OLG Köln, Urteil vom 06. November 2019 – 13 U 226/17

Mai 30, 2020

OLG Köln, Urteil vom 06. November 2019 – 13 U 226/17
Heilung eines Zustellungsmangels: Fehlende Empfangsbereitschaft eines Rechtsanwalts im Zeitpunkt des Zugangs bei nachfolgender Bestellung zum Prozessbevollmächtigten
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 21.09.2017 – 15 O 407/15 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahren tragen die Beklagten.
Dieses Urteil und das mit der Berufung angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten jeweils aus einer Bürgschaft in Anspruch. Das Landgericht hat mit Urteil vom 21.09.2017 – 15 O 407/15- (GA 489 ff.), auf das im Übrigen wegen der tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO), die Beklagten zu 1) und 2) jeweils dazu verurteilt, 150.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.10.2012 an die Klägerin zu zahlen.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folge aus Ziff. 9 der Bürgschaftsverträge vom 15.06.2011. Danach könne die Klägerin ihre Ansprüche im Klageweg an ihrem allgemeinen Gerichtsstand verfolgen, wenn – wie hier – der in Anspruch zu nehmende Bürge bei Übernahme der Bürgschaft keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland habe. Der Vereinbarung stünden Art. 23 Abs. 5, 13, 17 und 21 EuGVO nicht entgegen.
Die den Beklagten wirksam zugestellte Klage sei auch in der Sache begründet. Der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung jeweils in Höhe eines Teilbetrages i.H.v. 150.000 EUR aus §§ 765 Abs. 1, 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu. Die durch die Bürgschaft gesicherte Hauptforderung sei aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB begründet.
Die hiergegen von den Beklagten vorgetragenen Einwände trügen nicht. Die Klägerin habe ihren Anspruch gegenüber den Bürgen nicht verwirkt. Sie habe nicht zu vertreten, dass es zu einer Erhöhung der geplanten Baukosten gekommen sei. Keiner der hierfür in Betracht kommenden Gründe, insbesondere Fehler bei der Baustatik oder der Entscheidung des Beklagten zu 1), erheblich höherwertige Baustoffe zu verwenden, seien der Klägerin anzulasten. Ebenso wenig sei ihr die Tätigkeit des von der Hauptschuldnerin beauftragten Baucontrollers zuzurechnen. Die Erhöhung der Baukosten von rund 1,4 Millionen EUR um zumindest 200.000 EUR sei erheblich. Die Klägerin sei zu einer weiteren Finanzierung der Hauptschuldnerin nicht verpflichtet gewesen. Wenn man unterstelle, dass die Klägerin der Hauptschuldnerin und den Beklagten eine weitere Finanzierung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zugesagt habe, seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen.
Die Forderungshöhe ergebe sich aus den unbeanstandeten Abrechnungen Anl. K8 und K9. Der Zinsanspruch folge aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. der Mahnung vom 05.09.2012 unter Fristsetzung zur Zahlung bis zum 04.10.2012.
Mit der form- und fristgerechten Berufung wenden sich die Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags gegen das Urteil. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die deutschen Gerichte international nicht zuständig. Anzuwenden seien die Art. 17 ff. EuGVVO (n.F.) die auch für Verträge, die nicht im Fernabsatz zustandegekommen seien, gelten würden (GA Bl. 572). Danach sei die Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam. Sie scheitere an Art. 25 Abs. 4 i.V.m. Art. 17, 19 EuGVVO (n.F.). Die Beklagten seien, was den Bürgschaftsvertrag betreffe, Verbraucher. Die Tatsache, dass eine Bürgschaft für einen gewerblichen Kredit übernommen werde, schließe nicht aus, dass die Bürgschaft selbst ein Verbrauchergeschäft sei (GA Bl. 570). Der von der Kammer vorgenommene Rückschluss von der Gewerblichkeit der Hauptschuld auf diejenige der Bürgschaft sei unzulässig. Der Bürgschaftsvertrag begründe ein eigenes Schuldverhältnis, für dessen Einordnung als gewerblich oder als Verbrauchervertrag es nur auf seine eigenen Beteiligten ankomme und nicht auf die des Vertrages über die Hauptschuld (GA Bl. 572).
Auch sei die Klage beiden Beklagten nicht ordnungsgemäß zugestellt worden (GA Bl. 573). Dem Beklagten zu 1) sei die Klageschrift am 25.03.2016, nicht, wie es bei einer Auslandszustellung im Vereinigten Königreich erforderlich gewesen wäre, persönlich übergeben worden, sie sei vielmehr bei der Ehefrau des Beklagten zu 1) hinterlassen worden. Damit seien die „procedure rules“ nicht erfüllt.
Da nach den „procedure rules“ ein „Einlegen in den Briefkasten“ für eine ordnungsgemäße Zustellung nicht ausreichend sei, sei die Auslandszustellung im Vereinigten Königreich auch an den Beklagten zu 2) nicht ordnungsgemäß erfolgt.
Die Kammer habe nicht erläutert, woher sie die entsprechende Sachkunde im britischen (Zustellungs-) Recht habe, um selbst zu entscheiden, ob die Zustellung ordnungsgemäß gewesen sei oder nicht.
Die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten seien nicht zustellungsbevollmächtigt gewesen. Eine zuvor erteilte Vollmacht sei mit Schreiben vom 22.06.2015 (B1) teilweise widerrufen worden und habe nur noch außergerichtlich gelten sollen (GA Bl. 22). Zudem sei die Zustellung auch unwirksam, weil keine englische Übersetzung des Schriftsatzes erfolgt sei. Zwar spreche der Beklagte zu 1) einigermaßen Deutsch, dies gelte aber nicht für den Beklagten zu 2). Auf Beklagtenseite sei niemand in der Lage, eine Übersetzung ins Englische zu bezahlen.
