OLG München, Urteil vom 06.07.2011 – 20 U 3155/10

August 7, 2021

OLG München, Urteil vom 06.07.2011 – 20 U 3155/10

Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 13. April 2010, AZ. 24 O 2876/09, aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts Erding für F., Blatt …42, FlurNr.: …67, Anwesen M.strasse 11, in Abteilung III: lfd. Nr. 5 an dem vormaligen ½ Miteigentumsanteil von Walter L. zu seinen Gunsten eingetragene Zwangssicherungshypothek im Nennwert von EUR 132.980,71 samt allen Nebeneintragungen und etwaigen Löschungsvormerkungen zu Gunsten der Klägerin zu bewilligen.

III. Die Widerklage wird abgewiesen.

IV. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

VII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 132.980,71 festgesetzt.

Gründe
I.

Zwischen den Parteien steht die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück der Klägerin im Streit. Der Beklagte beruft sich auf Anfechtung ihres Eigentumserwerbs nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes.

Die Klägerin und ihr Ehemann, Walter L., erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 05.04.2000 zu je hälftigem Miteigentum das streitbefangene Grundstück M.strasse 11 in F. Die Verkäufer verpflichteten sich im Kaufvertrag auf diesem Grundstück ein neues Einfamilienhaus zu errichten. Als Kaufpreis wurden für das Grundstück DM 400.000.- und für eine darauf befindliche Halle DM 100.000.- sowie für die Bauverpflichtung eine Vergütung von DM 681.964.- vereinbart.

In Ziffer 14 dieses Vertrages vereinbarten die Klägerin und ihr Ehemann als künftige Miteigentümer des Grundstücks eine gegenseitige, bedingte Übertragungsverpflichtung bezüglich des jeweiligen hälftigen Grundstücksanteil auf den anderen Miteigentümer, sofern Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in dessen Grundstücksanteil eingeleitet oder das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet werden sollten und diese Maßnahmen nicht innerhalb von 6 Wochen wieder rückgängig gemacht werden könnten.

Zum Inhalt des Kaufvertrages wird ergänzend auf die Anlage B 3 Bezug genommen.

Zur Sicherung dieser bedingten Übertragungsverpflichtung wurden für die Klägerin und ihren Ehemann jeweils am 16.01.2001 dementsprechende Vormerkungen ins Grundbuch eingetragen.

Der Beklagte erwirkte gegen den Ehemann der Klägerin im Jahr 2008 einen rechtskräftigen Zahlungstitel über EUR 120.406,49 zzgl. Zinsen sowie nachfolgend gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von EUR 8.899,81 zzgl. Zinsen. Auf Grund dieser Titel wurde zu Gunsten des Beklagten am 22.12.2008 eine Zwangssicherungshypothek über EUR 132.980,71 am streitbefangenen Grundstück ins Grundbuch eingetragen.

Auf Grund dieser Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Beklagten machte die Klägerin von ihrem Übertragungsanspruch am hälftigen Miteigentumsanteil ihres Ehemannes am streitbefangenen Grundstück gemäß Ziffer 14 des Vertrages vom 05.04.2000 (Anlage B 3) Gebrauch. Mit notariellem Vertrag vom 22.06.2009 (Anlage B 2) wurde ihr von ihrem Ehemann dessen hälftiger Miteigentumsanteil am streitbefangenen Grundstück übertragen. Die Klägerin wurde am 22.07.2009 als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin war der Meinung, sie habe einen Anspruch auf Löschung der Zwangssicherungshypothek, da ihr Eigentumserwerb auf Grund der Vormerkung vom 16.01.2001 im Rang der Zwangssicherungshypothek vorgehe.

Sie beantragte daher, den Beklagten zu verurteilen, seine Zustimmung zur Löschung dieser Zwangssicherungshypothek dem Gericht gegenüber zu erklären bzw. hilfsweise zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten eine notarielle Löschungsbewilligung zu übergeben.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung und erhob Widerklage mit dem Ziel, die Klägerin zur Duldung der Zwangsvollstreckung zu verurteilen.

