Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken 6 UF 167/20

Oktober 1, 2021

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken 6 UF 167/20

1. Der sog. Corona-Kinderbonus ist als eine Form des Kindergeldes und damit als Einkommen des Kindes zu behandeln.

2. Zu Vermeidung zu großer Einkommensverzerrungen kann es unterhaltsrechtlich ausnahmsweise angemessen sein, Steuernachzahlungen nicht nach dem grundsätzlich maßgeblichen In-Prinzip“, sondern nach dem „Für-Prinzip“ zu berücksichtigen. Dies gilt u.a. dann, wenn der Unterhaltspflichtige es zum einen trotz Kenntnis seiner Barunterhaltspflicht obliegenheitswidrig unterlassen hat, bei seinem Arbeitgeber auf die Anwendung zutreffender Lohnsteuermerkmale hinzuwirken, zum anderen eine Steuererklärung erst deutlich verspätet einreicht, wobei ein abhängig beschäftigter Unterhaltsschuldner gehalten ist, seine Steuerklärungen spätestens innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres einzureichen.

vorgehend AG Merzig, 28. September 2020, 9 F 142/18 UK, Beschluss
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Merzig vom 28. September 2020 – 9 F 142/18 UK – teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Urkunde des Jugendamts der Stadt W. vom 7. September 2018 – UR-Nr. 1599/2018 – wird dahin abgeändert, dass der Antragsgegner an die Antragstellerin zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin beginnend mit dem Monat August 2021 Kindesunterhalt in Höhe von 160 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe unter Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind, derzeitiger Zahlbetrag 735,50 EUR, zu zahlen hat.

Der weiter gehende Antrag wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsgegner zu 59 % und die Antragstellerin zu 41 %, die Kosten der ersten Instanz tragen der Antragsgegner zu 63 % und die Antragstellerin zu 37 %.

3. Der Beschluss ist sofort wirksam.

Gründe
I.

Randnummer1
Die am 15. August 2007 geborene Antragstellerin ist aus der Beziehung ihrer gesetzlichen Vertreterin und des Antragsgegners, die nicht miteinander verheiratet sind oder waren, hervorgegangen. Der Antragsgegner erkannte die Vaterschaft an. Eine Sorgeerklärung für die Antragstellerin wurde nicht abgegeben. Seit der Trennung der Eltern im März 2011 hat die Antragstellerin ihren Lebensmittelpunkt bei ihrer gesetzlichen Vertreterin und lebt ausschließlich in deren Haushalt.

Randnummer2
Der Antragsgegner ist verheiratet und hat aus dieser Ehe zwei bereits volljährige Söhne. Er ist bei der Firma Sch. GmbH in Ratingen angestellt. Im Zeitraum von November 2017 bis Oktober 2018 erzielte er ein – durchgehend nach Steuerklasse III versteuertes – durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von (bereinigt) 4.596,71 EUR. Sein Arbeitgeber stellt ihm einen PKW VW Passat zur Verfügung, den er auch für Privatfahrten nutzen darf und bezüglich dessen er einen geldwerten Vorteil versteuert.

Randnummer3
Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner erstmals mit Anwaltsschreiben vom 5. April 2011 zur Zahlung von Kindesunterhalt ab April 2011 und Auskunftserteilung über sein Einkommen auf. Mit weiterem Schreiben vom 19. Mai 2011 forderte sie Zahlung monatlichen Kindesunterhalts – basierend auf einer Eingruppierung in Einkommensstufe V der Düsseldorfer Tabelle und unter Abzug des anteiligen Kindergeldes für ein erstes Kind – in Höhe von 289 EUR rückwirkend ab April 2011. Der Antragsgegner nahm in der Folge Zahlungen auf, u.a. zahlte er am 3. Januar 2018 einen Betrag in Höhe von 331 EUR sowie am 5. Januar 2018 weitere 340 EUR. Nachdem er im Februar 2018 seine Unterhaltszahlungen an die Antragstellerin zunächst eingestellt und auf persönliche Kontaktaufnahme der gesetzlichen Vertreterin am 27. Juli 2018 einmalig Unterhalt in Höhe von 330 EUR gezahlt hatte, forderte die Antragstellerin ihn mit Anwaltsschreiben vom 20. August 2018 zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie zur Zahlung von Unterhaltsrückständen für die Zeit von Januar 2018 bis August 2018 in Höhe von insgesamt 3.312 EUR (8 * 414 EUR) abzüglich in diesem Zeitraum gezahlter 1.001 EUR (331 EUR+340 EUR+330 EUR) sowie laufenden Unterhalts ab September 2018 in Höhe von monatlich 414 EUR auf.