Der Zustellungsmangel sei nicht gemäß § 189 ZPO geheilt worden. Der Beklagte zu 1) habe erst nach Zustellung an die Prozessbevollmächtigten Vollmacht erteilt. (GA Bl. 576). Aus § 83 ZPO folge nichts anderes, da eine Beschränkung der Vollmacht jedenfalls bei der vorliegend erfolgten Zustellung von Anwalt zu Anwalt gelten müsse. Zudem habe der Beklagte zu 1) bis heute von seinen Prozessbevollmächtigten nur Abschriften, nicht aber beglaubigte Abschriften oder eine Urschrift der Klageschrift erhalten (GA Bl. 317). Es sei deshalb zweifelhaft, dass ihm die Klage im Sinne des § 189 ZPO zugegangen sei. Zudem führe die Anwendung von § 189 ZPO zu einer mit europäischem Verbraucherrecht nicht vereinbaren Aushöhlung von Verbraucherrechten.
Schließlich rügen die Kläger nicht ordnungsgemäße Unterschrift bzw. nicht ordnungsgemäße Bekanntmachung des Urteils. Das Urteil sei durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. A, der Richterin am Landgericht B und den Richter C gefällt worden, es sei jedoch von Dr. A und der Richterin B unterschrieben worden, wobei hinsichtlich des Richters C lediglich angemerkt und von Dr. A unterzeichnet sei, dass Richter C durch Urlaub gehindert sei, zu unterschreiben. Das Verkündungsprotokoll weise aus, dass nicht Dr. A das Urteil verkündet habe, sondern die Richterin B. Daraus folge, dass Dr. A zwar einerseits anwesend gewesen sei, um das Urteil zu unterschreiben und die Abwesenheit des dritten Richters sowie deren Begründung zu bekunden, andererseits aber selbst abwesend gewesen sei, so dass er es nicht habe verkünden können. Diese Punkte seien nicht miteinander vereinbar.
In der Sache selbst bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht. Jedenfalls gegenüber den Beklagten als Bürgen habe das Verhalten der Klägerin bei Kündigung des Kredits gegen Treu und Glauben verstoßen, so dass sie sich gemäß § 162 BGB nicht auf die Bürgschaft berufen könne, auch wenn der Anspruch grundsätzlich bestehen möge. Die Kündigung sei nicht gerechtfertigt gewesen, da die Parteien eine Einigung darüber getroffen hätten, unter welchen Voraussetzungen die Klägerin das Projekt weiter finanzieren werde. Die Bedingungen für die Weiterfinanzierung seien erfüllt worden. Die Klägerin habe nachträglich weitergehende Anforderungen gestellt. Die Beklagten hätten alles in ihrer Macht Stehende getan, um die erweiterten Informations- und Unterlagenanforderungen zu befriedigen und die von der Klägerin geforderten Voraussetzungen zu schaffen. Es habe deshalb kein Grund für die Klägerin zur Kündigung bestanden, zumal ihr am Tag der Kündigung noch mitgeteilt worden sei, dass frisches Eigenkapital der Beklagten auf dem Weg sei (GA Bl. 583). Die Beklagte habe den Kredit deshalb unter Verletzung der von ihr zu beachtenden Interessen ihrer Vertragspartner gekündigt und erst hierdurch ermöglicht, die Beklagten als Bürgen in Anspruch zu nehmen. Ein Bürgschaftsgläubiger, der den Bürgschaftsfall selbst herbeiführe, weil er dem Bürgen die Chance genommen habe, nicht in Anspruch genommen zu werden, weil der Schuldner selber leiste, könne aus dem Bürgschaftsvertrag keine Rechte ableiten.
Aus dem Umstand, dass die Klägerin bereits ab Frühjahr 2012 das Objekt von sich aus angeboten habe, könne geschlossen werden, dass sie schon zu dieser Zeit davon ausgegangen sei, keine Weiterfinanzierung zu gewähren und die Hauptschuldnerin in die Insolvenz gehen zu lassen. Die Kündigung habe – ohne Rücksicht auf die Belange der Hauptschuldnerin und der Bürgen – ausschließlich dem finanziellen Interesse der Klägerin gedient.
Die Beklagte sei in ihrem Ermessen zur Weiterführung des Kredits außerdem dadurch eingeschränkt gewesen, dass sie den Beklagten zu 1) von der im Laufe des Jahres 2011 geäußerten Absicht abgebracht habe, Teile oder das gesamte Objekt D zu veräußern, um dann für dessen Weiterbau und die Realisierung des Objekts E ausreichend Eigenmittel zur Verfügung zu habe. Der Mitarbeiter der Beklagten, F, habe zuletzt im August 2011 einem Verkauf widersprochen. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem Beklagten zu 1) 250.000,00 EUR Eigenmittel zur Verfügung gestanden, so dass er bei einem Verkauf eines Teils des Objekts D auf keinerlei Finanzierung der Klägerin mehr angewiesen wäre (Bl. 586). Bei einem Teilverkauf erscheine auch fraglich, wie Abstandsfragen oder Fragen bezüglich der Gesamtkosten den Verkauf hätten gefährden können. Es habe aufgrund der seinerzeit zur Verfügung stehenden Eigenmittel auch keine Not eines schnellen Verkaufs bestanden (GA Bl.586).
