OLG Köln, Urteil vom 28.05.2020 – 21 U 53/19

Oktober 7, 2021

OLG Köln, Urteil vom 28.05.2020 – 21 U 53/19

Tenor
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 04. Juni 2019 – 20 O 395/18 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19. September 2019 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu erstatten, die sich daraus ergeben, dass die bei Besitzentzug in den Räumlichkeiten im sechsten Obergeschoss des Objektes A 57, B, vorhandene Festplatte der Marke C sowie sechs Aktenordner nebst Inhalt mit den Originalverträgen für die von der Klägerin geleistete Baubetreuung, Arbeitsnachweise, Verträge, Entwürfe, Ausschreibungen, Korrespondenz Bauträger, Beiratstätigkeit, Rechnungen, Vollmachten nicht herausgegeben wurden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanz tragen die Klägerin 59 % und die Beklagte 41 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Absatz 2 ZPO aufgrund entsprechender Anwendung des § 313 a ZPO abgesehen.

Gründe
I.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.

Die im Berufungsverfahren geänderte Klage ist zulässig (§ 533 Nr. 1 ZPO), aber nur teilweise begründet.

Nachdem die Parteien in der Berufungsinstanz den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war in der Hauptsache nur noch über den zweitinstanzlich erstmals gestellten Schadensersatzantrag der Klägerin einschließlich des Feststellungsantrags zu entscheiden.

1.

Der nunmehr in Höhe von 12.887,95 € geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der Nichtherausgabe von 89 Gegenständen und der Beschädigung von sechs weiteren Gegenständen gemäß der Auflistung in der Berufungsbegründungschrift ist nur in Höhe von geschätzten 2.000,00 € begründet. Die Beklagte ist aufgrund der eigenmächtigen Räumung der Wohnung und Verbringung der Gegenstände der Klägerin in eine Lagerbox zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Gegenstände eigenmächtig in Besitz genommen und der Klägerin nicht hinreichend Gelegenheit gegeben hat, ihrerseits die Gegenstände aus den Räumen zu entfernen. Der Anspruch folgt aus §§ 231, 280 Abs. 1 BGB.

a)

Die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer Wohnung und deren eigenmächtiges Ausräumen durch den Vermieter stellen zumindest jedenfalls solange, wie der Mieter seinen an der Wohnung bestehenden Besitz nicht erkennbar aufgegeben hat, eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB und zugleich eine unerlaubte Selbsthilfe im Sinne von § 229 BGB dar, für deren Folgen der Vermieter über die vom Amtsgericht herangezogenen Vorschriften hinaus sogar verschuldensunabhängig nach § 231 BGB haftet (BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 45/09, EBE/BGH 2010, 286-288, juris: Tz. 9). Der Vermieter kann sich nicht darauf berufen, sich über die Voraussetzungen und den Umfang seines Selbsthilferechts geirrt zu haben (BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 45/09, EBE/BGH 2010, 286-288, juris: Tz. 10).

Dabei kann hier dahin stehen, ob zwischen den Parteien ein Mietvertrag geschlossen worden ist. Auch wenn die Klägerin dies nicht nachgewiesen hat, so hat sie die Räume im Rahmen ihres Unternehmens durch ihren Geschäftsführer mit Zustimmung der Beklagten genutzt. Ihr gegenüber stellt sich das Verhalten der Beklagten nicht lediglich als Gestattung aus reiner Gefälligkeit dar. Erkennbar war die Klägerin im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes auf die Nutzung der Räume angewiesen, so dass aus der Sicht beider Parteien kein unverbindliches Gefälligkeitsverhältnis anzunehmen, sondern auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten eine vertragliche Beziehung begründet worden ist. Weil das Unternehmen in Form einer GmbH tätig geworden ist, kommt es nicht darauf an, dass der Ehemann der Beklagten deren Geschäftsführer ist. Es liegt erkennbar keine Nutzungsgestattung an diesen persönlich, sondern an die von ihm betriebene Gesellschaft vor.