Randnummer4
Mit Urkunde des Jugendamtes der Stadt W. vom 7. September 2018 – UR-Nr. 1599/2018 – verpflichtete sich der Antragsgegner beginnend mit September 2018 zur Zahlung von Kindesunterhalt für die Antragstellerin in Höhe von 110 % des Mindestunterhaltes der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind. Der Antragsgegner zahlte auf den Kindesunterhalt weitere 330 EUR im August 2018, 342 EUR im Oktober 2018, insgesamt 2.076 EUR in 2019, 249 EUR im November 2020 sowie jeweils 566,50 EUR im Januar und Februar 2021. Daneben nahm die Antragstellerin Lohnpfändungen aus der Jugendamtsurkunde vor. Der „Coronabonus“ der Bundesregierung – 200 EUR bzw. 100 EUR im September und Oktober 2020 sowie 150 EUR im Mai 2021 – wurde an die gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin ausgezahlt.

Randnummer5
Mit dem vorliegenden Stufenantrag hat die Antragstellerin den Antragsgegner vor dem Amtsgericht – Familiengericht – in Merzig auf Auskunft und Zahlung von Kindesunterhalt zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin ab Januar 2018 in Anspruch genommen. Zuletzt hat sie beantragt, dem Antragsgegner aufzugeben, rückständigen Unterhalt für die Zeit von Januar 2018 bis Juli 2018 in Höhe von 1.673 EUR und ab August 2018 – insoweit in Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 7. September 2018 – monatlich laufenden Kindesunterhalt in Höhe von 160 % des Mindestunterhaltes der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzüglich der Hälfte des jeweiligen Kindergeldes für ein erstes Kind, jeweils zahlbar monatlich im Voraus bis spätestens zum 3. Werktag eines jeden Monats, die Rückstände sofort, zu zahlen.

Randnummer6
Der Antragsgegner hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Randnummer7
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Antragsgegner antragsgemäß und unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit dazu verpflichtet, an die Antragstellerin zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von Januar 2018 bis Juli 2018 in Höhe von 1.673 EUR (Ziffer I. der Beschlussformel) und – in Abänderung der Jugendamtsurkunde der Stadt W. vom 7. September 2018 – UR-Nr. 1599/2018 – für die Zeit von August 2018 bis September 2020 über den darin titulierten Betrag hinaus in Höhe von 5.852 EUR (Ziffer II.) sowie monatlich laufenden Kindesunterhalt ab Oktober 2020 in Höhe von 160 % des jeweiligen Mindestunterhaltes der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen (Ziffer III.)

Randnummer8
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsgegner seinen erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung des Unterhaltsabänderungsantrages weiter und wendet sich auch gegen die rückwirkende Zuerkennung des Unterhalts für den Zeitraum von Januar 2018 bis Juli 2018.

Randnummer9
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Randnummer10
Die nach §§ 58 ff i.V.m. § 117 FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet.

Randnummer11
Zu Recht hat das Familiengericht – stillschweigend – den Antrag der Antragstellerin, soweit dieser auf eine Abänderung der in der Jugendamtsurkunde vom 7. September 2018 – allerdings erst mit Wirkung ab September 2018 – titulierten Unterhaltsverpflichtung gerichtet ist, insoweit als zulässig angesehen. Die Abänderung ihres durch Jugendamtsurkunde titulierten Unterhaltsanspruchs ist nach § 239 Abs. 1 S. 2 FamFG bereits zulässig, wenn die Antragstellerin Tatsachen vorträgt, die – ihr Vorliegen unterstellt – die Abänderung der Urkunde nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts rechtfertigen können. Dabei reicht es im vorliegenden Fall einer einseitigen Verpflichtungserklärung des Antragsgegners aus, dass sich auf der Grundlage der vorgetragenen Tatsachen ein anderer – hier höherer – Unterhaltsanspruch ergibt, als mit der Urkunde tituliert (BGH NJW 2003, 3770; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl., § 239, Rz. 23). Dies ist vorliegend der Fall, da die Antragstellerin Tatsachen vorgetragen hat, die ausgehend von dem derzeitigen Einkommen des Antragsgegners die Zahlung eines höheren Unterhalts als des durch die Urkunde auf Basis von 110 % des jeweiligen Mindestunterhalts titulierten rechtfertigen. Der bereits für den Monat August 2018 auf Abänderung der – allerdings erst mit Wirkung zum 1. September 2018 errichteten – Jugendamtsurkunde gerichtete Antrag ist als Zahlungsantrag in entsprechender Höhe auszulegen und mit dieser Maßgabe zulässig, worauf der Senat im Termin hingewiesen hat.