Der Beklagte zu 1) habe, als er aufgrund der Aussagen der Streitverkündeten auf eine solche Eigenfinanzierung verzichtet habe, darauf vertrauen können, dass die Beklagte dann auch tatsächlich weiterfinanziere.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des am 21.09.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln – 15 O 407/15 – die Klage kostenpflichtig abzuweisen,
hilfsweise
dass am 21.09.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 15 O 407/15 – aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Das Landgericht sei zu Recht von der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen. Maßgeblich für die Beurteilung der Verbrauchereigenschaft der Beklagten seien Art. 23 Abs. 5, 13, 17 und 21 EuGVVO Nr. 44/2001. Maßgeblich sei die Rechtsprechung des EuGH wie sie im Urteil vom 17.03.1998 C-45/96 Ausdruck gefunden habe. Im Rahmen der Finanzberatung, Projektplanung und Bauprojektdurchführung hätten die Beklagten Bürgschaften übernommen, um aus dieser gewerblichen Tätigkeit Einnahmen zu generieren. Die Beklagten seien damit keine Verbraucher.
Die Klageschriften seien, wie das Landgericht zu Recht erkannt habe, wirksam (auch in englischer Sprache) zugestellt, an den Beklagten zu 1) am 12.04.2016 durch Überlassung an den Inhaber der angegebenen Adresse und an den Beklagten zu 2) am 03.05.2016 durch Einlegung in seinen Briefkasten. Die Wirksamkeit der Zustellungen folge aus den Bescheinigungen des Senior Courts of England and Wales – Foreign Process Section. Abgesehen davon sei der Prozessbevollmächtigte beider Beklagten von diesen wirksam bevollmächtigt worden. Er sei bereits vor Zustellung der Klageschriften im Besitz der Klageschriften gewesen und habe mehrfach und teilweise unter Bezugnahme auf eine undatiert ausgestellte Vollmachturkunde erklärt, er werde im Namen der Beklagten die Klageabweisung beantragen.
Soweit der Beklagte zu 1) die Ordnungsgemäßheit der (Auslands-)Zustellung gerügt habe, sei dies nicht innerhalb der maßgeblichen einwöchigen Frist geschehen. Für den Beklagten zu 2) sei die fehlende Zustellung einer englischen Übersetzung nicht gerügt worden. Soweit dies mit der Berufungsbegründung gerügt worden sei, sei dies – auch nach zivilprozessualen Beibringungsgrundsätzen – verspätet.
Abgesehen davon spreche der Umstand, dass beide Beklagten Geschäftsführer einer im Handelsregister zu G eingetragenen GmbH seien und sämtliche Verträge mit der Klägerin deutscher Sprache ohne Übersetzung geschlossen hätten dafür, dass sie die deutsche Sprache beherrschten.
Etwaige Zustellungsmängel seien jedenfalls gemäß § 189 ZPO geheilt.
Die Auffassung der Beklagten, das Urteil sei nicht wirksam unterschrieben und bekannt gemacht, treffe ersichtlich nicht zu, denn das Urteil werde regelmäßig nicht am Tage seiner Verkündung unterschrieben.
Die Einwendungen der Beklagten gegen die Begründetheit der Klageforderung trügen nicht. Die Klägerin habe den Kredit nicht treuwidrig gekündigt. Sie habe im Hinblick auf den von den Beklagten geäußerten Wunsch nach einer ergänzenden Finanzierung Aufklärungsbedarf gesehen und beabsichtigt, nach Aufklärung eine Entscheidung über die Erweiterung der Finanzierung zu treffen. Eine Finanzierung habe sie nicht zugesagt.
Die Hauptschuldnerin und die Beklagten hätten eine Erweiterung der Finanzierung gewünscht, obwohl die Hauptschuldnerin nicht einmal in der Lage gewesen sei, ihren bestehenden Darlehensverpflichtungen gegenüber der Klägerin und ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber Rechtsanwälten, Steuerberatern und Ingenieuren nachzukommen.
Die für eine positive Kreditentscheidung erforderliche Aufklärung habe sie durch die Beklagten nicht erlangt. Es sei keine Bilanz der H- GmbH vorgelegt worden, sondern nur ein „vorläufiger Jahresabschluss“. Der Nachweis des Eigenkapitals über 150.000,00 EUR sei nicht erbracht worden und der restliche Finanzierungsbedarf habe nicht festgestanden. Ein schlüssiges Vermarktungskonzept habe mangels Abgeschlossenheitsbescheinigungen, deren Erteilung ungewiss gewesen sei, nicht vorgelegen. Auch der Controller I habe den Finanzierungsbedarf nur teilweise ermittelt, da er anfallende Zinsen nicht berücksichtigt habe. Auch seien die Kosten für Rechtsberatung, Steuerberatung und Vermarktung nicht ermittelt gewesen.
Schon mangels Zusicherung einer Finanzierung habe die Klägerin die Beklagten nicht von einer angeblich gewinnbringenden Eigenfinanzierung des Projekts abgebracht.
Die Klägerin habe das Objekt nicht von sich aus angeboten. Sie sei mangels belastbarer Informationen nicht gewillt und in der Lage gewesen, irgendeinen Interessenten auf seriöse Art und Weise anzusprechen. Die in der Sache unzutreffende Behauptung der Beklagten sei verspätet.
Ernsthafte Bemühungen der Beklagten Interessenten für das Objekt D zu akquirieren seien nicht feststellbar gewesen.
Wegen des weiteren Berufungsvorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts, der § 513 ZPO ungeachtet des weitgefassten Wortlauts nicht entgegensteht (vgl. : BGH, Urteil vom 28. November 2002 – III ZR 102/02 -, BGHZ 153, 82-93, Rn. 9), greift nicht durch. Das Landgericht hat zu Recht eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung angenommen.