Im Rahmen des danach zumindest begründeten Leihverhältnis im Sinne des § 598 BGB treffen den Verleiher bezüglich der einbrachten Gegenstände dieselben Pflichten wie einen Vermieter. Er hat daher, wenn er sich bei Beendigung des Vertragsverhältnisses eigenmächtig in den Besitz der Gegenstände des Nutzers bringt, eine zumindest nachvertragliche Obhutspflicht im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB. Diese hat nicht nur zur Folge, dass er die nachweislich in Obhut genommenen Gegenstände vollständig und unbeschädigt herauszugeben hat. Kann er die Sachen nicht oder nur in einem schlechteren Zustand herausgegeben, hat er sich darüber hinaus – wie § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zeigt – zu entlasten, so dass ihn und nicht den Entleiher (Mieter) insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 45/09, EBE/BGH 2010, 286-288, juris: Tz. 14).

Die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten der Beklagten erstreckt sich zugleich auf den Bestand, den Zustand und die wertbildenden Merkmale der Gegenstände, die sie durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) in Besitz genommen hat. Denn zu den Obhutspflichten der Beklagten bei Inbesitznahme der in den der Klägerin überlassenen Räume befindlichen (Einrichtungs-) Gegenstände hat auch die Pflicht gehört, die Interessen der durch Ortsabwesenheit und mangelnde Kenntnis von der Inbesitznahme an einer eigenen Interessenwahrnehmung verhinderten Klägerin zu wahren. Die Beklagte hätte deshalb nicht nur dafür Sorge tragen müssen, dass an den in Besitz genommenen Gegenständen während der Dauer ihrer Obhut oder der anschließenden Einlagerung keine Beschädigungen oder Verluste eintreten. Es hätte ihr vielmehr schon bei Inbesitznahme oblegen, ein aussagekräftiges Verzeichnis der verwahrten Gegenstände aufzustellen und deren Wert schätzen zu lassen, um der Klägerin eine Sicherung ihrer Ansprüche zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 45/09, EBE/BGH 2010, 286-288, juris: Tz. 15). Zwar hat die Beklagte eine – wenn auch im vorliegenden Verfahren nicht vorgelegte – Inventarliste erstellt (BA 321 F 11/18 AG Köln Bl. 308 ff.), von der ihr Prozessbevollmächtigter aber in seinem Schriftsatz vom 19.02.2018 ausdrücklich erklärt hat, diese erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit (BA 321 F 11/18 AG Köln Bl. 306). Zudem hat die Beklagte keinen Beweis für ihre Behauptung angetreten, entgegen den Angaben ihres Prozessbevollmächtigten gebe die Liste den vollständigen Inhalt der geräumten Gegenstände wieder.

