OLG Köln, Urteil vom 18.08.2015 – 9 U 120/14

November 15, 2021

OLG Köln, Urteil vom 18.08.2015 – 9 U 120/14

Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 23.6.2014 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 24 O 12/14 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

Die Klägerin ist auf der Grundlage des Versicherungsscheins vom 21.12.2009 (Anlage K 1, AH) der private Krankenversicherer der Frau L, die als Passagierin bei einem Hubschrauberabsturz am 24.10.2010 schwer verletzt wurde. Für den abgestürzten Hubschrauber Robinson R 44 Raven II mit dem Kennzeichen X-HXXB bestand bei der Beklagten eine kombinierte Halter- und Passagier-Haftpflicht-Versicherung. Ausweislich der Versicherungsbestätigung zur Vorlage beim Luftfahrt-Bundesamt vom 22.12.2009 und dem 2. Nachtrag zum Versicherungsschein vom 15.12.2009 (Anlage K 2, AH) ist Versicherungsnehmerin die Fa. B International GmbH & Co. KG (nachfolgend B). Die I INTERNATIONAL GmbH (nachfolgend I) ist in der Klausel Lu 7411 als Mitversicherte in der Halter-Haftpflichtversicherung genannt. Gesellschafter und Geschäftsführer der I war Herr N, der den Hubschrauber während des Fluges am 24.10.2009 führte. Zwischen der Fa. B und dem Piloten bestand ein Chartervertrag betreffend den bei der Beklagten versicherten Hubschrauber.

In dem 2. Nachtrag zum Versicherungsschein vom 15.12.2009 wurde die Klausel Lu 150 Maklerklausel aufgenommen, die lautet:

„Die Firma

W H GmbH Versicherungsmakler

Gplatz 8

ist bevollmächtigt, Anzeigen, Zahlungen und Erklärungen des Versicherungsnehmers entgegenzunehmen.

Alle Anzeigen und Willenserklärungen gelten als dem Versicherer gegenüber abgegeben und alle Obliegenheiten und Verpflichtungen, auch Zahlungsverpflichtungen, dem Versicherer gegenüber erfüllt, sobald sie gegenüber W H GmbH Versicherungsmakler erfüllt sind. Die W H GmbH Versicherungsmakler ist verpflichtet, sie unverzüglich an den Versicherer weiterzuleiten.“

Der 2. Nachtrag zum Versicherungsschein vom 15.12.2009 nimmt auf die Luftfahrt Haftpflichtversicherungs-Bedingungen, AHB-Lu 2008, Lu H 1 – Vordruck Lu 211 (Anlage K 2, AH) Bezug.

§ 4 „Ausschlüsse“ Ziff. I. 3. der AHB-Lu 2008 lautet:

„Kein Versicherungsschutz besteht, wenn der/die Führer des Luftfahrzeuges bei Eintritt des Schadenereignisses nicht die vorgeschriebenen Erlaubnisse, erforderlichen Berechtigungen oder Befähigungsnachweise hatten. Die Verpflichtung zur Leistung bleibt gegenüber dem Versicherungsnehmer, dem Halter oder dem Eigentümer bestehen, wenn dieser das Vorliegen der Erlaubnis bei dem berechtigten Piloten ohne Verschulden annehmen durfte oder wenn ein unberechtigter Pilot das Luftfahrzeug gebraucht.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Versicherungsverhältnisses wird auf die als Anlage K2 eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Vom 16.6. bis 17.6.2010 führte das Luftfahrt-Bundesamt bei der Firma B einen Aufsichtsbesuch durch. Mit Schreiben vom 18.06.2010 (Bl. 122 f. der beigezogenen Ermittlungsakte 322 Js 791/10 StA Paderborn, nachfolgend EA) stellte das Luftfahrt-Bundesamt gegenüber der Firma B unter 1 d. fest:

„Die Außenstelle P ist mit der Kündigung des Herrn N2 ohne Außenstellenleiter und Berufspilot. Wir haben mit Ihnen vereinbart, dass Sie bis zum 1. Juli 2010 diese Situation klären und die Außenstelle mit den Hubschraubern gegebenenfalls abmelden. Gewerbliche Flüge ohne Außenstellenleiter und Berufspiloten sind ausdrücklich untersagt. (Level Finding 3)“

Die Partyagentur G2 und Herr N als Pilot und Geschäftsführer der I vereinbarten für den 24.10.2010 eine Beförderung von insgesamt 3 Personen mit dem versicherten Hubschrauber zu einem Preis in Höhe von 800,00 € brutto vom Flughafen P nach B2, wo die Versicherungsnehmerin der Klägerin in der Diskothek „L“ einen Künstlerauftritt haben sollte. Die Fa. I stellte der Partyagentur G2 unter dem 20.10.2010 eine Rechnung für den Helikopter Landeanflug in B2 am 24.10.2010 in Höhe einer Anzahlungssumme von 672,27 € zzgl. 19 % Mehrwertsteuer i.H.v. 127,73 €, also über einen Rechnungsbetrag von 800 € brutto aus (Bl. 53 EA). Am 24.10.2010 steuerte Herr N, der nicht über eine Zulassung als Luftfahrzeugführer für gewerbliche Flüge verfügt, den versicherten Hubschrauber mit den drei Insassen. Da der avisierte Landeplatz nicht angeflogen werden konnte, musste der Pilot nach einer alternativen Landemöglichkeit suchen. Hierbei verlor er die Kontrolle über den Hubschrauber, der in der Folge abstürzte. Ursache für den Absturz waren Fehler des Piloten beim Erkundungs- und Landeanflug. Hinsichtlich des Unfallhergangs wird auf die Ermittlungsakte 322 Js 791/10 StA Paderborn, insbesondere das Bulletin der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung aus Oktober 2010 (Anlage K 3, AH, Bl. 99 ff., 126 EA; Anlage VBK 1, Bl. 21 ff. GA) Bezug genommen.

