OLG Schleswig, Beschl. v. 04.05.2015 – 3 Wx 106/14 Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG im Erbscheinsverfahren

Juni 14, 2018

OLG Schleswig, Beschl. v. 04.05.2015 – 3 Wx 106/14

Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG im Erbscheinsverfahren

Die Beteiligten streiten um die Erbfolge nach der am 04.03.2014 verstorbenen T.K. Die Beteiligte zu 1. ist die Tochter der Erblasserin, die übrigen Beteiligten sind die Kinder des am 20.02.2008 vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin. Die Erblasserin war verheiratet mit J.K., der am 09.11.1986 vorverstorben ist.

Die Erblasserin war Eigentümerin eines 24 ha großen Hofs im A. In einem gemeinschaftlichen handschriftlichen Testament v. 28.08.1983 setzten sich die Ehegatten zu gegenseitigen Alleinerben ein, die Erblasserin bestimmte zudem ihren Ehemann zum Hoferben. Der Überlebende sollte frei über das gesamte Vermögen einschließlich des Hofs verfügen können, und dies – so wörtlich – „auch letztwillig unter unseren Abkömmlingen”. Der Inhalt im Einzelnen ist der Testamentsurkunde […] zu entnehmen.

Mit notariellem Testament v. 03.11.2010 bestimmte die Erblasserin die vier Kinder des vorverstorbenen Sohnes zu ihren „Universalerben”. Sie erklärte dabei, dass in den Nachlass im Wesentlichen die in ihrem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Flächen fielen, allerdings ohne die Hofstelle und ohne das tote landwirtschaftliche Inventar. Den Hofvermerk habe sie im Grundbuch löschen lassen. Sie setzte überdies Vermächtnisse aus, hierunter zu Gunsten der Tochter das – hoffreie – Einfamilienhaus in M. und ihr Bank- und Sparvermögen. Den Wert der Vermächtnisse hatte sich die Beteiligte zu 1. auf ihre Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche anrechnen zu lassen. Der genaue Testamentsinhalt ist der notariellen Urkunde (UR-Nr. /2010 des Notars L.) zu entnehmen. Ebenfalls am 03.11.2010 ließ die Erblasserin einen Antrag auf Löschung des Hofvermerks beurkunden (UR-Nr. /2010 desselben Notars). Der Antrag ging am 10.11.2010 bei dem AG – Landwirtschaftsgericht – in Meldorf ein. Der Hofvermerk wurde am 23.11.2010 gelöscht.

Die Beteiligte zu 1. hält das Testament v. 03.11.2010 für unwirksam. Die Erbeinsetzung der vier Enkel der Erblasserin verstoße gegen die §§ 4, 16 HöfeO, wonach ein Hofeigentümer nur einen einzigen Nachfolger, nicht aber mehrere Personen zum Hoferben berufen könne. Sie sei daher nach § 134 BGB nichtig. Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung sei die Erblasserin an die Höfeordnung gebunden gewesen. Den Antrag auf Löschung des Hofvermerks habe sie erst eine Woche später stellen lassen. Frühestens auf diesen Zeitpunkt wirke nach § 1 Abs. 7 HöfeO der löschungsbedingte Wegfall der Hofeigenschaft zurück.

Die Erklärung im Testament, dass sie, die Erblasserin, den Hofvermerk habe löschen lassen, sei unrichtig. Sie habe den Antrag erst später erstellen lassen, obwohl die Beurkundung des Testaments ursprünglich für den 20.08.2010 vorgesehen gewesen sei und sie in der Zeit bis zur tatsächlich erfolgten Beurkundung den Hofvermerk hätte löschen lassen können. Das Verhalten und die Erklärung der Erblasserin ließen deshalb an der Glaubhaftigkeit des Testaments zweifeln. Eine Auslegung des Testaments dahingehend, dass es unter der aufschiebenden Bedingung der Löschung des Hofvermerks im Grundbuch habe errichtet werden sollen, komme nicht in Betracht.

