OLG München, 26.10.2015 – 34 Wx 233/15 – Gütergemeinschft, Erbschaft fällt in das Gesamtgut

August 17, 2018

OLG München, 26.10.2015 – 34 Wx 233/15

Tenor:

Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Wolfratshausen – Grundbuchamt – vom 6. Juli 2015 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind verheiratet im Güterstand der Gütergemeinschaft nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Aufgrund Erbscheins vom 14.4.2015 sind sie im Grundbuch als Eigentümer von Grundbesitz mit dem Zusatz „in Erbengemeinschaft“ seit dem 19.5.2015 eingetragen.

Zu notarieller Urkunde vom 19.5.2015 erklärten die Beteiligten, die ihnen kraft gesetzlicher Erbfolge zu je 1/2 zugefallenen Erbteile seien aufgrund der bestehenden Gütergemeinschaft in das Gesamtgut gefallen, die Erbengemeinschaft sei durch Vereinigung der Erbteile im Gesamtgut beendet und der Grundbesitz Bestandteil des Gesamtguts geworden. Gleichzeitig beantragten sie unter Bezugnahme auf den in den Grundakten befindlichen Ehe- und Erbvertrag sowie auf die maßgebliche Nachlassakte die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung als Eigentümer in Gütergemeinschaft.

Gemäß § 15 GBO hat der Notar unter Vorlage Urkunde beim Grundbuchamt den Vollzug beantragt.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 6.7.2015 hat das Grundbuchamt als Eintragungshindernis beanstandet, dass eine Auflassung der Beteiligten zu 1 und 2 erforderlich und nachzureichen sei. Die Eintragung im Grundbuch als Eigentümer in Erbengemeinschaft beruhe auf dem Erbschein. Der Eigentumsübergang von der Erbengemeinschaft auf die Beteiligten zu 1 und 2 in Gütergemeinschaft könne sich nur durch Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auf der Grundlage einer materiellen Einigung über den Eigentumsübergang vollziehen.

Gegen die Zwischenverfügung richtet sich die Beschwerde, mit der vorgetragen wird, einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und einer Einigung über den Eigentumsübergang bedürfe es aus Rechtsgründen nicht, weil mangels Zuweisung zum Sondergut die Erbschaft im Gesamtgut angefallen sei.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthafte und vom Notar für die Beteiligten in zulässiger Weise (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO) eingelegte Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

  1. Der Erlass einer Zwischenverfügung zur Behebung des angenommenen Eintragungshindernisses ist schon verfahrensrechtlich nicht zulässig.

Wegen eines Eintragungshindernisses darf eine Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 Satz 1 GBO) nur ergehen, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Denn die Zwischenverfügung dient dem Zweck, einer beantragten Eintragung den sich nach dem Antrag bestimmenden Rang zu sichern, der im Fall einer sofortigen Antragszurückweisung nicht gewahrt bliebe. Kann der Mangel nur mit Wirkung ex tunc geheilt werden, ist für eine Zwischenverfügung kein Raum (BGH Rpfleger 2014, 580 [BGH 26.06.2014 – V ZB 1/12]; NJW 2014, 1002 [BGH 26.09.2013 – V ZB 152/12]; Senat vom 2.4.2015, 34 Wx 482/14, NJW-RR 2015, 1044; OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 1137/1138; Wilde in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 21a; Demharter GBO 29. Aufl. § 18 Rn. 8 m. w. N.). Deshalb ist es nicht zulässig, mit einer Zwischenverfügung auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken, das Grundlage der einzutragenden Rechtsänderung werden soll (BGH Rpfleger 2014, 580 [BGH 26.06.2014 – V ZB 1/12]; NJW 2014, 1002 [BGH 26.09.2013 – V ZB 152/12]).

Das Grundbuchamt verlangt mit der Zwischenverfügung eine Auflassung (§ 873 Abs. 1, § 925 BGB, § 20 GBO), weil nach seiner Rechtsauffassung, auf deren Grundlage die Zulässigkeit der Zwischenverfügung zu beurteilen ist (BGH Rpfleger 2014, 580 [BGH 26.06.2014 – V ZB 1/12]), die Umsetzung des Eintragungsersuchens eine rechtsgeschäftliche Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit dinglicher Eigentumsübertragung erfordert. Ein ohne Auflassung gestelltes Eintragungsersuchen wäre auf der Grundlage dieser Rechtsansicht sofort zurückzuweisen gewesen. Auf die Beschwerde der Beteiligten ist die somit unzulässige Zwischenverfügung deshalb aufzuheben.

