OLG Köln, Beschluss vom 27.11.2017 – 17 W 208/17

Oktober 24, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 27.11.2017 – 17 W 208/17

Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe
I.

Nachdem der Bundesgerichtshof das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln auf die Revision des Beklagten aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hatte, schlossen die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht einen Vergleich. Darin wurden die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben. Sodann beantragte der Beklagte, die Gerichtskosten festzusetzen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29. Mai 2017 setzte die Rechtspflegerin 803,00 € fest, die der Kläger an den Beklagten zu zahlen hat.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde gewandt. Zur Begründung führt er aus, infolge des Vergleichs sei es zu einer Reduzierung der Gerichtskosten gemäß Nr. 1213 Nr. 3 KV-GKG von 4,0 auf 2,0 Gebühren gekommen. Diese Regelung gelte auch für den Fall, dass nach Aufhebung und Zurückverweisung eines zuvor erlassenen Berufungsurteils durch das Revisionsgericht der Rechtsstreit anschließend durch einen gerichtlichen Vergleich im erneuten Berufungsrechtszug beendet werde. Hierzu verweist er auf zwei Entscheidungen des LAG Hessen und des OVG Koblenz. Er vertritt die Ansicht, die Voraussetzungen des die Kostenermäßigung ausschließenden Halbsatzes 2 („es sei denn, dass bereits ein anderes als eines der in Nr. 2 genannten Urteile vorausgegangen ist“) lägen nicht vor.

Auf den Hinweis der Rechtspflegerin hat der Kläger Erinnerung gegen den Kostenansatz des Oberlandesgerichts Köln vom 28. April 2017 eingelegt.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts als Vertreterin der Landeskasse NRW vorgelegt. In deren Stellungnahme vom 05. Oktober 2017 tritt diese der Rechtsansicht des Klägers entgegen. Eine Gebührenermäßigung komme nicht in Betracht. Auch wenn das Berufungsurteil vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden sei, ändere dies nichts daran, dass vor dem Vergleichsschluss nach Zurückverweisung bereits ein Urteil erlassen worden war. Der hinter der Gebührenermäßigung stehende Rechtsgedanke, dass es honoriert werden soll, dass es dem Gericht erspart bleibe, sich in einem Urteil mit dem Sachstand und der Rechtslage auseinandersetzen zu müssen, sei im vorliegenden Fall nicht erreicht worden. Deshalb sei der Erinnerung nicht abzuhelfen und die Sache dem nunmehr erkennenden Senat zur Entscheidung vorzulegen.

II.

Die Erinnerung gegen den Kostenansatz ist gemäß § 66 Abs. 1 GKG zulässig, hat aber in der Sache selbst keinerlei Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist die Reduzierung der Gerichtsgebühren mangels Vorliegen der Voraussetzungen der Nr. 1213 KV-GKG abgelehnt worden.

1. Gemäß Nr. 1211, 1213, 1215 KV-GKG ermäßigen sich die Gerichtsgebühren etwa bei Klagerücknahme, Berufungsrücknahme oder infolge eines Vergleichsschlusses nur dann, wenn dem noch kein anderes als eines in der jeweiligen Nr. 2 der genannten Gebührenziffern genannten Urteile vorausgegangen ist. Dabei wird nicht danach differenziert, ob durch das vorausgegangene Urteil der Streit ganz erledigt worden ist, oder ob es sich nur um ein Teil-Urteil gehandelt hat (OLG Celle, Beschluss vom 09. Oktober 2012 – 2 W 255/12 -). Es ist nicht einmal erforderlich, dass das Urteil überhaupt den Streitgegenstand der Hauptsache betraf (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1231). Demgemäß kommt eine Gebührenermäßigung nicht in Betracht, wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils die Klage zurückgenommen wird oder die Parteien den Rechtsstreit durch einen Vergleich endgültig erledigen (OLG Hamburg MDR 1998, 623; OLG München MDR 1996, 968).

