OLG Köln, Urteil vom 30.11.2017 – 7 U 23/17

Oktober 24, 2021

OLG Köln, Urteil vom 30.11.2017 – 7 U 23/17

Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 10.01.2017 (5 O 284/16) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.709,81 EUR festgesetzt.

Gründe
-ohne Tatbestand gemäß §§ 313 a Abs.1, 540 Abs.2 ZPO-

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.709,81 EUR zu, insbesondere kein solcher aus § 839 BGB, Art. 34 GG i.V.m. § 9a StrWG wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung.

Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin eine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht aus nachfolgenden Gründen nicht verletzt:

Die Sicherungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen konzentriert sich im Wesentlichen darauf, solche Gefahren abzuwenden, mit denen ein Verkehrsteilnehmer nicht zu rechnen braucht. Grundsätzlich muss sich der Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße inklusive Gehweg so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darstellt (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 823 Rn. 221ff). Der Verkehrssicherungspflichtige ist grundsätzlich nur gehalten, soweit objektiv zumutbar, die Gefahren auszuräumen und gegebenenfalls vor ihnen zu warnen, die für den sorgfältigen Straßenbenutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann (st. Rechtspr., so schon BGH, VersR 1979, 1055).

Soweit erfahrungsgemäß in Zusammenhang mit der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei der Herstellung und Unterhaltung eines Gehsteiges ein Schadensersatzanspruch oftmals damit begründet wird, dass ein Höhenunterschied zwischen 2 Platten oder eine Vertiefung im Belag von mindestens 2 cm und mehr bestanden habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Höhendifferenz nicht isoliert betrachtet werden darf und der Senat in gefestigter Rechtsprechung eine dahingehende schematische Betrachtungsweise nicht vornimmt. Es kommt vielmehr auf Art und Beschaffenheit der Vertiefung oder Erhöhung sowie insbesondere ihre Lage und die sonstigen Gegebenheiten im Einzelfall an. Entscheidend ist, ob eine Gefahr für den die gebotene Aufmerksamkeit wahrenden Nutzer erkennbar und beherrschbar ist (Urteil des Senats vom 22.12.1994 – 7 U 165/94 -; Beschluss vom 1.2.2010 – 7 U 173/09 -, Beschluss vom 13.02.2012 -7 U 212/11).

Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze kann hier schon nicht, wie das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, von einer Pflichtverletzung der Beklagten ausgegangen werden.

Die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder lassen eine für den Benutzer des Gehwegs nicht mehr beherrschbare Gefahrenquelle nicht erkennen. Insbesondere hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass sie nicht an der Stelle gestürzt ist, die sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht versehentlich angegeben hat (Bl. 68, obere Kreuzmarkierung).

Die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung bezeichnete Stelle (siehe untere Kreuzmarkierung Lichtbild Bl. 68 und Kreuzmarkierung Lichtbild Bl. 162 GA) wies jedoch allenfalls eine großflächige leichte Muldenbildung ohne plötzliche Absenkungen, etwa in Form einer Stolperkante, auf (vgl. Lichtbild Bl. 49 GA). Diese großflächige leichte Absenkung der von der Klägerin begangenen Fläche war jedoch nach Überzeugung des Senats für einen Fußgänger auch in Anbetracht der Tatsache, dass sich die behauptete Unfallstelle in einer Fußgängerzone mit Ladengeschäften befand, bei Anwendung durchschnittlicher Sorgfalt und Aufmerksamkeit sowohl erkenn- als auch beherrschbar.

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe die Mulde wegen Laubfalls nicht erkennen können, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat handelte es sich lediglich um leichten, jahreszeitbedingt üblichen Laubfall, mit dem gerechnet werden musste. Ein durchschnittlich sorgfältiger Verkehrsteilnehmer weiß jedoch, dass sich unter laubbedeckten Stellen Hindernisse in Form von Vertiefungen, Mulden oder Ähnlichem befinden können; er wird derartige Stellen gerade wegen der mangelnden Erkennbarkeit dessen, was sich möglicherweise darunter verbirgt, entweder meiden oder mit besonderer Vorsicht, notfalls mit tastenden Schritten, begehen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. September 2008 – 1 U 301/07 -, juris). Diesem Erfordernis ist die Klägerin offenbar nicht nachgekommen.

Mangels Hauptansprüchen kommen Nebenansprüche der Klägerin nicht in Betracht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711,713, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.

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