OLG Köln, Urteil vom 09.01.2019 – 5 U 13/17

Oktober 17, 2021

OLG Köln, Urteil vom 09.01.2019 – 5 U 13/17

1.

Ein Durchgangsarzt, der nach einem Arbeitsunfall mit Aufprall des Fußes auf der Erde zunächst nur ein Umknicktrauma diagnostiziert, muss jedenfalls dann, wenn er im Rahmen der selbst weitergeführten Behandlung von der Diabetes mellitus-Erkrankung des Patienten und einer darauf beruhenden Polyneuropathie erfährt, die Möglichkeit einer Mitbeteiligung von Fußknochen in Erwägung ziehen und röntgenologisch abklären. Ein entsprechendes Versäumnis stellt sich als Befunderhebungsmangel und nicht als Diagnosefehler dar.

2.

Die vollständige und endgültige Ausbildung eines Charcot-Fußes bei einem 48-jährigen Mann rechtfertigt ein Schmerzensgeld von 50.000.- €.

Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 21.12.2016 – 9 O 375/15 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 50.000.- € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszins aus einem Betrag von 20.000,- € seit dem 1.4.2014 sowie aus weiteren 30.000.- € seit dem 1.10.2015 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen unvorhersehbaren immateriellen sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung ab Juni 2013 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers (jeweils beider Instanzen) tragen der Beklagte zu 1 zu 25% und der Kläger zu 75%. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 trägt er selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 bis 4 trägt der Kläger.

Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten zu 1 wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

Der Kläger, geboren am 06.04.1965, leidet seit vielen Jahren unter Diabetes mellitus und Adipositas per magna. Er erlitt am 12.06.2013 einen Arbeitsunfall, bei dem er nach einem Sprung von einem Schlepper mit seinem linken Fuß auf dem Boden auftraf und umknickte. Am Folgetag (13.06.2013) suchte der Kläger den Beklagten zu 1 als Durchgangsarzt auf. Der Beklagte zu 1 veranlasste eine Röntgenaufnahme des oberen Sprunggelenkes und diagnostizierte laut seinem Durchgangsbericht vom 13.6.2013 eine Verstauchung und Zerrung des oberen Sprunggelenks und eine Spontanruptur von nicht näher bezeichneten Sehnen nach ICD10 M66.57. Er verordnete einen Kompressionsverband, eine Aircast-Schiene sowie das Kühlen der verletzten Stelle. Der Beklagte zu 1 behandelte den Kläger in der Folgezeit am 17.06.2013, am 21.06.2013 und zuletzt am 02.07.2013. Unter dem 21.6.2013 vermerkte er in seiner Dokumentation u.a.: „Minimale Schwellung, weiterhin keine Schmerzen (diabetische Polyneuropathie)…“. Er schrieb den Kläger insgesamt bis zum 10.07.2013 arbeitsunfähig krank. Zu einem auf den 10.7.2013 vorgesehenen Kontrolltermin erschien der Kläger nicht mehr.

Ab dem 17.06.2013 bis zum 30.09.2013 suchte der Kläger parallel auch seinen Hausarzt, den Beklagten zu 2, der gemeinsam mit dem Beklagten zu 3 eine hausärztliche Gemeinschaftspraxis – die Beklagte zu 4 – betreibt, auf. Dieser überwies den Kläger wegen fortdauernder Schwellung des linken Fußes Ende September 2013 unter anderem an einen Orthopäden. Vom 21.10.2013 bis 22.11.2013 befand sich der Kläger – unabhängig von der Behandlung durch die Beklagten – zur stationären Behandlung im Krankenhaus A. Hier wurde die Ausbildung eines Charcot-Fußes bei Vorliegen einer proximalen Mittelfußfraktur am 5. Mittelfußknochen diagnostiziert. In der Folge kam es zu einer weiteren stationären Behandlung im St. B-Krankenhaus in C, wo dem Kläger zur Behebung eines Spitzfußes die Achillessehne verlängert und eine Flex-Cast-Schiene angelegt wurde.

