OLG Stuttgart, Urteil vom 30. September 1998 – 20 U 21/98 Stufenklage gegen den Konkursverwalter für eine Aktiengesellschaft auf Herausgabe der Geschäftsunterlagen nach Aufhebung des Konkursverfahrens: Berufungsbeschwer des zur Auskunftserteilung verurteilten Beklagten; Verlust der Rechts- und Parteifähigkeit der vermögenslosen Gesellschaft; gesetzliche Aufbewahrungspflicht für Geschäftsbücher und Herausgabeanspruch der Liquidatoren; Hinterlegungspflicht der Abwickler

Dezember 2, 2019

OLG Stuttgart, Urteil vom 30. September 1998 – 20 U 21/98
Stufenklage gegen den Konkursverwalter für eine Aktiengesellschaft auf Herausgabe der Geschäftsunterlagen nach Aufhebung des Konkursverfahrens: Berufungsbeschwer des zur Auskunftserteilung verurteilten Beklagten; Verlust der Rechts- und Parteifähigkeit der vermögenslosen Gesellschaft; gesetzliche Aufbewahrungspflicht für Geschäftsbücher und Herausgabeanspruch der Liquidatoren; Hinterlegungspflicht der Abwickler
1. Der Wert der Beschwer für das Rechtsmittel des zur Auskunftserteilung verurteilten Beklagten richtet sich nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Zugrunde zu legen ist hierbei in der Regel der Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Auskunftsanspruchs voraussichtlich erfordert (Anschluß BGH, 1994-11-24, GSZ 1/94, NJW 1995, 664).
2. Die Vollbeendigung der Aktiengesellschaft setzt die Löschung im Handelsregister voraus. Allein deren Vermögenslosigkeit genügt nicht, um die Gesellschaft zu beenden.
3. Der Konkursverwalter, der während des Konkursverfahrens sämtliche Geschäftsunterlagen der Gesellschaft (Gemeinschuldner) in Besitz zu nehmen und die Bücher zu verwalten hat, hat die Geschäftsbücher nach Aufhebung des Konkursverfahrens grundsätzlich wieder an den Gemeinschuldner zurückzugeben, soweit sie nicht für eine Nachtragsverteilung benötigt werden. Im Konkursverfahren über das Vermögen einer Handelsgesellschaft trifft die gesetzliche Aufbewahrungspflicht hinsichtlich der Geschäftsbücher nach Verfahrensaufhebung grundsätzlich den Vorstand oder die Geschäftsführung beziehungsweise den Abwickler.
4. AktG § 273 Abs 2 begründet die Hinterlegungspflicht des Abwicklers. Dies muß jedenfalls für die nach Beendigung des Konkursverfahrens nicht vollbeendete Aktiengesellschaft gelten.
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.12.1997 — 7 O 406/97 — wird als unzulässig
verworfen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.600,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 2.750,00 DM
Wert der Beschwer für den Beklagten: 1.000,00 DM
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten als ehemaligen Konkursverwalter im Wege der Stufenklage auf Auskunft, erforderlichenfalls eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der erteilten Auskunft und in dritter Stufe auf Herausgabe von Geschäftsunterlagen in Anspruch. Das Landgericht Stuttgart hat den Beklagten in erster Instanz durch Teilurteil zur Auskunftserteilung darüber verurteilt, welche Buchhaltungsunterlagen der Klägerin er im Zuge der Konkursverwaltung erhalten und in Besitz hat.
Die Klägerin, über deren Fortexistenz die Parteien vornehmlich streiten, war ein renommierter mittelständischer Hersteller von medizinischen Einrichtungsgegenständen für Zahnarztpraxen. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten hatte der Vorstand am 15.01.1986 Vergleichsantrag gestellt. Durch Beschluß des Amtsgerichts Karlsruhe vom 28.02.1986 (N 48/86) wurde der Vergleichsantrag abgelehnt und das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Konkursverwalter bestellt. Unter seiner Verantwortung wurde das Unternehmen zunächst weitergeführt. Durch Beschluß vom 25.07.1995 ist das Konkursverfahren nach Abhaltung des Schlußtermins aufgehoben worden.
Die Klägerin ist registergerichtlich nicht gelöscht. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin noch über Vermögenswerte verfügt.
Im Rahmen der Konkursverwaltung kam der Beklagte in den Besitz von Buchhaltungsunterlagen der Klägerin, die in etwa 330 Ordnern abgelegt sein sollen, über deren Inhalt die Klägerin keine nähere Kenntnis hat. Der Beklagte hat die Buchhaltungsunterlagen in einem Außenlager in F eingelagert. Die Klägerin, vertreten durch ihren ehemaligen Vorstand, verlangt Herausgabe ihrer Buchhaltungsunterlagen. Der Beklagte, der sich mit Schreiben vom 28.10.1996 zunächst zur Herausgabe bereit erklärt hatte, kam in der Folge vorprozessual dem Herausgabeverlangen der Klägerin nicht nach. Er war auch nicht bereit, dem Verlangen der Klägerin, ihr Auskunft über Inhalt und Umfang der in seinem Besitz befindlichen Unterlagen zu erteilen, zu entsprechen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr in Form eines Bestandsverzeichnisses Auskunft zu geben, welche Buchhaltungsunterlagen der Klägerin er als deren Konkursverwalter seit 1986 erhalten und welche er in Besitz hat.