Mit Urteil des Landgerichts Paderborn vom 05.07.2011 wurde der Pilot N wegen fahrlässiger Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde ( Bl. 254 ff. GA).

Die aufgrund des Absturzes lebensgefährlich verletzte Versicherungsnehmerin der Klägerin erlitt u.a. einen Milzriss, die Lunge wurde durch Knochensplitter durchbohrt, Becken und Schultern wurden zertrümmert und sie erlitt in der Folge eine Lungenentzündung. Der linke Arm ist bis heute bewegungsunfähig (vgl. Anlage K 4, AH). Die von der Klägerin erstatteten Behandlungskosten belaufen sich bis einschließlich 18.12.2013 auf 228.946,21 €.

Mit Schreiben vom 07.07.2011 zeigte die Klägerin Regressansprüche gegenüber der Beklagten an und bat um Bestätigung des Versicherungsschutzes (Anlage K 5, AH). Mit Schreiben vom 12.07.2011 teilte die Beklagte mit, dass sie sich aus Gründen betreffend das Vertragsverhältnis nicht mit der Forderung befasse und ein Direktanspruch nicht bestehe (Anlage K 5, AH). Unter dem 25.07.2011 bat die Klägerin um eine weitere Stellungnahme der Beklagten (Anlage K 5, AH). Mit Schreiben vom 08.08.2011 lehnte die Beklagte ihre Regresspflicht und einen Direktanspruch nochmals ab (Anlage K 5, AH).

Die Klägerin erwirkte im Rahmen eines Haftpflichtprozesses vor dem Landgericht Bielefeld – 6 O 556/13 – ein Versäumnisurteil vom 25.03.2014 gegen den Piloten N und die Fa. I, in dem deren Einstandspflicht bezüglich der von der Klägerin zu übernehmenden Arzt- und Behandlungskosten festgestellt wurde. Ferner wurden die Beklagten N und I als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 228.941,25 € nebst Zinsen zu zahlen (Bl. 45 ff GA). Einspruch gegen das Versäumnisurteil wurde nicht eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der vor dem Landgericht gestellten Schlussanträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass zu Gunsten der Beklagten der Risikoausschluss des § 4 Ziff. I. 3 der AHB-Lu 2008 eingreife. § 4 Ziff. I. 3 der AHB-Lu 2008 stelle sich nach allgemeiner Ansicht in Literatur und Rechtsprechung als sekundäre Risikobegrenzung bzw. Risikoausschluss dar. Unstreitig habe der Pilot N nicht über die gesetzlich vorgeschriebene Lizenz als Luftfahrzeugführer zur Durchführung gewerblicher Flüge verfügt. Schon die ausgestellte Rechnung vom 20.10.2010 spreche dafür, dass der Flug im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Firma und des Piloten N durchgeführt worden sei. Ausweislich des Handelsregisterauszuges sei Gesellschaftszweck der Firma I die Durchführung gewerblicher Personenbeförderung. Es komme nicht darauf an, ob der Pilot selbst bei einem Flug gewerblich tätig werde oder nicht, sondern nur darauf, ob er im Rahmen eines gewerblich durchgeführten Fluges als Luftfahrzeugführer im Einsatz sei.

Der Deckungsschutz bestehe auch nicht nach Satz 2 des § 4 Ziff. I. 3. AHB- Lu 2008 fort. Sowohl die B als auch die Firma I und der Pilot N hätten zum Zeitpunkt der Durchführung des Fluges am 24.10.2010 Kenntnis davon gehabt, dass der Pilot über keine Lizenz als Luftfahrzeugführer bei gewerblichen Flügen verfüge. Hierauf sei die B mit Schreiben des Luftfahrt-Bundesamtes vom 18.6.2010 hingewiesen worden. An der Wirksamkeit der Klausel in § 4 Ziffer I. 3. AHB-Lu 2008 bestünden keine Bedenken.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung rügt die Klägerin fehlerhafte Rechtsanwendung und unzureichende Tatsachenfeststellung. Sie stützt ihre Berufung auf eine kurz vor Verkündung des angefochtenen Urteils ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.5.2014 – IV ZR 288/12 -. Danach beinhalte § 4 Ziff. I 3. AHB-Lu 2008 entgegen der Auffassung des Landgerichts keinen Risikoausschluss, sondern stelle eine verhüllte Obliegenheit des Versicherungsnehmers dar. Der Wortlaut der Klausel, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Grunde gelegen habe, sei mit der vorliegenden identisch. Zur Begründung seiner Entscheidung habe der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die berechtigten Interessen des Versicherers es nicht gebieten, das durch ungenügende Erlaubnisse und Berechtigungen der Luftfahrzeugführer gesteigerte Risiko unabhängig von einem Verschulden des Versicherungsnehmers aus dem Deckungsschutz herauszunehmen. Folge der rechtlichen Einordnung sei, dass ein etwaiger Verstoß gegen die verhüllte Obliegenheit nicht zu einem verminderten Versicherungsschutz unbeteiligter Dritter führen könne. Einwendungen des Versicherers aus dem Rechtsverhältnis gegenüber dem Versicherungsnehmer in der Haftpflichtversicherung, wie z.B. etwaige Obliegenheitsverletzungen wirkten nicht oder nur beschränkt gegenüber einem Dritten. Als unbeteiligter Dritte sei der Versicherungsnehmerin der Klägerin jedenfalls im Rahmen der §§ 117,114 VVG der gesetzliche Mindestversicherungsschutz nicht zu versagen. Hierauf stütze sich der Hilfsantrag.