Der Kläger hat gestützt auf private Sachverständigengutachten von Prof. Dr. D und Prof. Dr. E behauptet, er habe im Rahmen des Arbeitsunfalles eine Basisfraktur am fünften Mittelfußknochen davongetragen mit der Konsequenz, dass die Knochenenden zunehmend auseinandergewichen seien und eine lokale Zirkulationsstörung aufgetreten sei. Diese habe zu der katastrophalen Entwicklung der Ausbildung eines Charcot-Fußes geführt. Infolge dessen könne der Kläger seinen linken Fuß nicht mehr einsetzen und das linke Bein nur noch wie eine Stelze verwenden. Sowohl der Beklagte zu 1 als auch der Beklagte zu 2, der über den Hergang des Arbeitsunfalles informiert worden sei, hätten es unterlassen, die erforderliche Befunderhebung durchzuführen. So sei es unzureichend gewesen, dass der Beklagte zu 1 lediglich eine klinische Untersuchung durchgeführt und das obere Sprunggelenk in drei Ebenen geröntgt habe. Die Diagnose einer Distorsion im Sprunggelenk sei falsch, tatsächlich habe ein Bruch des fünften Mittelfußknochens vorgelegen. Wenn der Beklagte zu 1 den gesamten Fuß geröntgt hätte, wozu er verpflichtet gewesen wäre angesichts der Vorerkrankungen des Klägers und des geschilderten Unfallherganges, hätte er den Bruch in jedem Fall gesehen und hätte ihn dann korrekt versorgen können. Bei korrekter Diagnosestellung hätte eine längere Ruhigstellung bis ca. sieben Wochen zwingend verordnet und eingehalten werden müssen. Da der Beklagte zu 2 über die Anamnese, nämlich den Unfall und das darauf beruhende Supinationstrauma, informiert gewesen sei, hätte auch dieser angesichts der Vorerkrankungen des Klägers eine weitere Befunderhebung auf den Weg bringen müssen.

Der Kläger hat weiter behauptet, er sei weitestgehend auf Gehstützen und Rollstuhl angewiesen. Der linke Fuß sei deformiert, er sei erwerbsunfähig und deshalb verrentet. Er leide unter Depressionen, Existenzängsten und Behinderungen im zwischenmenschlichen und geschlechtlichen Bereich (Potenzstörungen).

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn aus der fehlerhaften Behandlung ab März 2013 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 50.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 20.000,00 EUR seit dem 01.04.2014, aus weiteren 30.000,00 EUR seit Rechtshängigkeit.

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche künftigen unvorhersehbaren immateriellen sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung ab März 2013 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

Die Beklagten haben beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, ihre Behandlung des Klägers sei jederzeit lege artis gewesen, insbesondere hätten sie jeweils die gebotene Befunderhebung betrieben.

Der Beklagte zu 1 hat behauptet, dass Auslöser für die Entwicklung des Charcot-Fußes nicht eine Fraktur im Rahmen des von ihm zu beurteilenden und behandelten Arbeitsunfalles, sondern ein Ermüdungstrauma gewesen sei, welches durch eine MRT-Untersuchung andernorts vom 30.10.2013 auch nachgewiesen worden sei.

Die Beklagten zu 2 bis 4 haben behauptet, von dem Arbeitsunfall keine Kenntnis gehabt zu haben. Der Focus der Behandlung durch den Beklagten zu 2 habe auf der Begleitung und Einstellung der Diabetes-Erkrankung gelegen. Es habe für den Beklagten zu 2 keine Verdachtsmomente und keine klinische Symptomatik gegeben, welche eine Behandlungspflicht bezüglich des linken Fußes hätte auslösen können. Die Beklagten zu 2 bis 4 haben ferner die Auffassung vertreten, ein Anspruch bestehe allenfalls gegenüber der zuständigen Berufsgenossenschaft.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. F (Bl. 151-200 d.A.), welches dieser im Termin vom 25.11.2016 erläutert hat. Es hat sodann die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Beklagten zu 1 sei kein Behandlungsfehler vorzuwerfen. Eine Pflicht, weitere Befunde durch eine frühzeitigere Röntgenaufnahme des Fußes zu erheben, habe nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht bestanden. Die primäre Diagnose eines Supinationstraumas mit Betroffenheit des Außenbandes habe schlüssig alle Beschwerden des Klägers erklärt. Anlass zu weiterer bildgebender Diagnostik habe auch angesichts der bekannten Diabeteserkrankung und der Polyneuropathie zunächst, jedenfalls bis zum Behandlungsende, nicht bestanden. Auch sei es eher unwahrscheinlich, dass der Kläger die später festgestellte Fraktur sich durch den Arbeitsunfall zugezogen habe. Auch hinsichtlich der Beklagten zu 2 bis 4 scheide eine Haftung aus. Es habe weder Anlass bestanden, an der Diagnose des Beklagten zu 1 zu zweifeln, noch habe aufgrund der eigenen Befunderhebung Anlass bestanden, an das Vorliegen einer bislang unentdeckten Fraktur zu denken. Das Bild, wie es sich dem Beklagten zu 2 dargestellt habe, sei am ehesten mit einer chronisch venösen Insuffizienz zu vereinbaren gewesen. Insgesamt habe der Beklagte zu 2 im gesamten Behandlungszeitraum zielführend und sachgerecht reagiert. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Mit der hiergegen im Hinblick auf zunächst alle Beklagten eingelegten Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich gestellten Anträge unverändert weiter. Gestützt auf zwei weitere private Gutachten (Prof. Dr. E, Prof. Dr. G) macht er im Wesentlichen geltend, dass die Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. F nicht überzeuge und daher keine Grundlage für die gerichtliche Entscheidung darstellen könne. Er verweist darauf, dass der Unfallhergang selbst zu wenig geklärt gewesen sei, um eine Fraktur im Fußbereich hinreichend sicher auszuschließen. Auch habe der Sachverständige nicht hinreichend die Bedeutung der Polyneuropathie und insgesamt nicht die schwerwiegende diabetische Vorerkrankung sowie das sehr hohe Gewicht des Klägers berücksichtigt, was sowohl auf eine mögliche Fußverletzung hingedeutet habe als auch erkläre, warum der Kläger keine schmerzbedingten Hinweise auf eine Fußverletzung habe geben können. Dass der Sachverständige die für die Ausbildung eines Charcot-Fußes typische Trias vermisst habe, sei ebenso wenig nachzuvollziehen wie die Annahme, die Fraktur sei wahrscheinlich nicht im Rahmen des Arbeitsunfalls vom 12.6.2013 entstanden. Er rügt ferner eine unzureichend kritische, vielmehr sogar stark suggestive Befragung des Sachverständigen.