Er war der Meinung, sowohl die Übertragungsverpflichtung im notariellen Vertrag vom 05.04.2000 als auch die Eigentumsübertragung auf die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 22.06.2009 seien anfechtbare Rechtsgeschäfte iSd Anfechtungsgesetzes. Mit der Erhebung der Widerklage machte er die Anfechtung gerichtlich geltend. Er berief sich auf die Anfechtungstatbestände gemäß §§ 3, 4 AnfG. Die Vereinbarungen seien in Gläubigerbenachteiligungsabsicht erfolgt. Eine wertausschöpfende Belastung des Grundstücks habe zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen nicht vorgelegen.

Die Klägerin beantragte die Abweisung der Widerklage.

Sie bestritt Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Das Grundstück sei auf Grund valutierter Grundpfandrechte per 31.12.2000 mit DM 750.445,16 wertausschöpfend belastet gewesen. Für den Wert des Grundstücks sei allein auf den Kaufpreisanteil für Grund und Boden sowie die zum Zeitpunkt des Erwerbs von den Verkäufern bestehende Halle abzustellen, da die Bauleistungen erst zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2002 erbracht worden seien.

Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Landshut hat mit Endurteil vom 13.04.2010 die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Die Anfechtung des Beklagten und Widerklägers sei gemäß § 3 Abs. 1 AnfG erfolgreich.

Sowohl die Vereinbarung vom 05.04.2000 als auch die auf Grund dieser Vereinbarung erfolgte Eintragung einer Auflassungsvormerkung am 16.01.2001 als auch die Vereinbarung der Eigentumsübertragung vom 22.06.2009 seien gemäß § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbare Rechtsgeschäfte, die innerhalb des 10-Jahreszeitraums vor der am 14.12.2009 erklärten Anfechtung abgeschlossen worden seien.

Die Parteien der angefochtenen Rechtshandlungen hätten mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt, was sich bereits zwanglos aus dem Vertragstext ergebe.

Für die Vornahme der Rechtshandlung sei gemäß § 8 AnfG auf den April 2000 abzustellen. Hierbei nahm das Landgericht an, dass der Antrag auf Eintragung der Vormerkung ins Grundbuch, auf welchen für den Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung abzustellen sei, wohl zeitnah zum Abschluss des notariellen Vertrages vom 05.04.2000 gestellt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei das streitgegenständliche Grundstück nicht wertausschöpfend belastet gewesen. Zwar habe dies grundsätzlich der Beklagte als der Anfechtende zu beweisen, jedoch fehle es bereits an schlüssigem klägerischen Vortrag dazu, dass das Grundstück im April 2000 überhaupt belastet gewesen sei. Daher liege eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor. In diesem Zusammenhang hält das Landgericht den Wert des Grundstücks zuzüglich der vereinbarten Bauleistung für maßgeblich, obwohl diese nach klägerischem Vortrag, dem sich das Landgericht anschließt, erst zu einem späteren Zeitpunkt erbracht worden sei, da die Bauleistungsverpflichtung den Grundstückswert erhöhe.

Wegen der wirksamen Anfechtung bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Löschung der Grundschuld.

Aus eben diesem Grund sei die Widerklage begründet und die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten zu dulden.

Ergänzend wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils begehrt und ihre erstinstanzlichen Ansprüche unter Zurückweisung der Widerklage weiterverfolgt.

Die Klägerin greift die Verneinung der wertausschöpfenden Belastung des streitgegenständlichen Grundstücks durch das Landgericht an. Diese Feststellung des Landgerichts beruhe auf der irrigen Annahme, der Antrag auf Eintragung der streitgegenständlichen Vormerkung sei bereits im April 2000 gemeinsam mit allen insgesamt im Zusammenhang mit dem notariellen Vertrag vom 05.04.2000 erforderlichen Eintragungsanträgen gestellt worden. Tatsächlich habe der bevollmächtigte Notar diesen Antrag erst mit Schreiben vom 15.01.2001, beim Amtsgericht Erding – Grundbuchamt – eingegangen am 16.01.2010, gestellt. Wegen einer bis dahin fehlenden Voreintragung der Klägerin sei eine frühere Antragstellung auch nicht möglich gewesen, was das Landgericht verkannt habe. Zu diesem Zeitpunkt seien die im Mai 2000 eingetragenen Grundschulden bereits mit DM 750.445,16 valutiert und das Grundstück somit wertausschöpfend belastet gewesen.

