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 07.07.2016 verkündete Urteil der der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln – Az. 15 O 248/15 – wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe
I.

Der Kläger, ein Steuerberater, nimmt die beklagte T wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit einem Zins- und Währungs-Swap über etwa 550.000,- € sowie einem weiteren Zinssatz-Swap über etwa 410.000,- € auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat seine Klage vollumfänglich abgewiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der erstinstanzlich gestellten Sachanträge und wegen der Gründe der klageabweisenden Entscheidung wird auf das angegriffene Urteil vom 07.07.2016 (Bl. 429 ff. GA) Bezug genommen.

Das in vollständiger Form abgefasste Urteil des Landgerichts ist dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigen am 20.07.2016 zugestellt worden (Bl. 441 GA). Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 19.08.2016 bei dem Oberlandesgericht Köln per Telefax eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 444 f. GA). Mit Verfügung vom 21.09.2016 hat der Vorsitzende die Frist zur Begründung der Berufung antragsgemäß bis zum 18.10.2016 verlängert (Bl. 457 GA).

Am Dienstag, dem 18.10.2016, ist bei dem Oberlandesgericht eine nicht unterzeichnete Berufungsbegründungsschrift per Telefax eingegangen (Bl. 458 ff. GA). In der Folge ist am 20.10.2016 ein von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unterzeichnetes Original der Berufungsbegründung eingegangen (Bl. 475 ff. GA). Die Unterschrift unterscheidet sich von den – identischen – Unterschriften auf sämtlichen per Telefax übermittelten Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Auf den Hinweis des Vorsitzenden vom 20.10.2016, dass keine fristgerecht eingereichte Berufungsbegründung vorliegen dürfte und vor einer Verwerfung der Berufung Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats bestehe (Bl. 473 GA), hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 21.11.2016 per Telefax eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Er trägt vor, dass er selbst die Berufungsbegründung nach ihrer Unterzeichnung eingescannt, per Computerfax versendet und sodann das Original zum Versand per Post gebracht habe. Durch einen Softwarefehler der Anwaltssoftware „Datev“ sei jedoch nicht das eingescannte – von ihm unterzeichnete – pdf-Dokument an das Gericht gefaxt worden, sondern eine als Word-Dokument abgespeicherte Vorvariante ohne Unterschrift; dies habe er auch aus dem Faxprotokoll nicht ersehen können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 21.11.2016 (Bl. 492 ff. GA) sowie die zur Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsantrags in Kopie eingereichte eidesstattliche Versicherung des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 18.11.2016 (Bl. 496 GA) ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig und deshalb gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO zu verwerfen; sie ist nicht innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden.

1.

Die – antragsgemäß verlängerte – Berufungsbegründungsfrist endete mit dem Ablauf des 18.10.2016. Das unterzeichnete Original der Berufungsbegründung ist hingegen erst nach Fristablauf, nämlich am 20.10.2016, bei Gericht eingegangen. Die zuvor am 18.10.2016 per Telefax übermittelte Version war nach §§ 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO mangels Unterzeichnung nicht geeignet, die Frist zu wahren: Bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozess sind grundsätzlich von einem beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt eigenhändig zu unterzeichnen (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3117 f.; GmS-OGB, NJW 2000, 2340, 2341; BGH, NJW 2005, 2086, 2087; NJW 2010, 2134). Ein Ausnahmetatbestand liegt nicht vor, weil der per Telefax übermittelten Berufungsbegründung weder eine eingescannte Unterschrift angefügt noch ein (nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO zum 01.08.2001 ohnehin wohl kaum mehr ausreichender) Hinweis beigefügt war, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne; allein der maschinenschriftliche Namenszug reicht jedenfalls nicht aus (vgl. GmS-OGB, NJW 2000, 2340, 2341; BGH, NJW 2005, 2086, 2087 f.).

2.