Gegen die Anwendung der vorgenannten Grundsätze spricht nach Auffassung des Senats auch nicht, dass – wie das Landgericht im Einzelnen ausgeführt hat – der Geschäftsführer der Klägerin mehrfach Gelegenheit erhalten hat, die in seinem und im Eigentum der Klägerin befindlichen Gegenstände zu besichtigen und abzutransportieren lassen. Nachdem die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 11.01.2018 (BA 321 F 11/18 AG Köln Bl. 91 f.) für sich und ihren Geschäftsführer erklärt hatte, man bestehe auf der Inaugenscheinnahme des Eigentums und erwarte hier Entgegenkommen, weil man nicht in der Lage sei, die notwendigen Sachen und die notwendige Technik aus dem Gedächtnis zusammenzustellen und abholen lassen, man werde die Unterlagen und persönlichen Sachen mitnehmen und für eine Abholung vor Ort zusammenstellen, die technischen Einrichtungen demontieren und nach Besichtigung aller Räume eine Liste erstellen, war entsprechend den anwaltlichen Schreiben beider Parteien vom 15.01.2018 (BA 321 F 11/18 AG Köln Bl. 164 und 166) der Abholtermin für den 19.01.2018 vereinbart worden war. Wenn die Beklagte dann – offenbar auch zur Überraschung ihres Bevollmächtigten (BA 321 F 11/18 AG Köln Bl. 167) – bereits am 17.01.2018 die Gegenstände abtransportieren und einlagern lassen hat, so hat sie die Klägerin damit in Beweisnot gebracht und ihre nachvertraglichen Verpflichtungen verletzt. Sie ist deshalb nach den vorgenannten Grundsätzen verpflichtet, den Schaden auszugleichen, der darin liegt, dass die Klägerin hinsichtlich Bestand, Zustand und Wert ihrer (Einrichtungs-)Gegenstände zur Zeit der Inbesitznahme durch die Beklagte in Beweisnot geraten ist. Ihre Pflicht zum Schadensausgleich geht deshalb dahin, dass die Beklagte ihrerseits verpflichtet ist zu beweisen, in welchem Umfang Bestand und Wert der der Schadensberechnung zugrunde gelegten Gegenstände von den Angaben abweichen, die die Klägerin hierzu gemacht hat, soweit die von der Klägerin angesetzten Werte plausibel sind (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 45/09, EBE/BGH 2010, 286-288, juris: Tz. 17). Hierzu hat die Beklagte nicht vorgetragen und Beweis angeboten.

b)

Den der Klägerin entstandenen Schaden schätzt der Senat nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen auf insgesamt 2.000 €.

Steht der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach fest und bedarf es lediglich der Ausfüllung zur Höhe, muss das Gericht den Schaden im Rahmen des Möglichen schätzen. Selbst wenn der Vortrag des Geschädigten zu den Umständen, die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen, Lücken oder Unklarheiten enthält, ist es in der Regel nicht gerechtfertigt, dem jedenfalls in irgendeiner Höhe Geschädigten jedweden Ersatz zu versagen. Das Gericht muss in diesem Fall vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen, ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist, und darf eine solche Schätzung erst dann gänzlich unterlassen, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre (BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 45/09, EBE/BGH 2010, 286-288, juris: Tz. 19).

Der Senat hält den Vortrag der Klägerin zu den in ihrem Besitz befindlichen Gegenständen und deren Wert nicht in vollem Umfang für plausibel.

Soweit es die in Übereinstimmung mit der Liste Anlage RHA 14 (GA Bl. 269) in der Berufungsbegründung angeführten Gegenstände betrifft, handelt es sich zum überwiegenden Teil um Einrichtungsgegenstände mit einem Ankaufswert im niedrigen Eurobereich (Wandhalterung, Handtuchhaken, Badablage, Möbelfüße, Wandbeckenunterschrank, Türstopper, Türklingel, Duschkorb, Kabelschuh, Regenabweiser, Toilettenbürste, Handtuchhaken, Toilettenpapierhalter, Filzgleiter, Abfalleimer, Badspiegel, Osram Leuchte, Duschkorb, Toilettenpapierhalter, Badwischer, Handtuchhaken, Wandhalterung, Handtuchstange, Winkelverbinder, Halterung, Dekoration, Lichtleiter, Sideboard, Garderobenspiegel, WC-Spiegel, WC-Ablagebrett pp.), denen nach ihrem erstmaligen Einbau oder Gebrauch und ihrer anschließenden Nutzung kein substantieller Wert mehr beigemessen werden kann. Gleiches gilt für Spanngurt, eine Vielzahl von Kabelbindern, Gewebeband, Batterien und Feuerzeug, Aschenbecher, Pflanzkübel, Fahrtenbuch und Glasboden. Hierbei erscheint insgesamt ein Wertansatz von 50,00 € angemessen.