Die Klägerin behauptet, dass der Gesellschaftergeschäftsführer und Pilot N davon ausgegangen sei, dass der streitgegenständliche Fall versichert gewesen sei. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, dass die Zielsetzung, Rundflüge anzubieten, nicht mitversichert gewesen sein solle. Ansonsten seien sämtliche Flüge ohne den entsprechenden Versicherungsschutz durchgeführt worden, wovon keiner der Piloten ausgegangen sei. Es werde bestritten, dass der B als Versicherungsnehmerin überhaupt der Sachverhalt zum Zeitpunkt des Unfalls bekannt gewesen sei, so dass eine Offenbarungspflicht nicht bestanden habe. Dem verantwortlichen Versicherungsmakler seien nach Kenntnis der Klägerin die gesamten Umstände um die Benutzung des Hubschraubers durch die I in Abgrenzung zur B bekannt gewesen. Dies müsse sich die Beklagte gemäß der Maklerklausel zurechnen lassen. Die versicherungsrechtlichen Absprachen seien zwischen dem Maklerbüro W H GmbH und dem Flugbetriebsleiter G3 erfolgt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung nicht in Betracht komme. Der Bundesgerichtshof hätte in seiner Entscheidung vom 14.5.2014 klar zu erkennen gegeben, wenn jede Abweichung von dem als Obliegenheit eingeordneten ehemaligen Risikoausschluss automatisch eine Gefahrerhöhung darstelle. Es sei fraglich, ob eine Risikoerhöhung gegeben sei, wenn Personen befördert werden und die Versicherung sowieso die Personenbeförderung und damit den Schutz des Insassen umfasse. Nach den hier zu Grunde liegenden Informationen sei von Anfang an sämtlichen Beteiligten, auch der Maklerfirma, bekannt gewesen, wie der Hubschrauber genutzt werden solle. Keinesfalls könne generell die Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG mit der Schuldform des Vorsatzes des § 26 Abs. 1 S. 1 VVG gleichgesetzt werden.

Die Klägerin behauptet, dass sich der Pilot vorliegend noch nicht einmal eines gefahrerhöhenden Umstandes bewusst gewesen sei, da er davon ausgegangen sei, den Hubschrauber mit den Passagieren fliegen und landen zu dürfen. Wesentlich für eine Gefahrerhöhung sei zudem ein Dauerzustand, den es zu erzielen gelte. Dies treffe auf den streitgegenständlichen Flug offensichtlich nicht zu. Der konkrete Flug sei von der Bezirksregierung N3 am 21.10.2010 genehmigt worden. Es handele sich daher um einen einmaligen Vorgang, dessen weitere Umstände nicht hinreichend geklärt worden seien, da das Landgericht insoweit keinen Bedarf gesehen habe. Die Rechnung belege keine Gewerblichkeit. Der konkrete Flug habe zum Selbstkostenpreis erfolgen sollen. Der von ihr als Zeuge benannte Pilot sei nie zu den Umständen des Fluges gehört worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.6.2014, Az. 24 O 12/14, abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Herrn N und der I INTERNATIONAL GmbH, T Weg 43, P aus der Luftfahrt und Halterhaftpflichtversicherung Versicherungsscheinnummer 1/xx0/x0/x5/0xx62xx/x0 bedingungsgemäßen Versicherungsschutz für die Erstattung der Arzt- und Heilbehandlungskosten der Frau A, C 10, G4, als unfallbedingte Folgen des Hubschrauberabsturzes vom 24. Oktober 3010, nahe B2, zu gewähren;

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.6.2014, Az. 24 O 12/14, abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Herrn N und der I INTERNATIONAL GmbH, T Weg 43, P aus der Luftfahrt und Halterhaftpflichtversicherung Versicherungsscheinnummer 1/xx0/x0/x5/0xx62xx/x0 bedingungsgemäßen Versicherungsschutz für die Erstattung der Arzt- und Heilbehandlungskosten der Frau A, C 10, G4, als unfallbedingte Folgen des Hubschrauberabsturzes vom 24. Oktober 3010, nahe B2, im Rahmen der gesetzlichen Mindestversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass selbst eine rechtliche Einordnung des § 4 Ziff. I 3. AHB-Lu 2008 als verhüllte Obliegenheit nichts daran ändere, dass das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis zutreffend sei. Die I sei ausschließlich im Rahmen der Halter-Haftpflichtversicherung und nicht im Rahmen der CSL-Deckung für Passagierschäden mitversichert. Die von der Klägerin geltend gemachte Haftung aus dem Beförderungsvertrag falle deshalb nicht unter den Versicherungsschutz. Selbst bei Annahme einer verhüllten Obliegenheit bestehe Leistungsfreiheit gemäß §§ 23, 26 Abs. 1 VVG, weil die Versicherungsnehmerin der Beklagten jedenfalls aber die I und N ihre vertragliche Obliegenheit gemäß § 4 Ziff. I Nr. 3 AHB-Lu 2008 arglistig verletzt hätten.

Auch der hilfsweise gestellte Antrag unterliege der Abweisung. Die Klägerin als privater Krankenversicherer sei nicht in den Schutzbereich des § 117 Abs. 3 VVG einbezogen. Nur der geschädigte Dritte könne Ansprüche geltend machen, nicht aber ein anderer Versicherer oder Träger der Sozialversicherung. Außerdem greife der Ausschluss nach § 117 Abs. 3 S. 2 VVG ein, weil die Geschädigte von der Klägerin als anderen Schadensversicherer Ersatz verlangen könne. Weiterhin beruft sich die Beklagte auf Verjährung.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Sitzungsniederschrift und die zu Informationszwecken beigezogenen Akten 322 Js 791/10 Staatsanwaltschaft Paderborn und 6 O 556/13 LG Bielefeld Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes gegenüber Herrn N und der Firma I wegen des Hubschrauberabsturzes vom 24.10.2010. Die Beklagte beruft sich mit Erfolg auf Leistungsfreiheit wegen der Vornahme und schuldhaften Nichtanzeige einer Gefahrerhöhung gemäß §§ 26 Abs. 1 S. 1, 23 Abs. 1, § 117 Abs. 3 S. 2 VVG.