Die Klägerin hat hierzu die Auffassung vertreten, der Beklagte sei zur Herausgabe ihrer Buchhaltungsunterlagen verpflichtet. Der die Herausgabe verweigernde Beklagte sei darüberhinaus verpflichtet, der Klägerin in Form eines Bestandsverzeichnisses Auskunft über die in seinem Besitz befindlichen Buchhaltungsunterlagen der Klägerin zu erteilen.
Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Rechtsfähigkeit der Klägerin und desweiteren bestritten, daß der Klägerin noch werthaltige Forderungen gegen Dritte zustehen. Weiter hat er geltend gemacht, daß, sollte verteilungsfähiges Vermögen der Klägerin noch vorhanden sein, eine Nachtragsverteilung in Betracht komme. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe jedenfalls aufgrund § 273 Abs. 2 AktG ein Anspruch auf Herausgabe der Buchhaltungsunterlagen gegen den Beklagten nicht zu. Daher bestehe auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht.
Von einer näheren Bezeichnung der in seinem Besitz befindlichen Buchhaltungsunterlagen der Klägerin hat der Beklagte abgesehen.
Das Landgericht hat der Stufenklage in erster Stufe stattgegeben und den Beklagten durch Teilurteil verurteilt, der Klägerin in Form eines Bestandsverzeichnisses Auskunft zu geben, welche Buchhaltungsunterlagen der Klägerin er als deren Konkursverwalter seit 1986 erhalten und welche er in Besitz hat. Das Landgericht hat die Parteifähigkeit der Klägerin und die weiteren Voraussetzungen der Zulässigkeit der Klage bejaht und einen Eigentumsherausgabeanspruch im Hinblick auf ihre eigenen Geschäftsunterlagen gegenüber dem Beklagten für gegeben erachtet. Die Auskunftsverpflichtung des Beklagten hat das Landgericht, da es entsprechend dem klägerischen Begehren nur darum gehe, den Herausgabeanspruch vollstreckbar titulieren zu können, dahingehend beschränkt, daß die Vorlage einer Aufstellung der im Besitz des Beklagten befindlichen Buchhaltungsunterlagen der Klägerin genüge, die den Inhalt der einzelnen Ordner stichwortartig zusammenstellt, wozu nicht erforderlich sei, daß der Beklagte jeden einzelnen Ordner durcharbeite.
Hinsichtlich des weiteren wesentlichen Inhalts des Parteivorbringens im ersten Rechtszug und der Entscheidungsgründe wird auf Tatbestand und Gründe des angefochtenen Teilurteils vom 02.12.1997 (UA S. 3-12, Bl. 51-60 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses Teilurteil richtet sich die am 07.01.1998 eingegangene und mittels eines am 09.03.1998 — nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 09.03.1998 — eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung des Klägers.
Die Parteien wiederholen in der Berufung im wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Beklagte rügt, das angefochtene Urteil sei zu Unrecht von der Parteifähigkeit der Klägerin ausgegangen. Nach Aufhebung des Konkursverfahrens sei Gesellschaftsvermögen nicht mehr vorhanden gewesen. Die Abwicklung der Gesellschaft sei beendet. Angebliche Forderungen der Gesellschaft an Kunden in Übersee bestünden nicht bzw. seien heute nicht mehr durchsetzbar. Die behaupteten Verlustvorträge von 11 Mio. DM seien rechtlich und tatsächlich nicht nutzbar.
Nach richtiger Ansicht führe bereits die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zu ihrem Erlöschen. Die Löschung im Handelsregister habe nur deklaratorische Bedeutung. Die Stellung eines Löschungsantrags sei vom ehemaligen Vorstand der Klägerin zudem verzögert worden.
Für die Klage bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Es sei nicht ersichtlich, welchen Nutzen die Gesellschaft davon haben sollte, wenn sie im Besitz der Buchhaltungsunterlagen sei. Das klageweise Vorgehen sei im übrigen rechtsmißbräuchlich. Ein Eigentumsherausgabeanspruch der Klägerin bestehe nicht, weshalb auch ein Auskunftsanspruch zu verneinen sei. Insoweit gelte die Aufbewahrungsregelung des § 273 Abs. 2 AktG. Die Bücher und Schriften der Gesellschaft seien, was der ehemalige Konkursverwalter zu gewährleisten habe, einer sicheren Aufbewahrung gem. § 273 Abs. 2 AktG zuzuführen. Diese Regelung stehe dem Herausgabeverlangen entgegen.