Das Testament lasse sich nicht auslegen, sondern sei als unwirksam zu behandeln. Andernfalls würden Tür und Tor zur Umgehung der HöfeO geöffnet werden. Die Annahme einer aufschiebenden Bedingung verstoße auch gegen den erbrechtlichen Grundsatz, dass eine Erbschaft mit dem Erbfall sofort auf einen Erben übergehen müsse. Einen ruhenden Nachlass gebe es nicht. Hierzu wäre es aber gekommen, wenn die Erblasserin verstorben wäre, bevor sie den Antrag auf Löschung des Hofvermerks gestellt gehabt hätte. Außerdem wäre der Anfall der Erbschaft dann von der unzulässigen Potestativbedingung abhängig gewesen, dass der Erbe den Hofvermerk lösche […].

Hierdurch würden die Vorschriften für Annahme und Ausschlagung der Erbschaft umgangen und zudem die Erbschaft unzulässiger Weise allein von der Erklärung des Erben abhängig gemacht.

Auf der Grundlage dieser Auffassung hat die Beteiligte zu 1. die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Miterbin zu 1/2 neben den übrigen Beteiligten als Miterben zu 1/8 ausweisen solle.

Der Beteiligte zu 2. ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, dass es nur darauf ankomme, dass das Testament zum Zeitpunkt des Erbfalls wirksam gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Hofvermerk gelöscht gewesen. […]

Das Nachlassgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Es hat – in Abgrenzung zum Landwirtschaftsgericht – seine Zuständigkeit bejaht. Das Landwirtschaftsgericht könne nur über das nach Höferecht zu vererbende Sondervermögen entscheiden. Ein solches habe die landwirtschaftliche Besitzung nach dem Wegfall der Hofeigenschaft nicht mehr dargestellt. Das Testament sei wirksam und keineswegs nichtig. […]

Die Beteiligte zu 1. hat Beschwerde eingelegt. […] Der Beteiligte zu 2. verteidigt den angefochtenen Beschluss. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

  1. Die Beschwerde ist [in der Hauptsache] unbegründet. Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. zu Recht zurückgewiesen.
  2. Das Nachlassgericht war – in der Beschwerde allerdings auch nicht mehr beanstandet – zur Entscheidung über den Antrag berufen. Zur Entscheidung über Fragen der Erbfolge ist das Landwirtschaftsgericht nur zuständig, wenn sich diese nach der Höfeordnung richtet (vgl. § 18 HöfeO).
  3. Der Beteiligten zu 1. kann kein Erbschein auf der Grundlage gesetzlicher Erbfolge erteilt werden. Maßgeblich ist vielmehr die in der letztwilligen Verfügung v. 03.11.2010 getroffene Anordnung. Diese ist wirksam.
  4. a) Die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2. bis 5. ist nicht wegen Verstoßes gegen die Höfeordnung nach 134 BGB nichtig. Die Erblasserin hat in Ziff. II des Testaments der Sache nach eine Erbeinsetzung unter der Bedingung, dass die landwirtschaftliche Besitzung zum Zeitpunkt des Erbfalls keinen Hof i.S.d. Höfeordnung mehr darstellte, getroffen. Bedingte letztwillige Verfügungen sind nach einheitlicher Auffassung zulässig. Die Wirksamkeit letztwilliger Verfügungen kann sowohl von Umständen, die zwischen Testamentserrichtung und Erbfall, als auch solchen, die erst danach eintreten, abhängig gemacht werden. Umstritten – aber ohne praktische Auswirkung – ist nur, ob es sich im ersten Fall begrifflich um Bedingungen oder um letztlich unbedingte Anordnungen handelt (s. jeweils zu § 2074 BGB Damrau/Tanck, Praxiskommentar Erbrecht, 3. Aufl. 2014, Rn. 2, 6–8; MünchKomm-BGB/Leipold, 6. Aufl. 2013, Rn. 5, 9; Staudinger/Otte, BGB, Bearb. 2013, Rn. 1, 8; Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2074 Rn. 1).