Gemäß § 23 Abs. 1 VVG darf der Versicherungsnehmer nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. Eine nach Abschluss des Versicherungsvertrages eingetretene objektive Gefahrerhöhung liegt vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob schon die Durchführung des streitgegenständlichen Passagierflugs vom 24.10.2010 mit dem versicherten Hubschrauber, ohne dass der Pilot über die hierfür gesetzlich vorgeschriebene Fluglizenz als Berufspilot verfügte, eine nachträgliche Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 VVG begründen kann. Eine nach Abschluss des Versicherungsvertrages eingetretene Gefahrerhöhung liegt jedenfalls darin, dass die B als Versicherungsnehmerin den versicherten Hubschrauber in der Obhut der I als Anbieter gewerblicher Hubschrauberflüge auf dem Flugplatz P zur freien Benutzung ließ, obwohl spätestens ab Mitte Juni 2010 seit der Kündigung eines Herrn N2 ein Berufspilot und Außenstellenleiter auf der von der Versicherungsnehmerin betriebenen Außenstelle mit Hubschraubern in P nicht mehr vorhanden war, wie das Luftfahrt-Bundesamt in seinem an die Versicherungsnehmerin gerichteten Schreiben vom 18.6.2010 feststellte. Trotz der Kenntnis der Beanstandungen des Luftfahrt-Bundesamtes duldete es die Versicherungsnehmerin, dass die mitversicherte I den Hubschrauber für Passagierflüge nutzte, ohne dass ein Berufspilot vorhanden war und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften kontrolliert wurde.

Nach dem Ausscheiden des Berufspiloten und Außenstellenleiters N2 erhöhte sich die Gefahr, dass mit dem versicherten Hubschrauber von dem Flugplatz P gewerbliche Flüge durchgeführt werden, ohne dass der Pilot über die erforderliche Fluglizenz als Berufspilot verfügt. Aus der Regelung in § 4 Ziffer I. Nr. 3 AHB-2008 folgt – unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung in der Entscheidung des BGH vom 14.5.2014 (IV ZR 288/12, juris), dass bei Abschluss des Versicherungsvertrages davon ausgegangen wurde, dass der versicherte Hubschrauber nur durch Piloten geführt werden darf, die über die gesetzlich vorgeschriebene Erlaubnis und Befähigung für den jeweiligen Flug verfügen. Dies versteht sich im Übrigen von selbst. Ein Berufspilot verfügt im Vergleich zu einem Piloten mit einer Privatlizenz zur Durchführung von Hubschrauberflügen über eine grundlegend weitergehende Ausbildung, wie der im Ermittlungsverfahren tätige Sachverständige T2 in seinem Gutachten vom 4.1.2011 anschaulich dargelegt hat (Bl. 132 EA). Insbesondere die Schulung und Beherrschung von Notverfahren in beiden Ausbildungssträngen sind nicht miteinander vergleichbar, wie der Sachverständige T2 anschaulich darstellt. Dass eine Außenstelle mit Hubschraubern über einen Berufspiloten als Leiter verfügen muss, dient der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, wonach Flüge nur von Piloten durchgeführt werden dürfen, die über die erforderliche Ausbildung und Lizenz verfügen. Das Vorhandensein eines Berufspiloten als Leiter der Außenstelle reduziert zugleich die Gefahr, dass gewerbliche Passagierflüge unter Umgehung von gesetzlichen Vorschriften als vermeintlich private qualifiziert und von einem Piloten ohne erforderliche Berufspilotenlizenz durchgeführt werden.

Die mit dem Ausscheiden des Berufspiloten N2 von der Außenstelle verbundene Erhöhung der Gefahr einer Nutzung des Hubschraubers durch einen Piloten, der nicht über die gesetzlich vorgeschriebene Erlaubnis und Befähigung für den jeweiligen Flug verfügte, wurde nicht durch andere Umstände kompensiert. Der versicherte Hubschrauber blieb trotz der Feststellungen des Luftfahrt-Bundesamts am Flughafen P. Die I und ihr Geschäftsführer N hatten aufgrund des Chartervertrages mit der B weiterhin uneingeschränkten Zugriff auf den versicherten Hubschrauber. Gesellschaftszweck der I ist laut Eintragung im Handelsregister gerade die Durchführung gewerblicher Personenbeförderung; hiermit warb die I. Dass der Geschäftsführer N über keine Berufspilotenlizenz verfügte, war der B spätestens aufgrund des Schreibens des Luftfahrt-Bundesamtes vom 18.6.2010 bekannt. Dennoch ist nicht erkennbar, dass die Versicherungsnehmerin Maßnahmen ergriff, um einer Benutzung des versicherten Hubschraubers zu gewerblichen Passagierflügen ohne Berufspiloten durch die I entgegenzuwirken.

Die vor dem streitgegenständlichen Unfall von der Bezirksregierung N3 am 21.10.2010 erteilte Erlaubnis (Bl. 84 EA) ist nicht geeignet, die seit dem Ausscheiden des Berufspiloten erhöhte Gefahr der Durchführung von Flügen ohne die erforderliche Fluglizenz zu beseitigen oder zu reduzieren. Die Erlaubnis bezieht sich lediglich auf den Start und die Landung des Hubschraubers an einem bestimmten Tag und Ort. Eine Überprüfung der Gewerblichkeit des Passagierflugs sowie der hierfür erforderlichen Fluglizenz des Pilots ist mit dem Bescheid vom 21.10.2010 schon nach dessen Wortlaut nicht verbunden. Der Antrag vom 20.10.2010 an die Bezirksregierung N3 wurde von Herrn N selbst gestellt. Er hatte es damit in der Hand, die Art des geplanten Hubschrauberfluges anzugeben. Dies betrifft insbesondere den privaten oder gewerblichen Zweck, der für die erforderliche Fluglizenz maßgeblich ist. Eine Überprüfung der Angaben im Antrag durch einen auf der Außenstelle P vorhandenen Berufspilot konnte nicht erfolgen.