Der Beklagte beantragt,
1. das Teilurteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.12.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
2. die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
2. für den Fall des Erfolgs der Berufung des Beklagten die Revision zuzulassen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Teilurteil. Ihre Prozeßfähigkeit sei gegeben. Erst die Löschung der Gesellschaft führe zu deren Beendigung. Da die Löschung nicht erfolgt sei, bestehe die Klägerin fort. Die Stellung eines Löschungsantrags sei von ihrem ehemaligen Vorstand nicht verzögert worden. Die Klägerin sei nicht vermögenslos. Sie rechne damit, daß sich aus den herausverlangten Unterlagen Forderungen in Höhe von mindestens 11.000,00 DM erschließen lassen. Dazuhin könne sich ein etwaiger Ersatzanspruch gegen den Beklagten als ehemaligen Konkursverwalter ergeben. Schließlich existiere ein verwertbarer Verlustvortrag beim Finanzamt in Höhe von 10.510.224,00 DM.
Auch das Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben. Vorprozessual habe sich der Beklagte zunächst dem Herausgabeverlangen der Klägerin gegenüber durchaus aufgeschlossen gezeigt. Freiwillig sei er in der Folge dem Herausgabeverlangen freilich nicht nachgekommen. Klage sei daher zur Durchsetzung ihrer Ansprüche, um die es hier gehe, geboten.
In der Sache gehe es der Klägerin um die Eigentumsrechte an ihren Unterlagen. Dem Herausgabeanspruch stehe auch § 273 Abs. 2 AktG nicht entgegen. Das Auskunftsverlangen verfolge sie nur, um einen vollstreckbaren Herausgabetitel erwirken zu können. Die durch das Landgericht zuerkannte Aufstellung benötige sie freilich nicht, wenn der Beklagte dem Herausgabeverlangen zuvor nachkomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze, die von den Parteien vorgelegten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften vom 04.11.1997 (Bl. 46/47 d.A.) und vom 22.07.1998 (Bl. 115-119 d.A.) verwiesen.
Die Akten N 48/86 AG Karlsruhe sind zu Informationszwecken beigezogen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da der Wert des Beschwerdegegenstandes die Berufungssumme von 1.500,00 DM nicht übersteigt (§ 511 a Abs. 1 ZPO).
1.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, bemißt sich der Wert der Beschwer für das Rechtsmittel des zur Auskunftserteilung verurteilten Beklagten nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Zugrundezulegen ist hierbei der Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Auskunftsanspruchs voraussichtlich erfordert (BGH FamRZ 1988, 495; BGH NJW-RR 1992, 322; BGH (GS) NJW 1995, 664, 665; BGH NJW-RR 1995, 764; ebenso Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 3 Rn. 21; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rn. 3671, Rn. 552 f. m.w.N.). Daneben kann zwar ein Interesse des Auskunftsverpflichteten an einer Geheimhaltung der zu offenbarenden Verhältnisse bei der Bemessung des Werts zu berücksichtigen sein. Ein Geheimhaltungsinteresse ist indes weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Nicht entscheidend ist der Wert des Auskunftsanspruchs. Das Interesse des Beklagten, die von der Klägerin erstrebte und mit der Auskunftsklage vorbereitete Durchsetzung des Herausgabeanspruchs zu verhindern oder zu erschweren, bleibt bei der Bewertung ebenfalls außer Betracht (BGH (GS) NJW 1995, a.a.O., m.w.N.). Auch das Kosteninteresse des Beklagten hat der Senat nicht berücksichtigt (§ 4 Abs. 1 ZPO — vgl. BGH (GS) NJW 1995, 665; Thomas/Putzo, § 3 Rn. 21).
2.
Bemessungswesentlich ist, welchen konkreten Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert (Schneider/Herget, Rn. 553). Maßgebend ist der zur sorgfältigen Auskunftserteilung erforderliche Aufwand (BGH NJW-RR 1992, 322).
Auszugehen ist hierbei von dem Aufwand, der zur Erfüllung der nach dem Urteil des Landgerichts geschuldeten Auskunft erforderlich ist. Das Landgericht hat die geschuldete Auskunft beschränkt; hiernach genügt der Beklagte der Auskunftsverpflichtung bereits durch Vorlage einer Aufstellung, die den die Buchhaltungsunterlagen der Klägerin betreffenden Inhalt der einzelnen Ordner stichwortartig zusammenstellt.
3.
