OLG Köln, Beschluss vom 30.09.2019 – 3 U 107/19

Oktober 9, 2021

OLG Köln, Beschluss vom 30.09.2019 – 3 U 107/19

Tenor
1. Der Antrag auf eine zweite Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

3. Die Berufung der Berufungsklägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.05.2019 – 12 O 107/18 – wird als unzulässig verworfen.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Berufungsklägerin auferlegt.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.556,00 € (für die Klage: 10.000,00 €; für die Widerklage: 9.556,00 €) festgesetzt.

Gründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.05.2019 – 12 O 107/18 – war als unzulässig zu verwerfen, da die Berufung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist (§ 522 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Der Senat hat die Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.08.2019 verlängert. Innerhalb dieser Zeit ist die Berufung nicht begründet worden. Dem weiteren Verlängerungsantrag der Beklagten vom 23.08.2019 hat der Senat nicht entsprochen. Der Antrag war zurückzuweisen. Der Verlängerungsantrag ist zwar fristgerecht eingegangen; die Voraussetzungen für eine Gewährung einer zweiten Fristverlängerung gem. § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO lagen jedoch nicht vor. Die für den zweiten Verlängerungsantrag erforderliche Einwilligung des Gegners hat nicht vorgelegen. Das Vorliegen der Einwilligung ist unverzichtbar (vgl. BGH Beschl. v. 22.03.2005 – XI ZB 36/04, zitiert nach juris). Der Senat hat der Berufungsklägerin die Möglichkeit eingeräumt, zum Vorliegen der Einwilligung vorzutragen. Dem hierzu vorgetragenen Sachverhalt der Parteien ist nicht zu entnehmen, dass der Gegner innerhalb der beantragten Fristverlängerung – sei es ausdrücklich, sei es konkludent – eine Einwilligung erteilt hat. Die Berufungsklägerin hat nicht dargelegt, dass eine Einwilligung erteilt wurde. Sie hat lediglich mitgeteilt, dass sich die Parteien in Vergleichsverhandlungen befinden. Das allein reicht jedoch nicht aus. Übermittelt der Berufungskläger die ihm gegenüber erklärte Einwilligung nicht an das Gericht, kann er nicht auf Bewilligung der Verlängerung vertrauen (BGH Beschl. v. 22.03.2005 – XI ZB 36/04, zitiert nach juris). Hier hat die Berufungsklägerin noch nicht einmal geltend gemacht, dass eine Einwilligung erteilt worden sei. Die Berufungsklägerin ist allein davon ausgegangen, dass eine solche erteilt werde, weil sich die Parteien in Vergleichsverhandlungen befänden. Das aber reicht für das Erfordernis der Einwilligung nicht aus, zumal im Rahmen des § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO auch die Interessen und Belange des Gegners zu berücksichtigen sind (Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 520 Rn 20). Der Umstand, dass in Fällen, in denen ein Vertrauen auf eine falsche Mitteilung, die Einwilligung des Gegners liege vor, geschützt wird und auch ohne Anhörung des Gegners die Wirksamkeit der Verlängerung nicht beeinträchtigt sein kann (vgl. insoweit BGH NJW 2004, 1460), betrifft den anderen Fall der Mitteilung einer – wenn auch falschen – Einwilligung. Hier fehlt es an der Mitteilung einer Einwilligung überhaupt. Das Vertrauen auf eine noch zu erteilende Einwilligung reicht jedoch für einen zweiten Verlängerungsantrag nicht aus. Der Berufungskläger darf daher auch nicht darauf vertrauen, dass ihm eine zweite Verlängerung ohne Einwilligung des Gegners gewährt wird. Das hat der Bundesgerichtshof angesichts der Fassung des § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO ausdrücklich entschieden (BGH Beschl. v. 04.03.2004 – IX ZB 121/03, NJW 2004, 1742). Die Frage, ob im Einzelfall angesichts einer rechtsmissbräuchlich nicht erteilten Einwilligung anders zu entscheiden wäre, hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung offen gelassen, da ein missbräuchliches Verhalten nicht festgestellt werden konnte. Selbst wenn man, wofür angesichts des Gesetzeswortlauts nur wenig spricht, die missbräuchliche Versagung der Einwilligung gleichsetzen wollte, so vermag dies der Berufungsklägerin hier auch nicht zu helfen. Nach ihrem Vortrag konnte sie gleichfalls nicht darauf vertrauen, dass der vorgetragene Sachverhalt ein Vertrauen in eine zweite Fristverlängerung begründen würde. Das Gesprächsprotokoll vom 08.07.2019 über ein Telefonat bzw. Gespräch mit der Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten lässt nicht erkennen, dass die Einwilligung für eine zweite Fristverlängerung erklärt wird. Zum damaligen Zeitpunkt konnte sich die angesprochene Fristverlängerung nur auf die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründung beziehen, die der Prozessbevollmächtigte der Berufungsklägerin beantragen wollte. Ausweislich der Stellungnahme des Berufungsbeklagten vom 24.09.2019 hat die Berufungsklägerin um Einwilligung zur zweiten Fristverlängerung erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 23.8.2019, nämlich am 26.08.2019, gebeten, was zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Berufungsklägerin das vom Berufungsbeklagten unterbreitete Vergleichsangebot vom 21.08.2019 bereits abgelehnt hatte. Diese Umstände rechtfertigen keine missbräuchliche Versagung einer Einwilligung. Es fehlen hinreichende Anknüpfungstatsachen für das Vertrauen in die Erteilung einer Einwilligung für eine zweite Fristverlängerung. Anwaltliche Sorgfalt machte daher zwingend die rechtzeitige Einholung der Einwilligung vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erforderlich. Dass darüber hinaus noch außergewöhnliche Umstände nicht vorgetragen sind, die für ein Wiedereinsetzungsgesuch erforderlich sind (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl, 2018, § 233 Rn 23 Stichwort: 2. Fristverlängerung), kommt erschwerend hinzu. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO liegen insoweit auch nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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