Die Gefahrerhöhung durch das Überlassen des versicherten Hubschraubers an die I nach dem Ausscheiden des Berufspiloten und Leiters der Außenstelle in P ab spätestens Mitte Juni 2010 bis zum streitgegenständlichen Absturz am 24.10.2010 stellt einen Zustand erhöhter Gefahr von einer solchen Dauer dar, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenablaufs bilden konnte, und so den Eintritt des Versicherungsfalles zu fördern geeignet war (BGH, Urteile vom 16. Juni 2010 – IV ZR 229/09, vom 10. September 2014 – IV ZR 322/13 -, zitiert nach juris).

Die Gefahrerhöhung ist nicht unerheblich im Sinne des § 27 VVG. Die Vereinbarung in § 4 I Nr. 3 AHB-Lu 2008 zeigt, dass der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in Bezug auf die vorgeschriebenen Erlaubnisse und Befähigungsnachweise des Piloten erhebliche Bedeutung für das versicherte Risiko zukommt. Es versteht sich bei einer Luftfahrtversicherung von selbst, dass sich das versicherte Risiko erheblich erhöht, wenn ein Hubschrauberflug von einem Piloten durchgeführt wird, der nicht über die erforderliche Fluglizenz verfügt. Die Leitung einer Außenstelle mit Hubschraubern durch einen Berufspiloten wirkt diesem Risiko entgegen.

Die Gefahrerhöhung durch die Versicherungsnehmerin erfolgte willentlich im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG. Für eine willentliche (subjektive) Gefahrerhöhung gemäß ?§?23 Abs.?1 VVG muss der Versicherungsnehmer Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände haben, während eine Kenntnis des gefahrerhöhenden Charakters oder gar eine zutreffende rechtliche Einordnung nicht erforderlich ist (BGH, Urteil vom 10. 9. 2014 – IV ZR 323/13 – m. w. N.; juris). Diese Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände hatte die B spätestens aufgrund des Schreibens des Luftfahrt-Bundesamtes vom 18.6.2010. Sie wusste, dass nach dem Ausscheiden von Herrn N2 ab Mitte Juni 2010 ein Berufspilot als Außenstellenleiter in P nicht mehr vorhanden war, der die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hätte überprüfen können. Aus den Feststellungen des Luftfahrt-Bundesamtes bei dem Aufsichtsbesuch am 16/17.10.2010 ergab sich für die Versicherungsnehmerin, dass Herr N als Geschäftsführer der I nicht über die erforderliche Berufspilotlizenz verfügte. Er war damit nicht geeignet, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen. Aufgrund des abgeschlossenen Chartervertrages kannte die Versicherungsnehmerin den Geschäftszweck der I, der gerade in dem Angebot und der Durchführung gewerblicher Passagierflüge bestand. Ihr war daher das Risiko bewusst, dass die I ohne Vorhandensein eines Berufspiloten gewerbliche Flüge mit dem versicherten Hubschrauber unter Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften durchführt. Ob die B Kenntnis von dem streitgegenständlichen Passagierflug am 24.10.2010 oder von weiteren konkreten Hubschrauberflügen hatte, die Herr N entgegen den Beanstandungen durch das Luftfahrt-Bundesamt vornahm, kann dahinstehen.

Eine zur Leistungsfreiheit führende vorsätzliche Gefahrerhöhung im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 1 VVG liegt vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10.9.2014 – IV ZR 322/13) ist zwischen der willentlichen Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG und dem zur Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 26 Abs. 1 S. 1 VVG führenden Verschuldens wegen vorsätzlicher Gefahrerhöhung zu differenzieren. Während es im Rahmen des § 23 Abs. 1 VVG allein darauf ankommt, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von den gefahrerhöhenden Umständen hat, ohne dass ihm die gefahrerhöhende Eigenschaft der Handlung zum Bewusstsein gekommen sein muss, erstreckt sich gerade auf diesen Umstand die Frage, ob der Versicherungsnehmer i.S. von § 26 Abs. 1 VVG schuldhaft gehandelt hat und welche Schuldform vorliegt. Im Falle des § 23 Abs. 1 VVG wird zwar vielfach Vorsatz des Versicherungsnehmers i.S. von § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG zu bejahen sein, da bereits die subjektive Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG eine Kenntnis des Versicherungsnehmers von den risikorelevanten Umständen voraussetzt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird hieraus zumindest auch bedingt vorsätzlich auf eine Gefahrerhöhung schließen (BGH Urteil vom 10.9.2014 – IV ZR 322/13 m. w. N.). So wird derjenige, wie der BGH als Beispiel anführt, der regelmäßig mit abgefahrenen Reifen fährt, von deren Zustand er weiß, sich in der Regel auch einer entsprechenden Gefahrerhöhung bewusst sein. Es genügt, wenn der Versicherungsnehmer realisiert, dass sich durch sein Handeln oder Unterlassen die tatsächlichen Umstände so geändert haben, dass der Eintritt des Versicherungsfalles wahrscheinlicher wird (BGH Urteil vom 10.9.2014 – IV ZR 322/13).