Der Senat hat den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 22.07.1998 ausdrücklich darauf hingewiesen, nach dem bisherigen Vortrag bestünden zumindest Bedenken, ob die Berufungssumme nach § 511 a ZPO erreicht sei. Der Beklagte hat im ersten Rechtszug vorgetragen, die Anfertigung eines Bestandsverzeichnisses über ca. 330 Ordner bürde dem Beklagten „lästige Arbeit“ auf, der für die Anfertigung eines Bestandsverzeichnisses und die — nicht berufungsgegenständliche — Herausgabe der Buchhaltungsunterlagen anzusetzende Kostenaufwand des Beklagten würde „einen Betrag von 11.000,00 DM bei weitem übersteigen“. Näher substantiiert hat der Beklagte den ihm nach Maßgabe des angefochtenen Urteils entstehenden Aufwand für die geschuldete Auskunft auch im zweiten Rechtszug nicht. In der mündlichen Verhandlung vom 22.07.1998 hat er auf den Hinweis des Senats hin lediglich vorgetragen, die Auskunft sorgfältig erteilen zu wollen, wozu er sich jeden Ordner einzeln vornehmen und diesen kontrollieren müsse.
Auf dieser Basis sieht der Senat keine Grundlage für die Annahme, der voraussichtliche Aufwand für die Erteilung der geschuldeten Auskunft könne die Berufungssumme erreichen. Der Beklagte muß seiner Auskunftspflicht persönlich nachkommen. Auf die Vergütung, die ein damit beauftragter Dritter verlangen könnte, kommt es daher nicht an. Der Beklagte hat nicht geltend gemacht, daß sachkundige Dritte (z.B. ein Steuerberater) zum Zwecke der Auskunftserteilung heranzuziehen sind; auch der Senat sieht hierfür keinen Bedarf. Der Beklagte vermag die ihm auferlegte Auskunft selbst sachgerecht zu erteilen.
Die Entstehung von Kosten ist dabei nur im Rahmen des eigenen zeitlichen Einsatzes zu gewärtigen (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1028, 1029). Darüber hinaus fallen nur minimale Kosten (Papier, Porti etc.) an. Der zeitliche Aufwand für die Erstellung des geschuldeten Bestandsverzeichnisses beschränkt sich auch bei sorgfältiger Vorgehensweise auf eine kurze Sichtung des jeweiligen Inhalts der in Frage kommenden Ordner, eine entsprechende stichwortartige Beschriftung und Auflistung. Denn es geht nur darum, der Klägerin zu ermöglichen, ihr Herausgabeverlangen konkret zu fassen. Der Auskunftsanspruch dient insoweit — wie vom Landgericht zugrunde gelegt — lediglich der Vorbereitung des Herausgabeverlangens.
Den zur Auskunftserteilung erforderlichen Aufwand schätzt der Senat — in Ermangelung jedweder hinreichend konkreter Angaben des Beklagten, die Anlaß zu einer höheren Schätzung sein könnten — auf allenfalls 1.000,00 DM. Mehr als 20 Stunden wird der Beklagte zur Auskunftserteilung nicht benötigen. Pro Stunde hat der Senat einen Betrag von 50,00 DM angesetzt. Da die Auskunftspflicht den Beklagten persönlich trifft und ihre Erfüllung mit berufstypischen Leistungen des Auskunftsverpflichteten gegenüber Dritten nicht vergleichbar ist, hat der Senat die Bewertung des hierfür erforderlichen Zeitaufwands nicht danach ausgerichtet, welche Vergütung gegebenenfalls von einem Dritten gefordert werden könnte (vgl. BGH FamRZ 1989, 731, 732).
Die Berufung des Beklagten ist daher unzulässig.
II.
Die Berufung des Beklagten wäre im übrigen auch nicht begründet. Das Landgericht hat der zulässigen Klage in erster Stufe zu Recht und mit zutreffender Begründung entsprochen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen den Beklagten zu. Hierüber hat das Landgericht, nachdem der Rechtsstreit insoweit entscheidungsreif ist, zu Recht durch Teilurteil befunden (§ 301 ZPO).
A)
Die Klage ist zulässig. Die vom Beklagten vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Parteifähigkeit der Klägerin, deren ordnungsgemäße Vertretung, der Prozeßführungsbefugnis der Klägerin und des Vorliegens eines Rechtsschutzinteresses greifen auch nach Auffassung des Senats nicht durch.
1.
Die Klägerin ist als in Liquidation befindliche Aktiengesellschaft parteifähig. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO). Die Parteifähigkeit endet mit dem Verlust der Rechtsfähigkeit; bei juristischen Personen mit ihrem Erlöschen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 20. Aufl., § 50 Rn. 4).
a)
Mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Aktiengesellschaft ist die Gesellschaft aufgelöst (§ 262 Abs. 1 Nr.3 AktG). Mit der Auflösung ändert die Aktiengesellschaft ihren Gesellschaftszweck. Aus der werbenden Gesellschaft mit dem Zweck der laufenden Gewinnerzielung wird eine Gesellschaft, deren Zweck nur noch darauf gerichtet ist, ihr Vermögen im Wege der Abwicklung zu versupern und den nach Befriedigung aller Verbindlichkeiten verbleibenden Überschuß an die Aktionäre zu verteilen (allgemeine Meinung; Nachweise bei Hüffer, AktG, 3. Aufl., § 262 Rn. 2).