Der Beklagte zu 1 tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens. Er legt seinerseits ein privates Sachverständigengutachten (Prof. Dr. H) vor, das seine Auffassung unterstützt, wonach eine kurzfristige Überprüfung der ursprünglichen Diagnose durch weitergehende bildgebende Verfahren nicht geboten gewesen sei. Er behauptet weiter, dass eine solche Kontroll-Röntgenuntersuchung zu dem Termin 10.7.2013 vorgesehen gewesen sei und dass eine solche Kontrolle auch rechtzeitig gewesen wäre. Er verweist ferner darauf, dass er mit der angeordneten Ruhigstellung des Fußes dasjenige veranlasst habe, was selbst bei der Diagnose einer Mittelfuß-Fraktur angebracht und ausreichend gewesen sei. Er bestreitet weiterhin, dass durch eine frühzeitigere Entdeckung und Behandlung der Fraktur die Ausbildung des Charcot-Fußes zu verhindern gewesen wäre. Die im Zusammenhang mit dem Charcot-Fuß seitens des Klägers geltend gemachten konkreten Folgen bestreitet der Beklagte zu 1.

Die Beklagten zu 2 bis 4 sind dem Berufungsvorbringen ebenfalls entgegen getreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat seinerseits ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I eingeholt, das der Sachverständige im Termin vom 12.11.2018 mündlich erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 14.4.2018 (Bl. 452 ff. d.A.) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2018 (Bl. 577 ff. d.A.) verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 26.11.2018 hat der Kläger die Berufung gegen die Beklagten zu 2 bis 4 zurückgenommen.

II.

Die Berufung, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1 einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus §§ 280 Abs.1, 630a, 823 Abs.1, 249, 253 Abs.2 BGB wegen einer fehlerhaften Behandlung des Klägers durch unzureichende Untersuchung im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 12.6.2013.

1.

Der Beklagte zu 1 hat es vorwerfbar unterlassen, spätestens am 21.6.2013, als ihm die diabetische Grunderkrankung und eine darauf beruhende Polyneuropathie bekannt waren, die zuvor gestellte Diagnose eines reinen Umknicktraumas des linken Fußes mit Verstauchung und Zerrung im Sprunggelenk sowie einer Spontanruptur nicht näher bezeichneter Sehnen (so der Durchgangsarztbericht vom 13.6.2013) kritisch zu hinterfragen, eine mögliche Mitbeteiligung des 5. Mittelfußknochens in Erwägung zu ziehen und eine entsprechend erweiterte Diagnostik durch Röntgenaufnahmen des Fußes zu veranlassen. Jedenfalls mit der Kenntnis dieser Sensibilitätsstörung und der persistierenden Beschwerden musste der Beklagte zu 1 die Möglichkeit einer übersehenen Fraktur im Fuß bedenken und vor dem Hintergrund der erheblichen Komplikationsgefahren, die aus einer solchen übersehenen Fraktur resultierten, unverzüglich handeln. Ihm musste die Möglichkeit der Ausbildung eines Charcot-Fußes vor Augen stehen und er musste sicherstellen, dass die im Falle einer Fraktur einsetzende biomechanische Kette, die zur Entwicklung eines Charcot-Fußes führen konnte, unbedingt unterbrochen wurde.