Maßgeblich ist insoweit die die VO (EU) 1215/2012 (im Folgenden: Brüssel-la-VO), die gemäß ihres Art. 66 I für alle Verfahren gilt, die ab dem 10.01.2015 eingeleitet worden sind. Dabei kann dahinstehen, ob es hierfür entsprechend Art. 32 I Brüssel-Ia-VO auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage bei Gericht oder auf den nach der lex fori des Gerichtsstaats zu bestimmenden Zeitpunkt der Klageerhebung ankommt (vgl. zum Streitstand z.B. Staudinger in Rauscher, EuZPR und EuIPR, 4. Aufl., Art. 66 Brüssel-Ia-VO Rn. 2; BGH, BeckRS 2014, 15813 Rn. 14 = NZG 2014, 1350 Ls. betreffend das Lugano-Übereinkommen und die Brüssel-I-VO, jew. mwN). Denn sowohl die Einreichung der Klage am 01.10.2015 als auch die nachfolgende Zustellung erfolgten nach dem Stichtag, so dass die Verordnung in zeitlicher Hinsicht Anwendung findet (vgl. : BGH, NJW 2019, 76, Rn. 21).
Auch der sachliche und räumliche Anwendungsbereich der Brüssel-Ia-VO ist eröffnet. Nach Art. 25 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO sind das Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig, wenn die Parteien unabhängig von ihrem Wohnsitz vereinbart haben, dass das Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Mitgliedstaats materiell ungültig.
Diese Zuständigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Parteien haben die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, in dessen Zuständigkeitsbereich die Klägerin ihren Sitz hat, in § 9 des Bürgschaftsvertrags schriftlich vereinbart. Der erforderliche Auslandsbezug ist gleichfalls gegeben, weil die Beklagten nach den Feststellungen des Landgerichts keinen Wohnsitz im Inland hatten, sondern ihren Wohnsitz im Vereinigten Königreich unterhielten. Die Gerichtsstandsvereinbarung bezieht sich auch auf eine künftige, aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit, da diese ihren Ursprung in dem Vertrag hat, der auch die Gerichtsstandsklausel beinhaltet (vgl. Dörner in EG-Anerkennungs-/Vollstreckungs-ZustVO, EuGVVO Art. 25 Rn.13 beck-online).
Art. 19 Brüssel-Ia-VO, auf den Art. 25 Abs. 5 Brüssel-Ia-VO verweist, steht der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung nicht entgegen. Diese Norm, die die Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen in Verbrauchersachen regelt, findet keine Anwendung, weil es sich vorliegend nicht um eine Verbrauchersache im Sinne des Art. 17 BrüsseI-Ia-VO handelt. Der EuGH hat zu der Vorgängernorm des Art. 15 Abs. 1 Brüssel I-VO mit Urteil vom 14. März 2013 – C-419/11 – Česká spořitelna/Feichter ausgeführt, der bloße Umstand, dass der eine Vertragspartner eine natürliche Person ist, genüge nicht, um seine Eigenschaft als Verbraucher im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 zu belegen (aaO Rn. 38, juris). Für die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 müssten drei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens müsse ein Vertragspartner die Eigenschaft eines Verbrauchers haben, der in einem Rahmen handele, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden könne, zweitens müsse zwischen diesem Verbraucher und einem beruflich oder gewerblich Handelnden tatsächlich ein Vertrag geschlossen worden sein und drittens müsse dieser Vertrag zu einer der Kategorien des Art. 15 Abs. 1 Buchst. a) bis c) gehören. Diese Voraussetzungen müssten kumulativ erfüllt sein, so dass, wenn es an einer dieser Voraussetzungen fehlt, die Zuständigkeit nicht nach den Regeln über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen bestimmt werden könne. Eine natürliche Person, die mit einer Gesellschaft beruflich oder gewerblich eng verbunden sei, etwa als deren Geschäftsführer oder Mehrheitsbeteiligter, könne nicht als Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden, wenn sie eine Wechselbürgschaft für einen Wechsel übernehme, der als Garantie für die Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft aus einem Vertrag über die Gewährung eines Kredits begeben worden sei (EuGH, Urteil vom 14. März 2013 – C-419/11 -, Rn. 40, juris).
In Anwendung dieses Maßstabes, der auch für Art. 1 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO gilt (vgl. Dörner in EG-Anerkennungs-/Vollstreckungs-ZustVO, EuGVVO Art. 17 Rn. 8), sind die Beklagten, die sich für eine Forderung der Klägerin gegenüber der H J GmbH verbürgt haben, nicht als Verbraucher im Sinne der Brüssel-Ia-VO anzusehen, denn nach den nicht angegriffenen Urteilsfeststellungen waren die Beklagten Geschäftsführer und Gesellschafter der Hauptschuldnerin.
Es liegt auch kein nach Art. 25 Abs. 5 i.Vm. Art 24 Brüssel-Ia-VO die Gerichtsstandsvereinbarung ausschließender ausschließlicher Gerichtsstand vor.
Die Gerichtsstandsvereinbarung ist auch materiell wirksam. In den von § 38 Abs. 2 ZPO erfassten Fällen geht es vor allem um die – wegen des Fehlens eines inländischen allgemeinen Gerichtsstandes mindestens einer Partei zweckdienliche – Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit. Danach kann die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges vereinbart werden, wenn, wie hier die Beklagten, mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat und die Vereinbarung, wie hier, schriftlich abgeschlossen wird. Da die Parteien den Sitz der Beklagten als Gerichtsstand vereinbart haben, sind auch die weiteren Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 S. 3 ZPO erfüllt.
Damit ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben.
2. Soweit die Beklagten die Unterschriften unter dem Urteil und dessen Verkündung rügen, gehen diese Rügen fehl. Dass der Vorsitzende der Kammer einen Verhinderungsvermerk bezüglich des Richters C unter Angabe des Hinderungsgrundes (Urlaub) auf das Urteil setzten durfte, folgt aus § 315 Abs.1 ZPO.
Dass die Richterin am Landgericht B als seinerzeitige stellvertretende Vorsitzende im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden das Urteil wirksam verkünden konnte (GA Bl. 497), steht ebenfalls außer Frage (§ 21 f Abs. 2 GVG). Da das Urteil nicht am Tage seiner Verkündung unterschrieben werden musste, liegt der von den Beklagten angenommene Widerspruch Anwesenheit/Verhinderung des Vorsitzenden am gleichen Tag nicht vor.