Von der Auflösung ist die Beendigung der Aktiengesellschaft — auch „Vollbeendigung“ genannt — im Sinne ihres Untergangs als juristische Person zu unterscheiden. Die Beendigung tritt erst mit dem Schluß der Abwicklung ein (§ 273 AktG — Hoffmann-Becking, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, Aktiengesellschaft, 1988, § 65 Rn. 1). In der Phase der Abwicklung bleibt die — aufgelöste — Aktiengesellschaft eine umfassend rechts- und parteifähige Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit.
b)
Diese gesellschaftsrechtliche Situation wird im Falle der Konkurseröffnung durch das Konkursrecht überlagert § 264 AktG — vgl. Hüffer, § 262 Rn. 13; § 264 Rn. 3 f.).
Die Aktiengesellschaft besteht als Konkursgesellschaft weiter (Hüffer, § 264 Rn. 3). Die Organstruktur bleibt erhalten. Es kommt zu einer Funktionsteilung zwischen Konkursverwaltung und Gesellschaftsorganen. Die Abwicklung erfolgt dabei nicht nach den Regeln der §§ 264 ff AktG, sondern nach den Regeln der Konkursordnung (Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 6 KO Anm. 5 d aa; Hoffmann-Becking, § 65 Rn. 6).
Auch das Konkursende (hier durch Aufhebung des Konkursverfahrens nach §163 KO) bedeutet nicht automatisch das Ende der Aktiengesellschaft. Die Gesellschaft besteht vielmehr jetzt als Abwicklungsgesellschaft weiter und ist entsprechend zu behandeln (Hüffer, § 264 Rn. 4; derselbe in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesellschaft. Band V, 1986, § 264 Rn. 44). Die Gesellschaftsorgane übernehmen die vom Konkursverwalter ausgeübten Rechte wieder. Die vermögenslose Aktiengesellschaft ist zur Löschung zu bringen. Die Löschung kann erfolgen, wenn die Vorstandsmitglieder als Abwickler kraft Gesetzes (§ 265 Abs. 1 AktG) gem. § 273 Abs. 1 AktG den Schluß der Abwicklung anmelden. Daneben kommt Löschung von Amts wegen nach § 2 LöschG in Betracht. Wenn noch Vermögen vorhanden ist, findet entweder Nachtragsverteilung durch den Konkursverwalter statt (§ 166 KO) oder, wenn deren Voraussetzungen nicht gegeben sind, Abwicklung nach §§ 264 ff AktG. Eine Fortsetzungsmöglichkeit nach § 274 AktG besteht in den Fällen des § 163 KO nicht (Hüffer, AktG, § 264 Rn. 4; § 274 Rn. 6; Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., § 207 Rn. 37 — vgl. § 274 Abs. 2 Nr.1 AktG).
c)
Nach überkommener herrschender Auffassung und Rechtsprechung setzt die Vollbeendigung der Gesellschaft die Löschung im Handelsregister nicht voraus. Allein die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft genüge, um die Gesellschaft zu beenden. Der Löschung komme nur deklaratorische Bedeutung zu, sie bekunde lediglich eine Tatsache (Zöller/Vollkommer, § 50 Rn. 4 m.w.N.; RGZ 149, 293, 296; BGH WM 1957, 975; BGHZ 53, 264, 266; BGHZ 73, 212, 213; BGH NJW 1970, 1044; BGHZ 94, 105, 108; BGH WM 1986, 145 = NJW-RR 1986, 394 (allerdings mit Sympathie für die Gegenansicht!); BGH NJW 1995, 196; OLG Stuttgart NJW 1969, 1493; wohl auch OLG Oldenburg NJW-RR 1996, 160, 161 — dabei entspricht es allgemeiner Auffassung, daß die Frage für die Aktiengesellschaft nicht anders beantwortet werden kann als für die GmbH).
Demgegenüber mißt die im Vordringen befindliche sog. Lehre vom „Doppeltatbestand“ der Löschung im Handelsregister konstitutive Bedeutung zu. Die Vollbeendigung setzt danach ein Doppeltes voraus: die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft und die Löschung im Handelsregister (wohl jetzt schon herrschende Meinung im Schrifttum; vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 30 VI 3, § 11 VI 6 a; Kilger/K. Schmidt, § 207 KO Anm. 7; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 16. Aufl., § 60 Rn. 6; Kölner Kommentar zum Aktiengesetz — Kraft, Band 4, § 273 Rn. 34-37; Bork JZ 1991, 841, 844, 848 — mit zahlreichen weiteren Nachweisen der Anhänger dieser Lehre; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., 1992, § 50 Rn. 34 c; so auch BAG NJW 1988, 2637; OLG Stuttgart, Urteil v. 28.02.1986 — 2 U 148/85 (rechtskräftig), veröffentlicht in ZIP 1986, 647, 648 = NJW-RR 1986, 1364 für die GmbH unter ausdrücklicher Abkehr von der in NJW 1969, 1493 abgedruckten Senatsentscheidung; in diesem Sinne wohl auch OLG Koblenz ZIP 1998, 967 und BayObLG BB 1998, 1495, 1496; offengelassen in OLG Hamburg NJW-RR 1997, 1400; wieder anders Hönn ZHR 138 (1974), 50, 66 ff, 69, 79; Hüffer, AktG, Anhang § 262 Rn. 4, 6; § 273 Rn. 7; Ulmer in: Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., Stand 01.07.1991, § 60 Rn. 13,15,17,18; Anhang § 60 Rn. 37; Münchener Kommentar/Lindacher, ZPO, 1992, § 50 Rn. 15: konstitutive Löschung genügt — kein Doppeltatbestand).