Randnummer12
Der Antrag der Antragstellerin ist auch – wenngleich insgesamt in geringerem Umfang als vom Familiengericht angenommen – begründet, nämlich soweit sie Abänderung der Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners auf 160 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind im Zeitraum ab August 2021 erstrebt, wohingegen der Antragstellerin unter Berücksichtigung an dem erstinstanzlichen Erkenntnis vorzunehmender Korrekturen sowie auf Grund erfolgter Zahlungen und zwischenzeitlicher Pfändungen bis einschließlich Juli 2021 kein rückständiger Kindesunterhalt mehr zusteht.

Randnummer13
Der Lebensbedarf der Antragstellerin bemisst sich – worauf das Familiengericht zu Recht abgestellt hat – gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Kindes, die es regelmäßig bis zum Abschluss seiner Ausbildung von den Eltern ableitet. Auch beim Unterhalt minderjähriger Kinder kommt es auf die Lebensstellung beider Elternteile an. Die Unterhaltspflicht ist aber auf den Betrag begrenzt, den der barunterhaltspflichtige Elternteil auf Grund des von ihm erzielten Einkommens zahlen muss. Der Kindesunterhalt kann daher aufgrund des vom Barunterhaltspflichtigen jeweils aktuell erzielten Einkommens ermittelt werden. Dabei dient als Richtlinie zur Bemessung des angemessenen Bedarfs die Düsseldorfer Tabelle, die – vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung gebilligt (BGH MDR 2020, 1447) – auf den Durchschnittsfall zugeschnitten ist, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsberechtigten zum Unterhalt verpflichtet ist, und gleichzeitig die Möglichkeit der Herab- oder Heraufgruppierung nach der Anzahl der Unterhaltsberechtigten bzw. mittels der Bedarfskontrollbeträge vorsieht. Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höher- oder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falles angemessene Unterhaltsbemessung erreicht werden (BGH FamRZ 2014, 1536 und 2000, 1492; Senatsbeschluss vom 16. Februar 2021 – 6 UF 160/20 -; Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 10. Aufl., § 2, Rz. 343, 348).

Randnummer14
Nach Maßgabe dessen benachteiligt es den Antragsgegner nicht, dass das Familiengericht für seine Unterhaltsbemessung von dem vom Antragsgegner anhand der Unterhaltsberechnung der Antragstellerin unstreitig gestellten Nettoeinkommen von 4.596,71 EUR ausgegangen ist. Soweit die Beschwerde rügt, das Einkommen des Antragsgegners habe sich infolge der Corona-Pandemie verringert und diesbezüglich lediglich auf die Lohnbelege für die Monate April bis Juli 2020 verweist, dringt sie damit – wie im Senatstermin erörtert – nicht durch, da sich aus den für einige wenige Monate vorgelegten Belegen nicht belastbar ableiten lässt, dass sich das vom Antragsgegner – bis dahin unstreitig – für den gesamten Unterhaltszeitraum ab Januar 2018 mindestens erzielte Nettoeinkommen im Gesamtjahresschnitt 2020 verschlechtert hat. Im Gegenteil lässt die vorgelegte Lohnabrechnung für Dezember 2020 aufgrund der für das gesamte Kalenderjahr ausgewiesenen Werte erkennen, dass sich das Einkommen des Antragsgegners in 2020 jedenfalls nicht verringert hat. Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 6. Juli 2021 erstmals unter Verweis auf diese Lohnabrechnung sogar ein höheres Nettoeinkommen des Antragsgegners behauptet, sieht der Senat keine Veranlassung, wegen dieses – über eine bloße Erwiderung auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 20. Juni 2021 hinausgehenden und damit nicht gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 283 ZPO nachgelassenen – Vortrages (s. hierzu: BGH NJW 1993, 134), der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, zumal der Senat – wie noch gezeigt werden wird – für die Zeit ab 2020 ohnedies die von der Antragstellerin geltend gemachte Unterhaltshöhe als gerechtfertigt aussieht.

Randnummer15
Gegen die vom Familiengericht vorgenommene einkommenserhöhende Anrechnung eines Nutzungsvorteils für den Dienstwagen, den ihm seine Firma auch für Privatfahrten zur Verfügung stellt, wendet sich der Antragsgegner ebenfalls erfolglos. Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, erhöht sich grundsätzlich sein unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkw erspart (Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 92 m.w.N.; Eschenbruch/Henjes, Der Unterhaltsprozess, 7. Aufl., Kapitel 4, Rz. 78ff, 83; OLG Karlsruhe FamRZ 2016, 237). Dabei bieten die hierfür steuerlich in Ansatz gebrachten Beträge einen Anhaltspunkt für die Bewertung des geldwerten Vorteils. Der unterhaltsrechtlich relevante Betrag ist in der Regel identisch mit demjenigen, der in der Verdienstabrechnung ausgewiesen ist, allerdings bereinigt um abgeführte Steuern und Eigenanteile (siehe dazu Senatsbeschluss vom 29. September 2016 – 6 UF 44/16 -; Beschlüsse des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2014 – 9 UF 18/14 – und vom 17. April 2013 – 9 UF 58/12 –).