Die Klägerin beantragt daher:

I. Das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 13. April 2010, AZ. 24 O 2876/09, wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, eine notarielle Löschungsbewilligung bezüglich der im Grundbuch des Amtsgerichts Erding für F., Blatt …42, FlurNr.: …67, Anwesen M.strasse 11, in Abteilung III: lfd. Nr. 5 an dem vormaligen ½ Miteigentumsanteil von Walter L. zu seinen Gunsten eingetragene Zwangssicherungshypothek im Nennwert von EUR 132.980,71 samt allen Nebeneintragungen und etwaigen Löschungsvormerkungen zu Gunsten der Klägerin abzugeben.

III. Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte beantragt:

Die Zurückweisung der Berufung.

Beide Parteien beantragen hilfsweise die Zulassung der Revision.

Der Beklagte schließt sich den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil an.

Neben dem Anfechtungsgrund des § 3 Abs. 1 AnfG sei die Anfechtung auch auf der Grundlage der § 3 Abs. 2 und § 4 AnfG erfolgreich.

Er bestreitet mit Nichtwissen, dass die Eintragung der Vormerkung erst am 15.01.2001 beantragt worden sei und rügt hierzu Verspätung. Die Eintragungsanträge seien einheitlich im April 2000 gestellt worden. Im Übrigen komme es hierauf nicht an, da entscheidend auf die Wirksamkeit der schuldrechtlichen Verpflichtung aus Ziffer 14 des notariellen Vertrags vom 05.04.2000 abzustellen sei, die keiner Eintragung bedürfe und gleichfalls angefochten sei. Hiermit habe die Klägerin eine gefestigte Rechtsposition erlangt. Einschlägig für die Bestimmung des Zeitpunktes der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung sei deshalb § 8 Abs. 1 AnfG, nicht § 8 Abs. 2 AnfG.

Ungeachtet dessen sei das Grundstück weder im April 2000 noch am 16.01.2001 wertausschöpfend belastet gewesen, da das Grundstück bereits bei Vertragschluss am 05.04.2000 – nicht zuletzt wegen der Bebauungsmöglichkeit im Außenbereich -einen Wert von EUR 800.000.- gehabt habe.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle und die Hinweise des Senats Bezug genommen.

Der Senat hat auf Grund Beweisbeschluss vom 03.11.2010 ein Sachverständigengutachten zum Wert des streitbefangenen Grundstücks erholt. Dieses wurde vom Sachverständigen Peter R. am 26.04.2011 erstattet. Am 06.07.2011 wurde hierzu mündlich vor dem Senat verhandelt. Ergänzend wird auf den Inhalt des Beweisbeschlusses und des Gutachtens Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Sie hat Anspruch auf Erteilung einer Löschungsbewilligung bezüglich der streitgegenständlichen Zwangssicherungshypothek gemäß §§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 BGB und muss deshalb die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Beklagten aus dieser Hypothek nicht dulden. Ihr Eigentumserwerb am streitbefangenen hälftigen Grundstücksanteil mit notariellem Vertrag vom 22.06.2009 hat Bestand und geht im Rang der Zwangssicherungshypothek des Beklagten voraus, da die im Jahre 2009 vollzogene Eigentumsübertragung auf die Eintragung der Vormerkung am 16.01.2001 zurückwirkt. Die Anfechtung der Eigentumsübertragung durch den Beklagten hat mangels objektiver Gläubigerbenachteiligung keinen Erfolg.

1. Der Beklagte ist gemäß § 2 AnfG anfechtungsberechtigt, da er unstreitig über rechtskräftige Vollstreckungstitel verfügt, die er gegenüber dem Ehemann der Klägerin nicht realisieren kann.