Der Senat folgt aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit der im Vordringen befindlichen neueren Lehre. Hiernach führt erst die Löschung der Aktiengesellschaft zu ihrem Untergang.
Die Löschung aber ist bislang nicht erfolgt.
Keiner weiteren Prüfung bedarf daher die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Klägerin vermögenslos ist, nachdem es bereits am Tatbestand der Löschung fehlt.
Nach Auffassung des Senats verhilft auch der Vorwurf, der ehemalige Vorstand der Klägerin habe die Löschung möglicherweise pflichtwidrig nicht bewirkt, dem Einwand des Beklagten nicht zum Erfolg. Die Löschung kann von Amts wegen erfolgen (§ 2 Abs. 1 S.1 LöschG). Unstreitig hat zudem der Beklagte selbst als ehemaliger Konkursverwalter die Löschung nicht zu betreiben versucht (vgl. hierzu Kilger/K. Schmidt, § 207 KO Anm. 7).
2.
Die Klägerin ist im Prozeß ordnungsgemäß vertreten. Diese Frage steht in der Berufung nicht mehr im Streit.
Die (nicht voll beendete) Abwicklungsgesellschaft wird durch den oder die Abwickler gerichtlich und außergerichtlich vertreten (§ 269 Abs. 1 AktG). Dies ist hier das ehemals alleinvertretungsberechtigte Vorstandsmitglied … als „geborener Abwickler“ (Abwickler kraft Gesetzes — § 265 Abs. 1 AktG; von einer anderweitigen Satzungsregelung — vgl. § 265 Abs. 2 AktG — ist nichts bekannt). Er vertritt damit die Gesellschaft.
3.
Die Klägerin ist prozeßführungsbefugt.
Mit Aufhebung des Konkursverfahrens durch Beschluß des Gerichts nach Abhaltung des Schlußtermins (§ 163 Abs. 1 S.1 KO) entfallen die Wirkungen der Konkurseröffnung. Der Gemeinschuldner erlangt das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das bisher konkursbefangene Vermögen zurück. Im Fall des Konkurses einer juristischen Person oder einer sonst konkursfähigen Gesellschaft bedeutet dies, daß den Leitungsorganen die vollen Kompetenzen wieder zuwachsen (Kilger/K. Schmidt, § 163 KO Anm. 4 a). Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Konkursverwalters und seine Prozeßführungsbefugnis enden (Kuhn/Uhlenbruck, § 163 Rn. 6).
Dies gilt zwar nicht hinsichtlich solcher Gegenstände, die für die Zwecke einer Nachtragsverteilung nach §§ 166, 168 f. KO verstrickt bleiben (Kilger/K. Schmidt. a.a.O.; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O.; BGHZ 83, 102, 103). Die Nachtragsverteilung findet indes nur auf Anordnung des Konkursgerichts statt (§ 166 Abs. 1 S.1 KO – Kilger/K. Schmidt, § 166 kO Anm. 2; Uhlenbruck ZIP 1993, 241, 245; Kuhn/Uhlenbruck § 166 Rn. 1 a; BGH NJW 1973, 1198, 1199). Die Anordnung bewirkt, daß der Konkursbeschlag aufrechterhalten bleibt und die fraglichen „Beträge“ weiterhin der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Konkursverwalters unterliegen.
Eine solche Anordnung liegt nach dem Sachstand freilich nicht vor.
4.
Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der Verfolgung der geltend gemachten Ansprüche im Wege der Klage. Das Rechtsschutzbedürfnis folgt schon daraus, daß der Beklagte die geltend gemachten, auf das Eigentum der Klägerin gestützten Ansprüche nicht freiwillig erfüllt hat. Bei Leistungsklagen aus eigenem Recht ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist (Thomas/Putzo, Vorbem. § 253 Rn. 26; BGH WM 1993, 1428 — ständige Rechtsprechung).
