OLG Köln, Beschluss vom 25.04.2017 – 1 W 6/17

Oktober 29, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 25.04.2017 – 1 W 6/17

Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 20. Februar 2017 – 8 S 249/16 – wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Gründe
I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht Forderungen aus einem Kreditkartenvertrag in einer Gesamthöhe von 3.875,99 € geltend. Das Amtsgericht hat der Klage durch das der Beklagten am 1. Dezember 2016 zugestellte Urteil vom 28. November 2016 stattgegeben. Die nicht anwaltlich vertretene Beklagte beantragt nunmehr beim Landgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des hiergegen beabsichtigten Berufungsverfahrens. Mit Verfügung vom 12. Dezember 2016 hat das Landgericht der Beklagten aufgegeben, ihre monatlichen Einkünfte näher zu belegen, weil nicht ersichtlich sei, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2016 hat die Beklagte darauf hingewiesen, sie habe bereits alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Das Landgericht hat die Beklagte hierauf nochmals zur Ergänzung ihrer Unterlagen aufgefordert. Auch dem ist die Beklagte nicht nachgekommen. Mit Beschluss vom 20. Februar 2017 hat das Landgericht das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen mit der Begründung, die Beklagte habe trotz Fristsetzung keinen Beleg für die ihr zugeflossenen Geldmittel vorgelegt. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die gemäß § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht statthaft.

1. Gegen die Entscheidung über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe findet zwar gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die sofortige Beschwerde statt, soweit der Wert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Wert von 600 € übersteigt, wobei der Wert der Hauptsache wegen § 127 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz ZPO als „Rückausnahme“ wieder unbeachtlich ist, wenn das Gericht – wie im Streitfall – ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint (vgl. hierzu MünchKomm-ZPO/Wache, 5. Aufl., § 127 Rn. 17; Musielak/Fischer, ZPO, 14. Aufl., § 127 Rn. 19). Gemäß § 567 Abs. 1 Satz 1 ZPO findet die sofortige Beschwerde jedoch nur statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte. Aus diesem Grund findet gegen Beschlüsse im Berufungs- und im Beschwerdeverfahren sowie gegen erstinstanzliche Beschlüsse des Oberlandesgerichts die sofortige Beschwerde nicht statt; insoweit ist allein die revisionsähnlich ausgestaltete Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO eröffnet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2005 – XII ZB 1/03, BGHZ 162, 230, zitiert Rn. 10 ff; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 127 Rn. 10; Musielak/Ball, ZPO, 14. Aufl., § 567 Rn. 3; Hk-ZPO/Kayser/Koch, 5. Aufl., § 567 Rn. 2), welche an das Rechtsbeschwerdegericht zu richten ist und nur statthaft ist, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht, Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

2. Gemessen hieran ist die sofortige Beschwerde nicht eröffnet. Das Landgericht hat die angefochtene Entscheidung als Berufungsgericht getroffen und zwar hinsichtlich einer beabsichtigten Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 28. November 2016. Es besteht auch kein Raum, die unstatthafte sofortige Beschwerde in eine Rechtsbeschwerde umzudeuten. Diese hätte nämlich binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Bundesgerichtshof als Rechtsbeschwerdegericht gerichtet werden müssen (§ 575 Abs. 1 ZPO, § 133 GVG). Überdies wäre auch sie nicht statthaft, weil sie für den Streitfall im Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt ist und durch das Landgericht auch nicht zugelassen wurde, wobei die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht auch mit einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht angreifbar wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2010 – IX ZA 27/10, WuM 2010, 647, zitiert juris Rn. 2). Schließlich kann die Beschwerde auch nicht als außerordentliche Beschwerde wegen „greifbarer Gesetzwidrigkeit“ gedeutet werden; eine solche Beschwerde, auch als Rechtsbeschwerde, ist nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz nicht mehr eröffnet (BGH, Beschluss vom 30. November 2011 – III ZB 54/11, GuT 2011, 403, zitiert juris Rn. 1; vom 6. Februar 2014 – IX ZB 110/12, nv, zitiert juris Rn. 13).

3. Ein Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten ist mit Blick auf § 127 Abs.4 ZPO entbehrlich. Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Vorsorglich sieht sich der Senat zu folgenden Hinweisen an die Beklagte veranlasst:

1. Das Landgericht hat den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Recht bereits unter Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abgelehnt. Nach dieser Bestimmung lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet. So liegt es auch im Streitfall. Die Beklagte hat ihre Einkünfte lediglich für vorangegangene Zeiträume bis einschließlich Januar 2016 belegt und nicht für den Antragszeitpunkt. Nachdem sie auch auf den zutreffenden Hinweis des Landgerichts ihre Angaben hierzu nicht ergänzt hatte, war ihr Antrag abzulehnen.

2. Nach Vorgenanntem wäre die Prozesskostenhilfe überdies auch nach einer zwischenzeitlichen Vorlage der mit Hinweis des Landgerichts vom 25. Januar 2017 geforderten Unterlagen zu versagen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung in diesem Fall schon aus prozessualen Gründen keine Aussicht auf Erfolg hätte (§ 114 Satz 1 ZPO).

a) Die angekündigte Berufung wäre mit Blick auf die Versäumung der Rechtsmittelfrist nach § 517 ZPO unzulässig. Das von der Beklagten verfasste Schreiben vom 1. Dezember 2016 hat keine fristwahrende Wirkung, weil es nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet wurde. Im Hinblick auf § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO entspricht es somit nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift, welche auch bei der Berufung zum Landgericht dem Anwaltszwang unterliegt (vgl. Hk-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 519 Rn. 2).

b) Auch für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gemäß § 233 ZPO wäre kein Raum. Ein rechtzeitig gestellter Prozesskostenhilfeantrag rechtfertigt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Rechtsmittelfrist, wenn die Partei vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, ihr Antrag könne zurückgewiesen werden. Einer Prozesspartei, die vor Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist lediglich Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Fristversäumung zu bewilligen, wenn sie vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen muss (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – XII ZB 108/09, NJW-RR 2010, 424, zitiert juris Rn. 5; vom 10. Dezember 2012 – IX ZR 280/12, nv, zitiert juris Rn. 3; jeweils mwN). Mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe hat die Prozesspartei jedoch dann zu rechnen, wenn das Rechtsmittelgericht auf Zweifel hinsichtlich der Bedürftigkeit einer Prozesspartei hingewiesen hat und diese vernünftigerweise davon ausgehen muss, dass sie die Zweifel nicht ausräumen kann (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 – XII ZB 108/09, NJW-RR 2010, 424, zitiert juris Rn. 5). Die Beklagte durfte mit einem Erfolg ihres Antrages indes nicht mehr rechnen. Zwar hatte sie innerhalb der Frist für die Einlegung der Berufung als Anlage zu ihrem Prozesskostenhilfeantrag die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem unterschriebenen Vordruck übermittelt. Sie hatte ihre Einkünfte jedoch nur für vorangegangene Zeiträume bis einschließlich Januar 2016 belegt und nicht für den Antragszeitpunkt, wobei sie auch auf den zutreffenden Hinweis des Landgerichts ihre Angaben hierzu nicht ergänzt hatte.

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