  1. Ergänzend, aber nicht bindend, wird für das weitere Verfahren Folgendes ausgeführt:

Haben Ehegatten durch Ehevertrag Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) vereinbart, so werden die Vermögen beider und die zum Vermögen gehörenden Gegenstände kraft Gesetzes und daher ohne rechtsgeschäftliche Übertragung gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut), § 1416 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Dies gilt auch für das Vermögen, das die Ehegatten während des Bestands der Gütergemeinschaft erwerben, § 1416 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dazu zählt auch der Erwerb aufgrund (gesetzlicher oder testamentarischer) Erbfolge (BeckOK/Mayer BGB Stand 1.11.2014 Edition 36 § 1416 Rn. 3; Staudinger/Thiele BGB (2007) § 1416 Rn. 16; MüKo/Kanzleiter BGB 6. Aufl. § 1416 Rn. 12; Palandt/Brudermüller BGB 74. Aufl. § 1416 Rn. 2 und 3).

Die einem in Gütergemeinschaft verheirateten Ehegatten zugefallene Erbschaft wird somit kraft Gesetzes Teil des Gesamtguts, es sei denn, der Erblasser hat durch letztwillige Verfügung bestimmt, dass der Erwerb Vorbehaltsgut sein soll, § 1418 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB. Beruht der Anfall von Todes wegen – wie hier – auf gesetzlicher Erbfolge, scheidet diese Möglichkeit aus.

Nichts anderes gilt in Bezug auf eine beiden in Gütergemeinschaft verheirateten Ehegatten als Miterben gemäß § 1925 Abs. 2 BGB zugefallene Erbschaft. Der Erwerb des dinglichen Eigentums kraft Universalsukzession, § 1922 Abs. 1 und 2 BGB, als Gesamthandsvermögen beruht auf gesetzlicher Anordnung, § 1416 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB. Auf die Frage, ob dem ein Durchgangserwerb von der Erbengemeinschaft auf die Ehegatten in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit oder ein Direkterwerb unmittelbar in das Gesamthandsvermögen zugrunde liegt (vgl. zur entsprechenden Diskussion bei rechtsgeschäftlicher Auflassung zu Miteigentum: BGHZ 82, 346), kommt es nicht an. Das Grundbuch, das als Eigentümer die Ehegatten in Erbengemeinschaft bezeichnet, erweist sich wegen Zugehörigkeit des Grundstückseigentums zum Gesamthandsvermögen hinsichtlich des eingetragenen Berechtigungsverhältnisses, § 47 Abs. 1 GBO, als unrichtig (vgl. auch BayObLGZ 1993, 96, 98 f. aus gebührenrechtlicher Sicht, noch zu § 60 Abs. 4 KostO – nun: Abs. 1 Satz 1 der Anm. zu Nr. 14110 KV GNotKG; dort war die Erbschaft zwei jeweils in Gütergemeinschaft verheirateten Ehegatten zugefallen, die – anders als hier – nicht miteinander verheiratet waren).

Für eine Erbauseinandersetzung, § 2042 ff. BGB, ist angesichts der gesetzlich angeordneten gesamthänderischen Bindung der Erbteile und der zum ererbten Vermögen gehörenden Gegenstände kein Raum. Desgleichen scheidet eine Auflassung des Eigentums am Grundstück von der Erbengemeinschaft auf die Ehegatten in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit gemäß § 1416 BGB aus. Dass für die Eigentumsübertragung eines erbengemeinschaftlichen Grundstücks auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Auflassung selbst dann erforderlich ist, wenn Gesellschaft und Erbengemeinschaft aus denselben Personen bestehen (vgl. Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. § 20 Rn. 32), steht dem nicht entgegen. Für die ehevertragliche Gütergemeinschaft gelten – wie oben aufgezeigt -gesetzliche Sonderregelungen.

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 22 GBO, § 894 BGB) wird in dieser Situation durch den Nachweis der bestehenden Gütergemeinschaft und des Erwerbs von Todes wegen bei fehlender testamentarischer Zuweisung zum Vorbehaltsgut in grundbuchmäßiger Form, § 29 GBO, belegt.

III.

Kostenentscheidung und Geschäftswertfestsetzung sind nicht veranlasst.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

 

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