Die überwiegend bereits bei Anschaffung geringwertigen Elektroteile Safebox, LED-Lampe, Lautsprecher, Fliesenbohrer, Scheinwerfer, Sodastreamer, Funktaster, Leuchte, Festplatte, Kopfstützenmonitor, Staubsauger, Festplatte, LED-Pflanzlicht, Bohrerset, Ultraschallmesser, Bohrmaschine, Minidisplayport, Microsoft Maus, Drucker, Lautsprecher, Wire-Speaker, Converter, Fernseher sowie Einkaufsroller und Trolley pp. sind bereits vor mehreren Jahren angeschafft worden, so dass ihnen allenfalls noch ein geringer Restwert zuzuerkennen ist, den der Senat auf insgesamt 200,00 € schätzt.

Bei den erstmals in der Berufungsbegründung angeführten und über 100,00 € Anschaffungswert liegenden Gegenständen handelt es sich um ein I-Pad (463,50 €), ein Schwerlastregal (134,50 €) und einen Drehstuhl (265,00 €). Hierfür setzt der Senat ausgehend von den Anschaffungszeitpunkten Werte von 200,00 €, 34,00 € und 66,00 €, insgesamt also 300,00 € an.

Dass Gepäckträger und Fahrradträger der Klägerin und nicht ihrem Geschäftsführer persönlich gehörten, ist nicht plausibel, so dass eine Wertfestsetzung hierfür entfällt.

Soweit ein Teil der Gegenstände beschädigt worden sein soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Lediglich für den Schrank, dessen Kaufpreis nur 1.375,00 € betrug (GA Bl. 303 R), sind 250 € und für den Drehstuhl (der anders als in der Berufungsbegründung angegeben nur beschädigt, aber nicht verloren ist) 50,00 € anzusetzen. Die Strandkörbe können dem Geschäftsbetrieb der Klägerin nicht plausibel zugeordnet werden.

Die in der Anlage H angeführten Gegenstände (GA Bl. 314) weisen nach den überreichten Aufnahmen überwiegend nur geringfügige Beschädigungen auf, so dass für die ersten acht Positionen ein Minderwert von 200,00 € anzusetzen ist. Für die Beschädigung der Rückseite der Couch setzt der Senat 150,00, für die Marmorplatte 500,00 € und für den Fernseher 300,00 € an.

Ein Mitverschulden der Klägerin – wie es das Landgericht angenommen hat – ist im Hinblick auf die bereits vor Durchführung des vereinbarten Abholtermins erfolgte Räumung nicht gegeben. Angesichts der Korrespondenz der Parteien durfte die Klägerin darauf vertrauen, die ihr verlängerte Frist nutzen zu können, und musste nicht mit der vorzeitigen Leerung der Wohnung und Einlagerung der Sachen rechnen.

2.

Aus den vorgenannten Gründen ist der mit dem Klageantrag zu 3. verfolgte Feststellungsanspruch einer Schadensersatzpflicht in Bezug auf die Festplatte und die sechs Aktenordner begründet.

3.

Den Klageantrag zu 2. haben die Parteien ebenso wie die mit der Widerklage verfolgen Anträge übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass insoweit eine Sachentscheidung entfiel.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

1.

Hinsichtlich der erledigten Anträge ist im Rahmen der Kostenentscheidung Folgendes zu berücksichtigen:

a)

