OLG Köln, Urteil vom 04.03.2016 – 19 U 190/12

November 11, 2021

OLG Köln, Urteil vom 04.03.2016 – 19 U 190/12

Tenor
Der Arrestbefehl des Landgerichts Bonn vom 21.02.2012, Az. 10 O 67/12, wird einschließlich der Kostenentscheidung aufgehoben.

Die Kosten des Aufhebungsverfahrens einschließlich der Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Anordnungsverfahrens mit Ausnahme der durch die Verweisung entstandenen Mehrkosten trägt die Arrestgläubigerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Parteien streiten um die von den Arrestschuldnern beantragte Aufhebung eines gegen sie ergangenen Arrestbefehls wegen veränderter Umstände.

Die Arrestgläubigerin erwirkte am 21.02.2012 einen Arrestbefehl gegen die Arrestschuldner wegen einer Forderung aus unerlaubter Handlung i.H.v. 53.856,10 EUR sowie einer Kostenpauschale von 2.500 EUR in das gesamte Vermögen der Arrestschuldner. Der von den Arrestschuldnern eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg. Der Arrestbefehl wurde durch Urteil des Landgerichts Bonn vom 23.11.2012 bestätigt. Die hiergegen gerichtete Berufung nahmen die Arrestschuldner zurück, nachdem der Senat erklärt hatte, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben würde.

In der Hauptsache, die wegen des Anspruchs aus unerlaubter Handlung im Jahre 2012 anhängig gemacht worden war, wies das Landgericht Bonn mit Urteil vom 30.06.2015 die Klage ab, da die Gläubigerin einen Anspruch aus unerlaubter Handlung gegen die Schuldner gem. § 823 BGB i.V.m. § 263 StGB nicht hinreichend dargelegt und im Übrigen für einen solchen auch keinen ausreichenden Beweis angeboten habe. Die dagegen gerichtete Berufung der hiesigen Arrestgläubigerin wies der Senat mit Beschluss vom 26.01.2016 zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgericht Bonn vom 30.06.2015 (Bl. 187 ff. aus 19 U 119/15 OLG Köln= 10 O 293/12 LG Bonn) sowie den Beschluss des Senats vom 26.01.2016 (Bl. 260 ff. aus 19 U 119/15 OLG Köln = 10 O 293/12 LG Bonn) verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 14.08.2015 beantragen die Arrestschuldner,

1. den vom OLG Köln bestätigten Arrestbefehl des Landgerichts Bonn vom 21.02.2012 – 10 O 67/12 – einschließlich der Kostenentscheidung wegen veränderter Umstände aufzuheben,

2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Arrestbefehl anzuordnen.

Die Arrestgläubigerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Landgericht hat sich mit Beschluss vom 15.12.2015 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Arrestschuldner mit Zustimmung der Arrestgläubigerin an das Oberlandesgericht Köln verwiesen.

Gründe
Gemäß § 927 Abs. 2 ZPO ist für die Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung des Arrests das Gericht der Hauptsache zuständig. Als Gericht der Hauptsache ist gemäß § 943 Abs. 1 ZPO das Gericht ersten Rechtszuges und, wenn die Hauptsache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht anzusehen, so dass die Zuständigkeit des Senats gegeben ist, im Übrigen diese nach § 281 Abs. 2 S.4 ZPO begründet ist.

Das Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO ist ein besonderes Verfahren neben den übrigen Rechtsbehelfen im Arrestverfahren und wird von der Rechtskraft eines den Arrest bestätigenden Urteils nicht berührt. Deshalb besteht ein Rechtsschutzinteresse für den Aufhebungsantrag nach § 927 ZPO.