Der Senat folgt insoweit uneingeschränkt den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. I, der dies sowohl im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens entsprechend ausgeführt als auch im Rahmen der mündlichen Anhörung in Ansehung der hiergegen vorgebrachten Einwände des Beklagten zu 1 ausführlich und erschöpfend erläutert hat. Es leuchtet dem Senat unmittelbar ein, dass bei einem Patienten mit einer derart schwerwiegenden diabetischen Vorerkrankung besondere diabetestypische Gefahren im Blick behalten werden müssen, wozu insbesondere der Umstand zählt, dass man sich bei einem Diabetiker nicht hinreichend auf klinische Angaben wie vor allem der Schmerzentwicklung verlassen kann, und dass deswegen weitergehend objektive diagnostische Verfahren eingesetzt werden müssen. Die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen stehen insoweit im Kern in völligem Einklang mit denjenigen der privaten Sachverständigen des Klägers (Prof. Dr. D, Prof. Dr. E, Prof. Dr. G). Diese weisen aus Sicht des Senates in Verstärkung der Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. I zu Recht auch darauf hin, dass der Unfallhergang für die abschließende Diagnose einer Außenbandruptur oder gar nur eines bloßen Verdrehtraumas zu wenig geklärt gewesen sei, und dass eine Fraktur daher keinesfalls auszuschließen gewesen sei (was der Sachverständige Prof. Dr. I im Rahmen der mündlichen Anhörung bestätigte – er geht letztlich sogar davon aus, dass vermutlich gar keine Außenbandruptur vorgelegen habe). Ferner haben sie darauf hingewiesen, dass das erhebliche Übergewicht des Klägers und die dadurch bedingte erhöhte Frakturgefahr zu wenig berücksichtigt worden seien, was ebenfalls einleuchtet.

Das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F, der die Diagnose des Beklagten zu 1 für vertretbar und weitere Diagnostik innerhalb des Behandlungszeitraums für nicht angezeigt gehalten hat, überzeugt den Senat schon vor dem Hintergrund der seitens der privaten Sachverständigen dagegen erhobenen gewichtigen Einwände nicht. Er kann schon den Einwänden eines aufgrund unklaren Unfallablaufs und eines hohen Gewichts des Klägers ohne weiteres möglichen abklärungsbedürftigen Frakturverdachts nichts entgegensetzen. Er setzt sich mit der – jedenfalls ab dem 21.6.2013 bekannten – Polyneuropathie vor dem Hintergrund der Diabeteserkrankung nicht plausibel auseinander. Er argumentiert unschlüssig, wenn er selbst zum einen feststellt, dass die Entwicklung eines Charcot-Fußes eine gewisse Zeit benötige (worin sich alle Sachverständigen einig sind), aber zum anderen schlussfolgert, der Beklagte zu 1 habe dies nicht in Betracht ziehen müssen, weil es an der typischen Symptomtrias (Rötung, Schwellung, Überwärmung) gefehlt habe. Erst recht argumentiert er unschlüssig, wenn er die fehlende Notwendigkeit von weitergehenden Röntgenaufnahmen mit fehlenden Schmerzen des Klägers begründet. Auch der seitens des Senates beauftragte Sachverständige Prof. Dr. I hat dementsprechend den Ausführungen des erstinstanzlichen Sachverständigen in zentralen Punkten vehement widersprochen.