Nichts anderes als eine bedingte Erbeinsetzung enthält die Anordnung in Ziff. II des Testaments. Solange der Hof der Höfeordnung unterlag, waren letztwillige Verfügungen darüber nach bürgerlichem Recht unzulässig. Das war der Erblasserin bekannt, wie sich aus dem gemeinschaftlichen Testament v. 28.08.1983 erschließt, in dem sie zusätzlich zu der gegenseitigen Erbeinsetzung der Ehegatten ihren Ehemann zum Hoferben bestimmte. Sie wusste damit auch, dass die von ihr im späteren Testament getroffene Erbeinsetzung der Enkel nur bei einem Wegfall der Hofeigenschaft wirksam sein konnte. Sie hat damit bewusst und gewollt eine unter dieser Bedingung stehende Anordnung getroffen. Da die Bedingung eingetreten ist, sind die Beteiligten zu 2. bis 5. Erben geworden.

Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot liegt in einer solcherart bedingten Erbeinsetzung nicht. Gesetzeswidrig wäre eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2. bis 5. für den Fall gewesen, dass die landwirtschaftliche Besetzung noch einen Hof darstellte. In diesem Fall hätte nur ein einziger Hoferbe bestimmt werden dürfen (§§ 4, 16 Höfeordnung). Die getroffene Anordnung steht aber unmissverständlich unter der Voraussetzung des Wegfalls der Hofeigenschaft. Es liegt deshalb nicht einmal ein Fall der Art vor, der bei Wöhrmann in der von dem Beteiligten zu 2. zitierten Fundstelle behandelt wird (Das Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl. 2012, § 16 HöfeO Rn. 7). Es heißt dort, dass eine gegen § 16 Abs. 1 HöfeO verstoßende und an sich nichtige Verfügung von Todes wegen für wirksam zu erachten sei, wenn nach ihrer Errichtung die Hofeigenschaft wegfalle. Die Anordnung der Erblasserin ist jedoch nicht nach § 16 Abs. 1 HöfeO nichtig, weil sie von vornherein nur für den Fall galt, dass die landwirtschaftliche Besitzung keinen Hof mehr darstellte. Schon deswegen liegt in der Anordnung entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1. auch keine unzulässige Umgehung der Höfeordnung. Dass die Erblasserin den Wegfall der Hofeigenschaft durch Löschung des Hofvermerks erst herbeiführen musste – sofern sie nicht schon faktisch entfallen sein sollte, wie der Beteiligte zu 2. behauptet –, macht ihre Anordnung ebenfalls nicht unzulässig. Es ist jedem Hofeigentümer unbenommen, den Hof aus der Höfeordnung zu nehmen (vgl. § 1 Abs. 4 HöfeO).

