OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.12.2020 – 8 U 1961/20

April 25, 2022

OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.12.2020 – 8 U 1961/20

Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.05.2020, Aktenzeichen 11 O 7211/19, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 42.212,35 € festgesetzt.

Gründe
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.05.2020, mit welchem die Klage als unbegründet abgewiesen wurde, Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger:

1. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth 12.05.2020 – AZ 11 O 7211/19 – wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 40.922,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%Punkten per anno über dem Basiszinssatz seit dem 25.12.2018 zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von Gutachterkosten der Firma A GmbH in Höhe von 1.290,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten per anno hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.548,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten per anno hieraus über dem Basiszinssatz seit 22.02.2019 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.05.2020, Aktenzeichen 11 O 7211/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 05.11.2020 Bezug genommen. Dort hatte der Senat zur Sache ausgeführt:

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen die streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers aus einer Rückabwicklung (nach Widerspruch) des bei der Beklagten vormals zu Versicherungsnr. L 080566 316 012 gehaltenen Vertrages über eine Rentenversicherung abgelehnt und die Klage abgewiesen.

Es wird zunächst Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die den Senat überzeugen.

Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 02.07.2020 zur Aufrechterhaltung des Ersturteils noch Folgendes auszuführen:

1. Der Kläger hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist daher von dem im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Dieser rechtfertigt weder eine andere Entscheidung noch ist eine Rechtsverletzung vorgetragen, auf der die erstinstanzliche Entscheidung beruhen würde (§ 513 Abs. 1 ZPO).

2. Der Kläger wurde bei Abschluss des Vertrages im Jahre 2005 ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. belehrt.

Die Belehrung ist nicht deshalb unwirksam, weil es in den „Verbraucherinformationen“ an einer Angabe über die Zugehörigkeit des Versicherers zu einem „Sicherungsfonds“ mangelt.

Der Senat schließt sich insofern der „herrschenden Meinung“ an (vgl. dazu Zegowitz/Haferkorn, Der ewige Widerrufsjoker und seine Grenzen – Die teleologische Fortbildung der §§ 5a Abs. 2 S. 4, 8 Abs. 5 S. 4 VVG a.F. durch den BGH, VersR 2020, 1005-1016, Fn 7 m.w.N.) und folgt u.a. OLG Köln v. 29.4.2016 – 20 U 4/16, juris Rz. 26; OLG Köln v. 2.8.2016 – 20 U 102/14; OLG München v. 16.11.2017 – 25 U 3439/17, BeckRS 2017, 144381 Rz. 13 m.w.N.; OLG Stuttgart v. 9.5.2019 – 7 U 169/18, VersR 2020, 353 = juris Rz. 79; OLG Saarbrücken v. 21.2.2018 – 5 U 45/17, juris Rz. 51 ff.; OLG Brandenburg v. 23.4.2019 – 11 U 42/16, juris Rz. 12; OLG Schleswig v. 25.5.2020 – 16 U 90/19, n.v.; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 5a Rz. 21 m.w.N..

Nach dieser überzeugenden Ansicht ist die unterbliebene Information über eine tatsächlich bestehende Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds – die wie hier bei einem in Deutschland ansässigen Lebensversicherer gesetzlich vorgeschrieben war und ist – lediglich positiv für den Versicherten und kann daher nicht kausal für den unterbliebenen Widerruf geworden sein.

Die von der Berufung für sich in Anspruch genommene anderslautende Entscheidung des OLG Karlsruhe (28.6.2019 – 12 U 134/17) ist vereinzelt geblieben und überzeugt inhaltlich nicht.

Damit folgt der erkennende Senat in der Sache einer jüngst veröffentlichten Entscheidung des OLG München zu dieser Streitfrage (OLG München, Urteil vom 07. September 2020 – 21 U 1983/20 -, juris Rn. 30 ff., Leitsatz: „Das Fehlen einer Information über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds in den Verbraucherinformationen ist unschädlich, weil sie nicht einem berechtigten Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers dient (Anschluss OLG München, 16. November 2017, 25 U 3439/17, OLG Saarbrücken, 21. Februar 2018, 5 U 45/17, OLG Köln, 29. April 2016, 20 U 4/16; entgegen OLG Karlsruhe, 28. Juni 2019, 12 U 134/17“).

Zudem sieht sich der erkennende Senat damit auch in Übereinstimmung mit der aktuellen Rechtsprechung des EuGH zur Relation zwischen „Belehrungsmangel“ und „Widerspruchsrecht“ (Urteile vom 19.12.2019, Az. C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, VersR 2020, 341-353, und vom 02.04.2020, Az. C-20/19, NJW 2020, 1499-1501).

Wegen der ersichtlich als Einzelmeinung in der obergerichtlichen Judikatur vertretenen Ansicht des OLG Karlsruhe sieht der erkennende Senat – anders als das OLG München in seiner Entscheidung vom 07.09.2020 – keine Veranlassung, die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision zu bejahen (im Ergebnis ebenso: OLG Brandenburg, Urteil vom 23.04.2019, 11 U 42/16, Rn. 17 juris) und deshalb vom Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO abzusehen.

Auch die übrigen Ausführungen des Landgerichts zu den vom Kläger monierten Punkten sind überzeugend.

Die Berufung bringt hierzu keine neuen Argumente oder Gesichtspunkte vor, die nicht schon Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen wären.

Es ist deshalb von einer ordnungsgemäßen Belehrung des Klägers und damit zugleich von einer wirksamen Ingangsetzung der gesetzlichen Widerrufsfrist auszugehen.

Ein Widerspruch wurde binnen der damaligen gesetzlichen Frist von dem Kläger unstreitig nicht erklärt. Der erst mehr als 13 Jahre später mit Schreiben vom 10.12.2018 erklärte Widerspruch ist deshalb verfristet und bleibt ohne jede Rechtswirkung.

Auf die Frage des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) kommt es deshalb ebenso wie auf die Frage nach der zutreffenden Berechnungsart etwaiger gezogener Nutzungen aus Beitragszahlungen nicht mehr streitentscheidend an.

Die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 14.12.2020 wurden zur Kenntnis genommen und geprüft. Sie geben indes zu einer Änderung in der rechtlichen Bewertung des Streitfalles keinen Anlass. Neue Gesichtspunkte oder Argumente, die nicht bereits Gegenstand vorangegangener gerichtlicher Prüfungen und Entscheidungen im vorliegenden Verfahren gewesen wären, werden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Auch zur Frage der Revisionszulassung hatte sich der Senat bereits im Hinweis ausführlich geäußert (vgl. Hinweis, Seiten 2-3) und er bleibt bei dieser Rechtsauffassung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, §§ 709, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt und setzt sich aus bezifferter Hauptforderung zuzüglich Gutachterkosten zusammen.

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