Nicht zu überzeugen vermag auch das private Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H, soweit es in Widerspruch zu den obigen Ausführungen steht. Im Kern begründet er die Auffassung, dass es einer früheren weitergehenden röntgenologischen Kontrolle nicht bedurft habe, mit der Aussage, dass die seitens des Beklagten zu 1 angenommene Verletzung des Außenbandes die Beschwerden des Klägers plausibel erklärt habe, so dass diese Diagnose dem Beklagten zu 1 nicht vorzuwerfen sei. Dies aber missversteht die Aussage des gerichtlichen Sachverständigen, der den Vorwurf ebenfalls nicht in einer unvertretbaren Erstdiagnose sieht, sondern in der fehlenden Überprüfung zu einem Zeitpunkt, wo dem Behandler die Risiken aus der vorliegenden diabetischen Polyneuropathie hätten vor Augen stehen müssen. Warum ein Arzt aber angesichts der ihm bekannten Polyneuropathie keinerlei Anlass haben soll, seine (nach Auffassung von Prof. Dr. I zudem nicht einmal zuverlässig überprüfte) ursprüngliche Diagnose kritisch zu hinterfragen und eine ohne weiteres mögliche zusätzliche Fraktur des Fußknochens mit in Erwägung zu ziehen, begründet der Privatsachverständige nicht, sondern belässt es bei einer bloßen Behauptung, die indes dem Senat nicht einzuleuchten vermag. Vor allem vermag auch bei ihm nicht einzuleuchten, dass er maßgeblich auf den Umstand fehlender Schmerzen abstellt, wenn zugleich davon ausgegangen wird, dass beim Kläger eine Schmerzunempfindlichkeit vorlag. Hier liegt ein offensichtlicher Zirkelschluss vor. Auch soweit der Privatsachverständige postuliert, eine ergänzende Röntgenuntersuchung etwa am 10.7.2013 (dass eine solche geplant gewesen sei, behauptet der Beklagte zu 1) habe ausgereicht, fehlt es an einer plausiblen Begründung und vor allem einer Auseinandersetzung mit den Angaben von Prof. Dr. I, wonach im Hinblick auf das Auseinanderdriften der Knochenenden und die zunehmende Problematik einer noch gelingenden Verheilung der Fraktur unbedingt Eile geboten gewesen sei.

Nicht gefolgt werden kann ferner dem Beklagten zu 1, wenn er gar das Vorliegen einer Polyneuropathie bestreitet und damit dem Sachverständigen vorwirft, von unrichtigen Anknüpfungstatsachen auszugehen. Tatsächlich setzt sich der Beklagte zu 1 mit einem derartigen Bestreiten bereits in Widerspruch zu seiner eigenen Dokumentation, die für den 21.6.2013, wie dargestellt, ja gerade das Vorliegen der Polyneuropathie bestätigt. Im Übrigen ergibt sich deren Vorliegen, worauf der Sachverständige Prof. Dr. I sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Gutachten hingewiesen hat, bereits aus den Behandlungsunterlagen der Evangelischen Klinik J vom 22.3.2012 (also rund 16 Monate vor dem hier streitigen Geschehen), wo ein seit sechs bis sieben Jahren bestehendes Taubheitsgefühl der Füße beschrieben ist. Zu Recht hat der Sachverständige Prof. Dr. I auch im Verhandlungstermin vom 12.11.2018 darauf verwiesen, dass die unstreitig eingetretene Entwicklung des Charcot-Fußes ohne das Vorliegen einer entsprechenden Schmerzunempfindlichkeit, also einer Polyneuropathie, nicht erklärbar sei.

2.

Der Beklagte zu 1 und nicht etwa ausschließlich die zuständige Berufsgenossenschaft haftet für das Versäumnis hinreichender Diagnostik. Der Fehler ist dem Bereich privatrechtlichen Handelns des Beklagten zu 1 zuzurechnen, der nicht nur als Durchgangsarzt die hoheitliche Aufgabe übernommen hat, einen Arbeitsunfall und die Frage besonderer unfallversicherungsrechtlicher Maßnahmen zu klären, sondern auch für die folgenden Wochen die weitere Behandlung des Klägers übernommen hat, was nicht dem Bereich hoheitlichen Handelns zuzuordnen ist. Selbst wenn der Behandlungsfehler bereits im Zusammenhang mit der Kerntätigkeit des Durchgangsarztes zu sehen wäre, nämlich im Rahmen der Erstdiagnostik (etwa durch unzureichende Anamnese – hier hat der Sachverständige sich nicht klar festlegen können) oder weil dem Beklagten zu 1 die Diabeteserkrankung bereits von vornherein bekannt gewesen wäre, so hätte sich das Versäumnis keineswegs auf diese erste Phase beschränkt, sondern für die Folgezeit und die weitere Behandlung fortgewirkt. Die Pflicht, eine bereits im ersten Termin versäumte Diagnostik im Folgetermin unbedingt nachzuholen, hätte den Beklagten zu 1 naturgemäß erst recht getroffen.

3.