Unter Anwendung dieser Grundsätze besteht kein Zweifel, dass die Versicherungsnehmerin vorsätzlich im Sinne des § 26 Abs.1 S. 1 VVG handelte. Die B wusste spätestens aufgrund des Schreibens vom 18.6.2010, dass an der von ihr betriebenen Außenstelle P kein Berufspilot mehr vorhanden war und gewerbliche Flüge von dort verboten waren. Bekannt war ihr der Geschäftszweck der I. Trotz Kenntnis dieser Umstände beließ sie den versicherten Hubschrauber in der Obhut der I auf dem Flugplatz P. Kontrollen der B gegenüber der I und ihrem Geschäftsführer N oder sonstige Maßnahmen zur Einhaltung des vom Luftfahrt-Bundesamt ausgesprochenen Verbots, gewerbliche Hubschrauberflüge von dort vorzunehmen, sind weder vorgetragen, noch nach dem Akteninhalt erkennbar. Die Versicherungsnehmerin nahm billigend in Kauf, dass mit dem versicherten Hubschrauber über die I weiterhin gewerbliche Flüge durchgeführt wurden. Anhaltspunkte für eine Fehlbeurteilung der Versicherungsnehmerin des ihr bekannten Sachverhalts sind nicht ersichtlich. Es ist offensichtlich, dass das Fehlen eines Berufspiloten und Außenstellenleiters auf dem Flugplatz P die Gefahr einer Durchführung von Hubschrauberflügen unter Umgehung der gesetzlich erforderlichen Qualifikationsnachweise des Piloten erhöht. Es gehört zum Allgemeinwissen, dass eine Lizenz für Privathubschrauberflüge nicht ausreicht, um gewerbliche Hubschrauberflüge durchzuführen.

Dass die I tatsächlich trotz des Verbots des Luftfahrt-Bundesamtes gewerbliche Flüge vom Flugplatz P durchführte, belegt zumindest der streitgegenständliche Hubschrauberflug am 24.10.2010, der eindeutig als gewerblich einzustufen ist. Inwieweit den Ausführungen der Klägerin auf Seite 1 ihres Schriftsatzes vom 14.7.2015 zu entnehmen ist, dass regelmäßig vom Flugplatz P Hubschrauberflüge mit Passagieren von Piloten durchgeführt wurden, die nicht über die erforderliche Berufspilotenlizenz verfügten, kann dahinstehen.

Geschäftszweck der I ist ausweislich der Handelsregistereintragung die Durchführung gewerblicher Personenbeförderung. Gemäß § 344 HGB ist daher zu vermuten, dass der streitgegenständliche Flug zu ihrem Handelsgewerbe gehörte. Indiz für eine Gewerblichkeit des streitgegenständlichen Fluges am 24.10.2010 ist, dass die I ausweislich der vorgelegten Rechnung den Hubschrauberflug der Partyagentur G2 in Rechnung stellte. Die Ausstellung eine Rechnung mit Mehrwertsteuer spricht ebenfalls für die Gewerblichkeit des von der Partyagentur G2 gebuchten Fluges. Unzureichend ist der pauschale Vortrag der Klägerin, der Flug habe zum Selbstkostenpreis durchgeführt werden sollen. Die Klägerin legt nicht dar, wie sich die angeblichen Selbstkosten zusammensetzen sollen. Unklar bleibt insbesondere, ob und inwieweit eine Vergütung des Piloten in die Preiskalkulation von 800 € brutto einbezogen wurde. Gegen die Erstattung tatsächlich zu erwartender oder entstandener Kosten spricht zudem der auf der Rechnung angegebene Empfänger, die R GmbH. Nach dem Gutachten des Sachverständigen T2 vom 4.1.2011 im Strafverfahren verbirgt sich hinter der Firma R die Flugplatzgaststätte in P, die sich im Eigentum des geschäftsführenden Gesellschafters der Firma I, also des Piloten N befindet (Bl. 126 GA). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Betreibergesellschaft der Flughafengaststätte Kosten für den streitgegenständlichen gebuchten Flug entstehen, welche die Agentur G2 erstatten sollte. Der Annahme einer Gefälligkeit steht entgegen, dass der streitgegenständliche Hubschrauberflug dazu diente, einen geplanten medienwirksamen Auftritt der Versicherungsnehmerin der Klägerin in einer Diskothek in der Nähe des Landeplatzes vorzubereiten. Dementsprechend wollte die Agentur erkennbar rechtsverbindlich den Flug mit dem Hubschrauber zu dem Termin buchen und ließ sich dem geschäftlichen Zweck entsprechend eine Rechnung ausstellen.

Das Verschulden der Versicherungsnehmerin im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 1 VVG müssen sich die Mitversicherten I und N entgegenhalten lassen. Eine Einschränkung aufgrund des Vorliegens einer Fremdversicherung oder aufgrund der Sonderregelung in § 4 I Nr. 3 S. 2 AHB-Lu 2008 ist nicht geboten.

Mit der Klage begehrt die Klägerin ausschließlich die Feststellung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes in Bezug auf das Fremdinteresse der Mitversicherten N und I. Bei der vorliegenden Luftfahrt-Versicherung handelt es sich um eine kombinierte Eigen- und Fremdversicherung. Neben der Halterhaftpflicht der Versicherungsnehmerin ist das Fremdinteresse der unter § 2 AHB-2008 fallenden Personen mitversichert. Liegt eine kombinierte Eigen- und Fremdversicherung vor, erfolgt eine Zurechnung der Kenntnis und des Verhaltens des Versicherten nach § 47 Abs. 1 VVG in Bezug auf das Fremdinteresse (Schnapp, in Rüffer/Haibach/Schimikowski, VVG, 2. Auflage, § 47 VVG, Rn. 6). Aus § 47 Abs. 1 VVG folgt umgekehrt, dass die Mitversicherten eine Leistungsfreiheit wegen schuldhafter Gefahrerhöhung der Versicherungsnehmerin gemäß § 26 Abs. 1 VVG jedenfalls dann gegen sich gelten lassen müssen, wenn sie selbst das erforderliche Verschulden aufweisen (Klimke, in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 47, Rn. 5). Dem entspricht die Regelung in § 4 I Nr. 3 S. 2, wonach die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung gegenüber dem Halter oder dem Eigentümer bestehen bleibt, wenn dieser das Vorliegen der Erlaubnis bei dem berechtigten Piloten ohne Verschulden annehmen durfte.