  1. b) Eine solche Anordnung verstößt auch nicht gegen den Grundsatz, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls stets ein Erbe vorhanden sein muss und es keinen „ruhenden Nachlass” Wäre die Erblasserin noch vor der Löschung des Hofvermerks gestorben, so hätte es vielmehr der ergänzenden Testamentsauslegung bedurft. Regelmäßig wird in Fällen, in denen ein Erbe bedingt eingesetzt wurde, die Bedingung beim Erbfall aber noch nicht eingetreten ist, davon auszugehen sein, dass bis zum Bedingungseintritt die gesetzliche Erbfolge gelten solle. Konstruktiv führt dies zur Vor- und Nacherbschaft (MünchKomm-BGB/Leipold, § 2074 Rn. 13; Staudinger/Otte, § 2074 Rn. 18). Nichts anderes wird in der von der Beteiligten zu 1. in Bezug genommenen Fundstelle bei Damrau ausgeführt (Damrau/Tanck, § 2074 Rn. 13). Auch die Höfeordnung lässt eine Vor- und Nacherbschaft zu. Vorerbe bis zur Eintragung des Löschungsvermerks wäre hier der nach § 5 HöfeO berufene Hofnachfolger geworden. Ob das Testament in dieser Weise hätte ausgelegt werden müssen und ob der gesetzliche Hoferbe berechtigt gewesen wäre, den Löschungsantrag zurückzunehmen und so den Eintritt der testamentarisch angeordneten Erbfolge zu verhindern, bedarf keiner Entscheidung. Der Hofvermerk wurde zu Lebzeiten der Erblasserin gelöscht.
  2. c) Für die Wirksamkeit des Testaments ist es ohne Bedeutung, dass die beurkundete Erklärung den Eindruck erweckt, der Hofvermerk sei bereits gelöscht. Dies traf zwar nicht zu. Eine angebliche mangelnde „Glaubhaftigkeit des Testaments” (Schriftsatz v. 02.09.2014 Seite 1, Bl. 83 d.A.) stellt jedoch die Ernsthaftigkeit der Erklärung nicht in Frage. Die gewählte Formulierung lässt nur erkennen, dass die Erblasserin noch zu Lebzeiten mit einer Löschung des Hofvermerks rechnete. Auch wenn es nicht darauf ankommt, sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Erklärung der Erblasserin zur Löschung des Hofvermerks schon zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung insoweit richtig ist, als sie den entsprechenden Antrag noch vor der Testamentserrichtung hat beurkunden lassen. Dies ergibt sich aus der laufenden Nr. der Urkundsvorgänge (UR-Nr. für den Löschungsantrag, für das Testament).
  3. d) Nach Allem ist die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2. bis 5. wirksam, weil die landwirtschaftliche Besitzung zum Zeitpunkt des Erbfalls kein Hof mehr war. Es kommt weder darauf an, ob die landwirtschaftliche Besitzung zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung ein Hof i.S.d. Höfeordnung war, noch darauf, ob die Erblasserin bei Testamentserrichtung die Löschung des Hofvermerks schon eingeleitet hatte. Unerheblich ist auch, auf welchen Zeitpunkt die Löschung des Hofvermerks zurückwirkt. Maßgeblich für die Wirksamkeit des Testaments ist ausschließlich die Sachlage zum Zeitpunkt des Erbfalls.
  4. e) Auf die Wirksamkeit der Vorausvermächtnisse kommt es im Erbscheinsverfahren ebenfalls nicht an.

III. Die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als die im angefochtenen Beschluss getroffene Kostenentscheidung zu ändern ist. Das Nachlassgericht hat die Kosten nach § 81 FamFG der Beteiligten zu 1. auferlegt und dies maßgeblich mit ihrem Unterliegen begründet. Diese Begründung ist ermessensfehlerhaft. Der Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des FamFG bewusst dagegen entschieden, ausschließlich das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen zum Maßstab der Kostenverteilung zu machen. Nur das Hinzutreten weiterer Umstände, wie etwa eine offenkundig erkennbare Aussichtslosigkeit des Antrages, kann eine Kostenentscheidung zum Nachteil des unterliegenden Antragstellers rechtfertigen (Senat, Beschl. v. 08.11.2010 – 3 Wx 123/10, NJW-RR 2011, 575 (576); Senat, Beschl. v. 01.12.2014 – 3 Wx 33/14).

  1. Diese vom Senat in st. Rspr. vertretene Auffassung hat Kritik gefunden. Kuhn hält ihr (in ErbR 2014, 108) entgegen, dass sich die Kostenentscheidung in Antragsverfahren vermögensrechtlicher Natur maßgeblich nach dem Obsiegen und Unterliegen richten müsse. Dies entspreche auch der der Gesetzesbegründung zu entnehmenden Vorstellung des Gesetzgebers. Dieser habe mit der flexiblen Fassung des § 81 Abs. 1 FamFG den Besonderheiten und der Vielfältigkeit von FamFG-Verfahren Rechnung tragen wollen, die oft auch von familiärer Verbundenheit, emotionaler Nähe oder uneigennützigen nichtvermögensrechtlichen Interessen geprägt seien. Für rein vermögensrechtliche Verfahren wie Erbscheinsverfahren habe der Gesetzgeber aber im Obsiegen und Unterliegen den maßgeblichen Billigkeitsaspekt gesehen. Der Bundesrat habe dem Gesetzesentwurf entgegengehalten, dass nicht einzusehen sei, dass ein Antragsteller – anders als unter der Geltung des Erfolgsprinzips der ZPO (§§ 91 f. ZPO) – bei Erfolglosigkeit seines Antrags nicht stets alle Kosten tragen müsse. Die Bundesregierung habe die vorgeschlagene Gesetzesfassung damit verteidigt, dass eine starre Orientierung an den Erfolgsaussichten in Antragsverfahren aufgrund der genannten Besonderheiten in FamFG-Verfahren nicht sachgerecht sei. Abschließend heiße es aber:

„Steht dagegen allein das Unterliegen und Obsiegen in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Vordergrund, wird sich das billige Ermessen bei der Kostenentscheidung – wie bisher auch – hieran regelmäßig orientieren.” (Kuhn, ErbR 2014, 108 (111); BT-Drucks. 16/6308, S. 411 re. Sp.).

  1. Der Senat hält nach Überprüfung an seiner Auffassung fest.
  2. a) Aus Rechtsprechung und Kommentierung sind für die Kostenentscheidung in Nachlasssachen noch keine gefestigten Leitlinien zu entnehmen.

Der BGH hat, soweit ersichtlich, zur Anwendung des § 81 FamFG in Nachlasssachen noch keine Stellung genommen. In einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren hat er es für ermessensfehlerhaft gehalten, allein auf den Erfolg des Antrags abzustellen. Das Maß des Obsiegens und Unterliegens könne zwar in die Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG eingestellt werden. Dies gelte aber vornehmlich für echte Streitverfahren, in denen sich die Beteiligten als Gegner gegenüberstünden und daher eine gewisse Ähnlichkeit zu einem Zivilprozess bestünde (BGH, Beschl. v. 19.02.2014 – XII ZB 15/13, Rn. 15 f. bei juris). Welche Abwägung der BGH in Nachlasssachen für sachgerecht hielt, ist hieraus nicht zu entnehmen. Das OLG Düsseldorf betont, dass die Anordnung der Kostenerstattung stets das Ergebnis einer Billigkeitsabwägung sein müsse. Dabei komme in streitigen Nachlasssachen als Verfahren mit besonderem vermögensrechtlichem Schwerpunkt dem Maß des Obsiegens und Unterliegens besondere Bedeutung zu, es sei denn, der Standpunkt eines Beteiligten habe auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beruht (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.04.2014 – I-3 Wx 115/13, ErbR 2014, 391; Beschl. v. 23.07.2013 – I- 3 Wx 97/12, FGPrax 2014, 44 (45)). Ähnlich geht das OLG München davon aus, dass das vollständige Unterliegen nicht zwingend zu einer Kostenauferlegung führen müssen, das Maß des Antragserfolgs aber doch ein Billigkeitskriterium sein könne, neben dem weitere Kriterien wie die Verfahrensführung, das Vorbringen unwahrer Behauptungen u. a. zu berücksichtigen seien (OLG München, Beschl. v. 30.04.2012 – 3 Wx 68/12, ZEV 2012, 661).

Die Kommentierung verweist im Grundsatz darauf, dass es – anders als unter Geltung des § 13 a FGG – für die Anordnung der Kostenerstattung einer Billigkeitsabwägung bedürfe. Dem Maß des Antragserfolgs wird hierbei besonderes Gewicht beigemessen, aber auch auf andere Kriterien verwiesen. U.a. soll es auch auf das familiäre oder persönliche Näheverhältnis der Beteiligten zueinander ankommen (s. jew. zu § 81 FamFG etwa Burandt/Rohjan/ders., Erbrecht, 2. Aufl. 2014, Rn. 3; MünchKomm-FamFG/Schindler, 2. Aufl. 2013 Rn. 8, 12 f.; Prütting/Helms/Feskorn, FamFG, 3. Aufl. 2014, Rn. 8, 11–13). Dies betont auch Zimmermann (in: Keidel, 18. Aufl. 2014, § 81 Rn. 44–48), wobei er allerdings darauf verweist, dass in Antragsverfahren die Zurückweisung des Antrags i.d.R. ein ausreichender Grund für die Anordnung der Kostenerstattung sei (ebd. Rn. 48).