Dem Kläger ist wegen dieser Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 233 S. 1 ZPO setzt dies nämlich voraus, das die Partei „ohne ihr Verschulden verhindert“ war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Das fehlende Verschulden ist darzulegen und nach § 236 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Diesen Anforderungen ist vorliegend nicht genügt; der Senat hat davon auszugehen, dass den Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Verschulden an der Fristversäumung trifft, welches sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Der klägerische Vortrag zur Übermittlung der Berufungsbegründung an das Gericht ist bereits in sich widersprüchlich und unverständlich. Einerseits will der Prozessbevollmächtigte des Klägers das ausgedruckte und von ihm unterzeichnete Original der Berufungsbegründung eingescannt und beabsichtigt haben, das so erzeugte pdf-Dokument per Telefax zu versenden, andererseits will er den Schriftsatz per „Computerfax“ versandt haben. Beides ist miteinander nicht zu vereinbaren. Bei einem Computerfax wird gerade kein Ausdruck des Schriftsatzes im Verantwortungsbereich des Absenders gefertigt; vielmehr wird die im Computer erstellte elektronische Datei mit einer eingescannten Unterschrift unmittelbar aus dem Computer an das Faxgerät des Gerichts übermittelt, wo der Schriftsatz dann erstmals die Papierform erhält (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3117, 3118; GmS-OGB, NJW 2000, 2340, 2341; BGH, NJW 2015, 1527, 1528). Auf die – danach unklar bleibenden – genauen Umstände der angestrebten Übermittlung kommt es für die rechtliche Beurteilung auch entscheidend an, weil auf eine eigenhändige Unterzeichnung von Rechtsmittelbegründungsschriften nur dann und insoweit verzichtet werden kann, wie technische Gegebenheiten einen solchen Verzicht erforderlich machen (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3117, 3118; BGH, NJW 2006, 3784, 3785; NJW 2008, 2649, 2651; NJW 2015, 1527, 1528).

Die Darstellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, das Unterzeichnen des Originals, Einscannen und Faxen des eingescannten Dokuments entspräche seiner üblichen Kanzleipraxis, unterliegt überdies durchgreifenden Zweifeln. Es dürfte vielmehr der (grundsätzlich zulässigen) Praxis seiner Kanzlei entsprechen, dass per Telefax zu übermittelnde Schriftsätze mit einer eingescannten Faksimile-Unterschrift versehen werden. Denn aus der Akte ergibt sich, dass sämtliche vorab per Telefax übermittelten Schriftsätze eine identische, offenbar generell eingescannte Unterschrift des Rechtsanwalts aufweisen, die sich sowohl im Schriftbild als auch in ihrer Stellung zum maschinengeschriebenen Text von den – naturgemäß leicht divergierenden – Unterschriften auf den entsprechenden Originalen unterscheidet (so etwa Telefax und Original der Berufungsschrift vom 19.08.2016, Bl. 445, 447 GA, sowie Telefax und Original des Fristverlängerungsgesuchs vom 20.09.2016, Bl. 454, 456 GA). Bei der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers geschilderten generellen Vorgehensweise, die er auch in Bezug auf die Berufungsbegründung grundsätzlich befolgt haben will, müssten hingegen die Unterschriften auf dem Original und dem jeweils entsprechenden Telefax übereinstimmen.

Schließlich ist auch der behauptete Fehler der verwendeten Software des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht hinreichend dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht. So bleibt für den Senat in Ermangelung jeglicher konkreter Erläuterungen schon unklar, worin ein technischer Fehler bestanden haben könnte, der ausweislich der zur Akte gelangten Telefaxe im hiesigen Verfahren weder jemals zuvor noch nach dem Versand der Berufungsbegründung erneut aufgetreten ist. Ebenso unklar bleibt, warum ein solcher Fehler nicht schon aufgrund früherer Verfahren oder von anderen, ebenfalls die Software „Datev“ verwendenden Rechtanwaltskanzleien fest- und abgestellt werden konnte. Ein einmaliges technisches Versagen einer Software erscheint dem Senat fernliegend. Nicht ausgeschlossen, wenn nicht gar naheliegend ist hingegen ein Bedienungsfehler durch den klägerischen Prozessbevollmächtigen. Ein solcher begründet indes keinen Wiedereinsetzungsgrund. Wenn sich ein Prozessbevollmächtigter eines Faxgeräts bzw. der Faxfunktion seines Computers zur Übermittlung fristgebundener Schriftsätze bedient, muss er die Bedienung beherrschen (BGH, NJW 2005, 2086, 2089).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 214.727,70 €

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