Auch der vom Beklagten erhobene Einwand, die Klägerin könne einfacher an ihr Ziel gelangen und — ohne „Umweg“ über ein Vorgehen im Wege der Stufenklage — sogleich auf Herausgabe klagen, verfängt nach Auffassung des Senats nicht. Die Klägerin ist ohne weiterführende Informationen nicht in der Lage, einen ausreichend bestimmten und vollstreckbaren Herausgabeantrag zu stellen und die herauszugebenden Unterlagen, die sie bislang nie zu Gesicht bekommen hat, weil sie zunächst der Verwaltungsbefugnis des Beklagten als Konkursverwalter unterlagen und nach Beendigung des Konkursverfahrens im Besitz des Beklagten verblieben sind, konkret zu bezeichnen.
B)
Die zulässige Klage ist in dem der Prüfung durch den Senat unterliegenden Umfang des angefochtenen Teilurteils auch begründet.
Der Beklagte ist der Klägerin gem. §§ 260, 985 BGB zu der durch das angefochtene Teilurteil zugesprochenen Auskunftserteilung verpflichtet.
1.
Die Klägerin kann vom Beklagten gem. § 985 BGB Herausgabe ihrer Geschäftsunterlagen verlangen.
§ 273 Abs. 2 AktG steht dem Herausgabeverlangen entgegen der Ansicht des Beklagten nicht entgegen. Dies folgt schon daraus, daß eine gerichtlich angeordnete Aufbewahrung im Sinne des § 273 Abs. 2 AktG unstreitig nicht vorliegt. Der Beklagte hat die Geschäftsunterlagen auf eigene Veranlassung in einem Außenlager in Fellbach eingelagert.
Im übrigen hat der Konkursverwalter, der während des Konkursverfahrens sämtliche Geschäftsunterlagen der Gemeinschuldnerin in Besitz zu nehmen (§§ 1 Abs. 3,117 KO) und die Bücher zu verwalten hat (BGHZ 74, 316, 319; OLG Köln ZIP 1980, 94, 95), die Geschäftsbücher nach Aufhebung des Konkursverfahrens grundsätzlich wieder an den Gemeinschuldner zurückzugeben, soweit sie nicht für eine Nachtragsverteilung benötigt werden (Kuhn/Uhlenbruck, § 117 Rn. 12; § 163 Rn. 12; Kilger/K. Schmidt, § 117 KO Anm. 6 a; Hess, KO, 5. Aufl., § 163 Rn. 12; Kalter KTS 1960, 65, 68; LG Koblenz KTS 1965, 241, 242). Der Gemeinschuldner ist grundsätzlich zur Rücknahme der Geschäftsbücher verpflichtet (Mohrbutter/Mohrbutter, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 7. Aufl., III 15; Uhlenbruck/Delhaes, Konkurs- und Vergleichsverfahren, 5. Aufl., Rn. 937 a; LG Hannover KTS 1973, 191: Abholungspflicht; ebenso OLG Hamm NJW 1964, 2355).
Im Konkursverfahren über das Vermögen einer Handelsgesellschaft trifft die gesetzliche Aufbewahrungspflicht hinsichtlich der Geschäftsbücher nach Verfahrensaufhebung grundsätzlich den Vorstand oder die Geschäftsführung bzw. den Liquidator (Kuhn/Uhlenbruck, § 117 Rn. 12; Strotzki KTS 1973, 192; OLG Stuttgart ZIP 1984, 1385 — KTS 1984, 491). § 273 Abs. 2 AktG begründet die Hinterlegungspflicht des Abwicklers (Hüffer, AktG, § 273 Rn. 2; Kölner Kommentar zum Aktiengesetz — Kraft, § 273 Rn. 12).
Dies muß jedenfalls für die nach Beendigung des Konkursverfahrens nicht vollbeendete Aktiengesellschaft gelten (vgl. Kalter, a.a.O., S.69). Die durch die Vorschrift des § 273 Abs. 2 AktG begründete Hinterlegungspflicht setzt an dem Gesichtspunkt an, daß der Schuldner der handelsrechtlichen Aufbewahrungspflicht (vgl. § 257 HGB) mit der Löschung der Gesellschaft aus dem Rechtsleben verschwunden ist (vgl. Hüffer in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 273 Rn. 20). Dies ist hier gerade nicht der Fall.
In anderem Sinne versteht der Senat auch die Meinungsäußerungen nicht, die dahin gehen, daß der Konkursverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen einer Handelsgesellschaft in gleicher Weise wie ein Liquidator dafür zu sorgen habe, daß die Geschäftsbücher nach Maßgabe des § 273 Abs. 2 AktG in Verwahrung genommen werden (Jaeger/Lent, KO, 8. Aufl., § 117 Rn. 19; ihm folgend LG Koblenz KTS 1965, 241, 243; Kuhn/Uhlenbruck, § 163 Rn. 12. Mohrbutter/Mohrbutter, III 15). Diese Auffassung wird nur mit der Umständlichkeit eines anderweitigen Vorgehens begründet. Es soll vermieden werden, daß der Liquidationsgesellschaft, der nach Konkursabwicklung regelmäßig keine Mittel mehr zur Verfügung stehen, die Verwahrung aufgebürdet wird, wenn diese nur mit einem entsprechenden Kostenaufwand durchgeführt werden kann. Nicht erfaßt ist freilich die Situation, in der die Gesellschaft nicht vollbeendet ist und der Liquidator gerade gewillt ist, ohne Rücksicht auf entsprechende Kosten vom Konkursverwalter die Unterlagen der früheren Gemeinschuldnerin herauszuverlangen. Ihm dies zu verwehren ist nicht Sinn und Zweck der gem. § 273 Abs. 2 AktG begründeten Sorgepflicht.