  1. b) Der Senat hält die oben 1. dargestellte Auffassung nicht für richtig.

Dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens und der Gesetzesbegründung ist nicht zu entnehmen, dass sich die Kostenverteilung nach der Vorstellung des Gesetzgebers künftig in Nachlasssachen vornehmlich nach dem Erfolgsprinzip richten solle. Schon der Verweis darauf, dass das Obsiegen und Unterliegen in Verfahren, in denen dies im Vordergrund stehe, „wie bisher auch” für die Kostenentscheidung maßgeblich sein solle, lässt daran vielmehr zweifeln. Unter Geltung des § 13a FGG nämlich entsprach es gefestigter Rechtsprechung, in Nachlasssachen grds. keine Kostenerstattung anzuordnen. Nachlasssachen können damit keine Verfahren darstellen, bei denen der Gesetzgeber „wie bisher” von einer Kostenentscheidung nach dem Erfolgsprinzip ausgehen konnte.

Der Senat hielte dies auch nicht für sachgerecht. Erbscheinsverfahren sind keine rein vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Vordergründig wird zwar um wirtschaftliche Interessen gestritten; insoweit handelt es sich um vermögensrechtliche Angelegenheiten. Erbscheinsverfahren können dennoch nicht mit beliebigen vermögensrechtlichen Zivilrechtsstreitigkeiten verglichen werden. Auch wenn für die Beteiligten faktisch regelmäßig ihre wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stehen werden, geht es in rechtlicher Hinsicht aber nicht um die Durchsetzung eines Individualanspruchs, sondern um die Ermittlung der korrekten gesetzlichen Erbfolge oder des testamentarisch niedergelegten Erblasserwillens. Allein diesem Ziel dienen auch eine Anhörung der Beteiligten und eine Beweisaufnahme. Bei der Beweisaufnahme darf sich das Gericht nicht auf die von den Beteiligten angeführten Beweismittel beschränken, wenn es eine umfassendere Beweisaufnahme zur Aufklärung des Sachverhalts für erforderlich hält. Auf Anträge der Beteiligten kommt es im Rahmen der Amtsermittlung nicht an; notwendige Ermittlungen hat das Gericht sogar gegen den erklärten Willen aller Beteiligten vorzunehmen. Steht der Inhalt einer letztwilligen Verfügung im Streit, so können sich die Beteiligten – anders als bei einem Streit um die Auslegung von Vertragsurkunden – nicht frei darüber einigen, wie sie sie verstanden haben wollen.

Die unterschiedlichen Ziele von Zivilrechtsstreit und Erbscheinsverfahren müssen sich bei der Gewichtung des Obsiegens und Unterliegens im Rahmen der Kostenentscheidung niederschlagen. Bei einem Rechtsstreit, der allein der Anspruchsdurchsetzung dient, ist es sachgerecht, die Kostenentscheidung allein vom Erfolg oder Misserfolg dieses Ziels abhängig zu machen. Im Erbscheinsverfahren, in dem unabhängig von den Anträgen und Auffassungen der Beteiligten dem letzten Willen eines Dritten zur Durchsetzung verholfen werden soll, erscheint es hingegen nicht ganz passend, Erfolg oder Misserfolg eines Antrags einem Obsiegen und Unterliegen im Zivilrechtsstreit gleichzustellen und zum vorrangigen Maßstab der Kostenentscheidung zu machen. Richtiger erscheint es vielmehr, danach zu fragen, inwieweit die Beteiligten in vertretbarer Weise dazu beigetragen haben, die objektiv richtige Erbfolge zu ermitteln. Umstände wie die Vertretbarkeit ihrer Auffassungen zur gesetzlichen Erbfolge oder zur Testamentsauslegung, schuldhafte Unkenntnis in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht oder sachgerechte Verfahrensführung müssen ausschlaggebend sein. Für den Senat folgt daraus, dass die Gerichtskosten unter den am Verfahren Beteiligten aufzuteilen sein werden und von der Anordnung der Kostenerstattung abzusehen sein wird, sofern nicht Gründe dieser Art dafür sprechen, einen Beteiligten einseitig zu belasten.