402. Anfechtbare Rechtshandlung ist jedoch nur die Eigentumsübertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am streitbefangenen Grundstück auf die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 22.06.2009. Die schuldrechtliche Verpflichtung hierzu gemäß Ziffer 14 des Vertrages vom 05.04.2000 ist als reines Verpflichtungsgeschäft der Anfechtung nicht zugänglich. Als Anfechtungsgegenstand kommen nämlich gemäß § 1 AnfG nur Rechtshandlungen in Frage, durch welche unmittelbar ein Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben wurde. Reine Verpflichtungsgeschäfte, die für die Weggabe von Gegenständen weitere Rechtshandlungen fordern – wie hier den Vertrag vom 22.06.2009 – erfüllen diese Voraussetzung selbst dann nicht, wenn die Erfüllung erzwingbar ist (Huber Anfechtungsgesetz 10. Aufl. § 1 Rn. 23, 25).

413. Der Maßgebliche Zeitpunkt für die Eigentumsübertragung ist der 16.01.2001. Da für das Wirksamwerden der Eigentumsübertragung als der anfechtbaren Rechtshandlung gemäß § 873 Abs. 1 BGB die Grundbucheintragung erforderlich ist, ist für die Bestimmung des Zeitpunktes der Vornahme der Rechtshandlung § 8 Abs. 2 AnfG einschlägig. Der Senat stimmt mit dem Landgericht dahingehend überein, dass die im Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung anzufechtende Rechtshandlung der Antrag auf Eintragung der Vormerkung ist (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG). Nach den nunmehr vorgelegten Unterlagen des AG Erding – Grundbuchamt -, die der Beklagte inhaltlich nicht substantiiert bestritten hat, ist der Antrag vom 15.01.2001 dort am 16.01.2001 eingegangen. An diesem Tag gilt der Eintragungsantrag gemäß § 13 Abs. 2 GBO als gestellt, wurde also die hier allein anfechtbare Rechtshandlung vorgenommen.

Der diesbezüglich neue Vortrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung ist gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigen. Aus dem erteilten Hinweis des Landgerichts vom 22.02.2010 ist ersichtlich, dass das Landgericht die sich aus §§ 13 Abs. 1, 39 GBO ergebende Problematik zeitlich gestaffelter Eintragungsanträge hinsichtlich der verschiedenen in der Urkunde vom 05.04.2000 begründeten, verschiedenen Rechte erkennbar übersehen hat und von einer einheitlichen Antragstellung ausgegangen ist. Diesem Hinweis des Gerichts ist die Klägerin im Schriftsatz vom 18.03.2010 lediglich gefolgt, so dass hieraus kein Zugeständnis eines bestimmten Antragsdatums gesehen werden kann. Vielmehr muss der Klägerin neuer Vortrag hierzu in der Berufung noch möglich sein.

4. Die Anfechtungsfrist begann somit am 16.01.2001 zu laufen (Huber a.a.O. § 8 Rn. 13). Eine Anfechtung gemäß § 3 Abs. 2, § 4 AnfG scheidet daher wegen Fristablauf aus.

5. In Betracht kommt lediglich die Anfechtung der Eigentumsübertragung gemäß § 3 Abs. 1 AnfG, die jedoch am Fehlen einer objektiven Gläubigerbenachteiligung scheitert (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG), da das streitgegenständliche Grundstück zum Stichtag 16.01.2001 wertausschöpfend belastet war.

45Eine objektive Gläubigerbenachteiligung scheidet bei wertausschöpfender Belastung des veräußerten Gegenstandes zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung aus (Huber a.a.O. § 1 Rn. 39). Die Übertragung eines belasteten Grundstücks hat nur dann eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge, wenn der in der Zwangsversteigerung erzielbare Erlös des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens überstiegen und zumindest zu einer teilweisen Befriedigung des Gläubigers geführt hätte (BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005 – IX ZR 276/02; v. 3. Mai 2007 – IX ZR 16/06; v. 15. November 2007 – IX ZR 232/03; v. 19.05.2009 – IX ZR 129/06). Dies ist hier nicht der Fall.

Ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, hängt vom Verkehrswert des Grundstücks sowie der tatsächlichen, valutierten Höhe derjenigen Forderung ab, die durch die eingetragenen Grundbuchrechte gesichert werden, zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts iSv § 8 AnfG (BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005 a.a.O.; v. 3. Mai 2007 a.a.O.; v. 15. November 2007 a.a.O.).