Der Beklagte hat daher dem Herausgabeverlangen der Klägerin zu entsprechen. Ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) steht ihm nicht zu. Ein Zurückbehaltungsrecht hat er nicht geltend gemacht. Der Einwand des Rechtsmißbrauchs greift nicht. Der Senat geht von der Vollbeendigung der Klägerin, die ihr Eigentumsrecht geltend macht, nicht aus. Daß der Beklagte die Geschäftsunterlagen der Klägerin selbst benötigt, hat er nicht näher dargelegt.
2.
Die weiteren Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs liegen vor. Die Klägerin ist sich aufgrund unverschuldeter Umstände im Ungewissen über die herauszuverlangenden Gegenstände (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 260 Rn. 12), nachdem die fraglichen Unterlagen während des Konkursverfahrens beim Beklagten angefallen und in der Folgezeit dort verblieben sind. Entgegen der — nicht näher substantiierten — Behauptung des Beklagten, der Klägerin seien im Grunde alle Informationen bekannt, geht der Senat nach den Umständen und dem Sach- und Streitstand davon aus, daß die Klägerin nicht in der Lage ist, die herauszuverlangenden Gegenstände hinreichend konkret zu bezeichnen. Ihre Kenntnisse haben ihr lediglich ermöglicht, den Auskunftsantrag bestimmt genug zu fassen (§ 253 Abs. 2 Nr.2 ZPO).
Auch ist der Auskunftsanspruch bislang nicht erfüllt. Die Angaben des Beklagten, es handle sich um Buchhaltungsunterlagen, die ca. 330 Ordner umfassen würden, genügen nicht und sind als Verweigerung der geschuldeten Auskunft zu verstehen.
3.
Der Auskunftsanspruch ist zu Recht auf Vorlage eines Bestandsverzeichnisses gerichtet (§ 260 Abs. 1 BGB).
Der Beklagte hat über die Buchhaltungsunterlagen der Klägerin — den Bestand eines Inbegriffs von Gegenständen (vgl. Staudinger/Selb, BGB, 13. Aufl., § 260 Rn. 4) — Auskunft zu erteilen.
Unter der Erstellung eines Bestandsverzeichnisses ist eine genaue schriftliche Zusammenstellung der einzelnen „Gegenstände“ zu verstehen, so wie sie der Auskunftsberechtigte benötigt, um den Herausgabeanspruch zu substantiieren. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (Staudinger/Selb, § 260 Rn. 11). Der Umfang der Auskunftspflicht bemißt sich jedenfalls dann, wenn sie — wie hier — als Nebenverpflichtung der Durchsetzung anderer Ansprüche dienen soll, nach der Zumutbarkeit (§ 242 BGB) und damit nach einer sinnvollen Relation zwischen Arbeits- und Zeitaufwand auf Seiten des Auskunftspflichtigen und dem schützwürdigen Sicherungsinteresse auf Seiten des Auskunftsberechtigten (BGHZ 70, 86, 91 für den Konkursverwalter; vgl. auch BGHZ 81, 21, 25; BGH NJW 1982, 573-575; OLG Köln ZIP 1982, 1107, 1108).
Der vom Beklagten aufgeworfenen Frage der Zumutbarkeit der Erstellung eines Bestandsverzeichnisses hat das Landgericht nach Auffassung des Senats mit der vorgenommenen Beschränkung in sachgerechter Weise Rechnung getragen. Der Klägerin geht es mit dem dem Hauptanspruch auf Herausgabe vorgeschalteten Hilfsbegehren auf Auskunft nicht um eine minutiöse Darstellung des Bestands ihrer beim Beklagten eingelagerten Buchhaltungsunterlagen, sondern lediglich um die Vorbereitung des Herausgabeverlangens.
III.
Da die Revision stets zulässig ist, soweit das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (§ 547 ZPO), bedarf es einer Entscheidung über die beantragte Zulassung der Revision gem. § 546 Abs. 1 ZPO nicht. Die Klägerin wird durch die getroffene Entscheidung nicht beschwert.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Bemessung des Berufungsstreitwerts beruht auf §§ 18, 21 Abs. 1 GKG. 3 ZPO. Der Senat hat für den Auskunftsanspruch ein Viertel des Werts des vorbereiteten Herausgabeanspruchs angesetzt. Die Festsetzung des Werts der Beschwer für den Beklagten beruht auf §§ 511 a, 2, 3 ZPO (Beschwerdewert in der Berufung).

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