Nach dem klägerischen Vortrag waren dem Geschäftsführer der mitversicherten I N die gesamten Umstände um die Nutzung des Hubschraubers bekannt. Er wusste selbstverständlich, dass er über keine Berufspilotenlizenz verfügte und ein Berufspilot für die Außenstelle P nicht mehr vorhanden war, der als Leiter die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften über die Führung des Hubschraubers überprüfen konnte. Der klägerische Vortrag, Herr N sei davon ausgegangen, der streitgegenständliche Flug sei, wie sämtliche Flüge, versichert gewesen, lässt den Vorwurf einer vorsätzlichen Gefahrerhöhung im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 1 VVG nicht entfallen. Es gehört zum Allgemeinwissen nicht nur eines Piloten, dass eine Lizenz für Privathubschrauberführer nicht ausreicht, um gewerbliche Hubschrauberflüge durchzuführen.

Die Behauptung der Klägerin, der Pilot N habe den streitgegenständlichen Flug nicht als gewerblichen angesehen, vermag diesen nicht zu entlasten. Der diesbezügliche Tatsachenvortrag ist unzureichend. Die Klägerin setzt sich nicht mit den unstreitigen, im erstinstanzlichen Urteil festgestellten Umständen des streitgegenständlichen Hubschrauberflugs auseinander. Die Klägerin erklärt nicht, warum die I der Partyagentur G2 eine Rechnung über den Landeanflug am 24.10.2010 mit ausgewiesener Mehrwertsteuer ausstellte. Nicht nachvollziehbar ist der pauschale Vortrag, der Flug habe zum Selbstkostenpreis durchgeführt werden sollen. Die Klägerin legt nicht dar, wie sich die angeblichen Selbstkosten zusammensetzen. Zu dem Rechnungsempfänger, R GmbH, der als Gaststättenbetreiber sicherlich keine Kosten beim Betrieb des Schreibers entstanden sind, äußert sie sich nicht. Setzt sich die Klägerin mit den unstrittig dem Piloten N bekannten Umständen des vereinbarten Hubschrauberfluges, die eindeutig für eine Gewerblichkeit sprechen, nicht auseinander, liefe eine Vernehmung des als Zeugen benannten Herrn N zu der Behauptung, der Zeuge habe den Flug nicht als gewerblich angesehen, auf eine unzulässige Ausforschung hinaus. Die Klägerin legt nicht dar, wie der Zeuge in Kenntnis aller aufgezählten Umstände zu dieser Einschätzung gekommen sein soll.

Nach dem Vortrag der Klägerin und dem Inhalt der Akten bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass den Mitversicherten Beurteilungsfehler im Hinblick auf den gefahrerhöhenden Charakter der in Frage stehenden Umstände oder der Relevanz der Gefahrerhöhung unterlaufen sind. Herr N wusste, dass ein Berufspilot über eine andere Ausbildung und Qualifikation verfügt als er selbst. Ihm war bewusst, dass ein Berufspilot als Leiter der Außenstelle befähigt ist, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu kontrollieren, insbesondere zu prüfen, ob Flüge mit Hubschraubern am Standort P gewerblich erfolgen und der Pilot über die entsprechende Berufspilotenlizenz verfügt. Fällt diese Kontrolle durch einen Berufspiloten weg, so erhöht sich offenkundig die Gefahr, dass Flüge mit dem versicherten Hubschrauber ohne die nach dem Gesetz erforderliche Fluglizenz durchgeführt werden. Dass der I diese Problematik bewusst war, zeigt nicht zuletzt die Rechnung vom 20.10.2010. Ein anderer Grund, die von Herrn N betriebene Flughafengaststätte als Rechnungsempfänger anzugeben, als die Verschleierung der entgeltlichen Vornahme einer Personenbeförderung ohne die erforderliche Berufspilotenlizenz durch die I, ist nicht erkennbar.

Den Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG hat die Klägerin nicht geführt. Die Erhöhung der Gefahr, dass nach dem Ausscheiden des Berufspiloten und Außenstellenleiters N2 mit dem versicherten Hubschrauber auf dem Flugplatz P gewerbliche Flüge durchgeführt werden, ohne dass der Pilot die erforderliche Berufspilotenlizenz aufweist, hat sich bei den streitgegenständlichen Hubschrauberabsturz am 24.10.2010 realisiert. Unstreitig beruht der Absturz auf einem Fehler des Piloten N beim Erkundungs- und Landeanflug. Dies spricht dafür, dass die im Vergleich zu einem Berufspiloten deutlich schlechtere Ausbildung des Piloten N ursächlich für den Unfall war. Nicht ausgeschlossen ist, dass ein Berufspilot als Leiter der Außenstelle die Vornahme des streitgegenständlichen Hubschrauberfluges mit 3 Insassen durch den hierfür nicht qualifizierten Piloten N bereits im Vorfeld hätte verhindern können.

Eine Leistungsfreiheit der Beklagten ist nicht gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 2 VVG ausgeschlossen, weil diese zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls die Kündigungsfrist ungenutzt hätte verstreichen lassen. Gemäß § 24 Abs. 3 VVG erlischt das Kündigungsrecht des Versicherers, wenn es nicht innerhalb eines Monats ab Kenntnis des Versicherers von der Erhöhung der Gefahr ausgeübt wird. Über die vereinbarte Maklerklausel Lu 0150 muss sich die Beklagte ausnahmsweise eine Kenntnis des Versicherungsmaklers zurechnen lassen. Nach der Formulierung in § 26 Abs. 3 VVG ist die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet für ein ungenutztes Verstreichen der Kündigungsfrist. Dieser Darlegungslast ist sie trotz des Hinweises des Senats in dem Beschluss vom 21.4.2015 nicht nachgekommen. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Beklagte über den Versicherungsmakler Kenntnis von der Gefahrerhöhung hatte.