Der Aufhebungsantrag der Arrestschuldner ist auch begründet, weil die Arrestschuldner glaubhaft gemacht haben, dass sich die Umstände verändert haben. Auf § 927 Abs. 1 ZPO gestützte Aufhebungsanträge sind begründet, wenn sich die Umstände, die bei Erlass des Arrests bestanden haben, in einer Weise verändert haben, die die Aufrechterhaltung des Arrestes nicht mehr rechtfertigt. Zu diesen Umständen gehört der Wegfall des Arrestanspruchs durch rechtskräftige Abweisung der Hauptklage. Ist die Abweisung noch nicht rechtskräftig, dann kann doch die Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs erschüttert sein, wenn eine Prüfung des vorläufig vollstreckbaren Urteils ergibt, dass es rechtlich zutreffend begründet und mit einem Erfolg eines gegen das Urteil eingelegten Rechtsmittels nicht zu rechnen ist (vergleiche BGH, Urt. vom 12.12.1975, Az. IV ARZ 9/75; Hanseatisches OLG, Urt. vom 09.11.2000; Az. 3 U 194/00 – beide zitiert nach juris; OLG München, Urt. vom 17.04.1986, Az. 6 U 6192/85 – zitiert nach beckonline; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 927 Rn. 6; Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 7. Aufl., Kapitel 60 Rn. 30; einschränkend OLG Düsseldorf, Beschluss v. 16.05.1984, Az. 2 W 26/84). Dabei folgt der Senat der Auffassung, dass der Erfolg eines Rechtsmittels in der Hauptsache nicht ausgeschlossen sein muss, sondern ein Arrest schon dann aufzuheben ist, wenn nach dem freien Ermessen des mit dem Aufhebungsantrag befassten Gerichtes das vorläufig vollstreckbare, den Anspruch verneinende Urteil in der Hauptsache rechtlich zutreffend begründet ist und dessen Abänderung durch ein dagegen eingelegtes Rechtsmittel unwahrscheinlich ist (vergleiche Hanseatisches OLG a.a.O.; Stein-Jonas, a.a.O., Ahrens a.a.O.). In solchen Fällen ist die Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs nachhaltig erschüttert und die dem Arrest stattgebende Entscheidung ist nicht mehr haltbar (vergl. Hanseatisches OLG, a.a.O.).

Unter diesen Voraussetzungen erweist sich der Aufhebungsantrag der Arrestschuldner als begründet.

Der Senat hält aus den Gründen seines Beschlusses vom 26.01.2016 im Hauptsacheverfahren (Bl. 260 ff. aus 19 U 119/15 OLG Köln = 10 O 293/12 Landgericht Köln) den vorliegenden Arrestbefehl für nicht begründet. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen. Damit haben sowohl das erstinstanzliche Landgericht als auch der zweitinstanzlich befasste Senat der Klage in der Hauptsache keine Erfolgsaussichten eingeräumt. Eine Abänderung der Senatsentscheidung vom 26.01.2016 auf eine eventuelle Nichtzulassungsbeschwerde und eventuell sich anschließende Revision der Arrestgläubigerin durch den Bundesgerichtshof hält der Senat aus eben diesen Gründen nicht für wahrscheinlich.

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.03.2016 der Aufhebung des Arrestbefehls zugestimmt und den insoweit gestellten Anspruch (gemeint wohl: Antrag) anerkannt hat, war kein Anerkenntnisurteil zu erlassen. In zeitlicher Hinsicht kann das Anerkenntnis nicht nach Schluss der mündlichen Verhandlung – dem hier der im Senatsbeschluss vom 19.01.2016 bestimmte Termin, bis zu dem Schriftsätze berücksichtigt werden, also dem 12.02.2016, entspricht (§ 128 Abs. 2 S. 2 ZPO) – erklärt werden, § 296a ZPO. Nach Verhandlungsschluss geht der allgemein für verspätetes „Vorbringen“ geltende § 296a ZPO dem § 307 S 2 ZPO vor. Ein schriftsätzliches Anerkenntnis ist nur bei Wiedereröffnung der Verhandlung (§ 156 ZPO) vom Gericht zu berücksichtigen (vgl. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 307 ZPO, Rn. 10 [b]). Zu einer Wiedereröffnung sieht der Senat indes keinen Anlass.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Kostenentscheidung ist zwar bei der Entscheidung über einen Antrag gem. § 927 ZPO grundsätzlich auf die Kosten des Aufhebungsverfahrens begrenzt, hiervon ist indes u.a. dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Arrestantrag – wie hier ausgeführt – von Anfang an unbegründet gewesen ist. In solchen Fällen ergeht ausnahmsweise eine einheitliche, die Kosten des gesamten Arrestverfahrens umfassende Kostenentscheidung (vgl. BGH, NJW 1993, 2685; Stein/Jonas, a.a.O. Rn. 16).

Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 6, 543 Abs. 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der Bestimmung des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Über den konkret zu entscheidenden Fall mit seinen Besonderheiten hinaus hat die Sache keine Bedeutung.

Streitwert: 17.952,03 EUR

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