Die Klage auf Zugang zu den Büroräumen nach einem Gegenstandswert von 7.000 € wäre nicht begründet gewesen. Die Klägerin hat einen Besitzanspruch auf der Grundlage eines bis mindestens Ende 2019 fortbestehenden Mietvertrages gemäß § 535 BGB nicht ausreichend dargelegt. Der vorgelegte schriftliche Mietvertrag ist vom Geschäftsführer der Klägerin gefälscht worden. Für den konkreten Abschluss des Vertrages hat die Klägerin keinen Beweis angetreten. Ihr Vortrag, eine solche Urkunde habe tatsächlich existiert und im Safe der Beklagten befunden, reicht nicht aus, um den konkreten Inhalt zu beweisen. Das aus einem Leihverhältnis abgeleitete Besitzrecht der Klägerin endete mangels Beweises einer vereinbarten Dauer des Vertragsverhältnisses gemäß § 604 Abs. 2 BGB spätestens mit der sofortigen Kündigung vom 12. Dezember 2017. Allein aus § 861 BGB konnte die Klägerin den Anspruch auf Zugang zu den Büroräumen nicht herleiten. Gegenüber dem Wiederherstellungsbegehren aus § 861 BGB ist der Rückgabeanspruch der Beklagten gemäß §§ 604, 985 BGB vorrangig, so dass der Klägerin ein Zutritt zu den Räumen nicht mehr zustand. Die Sachlage ist derjenigen in § 864 Abs. 2 BGB vergleichbar: Wenn das Gericht an ein rechtskräftiges Urteil, das die Berechtigung der Beklagten zum Besitz endgültig ausspricht, gebunden ist, muss es bei Entscheidungsreife des von der Beklagten verfolgten Rechts auf Besitz gleichermaßen als eine zwecklose Weiterung gelten, wollte man der Klägerin die Verfolgung seines Besitzschutzanspruchs noch weiter ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 – VIII ZR 124/78, BGHZ 73, 355-363, juris: Tz. 13).

b)

aa) Der ursprüngliche Widerklageanspruch der Beklagten auf Herausgabe der Büroräume nebst Schlüsseln, der vom Landgericht in einen unzulässigen Feststellungsantrag, die Beklagte könne auf Grund ihres Eigentums von der Klägerin die Einräumung des Besitzes verlangen, umgedeutet worden ist, war bereits bei Einreichung der Klage unbegründet.

bb) Der Räumungsanspruch bezüglich der Lagerbox bestand mangels berechtigter Räumung nicht.

cc) Der Widerklageantrag auf Feststellung der Beendigung des behaupteten Mietverhältnisses durch die sofortige Kündigung zum 12. Dezember 2018 war hingegen unzulässig. Bei einem Streit wegen der Kündigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO kann nur dessen (Fort-) Bestand zum Gegenstand der begehrten Feststellung gemacht werden, nicht aber die Wirksamkeit der Kündigung, die bloße Vorfrage hierzu ist (BGH, Urteil vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98, EBE/BGH 1999, 380-384, juris: Tz. 44). Auch wenn die Parteien nur darüber streiten, ob eine bestimmte Kündigung das Mietverhältnis beendet hat, kann nur die (umfassendere) Feststellung begehrt werden, dass das Mietverhältnis noch besteht. Die mit ihrer Widerklage begehrte Feststellung, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Kündigung zum 12. Dezember 2017 endet, wäre zwar einer Feststellungsklage grundsätzlich zugänglich, weil es sich hierbei um die Feststellung der zeitlichen Begrenzung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 ZPO handelt. Ein Feststellungsinteresse bestand aber deshalb nicht, weil dies das Bestehen des Vertrages im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung voraussetzt (BGH, BGH, Urteil vom 25. April 2001 – XII ZR 263/98, BGHReport 2001, 539-540, juris: Tz. 12), während die Beklagte selbst einwendet, dass ein Mietvertrag nie geschlossen worden ist.

2.

Ausgehend von einem Gesamtstreitwert von 30.387,95 € ergibt sich danach eine Kostenquote von 59 % zu Lasten der Klägerin und von 41 % zu Lasten der Beklagten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nummer 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Absatz 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren:

bis zum 14. Mai 2020 30.387,95 € (Klageantrag zu 1. 12.887,95 € (GA Bl. 565), Klageantrag zu 2. 7.000,00 €, Klageantrag zu 3. 2.500,00 €, Widerklage 8.000,00 € (GA Bl. 454 R);

danach 15.387,90 €.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.