3. Die Klageschrift ist den Beklagten wirksam zugestellt worden: Die Frage, ob die Zustellung der Klage an die Beklagten wirksam und die Klage rechtshängig geworden ist, beurteilt sich nach dem hier anzuwendenden deutschen Zivilprozessrecht. Das deutsche Recht bestimmt autonom, unter welchen tatsächlichen Umständen die Auslandszustellung notwendig ist oder ob die Inlandszustellung genügt. Dies gilt grundsätzlich auch für die Zustellung von prozesseinleitenden Schriftstücken (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2010 – VI ZR 48/10 (OLG Saarbrücken) NJW-RR 2011, 417, 418 Rn. 8; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 183 Rdnrn. 14, 18 und 21; Geimer, Int. ZivilprozessR, 6. Aufl., Rdnr. 2080 m. w. Nachw.).
Die jetzigen Prozessbevollmächtigten waren in der Klageschrift als Zustellungsbevollmächtigte benannt. An Zustellungsbevollmächtigte kann nach § 171 ZPO mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden.
Der Vorsitzende der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln hat am 19.10.2015 die Zustellung der Klageschrift an die in der Klageschrift vom 22.09.2015 für die Beklagten aufgeführten Zustellungsbevollmächtigten verfügt (GA Bl. 8).
Einer der dort genannten Zustellungsbevollmächtigten hat sich unter dem 09.11.2015 zum Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) bestellt und erklärt, diese wollten sich für den Fall, dass die Kammer zu dem Ergebnis komme, die Klage sei ordnungsgemäß zugestellt, gegen diese verteidigen. Gleichzeitig hat er ausgeführt, die in der Klageschrift genannten Zustellungsbevollmächtigten seien nicht zustellungsbevollmächtigt gewesen. Eine zunächst erteilte Vollmacht sei teilweise widerrufen worden sei (GA Bl. 10). Den Teilwiderruf habe er der Klägerin auch am 22.06.2015 mitgeteilt. Er hat deshalb das Empfangsbekenntnis für die am 26.10.2015 in seinem Büro eingetroffene Klage nicht unterzeichnet.
Es kann dahinstehen, ob der von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorgenommenen Wertung des Schreibens vom 26.10.2015 (B 1 GA Bl. 27 [28]) zu folgen ist. Ein in einem etwaigen Mangel der Zustellungsvollmacht liegender Mangel der Zustellung ist jedenfalls nach § 189 ZPO geheilt worden.
§ 189 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich weit auszulegen. Der Zweck der Zustellung ist es, dem Adressaten angemessene Gelegenheit zu verschaffen, von einem Schriftstück Kenntnis zu nehmen und den Zeitpunkt der Bekanntgabe zu dokumentieren. Dabei hat § 189 ZPO allgemein den Sinn, die förmlichen Zustellungsvorschriften nicht zum Selbstzweck erstarren zu lassen, sondern die Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungszweck anderweitig, nämlich durch tatsächlichen Zugang erreicht wird. § 189 ZPO liegt somit das Prinzip der Zweckerreichung zugrunde. Gelangt das zuzustellende Schriftstück zum richtigen Empfänger, so hat die Zustellung – mit Wirkung ex nunc – ihren Zweck erfüllt (BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 11/16 -, BGHZ 214, 294-314, Rn. 38 mwN.).
Der erforderliche Zustellungswille des Kammervorsitzenden lag vor, wie sich ohne weiteres aus seiner Verfügung vom 19.10.2015 ergibt. Dem in der Klageschrift benannten jetzigen Prozessbevollmächtigten ist die Klageschrift, wie er selbst klargestellt hat, auch zugegangen. Es kann dahinstehen, ob er im Zeitpunkt des Zugangs zustellungsbevollmächtigt war oder nicht, denn letzteres steht einer Heilung gemäß § 189 ZPO nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen. Zwar muss bei einer Zustellung gemäß § 174 ZPO zu dem tatsächlichen Zugang des zuzustellenden Schriftstückes noch die zumindest konkludente Äußerung des Willens, das zur Empfangnahme angebotene Schriftstück dem Angebot entsprechend als zugestellt entgegen zu nehmen, hinzukommen (vgl. : BGH, Beschluss vom 13. Januar 2015 – VIII ZB 55/14 -, Rn. 12 mwN., juris). Auch hat der Prozessbevollmächtigte erklärt das Empfangsbekenntnis für die am 26.10.2015 in seinem Büro eingetroffene Klage nicht unterzeichnet zu haben, weil er nicht empfangsbevollmächtigt gewesen sei.
Die im Zeitpunkt des Zugangs mangelnde Empfangsbereitschaft steht der Heilung hier indessen nicht entgegen. Eine Heilung nach § 189 ZPO wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für den Fall angenommen, dass ein Rechtsanwalt erst durch spätere Bevollmächtigung zum Prozessbeteiligten einer Partei wird und er bereits zuvor oder zeitgleich mit der Bevollmächtigung in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks gelangt war (vgl. BGH, Urteile vom 7. Dezember 2010 – VI ZR 48/10, aaO Rn. 12; vom 22. November 1988 – VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154 unter II 3 a [zu § 187 ZPO aF]; auch BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 11/16 -, BGHZ 214, 294-314, Rn. 44, 47ff.).