  1. Besondere Umstände, die eine alleinige Kostenbelastung der Beteiligten zu 1. geboten hätte, liegen nicht vor. Der Beteiligten zu 1. ist weder grobes Verschulden i.S.d. § 81 Abs. 2 FamFG noch ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten anzulasten. Ihre Annahme, das Testament sei wegen Verstoßes gegen die Höfeordnung nichtig, ist zwar nicht haltbar. Andererseits führt das Nebeneinander von Höfeordnung und bürgerlichem Erbrecht nach den Erfahrungen des Senats vielfach zu Auslegungsschwierigkeiten und Missverständnissen. Insofern hält sich die Auffassung der Beteiligten zu 1. noch in einem vertretbaren Rahmen. Sonstige Umstände, die eine einseitige Kostenentscheidung zu ihren Lasten rechtfertigen, bestehen nicht. Dann aber entspricht es der Billigkeit nach § 81 Abs. 1 FamFG, die Gerichtskosten unter den Beteiligten zu 1. und 2. – die Beteiligte zu 3., 4. und 5. haben sich am Verfahren nicht beteiligt – aufzuteilen und von der Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch den unterliegenden Beteiligten abzusehen.
  2. In der Änderung der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses liegt ein Teilerfolg der Beschwerde, so dass auch die Kostenentscheidung im Beschluss des Senats nach § 81 FamFG zu ergehen hat (Keidel/Zimmermann, § 84 Rn. 17; MünchKomm-FamFG/Schindler, § 84 Rn. 18). Im Rahmen des danach maßgeblichen billigen Ermessens erscheint es sachgerecht, der Beteiligten zu 1. und 2. die Kosten insgesamt aufzuerlegen. Nach § 84 FamFG sollen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Rechtsmittelführer auferlegt werden. Dieselbe Kostenfolge erscheint auch dann gerechtfertigt, wenn der Rechtsmittelführer zwar nicht vollständig, aber mit seinem wesentlichen Anliegen unterlegen ist. So ist es hier, denn die Beschwerde hatte in der Hauptsache keinen Erfolg, lediglich die Kostenentscheidung wurde teilweise geändert.
  3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich nach den §§ 61 Abs. 1 u. 2, 40 Abs. 1 GNotKG aus dem Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalles, den der Senat mangels anderweitiger Anhaltspunkte mit dem Wert angesetzt hat, den der Notar als Wert des beurkundeten gut drei Jahre vor dem Tode der Erblasserin angegeben hat (Bl. 10 d. BA. 40 V 201/10). Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass nach § 40 Abs. 1 GNotKG ohnehin – anders als noch unter Geltung der KostO – keine Abzüge für Bestattungskosten und Pflichtteilslasten vorzunehmen wären. Der Nachlasswert kommt für die Berechnung der Gerichtskosten in voller Höhe in Ansatz. Eine Beschränkung auf den Wert des umstrittenen Erbteils lässt § 40 GNotKG– vom hier nicht einschlägigen Sonderfall des § 40 Abs. 2 GNotKG abgesehen – in Abkehr von den Vorschriften der KostO nicht mehr zu (Senat, Beschl. v. 16.10.2014 – 3 Wx 104/13).
  4. Im Hinblick auf die Entscheidung über die erstinstanzliche Kostenentscheidung war nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Frage, mit welchem Gewicht das Obsiegen und Unterliegen im Erbscheinsverfahren im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 81 Abs. 1 FamFG zu berücksichtigen ist, ob insbes. allein schon das Unterliegen des Antragstellers regelmäßig zu einer Kostenentscheidung zu seinen Lasten führen muss, hat grundsätzliche Bedeutung.

 

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