Der Grundstückswert bemisst sich nach dem Verkehrswert des Grundstücks am 16.01.2001. Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (§ 194 BauGB). Der Grundstückswert ist daher nach Stand, Lage und Bebauung des Grundstücks zum 16.01.2001 zu ermitteln, ohne die geplanten Sachwerte, die erst in Zukunft durch die im Vertrag vom 05.04.2000 vereinbarte Bauverpflichtung geschaffen werden sollten. Der Kaufvertrag und die Bauverpflichtung sind zwei selbstständige vertragliche Vereinbarungen, die auch getrennte Schicksale nehmen können. Dies ergibt sich bereits aus der Vertragsgestaltung, wonach Kauf und Bauverpflichtung unter verschiedenen ranggleichen Ziffern abgehandelt werden und für die Bauverpflichtung eine gesonderte Gegenleistung vereinbart wurde. Zwar mag für die Vertragsparteien jede dieser Vereinbarungen conditio sine qua non für die andere Vereinbarung gewesen sein, jedoch berechtigt dies nicht, den Grundstückswert bereits um den Wert der erst geplanten Bauwerke zu erhöhen. Die Bauverpflichtung kann nur insoweit Einfluss auf den Grundstückswert nehmen, als hierdurch zumindest Teile des Grundstücks als Bauland zu bewerten sind. Dies hat der Senat getan.

Unter Berücksichtigung, dass die für die Bebauung am 16.01.2001 vorgesehene Teilfläche 3 des zu bewertenden Grundstücks nicht Außenbereich, sondern Bauland ist (vgl. Seite 22,23 des Gutachtens), kommt der Sachverständige R. in seinem Gutachten vom 26.04.2011 zu einem Verkehrswert von EUR 196.336.-. Hilfsweise führt er aus: „ Selbst wenn man bei der mit Unwägbarkeiten behafteten Teilfläche 3 bei der Bodenwertermittlung das offensichtlich falsche maximal anzusetzende Bodenwertniveau des nächsten Ortsteils E. in Höhe von DM 450/m² heranziehen würde, ergäbe sich ein Ergebnis von rund DM 510.000.- bzw. EUR 261.000.-…“(vgl. Seite 49 des Gutachtens).

Diesem Gutachten, das den Parteien mit Verfügung vom 03.05.2011 zugeleitet und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2011 gemacht wurde, haben die Parteien nicht widersprochen.

Der Senat folgt diesem Gutachten, das keinerlei Anhaltspunkte für Zweifel an seiner Richtigkeit aufweist. Er legt hierbei seiner Entscheidung zu Gunsten des Beklagten zugrunde, dass der vom Sachverständigen ermittelte Maximalwert des streitbefangenen Grundstücks unter Berücksichtigung seiner Bebaubarkeit im Außenbereich am 16.01.2001 in Höhe von EUR 261.000.- zutrifft.

Dieser Wert war am 16.01.2001 durch valutierte Grundschulden deutlich überschritten. Hiervon ist der Senat auf Grund der von der Klägerin vorgelegten Bankbestätigung der H. Bank vom 18.01.2001 überzeugt. Danach betrug die planmäßige, noch zu verzinsende Kapitalschuld per 31.12.2000 DM 750.445,16 (entspricht EUR 383.696,52). Soweit der Beklagte diesen Schuldenstand mit Schriftsatz vom 28.10.2010 unter Benennung eines Angestellten der H.Bank als Zeugen bestritten hat, erfolgte dies ohne jeden Sachvortrag zu etwaigen für diese Behauptung bestehenden Anhaltspunkten ersichtlich ins Blaue hinein. Einem solchen Beweisermittlungsantrag, der lediglich in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, tatsächlich aber erkennbar aus der Luft gegriffen ist, war daher nicht nachzugehen (BGH vom 23.04.1991 – X ZR 77/89). Der Senat hat den Beklagten im Beschluss vom 03.11.2010 hierauf hingewiesen; weiterer Sachvortrag erfolgte nicht.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichtes. Der Senat wendet Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Einzelfall an.

Der Streitwert bestimmt sich nach § 3 ZPO, § 47 GKG.

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