Mit seiner Bestellung zum Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 09.11.2015 (GA Bl. 21; für den Beklagten zu 1) erneut im Schriftsatz vom 12.04.16 (GA Bl. 93) und für den Beklagten zu 2) erneut im Schriftsatz vom 24.03.2017 (GA Bl. 268) ist der Mangel mithin geheilt worden. Die Prozessvollmacht umfasst nach § 81 ZPO die Vollmacht zur Entgegennahme von Zustellungen. Soweit die Prozessbevollmächtigten der Beklagten jeweils nur eine eingeschränkte, undatierte, die Zustellungsvollmacht für die Klageschrift explizit ausnehmende Prozessvollmacht vorgelegt haben, steht dies einer Heilung nicht entgegen. Im Anwaltsprozess (§ 78 Abs. 1, Abs. 2 ZPO) kann die Prozessvollmacht gegenüber dem Prozessgegner und gegenüber dem Gericht grundsätzlich nicht beschränkt werden (BGH NJW 2001, 1356). Beschränkungen haben vielmehr nur insoweit rechtliche Wirkung, als sie die Beendigung des Prozesses durch Vergleich (§ 794), Verzicht (§ 306 Nr. 2) oder Anerkenntnis (§ 307) betreffen. Andere Beschränkungen als die nach § 78 Abs. 1 ZPO erzielen im Außenverhältnis grundsätzlich keine Wirkung (BGH, NJW 1987, 131; vgl. Zöller/Vollkommer § 83 Rn. 1), und zwar auch dann nicht, wenn sie in die Vollmachtsurkunde aufgenommen worden sind (BGH NJW 2001, 1156; VersR 2002, 1303).
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in der das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist, § 189 ZPO (vgl: BGH NJW 2016, 1517,1518 Rn. 15). Als Zustellungszeitpunkt gilt hier mithin der 26.10.2015.
Schließlich rügen die Beklagten ohne Erfolg, die Zustellung sei unwirksam, weil keine Übersetzung der Klageschrift die englische Sprache erfolgt sei (GA Bl. 12). Für die Wirksamkeit der Inlandszustellung an den Zustellungs-/Prozessbevollmächtigten einer im Ausland ansässigen Partei bedarf es, anders als bei der Auslandszustellung, keiner Übersetzung.
Darauf, ob die vom Gericht verfügte Auslandszustellung wirksam erfolgt ist, kommt es mithin entgegen der Auffassung der Beklagten nicht an. Die Beklagten verkennen bei ihrer gegenteiligen Auffassung, dass es nicht um die Heilung einer Auslandszustellung geht, sondern, wie dargelegt, um die Heilung einer mangelhaften Inlandszustellung.
Soweit die Beklagten weiter geltend machen, es habe sich bei der Zustellung an den Prozessbevollmächtigten um eine erschlichene Zustellung gehandelt, auf die deshalb nicht abgestellt werden könne, teilt der Senat diese Auffassung jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht. Zum Einen hatten die Beklagten jeweils eine undatierte Vollmacht ausgestellt, die neben einer Prozessvollmacht ausdrücklich die Befugnis umfasste, Zustellungen vorzunehmen und entgegenzunehmen (K1, K2) und selbst wenn man in den Ausführungen unter Ziff. 4 des Schreibens vom 22.06.2015 (B1 Bl. 28), der Auftrag der Mandanten beziehe sich nur auf die außergerichtliche Wahrnehmung der Interessen der Mandanten (Beklagten), es stehe noch nicht fest, ob ein Mandat für eine gerichtliche Auseinandersetzung erteilt werde, einen (Teil-) Widerruf der Vollmacht sähe, erfasste dieser die Empfangsvollmacht für Zustellungen jedenfalls nicht ausdrücklich, so dass eine „Erschleichung der Zustellung“ nicht angenommen werden kann. Maßgeblich ist aber, dass die Wirksamkeit der Zustellung auf der nachfolgenden Bestellung der Prozessbevollmächtigten für die Beklagten beruht.
4. Die Klage ist auch in der Sache begründet.
Unstreitig haben sich die Beklagten am 15.06.2011 für Forderungen der Klägerin bezgl. der Kto-Nrn. 3xx56x und 6xx71xx82x gegen die H J GmbH (im Folgenden Hauptschuldnerin) (Anl. K 4, K5) jeweils bis zu einem Höchstbetrag von 960.000 EUR verbürgt. Die Klägerin hat die Geschäftsbeziehung zur Hauptschuldnerin am 05.09.2012 gekündigt und ihre Forderungen aus den genannten Kontoverbindungen fällig gestellt (K7), nachdem diese die von ihr aufgrund des bestehenden Darlehensvertrages geschuldeten Raten (GA Bl. 4) – trotz wiederholter Mahnungen – nicht mehr an die Klägerin erbracht hat. Gleichzeitig hat die Klägerin den Beklagten mitgeteilt, sie aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen, sollte die Hauptschuldnerin die Forderungen nicht bis zum 04.10.2012 ausgeglichen haben (K 8, K 9). Ein entsprechender Ausgleich ist nicht erfolgt. Gegen die Berechnung der Forderungshöhe wenden sich die Beklagten nicht.
Die Auffassung der Beklagten, die Klägerin habe die Kündigung der Geschäftsbeziehung zu der Hauptschuldnerin zu vertreten, weil sie eine zugesagte Nachfinanzierung abredewidrig nicht gewährt habe, was zur Folge habe, dass die Klägerin sich ihnen gegenüber gemäß § 162 BGB nicht auf die Bürgschaft berufen könne und die Kündigung schon gegenüber der Hauptschuldnerin treuwidrig sei, teilt der Senat nicht.