In rechtlicher Hinsicht stellt sich das Versäumnis weiterer röntgenologischer Abklärung – entgegen der Rechtsauffassung des Sachverständigen Prof. Dr. I und der ursprünglich geäußerten Auffassung des Beklagten zu 1 – keineswegs als bloßer Diagnoseirrtum dar, der seinerseits nicht als Behandlungsfehler anzusehen wäre, sondern als Befunderhebungsmangel. Der Kern des Vorwurfs liegt, wie bereits ausgeführt, nicht in einer möglicherweise unrichtigen Erstdiagnose, sondern in dem Versäumen, diese durch notwendige weitergehende Diagnostik abzusichern. Es geht um die Nichterhebung zweifelsfrei gebotener Befunde. Ein solches Versäumnis stellt einen Verstoß gegen fachärztlichen Standard und damit eine Pflichtverletzung dar.

4.

Durch die Pflichtverletzung ist dem Kläger ein erheblicher Gesundheitsschaden entstanden. Der sich entwickelnde Charcot-Fuß ist dem Beklagten zu 1 anzulasten.

Dass sich als primärer Körperschaden beim Kläger ein Charcot-Fuß entwickelt hat, ist zwischen den Parteien nicht streitig.

Von einem Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 und der Entwicklung des Charcot-Fußes ist auszugehen. Hierzu hat der Sachverständige Prof. Dr. I zunächst festgestellt, dass die geforderte Röntgenuntersuchung des Fußes das Ergebnis einer Fraktur erbracht hätte. Der Sachverständige geht hierbei, wie er in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, mit Gewissheit davon aus, dass eine vorhandene Fraktur in jedem Fall entdeckt worden wäre, was auch einleuchtet, da ein Grund, warum eine bestehende Fraktur auf dem Röntgenbild nicht erkannt werden sollte, nicht ersichtlich ist. Keine Zweifel hat der Sachverständige ferner zunächst daran geäußert, dass die Fraktur sich als Folge des Sturzereignisses vom 12.6.2013 darstellte und die seitens des Beklagten zu 1 vorgetragene Möglichkeit, dass die Fraktur bereits zuvor bestanden haben könne oder aber erst in der Folgezeit entstanden sei, als rein theoretisch anzusehen sei. Im Rahmen der mündlichen Erläuterung hat er sich jedenfalls darauf festgelegt, dass davon mit einer überwiegenden, jedenfalls deutlich über 50% liegenden Wahrscheinlichkeit auszugehen sei, was in rechtlicher Hinsicht ausreicht. Soweit es sich um eine vor dem 12.6.2013 stattgefundene Fraktur handeln würde, wäre dies ohne Bedeutung, denn die unbedingte Behandlungsbedürftigkeit hätte unabhängig von der Frage bestanden, wann die Fraktur verursacht wurde. Im Übrigen gilt sowohl für eine theoretisch denkbare frühere wie für eine theoretisch denkbare später entstandene Fraktur, dass sie, wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, schon deshalb als überaus unwahrscheinlich anzusehen wäre, weil eine auf anderer Ursache beruhende Fraktur, insbesondere ein Ermüdungsbruch, sich im Röntgenbild anders dargestellt hätte, nämlich typischerweise als Schaftfraktur und nicht, wie hier, als Basisfraktur. Angesichts der weiteren auch zeitlich typischen und plausiblen Entwicklung von dem Arbeitsunfall zum Charcot-Fuß, angesichts der hohen Plausibilität des Arbeitsunfalles vom 12.6.2013 als maßgeblicher Frakturursache und angesichts des Fehlens von jeglichem Anhaltspunkt für ein vergleichbares Frakturauslösendes Ereignis bestehen auch aus Sicht des Senates keinerlei Zweifel, dass jedenfalls mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Röntgendiagnostik am 21.6.2013 zum Befund einer Mittelfußfraktur geführt hätte.

Ein derartiger Befund hätte auch zwingend weitergehende therapeutische Reaktionen erfordert, die zu unterlassen sich als grober Behandlungsfehler dargestellt hätte. Eine solche Therapie hätte, wie der Sachverständige Prof. Dr. I einleuchtend erläutert hat, zwingend zum einen in einer absoluten Ruhigstellung und Entlastung des Fußes bestanden, zum anderen in einer Beseitigung der Dislokation, also einer Reposition der Knochenenden. Letzteres wäre unter Umständen noch konservativ möglich gewesen, ansonsten wäre eine Operation geboten gewesen, was letztlich vom Ausmaß der bereits eingetretenen Dislokation abhängig gewesen wäre. Dem Einwand des Beklagten zu 1, wonach eine Ruhigstellung des Fußes doch gerade von ihm angeordnet worden sei, mithin die erforderliche Therapie also ohnehin erfolgt sei, ist der Sachverständige überzeugend mit dem Argument entgegen getreten, dass es entscheidend auf eine Entlastung angekommen wäre, die allenfalls noch im Fersenbereich eine Belastung ermöglicht hätte, eine solche aber durch die seitens des Beklagten zu 1 verhängten Maßnahmen gerade nicht gewährleistet gewesen sei. Unstreitig ist im Übrigen, dass die zwingend gebotene Beseitigung der Dislokation nicht angegangen wurde.