2. Nichts anderes gilt für den Fall, dass das Urteil vom Berufungs- oder dem Revisionsgericht aufgehoben und an die Vorinstanz zurückverwiesen wird und die Parteien dort nunmehr einen Vergleich schließen. Denn es handelt sich bei den beiden Verfahrensabschnitten im selben Rechtszug vor und nach der Aufhebung des Urteils gebührenrechtlich um dieselbe Instanz (OLG Celle, a. a. O.; OLG Nürnberg MDR 2003, 416, jeweils m. w. N.). Dies entspricht der weit überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (OLG Celle, a. a. O.; OLG Nürnberg, a. a. O.; Senat, Beschluss vom 17. November 2011 – 17 W 215/11 -; Meyer, GKG-FamGKG, 15. Auflage, § 37 Rn. 2; Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG, FamGKG, Stand: 3/2017, § 37 Rn. 2; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/JVEG, 3. Auflage, Nr. 1211 KV-GKG, Rn. 18; N. Schneider, in: N. Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Auflage, § 37 GKG, Rn. 25; Volpert, in: N. Schneider/Volpert/Fölsch, Nr. 1211 KV-GKG Rn. 107; Fölsch, in: N. Schneider/Volpert/Fölsch, Nr. 1222 KV-GKG Rn. 63; a. A. OVG Koblenz NVwZ-RR 2011, 711; LAG Hessen JurBüro 2015, 155; Hartmann, Kostengesetze, 47. Auflage, § 37 GKG Rn. 2).

Dem kann der Erinnerungsführer nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Berufungsurteil sei vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden, habe folglich keinen Bestand mehr. Die Ermäßigung auf der Grundlage der genannten Gebührentatbestände hängt nicht davon ab, ob das vorhergehende Urteil Bestand hat oder nicht. Auch im Falle einer Klagerücknahme oder eines Vergleichs wird ein zuvor erlassenes Urteil zur Hauptsache wirkungslos.

3. Entgegen der von Hartmann, dem OVG Koblenz und dem LAG Hessen, jeweils a. a. O., vertretenen Gegenansicht lässt sich eine Gebührenermäßigung im Falle der Zurückverweisung nicht mit dem Argument der Prozesswirtschaftlichkeit rechtfertigen. Auch wenn das vorhergehende Urteil vom Berufungs- oder dem Revisionsgericht aufgehoben worden ist, so ist dem Gericht die Auseinandersetzung mit der Sach- und der Rechtslage gerade nicht erspart geblieben. Mit dem Erlass des später aufgehobenen Urteils war der Arbeitsaufwand des Gerichts bereits angefallen, wodurch der Grund für eine Privilegierung bei den Gerichtsgebühren weggefallen ist. Der Ausnahmecharakter des Ermäßigungstatbestandes verbietet eine weite Auslegung (OLG Celle, a. a. O.), was von der Gegenansicht zur Überzeugung des Senats nicht ausreichend beachtet wird.

4. Allerdings ist die Erinnerung des Klägers, worauf das OLG Celle in einem vergleichbaren Fall zutreffend hingewiesen hat, zugleich als Anregung dahingehend aufzufassen, über die Nichterhebung der Kosten wegen einer unrichtigen Sachbehandlung zu entscheiden, § 21 GKG. Dies kann im vorliegenden Erinnerungsverfahren allerdings nicht geschehen, weil dafür eine Entscheidung des Instanzgerichts erforderlich ist. Das ist der 3. Zivilsenat des hiesigen Oberlandesgerichts, dem die Vertreterin der Verwaltungsabteilung als dem im Berufungsverfahren erkennenden Senat die Sache zur Prüfung vorzulegen haben wird, ob eine Entscheidung gemäß § 21 GKG zu treffen ist. Falls dies erfolgen sollte, wäre der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1213 KV-GKG wiedergegeben, denn durch die Niederschlagung würden die in zweiter Instanz bis zur Urteilsverkündung angefallenen Gebühren entfallen. Die für das Verfahren nach der Zurückverweisung der Sache an den 3. Zivilsenat entstandenen Verfahrensgebühren unterlägen dem Ermäßigungstatbestand, weil der Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit dem nicht mehr entgegenstehen würde.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.

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