Die Klägerin behauptet, dem verantwortlichen Versicherungsmakler, der W H GmbH & Co KG, seien die gesamten Umstände um die Art der Benutzung des Hubschraubers durch die I bekannt gewesen bzw. mitgeteilt worden. Die versicherungsrechtlichen Absprachen hätten zwischen dem Maklerbüro W H und dem Flugbetriebsleiter G3 von der B stattgefunden. Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, welche konkreten Umstände dem Maklerbüro W H bekannt gewesen sein sollen. Der Hinweis auf die „gesamten Umstände um die Art der Benutzung des Hubschraubers“ lässt nicht erkennen, dass dem Maklerbüro konkret die Gefahrerhöhung durch das Ausscheiden des Herrn N2 als Berufspiloten und Außenstellenleiter am Flugplatz P bekannt gewesen sein soll. Die Klägerin erläutert nicht, welche „Umstände“ sie meint. Ihr Vortrag zur Nutzung des versicherten Hubschraubers durch die I ist wechselnd und in sich widersprüchlich. Auf Seite 1 ihres Schriftsatzes vom 14.7.2015 spricht die Klägerin von sämtlichen Flügen und von mehreren Piloten. Nach den Ausführungen auf Seite 3 des Schriftsatzes soll es sich um einen „einmaligen Vorgang“ gehandelt haben. Ist der Vortrag der Klägerin schon zur Art und Weise der Nutzung des versicherten Hubschraubers durch die I und ihren Geschäftsführer widersprüchlich, so ist erst recht nicht nachvollziehbar, worauf sich die angebliche Kenntnis der Maklerfirma beziehen soll. Unklar bleibt zudem, woraus sich die Erkenntnis ergeben soll.

Welche versicherungsrechtlichen Absprachen zwischen dem Maklerbüro und Herrn G3 von der B wann getroffenen worden sein sollen, wird ebenfalls nicht dargetan. Nach dem Vortrag der Klägerin in den Schriftsätzen vom 30.4.2014 und 3.3.2015 sollen der Versicherungsnehmerin, der B, im Gegensatz zu der I die Umstände um die Benutzung des Hubschraubers gar nicht bekannt gewesen sein. Angesichts dessen ist nicht nachvollziehbar, worüber der Flugbetriebsleiter G3 der B den verantwortlichen Versicherungsmakler informiert haben soll, wenn die von ihm vertretene Versicherungsnehmerin nach dem Vortrag der Klägerin angeblich selbst gar keine Kenntnis von den Umständen um die Benutzung des Hubschraubers hatte. Dem klägerischen Vortrag ist nicht zu entnehmen, dass die B das Maklerbüro über die Beanstandungen des Luftfahrt-Bundesamtes in dem Schreiben vom 18.6.2010 und das ausdrückliche Verbot, gewerbliche Flüge an dem Standort weiter durchzuführen, informiert hat. Der wechselnde und unsubstantiierte Vortrag der Klägerin zur Kenntnis und zur Mitteilung der Gefahrerhöhung durch das Maklerbüro gibt keine Veranlassung, die benannten Zeugen zu vernehmen. Die erforderliche inhaltliche Bestimmung des Beweisthemas und dessen zeitlicher Eingrenzung nach Eintritt der Gefahrerhöhung ab Mitte Juni 2010 ist anhand des erkennbar ins Blaue hinein erfolgenden Vortrags der Klägerin nicht möglich.

Erfährt der Versicherer erst anlässlich des Eintritts des Versicherungsfalls von der Gefahrerhöhung, so berührt dies gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 2 VVG seine Leistungsfreiheit im Hinblick auf den konkreten Versicherungsfall nicht (Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 29. Auflage, § 26 VVG, Rn. 7). Eine nachträgliche Kündigung ist nicht erforderlich.

Die Beklagte kann sich gemäß § 117 Abs. 3 S. 2 VVG in Verbindung mit § 4 III AHB-Lu 2008 gegenüber der Versicherungsnehmerin der Klägerin auf Leistungsfreiheit berufen, weil diese Ersatz für die geltend gemachten Heilbehandlungskosten von der Klägerin als einem anderen Schadensversicherer erlangen kann. Die Schutzvorschriften zu Gunsten des geschädigten Dritten gemäß § 117 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 VVG in Verbindung mit § 4 III AHB-Lu 2008 gelten nach der Ausnahmevorschrift des § 117 Abs. 3 S. 2 VVG nicht gegenüber der geschädigten Versicherungsnehmerin der Klägerin. Ein privater Krankenversicherer ist ein anderer Schadensversicherer im Sinne des § 117 Abs. 3 S. 2 VVG (Schimikowski, in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 2. Auflage, § 117 VVG, Rn. 11; Langheid, in Römer/Langheid, VVG, 5. Auflage, § 117 Rn.30 mit weiteren Nachweisen). Geltend gemacht werden mit der Klage ausschließlich Heilbehandlungskosten der Geschädigten, die von der Klägerin als Krankenversicherer ersetzt wurden und damit unter die Ausnahme des § 117 Abs. 3 S. 2 VVG fallen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat wendet unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung und zur Auslegung der Allgemeinen Bedingungen für die Luftfahrt-Haftpflichtversicherung an. Der Entscheidung des BGH vom 14.5.2014 (IV ZR 288/12) ist nicht zu entnehmen, dass die allgemeinen Vorschriften gemäß § 23 ff. VVG auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden sollen. Ein Wertungswiderspruch liegt schon deshalb nicht vor, weil die Gefahrerhöhung vorliegend nicht nur aus einem einmaligen Verstoß gegen das Erfordernis eines Befähigungsnachweises des Piloten folgt.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 350.000 €

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