Dass die Frage, ob die notwendigen Maßnahmen, deren Unterlassen sich als eindeutiger Verstoß gegen bewährte medizinische Regeln und als schlechterdings unverständlich darstellen würden, die Entwicklung eines Charcot-Fußes sicher verhindert hätten oder nicht, nicht zu klären ist, geht zu Lasten des Beklagten zu 1. Alle Sachverständigen gehen davon aus, dass diese Frage nicht mit der notwendigen Gewissheit geklärt werden kann, dass es also auch ohne weiteres denkbar ist, dass die Entwicklung des Charcot-Fußes selbst bei optimaler Therapie nicht zu verhindern gewesen wäre. Immerhin hat der Sachverständige Prof. Dr. I die Wahrscheinlichkeit, dass die fatale Entwicklung zu verhindern gewesen wäre, mit mehr als 50% beziffert. Aus rechtlicher Sicht maßgeblich ist indes allein, dass die zwingend zu ergreifenden Maßnahmen nach einem diagnostizierten Mittelfußbruch geeignet gewesen wären, den weiteren Schadenseintritt zu verhindern, und dass der Erfolg der Maßnahmen nicht gänzlich unwahrscheinlich gewesen wäre, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates bedeutet, dass eine mindestens 5%ige Erfolgswahrscheinlichkeit bestehen muss. Davon ist aber nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in jedem Fall auszugehen. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten des hinsichtlich der Kausalität beweisbelasteten Beklagten zu 1, denn die Voraussetzungen des § 630 h Abs. 5 Satz 2 BGB, nach denen eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen des Befunderhebungsfehlers eintritt, liegen nach dem oben Dargelegten vor.

Den Beweis des Gegenteils, nämlich dass trotz Röntgendiagnostik und darauf eingeleiteter Maßnahmen sich der weitere gesundheitliche Verlauf in gleicher Weise dargestellt hätte wie tatsächlich eingetreten, hat der Beklagte zu 1 nicht geführt und kann er nicht führen.

5.

Der vom Beklagten zu 1 verursachte körperliche Schaden des Klägers rechtfertigt ein Schmerzensgeld von 50.000.- €. Maßgeblich ist das Ausmaß der Behinderungen, Beschwerden und Leiden, die der Kläger durch die Ausbildung eines Charcot-Fußes erlitten hat. Wie sich aus den Gutachten der befassten Sachverständigen ergibt, insbesondere aus den Gutachten der beiden Sachverständigen Prof. Dr. F und Prof. Dr. I, aber auch der privaten Sachverständigen – hier insbesondere des Sachverständigen Prof. Dr. D, der den Kläger persönlich untersucht hat -, handelt es sich bei dem hier vorliegenden Krankheitsbild um einen Zustand, der durch die weitgehende Zerstörung des Fußgewölbes bzw. -skeletts, verursacht durch spontane Knochenbrüche und Deformierungen des Fußes, gekennzeichnet ist. Verbunden ist der Zustand mit einer hohen Verletzungsanfälligkeit, mit der Ausbildung von Druckgeschwüren und mit der erheblichen Störung von Nerven und Blutgefäßen. Es besteht eine erhöhte Infektionsgefahr und insgesamt eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit. Beim Kläger hat sich zudem konkret verwirklicht eine Spitzfußstellung, die Notwendigkeit einer operativen Verlängerung der Achillessehne und eine Pseudarthrose beim 5. Mittelfußknochen. Die Deformierung des Fußes macht die permanente Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk notwendig. Gehen und insgesamt die Bewegungsfähigkeit sind in erheblicher Weise eingeschränkt. Seine Darstellung, dass der Fuß beziehungsweise das linke Bein nur noch als Stelze diene, ist ohne weiteres plausibel. Durch die nachgewiesene Verordnung eines Rollstuhls und von Unterarmgehstützen ist belegt, dass diese Hilfsmittel zumindest zeitweise erforderlich sind.