Schon nach dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 13.04.2017 S. 12 (GA Bl. 327 f.)) hat die Beklagte weder in 2011 noch in 2012 eine Nachfinanzierung des Projekts fest zugesagt, sie hatte vielmehr nach dem eigenen Vortrag der Beklagten im Juli 2012 bereits seit über einem Jahr damit gedroht, die Weiterfinanzierung abzubrechen. Die Klägerin hat die von der Hauptschuldnerin angestrebte Nachfinanzierung auch nicht pflichtwidrig verweigert. Dass die Klägerin sich zur Nachfinanzierung der Hauptschuldnerin verpflichtet hätte, ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht. Daraus folgt lediglich, dass die Beklagte eine Nachfinanzierung nicht von vornherein abgelehnt hat. Dass dies auch auf Seiten der Beklagten so verstanden wurde, ergibt sich aus der Anlage B 12, in der die seinerzeitige Beraterin der Hauptschuldnerin, Rath, gegenüber dem Beklagten zu 1) mit E-Mail vom 02.03.2012 ausführt, die Klägerin sei noch immer kooperativ und für eine positive Kreditentscheidung offen, ohne dass dies bereits ein klares Ja, also eine klare Zusage darstelle. Ausweislich der Anlage B 13 ging auch der Beklagte zu 2), also einer der Geschäftsführer der Hauptschuldnerin, am 05.03.2012 nicht von dem Vorliegen einer verbindlichen Nachfinanzierungszusage aus. Das auf Seiten der Klägerin eine Entscheidung über die Nachfinanzierung noch nicht getroffen war, ergab sich im Übrigen unzweifelhaft aus deren Mail vom 09.05.2012 (B21). Zwar hat der Beklagte zu 1) gegenüber dem Controller in einer E-Mail vom 12.07.2012 davon gesprochen, dass die Klägerin der Hauptschuldnerin nach weiteren Gesprächen nunmehr eine Finanzierungszusage erteilt habe, so dass die Bauarbeiten fortgesetzt werden könnten. Diese Mail lässt schon deshalb keinerlei Rückschluss auf eine Zusage seitens der Klägerin zu, weil mit der Mail weiter ausgeführt wird, dass die Klägerin noch eine Bestätigung der Fertigstellungskosten und damit zu einem der wesentlichen Punkte vorausgegangener Verhandlungen verlangt hat (Anl. B25). Auch aus den Anlagen B26 und B29 ergibt sich, dass bei der Besprechung vom 10.07.2012 durch die Klägerin noch die Einreichung weiterer Unterlagen verlangt worden ist und, wenn die Einreichung nicht bis zum 01.08.2017 erfolge, die Abgabe an die Rechtsabteilung/Abwicklung drohe. Aus der Anlage B 29 ergibt sich, dass, sollten die Informationen nicht bis zum 01.08.2012 vorliegen, die Kündigung des Engagements und Sicherheitenverwertung vorbehalten bleibe.
Die Klägerin hatte eine etwaige Nachfinanzierung von vornherein davon abhängig gemacht, dass seitens der Hauptschuldnerin zusätzliches Eigenkapital nachgewiesen werde. Zunächst sollten weitere 200.000,00 EUR zuletzt weitere 150.000,00 EUR nachgewiesen werden. Ein entsprechender Nachweis ist nicht erbracht worden. Darauf, dass ein entsprechender Nachweis bereits am 08.02.2012 durch den Beklagten zu 2) erfolgt sei, können sich die Beklagten nicht mit Erfolg berufen. Die zum Nachweis vorgelegte Mail vom 08.02.2012 (B8) weist nur aus, dass aus Sicht des Beklagten zu 2) ein entsprechender Nachweis vorgelegt worden ist, belegt den Nachweis selbst und dessen Geeignetheit indessen nicht. Wie aus der Mail vom 15.02.2012 (B8) ersichtlich ist, beabsichtigte der Beklagte zu 2) das Eigenkapital bei seiner Bank zu finanzieren. Dass die Klägerin die in der Mail vom 15.02.2012 von dem Beklagten zu 2) erbetene Bestätigung der beabsichtigten Vorgehensweise abgegeben hätte, behaupten die Beklagten nicht. Im Übrigen versteht es sich von selbst, dass ein Eigenkapitalnachweis nicht von dem Gesellschafter, sondern von der Darlehensnehmerin, also der Hauptschuldnerin, zu erbringen war. Dass es hierzu nicht genügt, wenn der Gesellschafter über entsprechendes Vermögen verfügt, liegt auf der Hand. Es geht nicht zu Lasten der Klägerin, dass der Beklagte zu 2) nicht bereit war, das Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, bevor nicht eine positive Finanzierungszusage durch die Klägerin vorlag (B12; B13).
Soweit die Beklagten sich darauf berufen, Rechtsanwalt R habe der Klägerin am 05.09.2012 mitgeteilt, dass das Eigenkapital unterwegs sei, die Kündigung sei aus diesem Grund treuwidrig, ist dies bestritten, kann letztlich aber auch dahinstehen. Es ist unstreitig, dass die Hauptschuldnerin am 05.09.2012 nicht über das zur Nachfinanzierung benötigte Eigenkapital verfügte. Dass der Hauptschuldnerin das zusätzliche Eigenkapital im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung zur Verfügung stand, wird von den Beklagten nicht behauptet.
Abgesehen hiervon verfügte die Klägerin ausweislich der Anlage B33, die im Übrigen nicht einen Anruf der Klägerin bei RA R dokumentiert, sondern dessen Anruf bei Herrn F, auch am 10.09.2012 nicht über die von ihr ausweislich der Anlage B7 bereits im Januar 2012 zur Voraussetzung einer Entscheidung über eine Nachfinanzierung gemachte Bilanz der Beklagten. Zudem ergibt sich aus der Mail vom 15.02.2012 (B9) auch, dass der vorläufige Jahresabschluss für 2011 der Klägerin zur Erfüllung der angeforderten Unterlagen nicht ausreichte, denn dort ist ausgeführt, dass sich der Steuerberater nach Sichtung von durch den Beklagten zu 1) übersandten Unterlagen mit der Klägerin in Verbindung setzen werde. Am 22.02.2012 wies der seinerzeitige Bevollmächtigte der Hauptschuldnerin den Beklagten zu1) darauf hin, dass die Klägerin die Bilanz benötige (B10).