Nachgewiesen hat der Kläger durch Vorlage des entsprechenden Bescheides (vom 24.2.2014) ferner, dass ihm ein Grad der Behinderung von 60 zuerkannt worden ist, der maßgeblich mit der Polyarthropathie und der Ausbildung des Charcot-Fußes begründet wurde, ferner, dass er wegen der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit nicht mehr in der Lage war, auf dem bisherigen Arbeitsplatz als Gerätebediener tätig zu sein, sondern auf einen „Schonarbeitsplatz“ umgesetzt werden musste und von einer Vollzeittätigkeit auf eine Teilzeittätigkeit reduzieren musste. Die seit dem Arbeitsunfall vom 12.6.2013 eingeschränkte Arbeitsfähigkeit von allenfalls drei bis sechs Stunden ist hinreichend belegt. Ob der nunmehr eingetretene vollständige Verlust des Arbeitsplatzes, den der Kläger in seinem Schriftsatz vom 5.11.2018 behauptet (was der Senat als solches nicht in Zweifel zieht), allerdings tatsächlich auf dem Charcot-Fuß beruht oder auf anderen persönlichen oder medizinischen Gründen, ist anhand der vorgelegten Unterlagen nicht zu beurteilen und bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht zu berücksichtigen.

Die Deformierung und der Verlust der Bewegungsfähigkeit des Fußes sind Folgen, bei denen eine Besserung nicht zu erwarten ist. Realistisch ist vielmehr eine weitere Verschlechterung bis hin zur Amputation des Fußes. Realistisch – und bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt – ist ferner, dass sich die Problematik auf andere Gelenke (der Kläger befürchtet insbesondere Auswirkungen auf das Knie) auswirken wird.

Eine drastische Einschränkung der Möglichkeiten privater Aktivitäten (Sport, Freizeit, Haushalt) ist mit der massiven Einschränkung der Bewegungsfähigkeit ohne weiteres anzunehmen.

Soweit der Kläger psychische Folgen geltend macht, sind diese im typischerweise zu erwartenden Umfang zugrunde zu legen. Dies betrifft den Verlust an Lebensfreude durch die körperlichen Einschränkungen ebenso wie die seelischen Belastungen durch den Verlust der Arbeitsfähigkeit und des ursprünglichen Arbeitsplatzes, den Verlust der Möglichkeiten vielerlei privater Aktivitäten und die optische Entstellung durch die Deformation des Fußes. Soweit er darüber hinaus gehende seelische Einschränkungen und Belastungen geltend macht, sind diese weder hinreichend deutlich dargetan noch etwa (insbesondere durch den Nachweis einer psychotherapeutischen Behandlung) irgendwie belegt. Das gilt auch für die behaupteten Beeinträchtigungen des Sexuallebens.

In Abwägung dieser Umstände erachtet der Senat ein Schmerzensgeld von 50.000.- € für angemessen, aber auch für ausreichend. Der gesundheitliche Schaden ist mit dem Verlust eines Fußes durch Amputation, die hier ohnehin früher oder später zu befürchten ist, ohne weiteres zu vergleichen.

6.

Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Kläger beruft sich auf diverse materielle Schäden, unter anderem Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, Gutachterkosten, Zuzahlungen (etwa zu den permanent erforderlichen orthopädischen Schuhen) und vieles andere mehr, die – soweit sie nicht ohnehin schon als nachgewiesen angesehen werden können – jedenfalls konkret möglich sind. Auch ist die Schadensentwicklung im materiellen Schadensbereich offensichtlich nicht abgeschlossen.

7.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB. Die Verzugsvoraussetzungen zum 1.4.2014 hinsichtlich des Teilbetrages liegen vor.

8.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 516 Abs.3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die entscheidungserheblichen Fragen sind ausschließlich solche des Einzelfalls.

Berufungsstreitwert: 120.000.- € (50.000.- € für den Schmerzensgeldanspruch, 70.000.- € für den Feststellungsantrag)

Zugleich wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren entsprechend abgeändert und ebenfalls auf 120.000.- € festgesetzt. Entsprechend den Ausführungen des Senats im Verhandlungstermin vom 13.12.2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird, ist der ursprünglich angesetzte Wert von 30.000.- € angesichts der in Rede stehenden materiellen Schäden zu niedrig. Allein die wiederkehrenden Leistungen (Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, Pflegemehraufwendungen) müssen nach den Behauptungen des Klägers (auf deren Begründetheit kommt es für die Streitwertbemessung nicht an) mit jedenfalls 1000.- € monatlich angesetzt werden, was bereits einen Betrag von 66.000.- € ergibt, der um 20% zu reduzieren wäre. Im Hinblick auf die nicht wiederkehrenden Leistungen ist ein weiterer Betrag von 15.000.- € bis 20.000.- € anzusetzen, womit sich der seitens des Senats zugrunde gelegte Betrag von insgesamt 70.000.- € errechnet.

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