Soweit die Beklagten (GA Bl. 205, 287) erstinstanzlich vorgetragen haben, die Klägerin habe die Finanzierung des von ihr errechneten Nachfinanzierungsbedarfs von 200.000,00 EUR im August 2011 zugesagt und erklärt, ein Verkauf der Wohnungen solle unterbleiben, weil er nicht im Interesse der Klägerin liege, liegen die Voraussetzungen einer Parteivernehmung nicht vor. Die Klägerin hat einer Parteivernehmung des Beklagten zu 1) nicht zugestimmt. Eine Parteianhörung des Beklagten zu 1) gemäß § 141 ZPO, um den Beklagten einen Anbeweis und darauf aufbauend eine Parteivernehmung zu ermöglichen, ist nicht veranlasst. Die Beklagten haben schon nicht konkret vorgetragen, dass es sich um ein Vier-Augen-Gespräch gehandelt hat. Einen Anbeweis haben die Beklagten auch nicht durch die vorgelegten Unterlagen erbracht, da sich aus diesen lediglich ergibt, dass die Klägerin eine Nachfinanzierung prüft und eine Entscheidung über die Gewährung eines Kredits von den bereits dargestellten, von der Hauptschuldnerin nicht erfüllten Voraussetzungen abhängig gemacht hat. Eine Kreditentscheidung, auf die die Beklagten vertrauen durften, gab es mithin nicht. Die Hauptschuldnerin ist das Risiko einer negativen Kreditentscheidung durch die Klägerin bewusst eingegangen. Ein schutzwürdiges Vertrauen liegt weder auf Seiten der Hauptschuldnerin noch der Beklagten vor.
Etwas anders ergibt sich auch nicht aus dem – bestrittenen – Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe einem Herrn K sen. zwischen Januar 2012 und April 2013 angeboten, die Objekte E und D zu erwerben (GA Bl. 482). Abgesehen davon, dass der Vortrag allenfalls dann erheblich sein könnte, wenn die Anbietung vor der Kündigung der Geschäftsbeziehung gelegen hätte, was die Beklagten schon nicht konkret behaupten, lässt selbst ein unterstelltes „Anbieten“ ab Anfang 2012 keinen Rückschluss darauf zu, die Klägerin habe bereits zu diesem Zeitpunkt auf eine Kündigung der Geschäftsbeziehung mit der Hauptschuldnerin und die Herbeiführung der Insolvenz der Hauptschuldnerin abgezielt und deshalb schon zu diesem Zeitpunkt die (nicht offenbarte) Absicht gehabt, die Nachfinanzierung nicht zu gewähren.
Soweit die Beklagten meinen, auch die Anforderung der Beklagten einen Controller zu bestellen, spreche dafür, dass die Klägerin schon frühzeitig nicht die Absicht gehabt habe, die Nachfinanzierung zu bewilligen, erschließt sich dies nicht. Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten im Zuge der Verhandlungen über eine Nachfinanzierung deutlich gemacht, dass eine solche nur in Betracht komme, wenn damit die Fertigstellung des Objekts gesichert ist und der von der Hauptschuldnerin zugesagte Eigenkapitaleinsatz erfolgt. Die Bestellung eines Controllers erscheint vor dem Hintergrund der unstreitigen Steigerung der Fertigstellungskosten im Herbst 2011 und ausweislich der Mail vom 03.12.2010 bereits im Dezember 2010 aufgetretener Unstimmigkeiten bezüglich der Feststellung von Bautenständen und des Einsatzes von Eigenmitteln der Hauptschuldnerin (Anl. B38) nachvollziehbar.
Es kann dahinstehen, ob, wie von den Beklagten behauptet, die Klägerin vertreten durch Herrn F dem Beklagten zu 1) im Frühjahr von einem Verkauf des Objekts/eines Teils des Objekts abgeraten hat und im Fall eines Teilverkaufs eine Nachfinanzierung durch die Beklagte nicht erforderlich gewesen wäre. Zum einen hatte die Klägerin eine Nachfinanzierung nicht verbindlich zugesagt, so dass eine entsprechende Zusage die Hauptschuldnerin nicht von einem Verkauf abgehalten haben kann. Zum anderen wäre der Rat, nicht zu verkaufen, zu dem von den Beklagten angegebenen Zeitpunkt „Frühjahr 2011“ und den von dem Beklagten zu 1) vorgetragenen Umständen auch nicht als fehlerhaft einzustufen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und in welchem Zeitraum die Hauptschuldnerin einen Verkauf hätte bewerkstelligen können, denn die Höhe des tatsächlichen Nachfinanzierungsbedarfs war im maßgeblichen Zeitpunkt der Klägerin nicht kundgetan, die Aufstellung der Mehrkostenberechnung wurde der Klägerin erst am 30.07.2011 übersandt (B4), zudem wurde der Nachfinanzierungsbedarf noch im Juli 2011 von den Beteiligten wesentlich geringer geschätzt, als er sich später herausgestellt hat. Da das Grundstück zur Sicherung des der Hauptschuldnerin gewährten Kredits diente, hätte die Hauptschuldnerin im Fall eines (Teil-) Verkaufs angesichts der Zinsbindung bis zum 30.01.2020 eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichten müssen. Dass die Klägerin über besseres Wissen verfügte als die Hauptschuldnerin bzw. deren Geschäftsführer, die Beklagten, ist nicht ersichtlich. Die Beklagten waren in ihrer Entscheidung frei und können ihre Verantwortung nicht auf die Klägerin abwälzen. Einer Vernehmung des Zeugen L (GA Bl. 488) bedurfte es daher nicht.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen bereits vom Bundesgerichtshof entschieden worden sind.
Streitwert: 300.000,00 EUR

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