Randnummer16
Der Einwand des Antragsgegners, er nutze den Dienstwagen „praktisch nicht“ für Privatfahrten und erspare selbst nichts, weil er auf einen PKW seiner – von ihm getrennt lebenden – Ehefrau zugreifen könne, ist in Ansehung des substantiierten und vom Antragsgegner im Übrigen auch nicht bestrittenen Vortrags der Antragstellerin, dass er bisher zu sämtlichen Gerichtsterminen – unzweifelhaft keine Dienstfahrten – mit seinem Dienstwagen angereist sei und diesen in der Vergangenheit auch stets zu Umgangsbesuchen im Saarland eingesetzt habe, ausgeräumt und im Übrigen unerheblich. Durch die Hinzurechnung eines Nutzungsvorteils in Höhe von monatlich lediglich 250 EUR zu seinem vorbezeichneten Nettoeinkommen wird der Antragsgegner nach Lage der Dinge auch keinesfalls benachteiligt. Vielmehr ergibt sich aus den Lohnabrechnungen des Antragsgegners, dass er etwa im Jahr 2017 monatlich Beträge von 379,59 EUR für den PKW und 684,45 EUR für die privat zurückzulegenden Kilometer versteuert hat, wobei mangels konkreter gegenteiliger Darlegung des Antragsgegners davon auszugehen ist, dass der tatsächliche Nutzungsvorteil dem in der Verdienstbescheinigung zu Besteuerungszwecken angesetzten – vor Berücksichtigung der anhand des Jahressammlers 2017 zu ermittelnden Steuermehrbelastung – entspricht. Dann aber besteht keine Veranlassung, im Rahmen der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schätzung den unterhaltsrechtlich zurechenbaren Nutzungsvorteil des Antragsgegners mit weniger als 250 EUR monatlich anzusetzen; vielmehr ist – worauf der Senat im Termin hingewiesen hat – selbst der von der Antragstellerin angesetzte Nutzungsvorteil in Höhe von 400 EUR nicht zu beanstanden, zumal diese bei der Ermittlung des – unstreitigen – Nettoeinkommens den – ebenfalls aus den Lohnbelegen ersichtlichen – monatlichen Eigenanteil „PKW“ bereits einkommensmindernd abgezogen hat.

Randnummer17
Einen Teilerfolg hat die Beschwerde jedoch insoweit, als der Antragsgegner Zahlungen auf seine Steuerschuld für die Jahre 2018 und 2019 nunmehr durch Vorlage bankbestätigter Kontoauszüge zur Überzeugung des Senats nachgewiesen hat, wodurch sich im unterhaltsrelevanten Zeitraum – allerdings nicht durchgängig – ein niedrigeres unterhaltsrelevantes Einkommen als vom Familiengericht angenommen ergibt. Mit diesem Vortrag ist der Antragsgegner nicht etwa – wie die Antragstellerin meint – präkludiert, weil die erste Zahlung im Januar 2020 noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erfolgt ist. Denn anders als nach §§ 529, 531 ZPO, auf die § 117 FamFG für Familienstreitverfahren gerade nicht verweist, ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren bis zum Schluss der Beschwerdeverhandlung erfolgter Sachvortrag grundsätzlich zu berücksichtigen. Nach Vorlage der von der Stadtsparkasse W. bestätigten Kontoauszüge verbleiben dem Senat an den vom Antragsgegner behaupteten Zahlungen keine begründeten Zweifel, auch wenn die Bestandskraft der betreffenden Steuerbescheide nicht förmlich belegt ist. Denn die von dem Antragsgegner belegten Zahlungen seinerseits und die mit Wertstellung zum 7. Mai 2020 erfolgte Gutschrift des Finanzamts in Höhe von 284,18 EUR entsprechen den auf Grund der vorgelegten Steuerbescheide vom Antragsgegner für diese Kalenderjahre an das Finanzamt zu zahlenden Beträgen; auch sind ausweislich der vom Antragsgegner lückenlos vorgelegten Kontoauszüge keine Rückbuchungen derselben erfolgt, sondern vor den jeweiligen Überweisungen nahezu deckungsgleiche Bareinzahlungen des Antragsgegners vorgenommen worden, die erkennbar den Zweck verfolgt haben, eine ausreichende Deckung des Kontos und damit die Ausführung der Überweisungen an das Finanzamt sicherzustellen.

Randnummer18
Unter den besonderen Gegebenheiten des Streitfalles erachtet es der Senat – wie bereits im Termin angekündigt – zu Vermeidung von Einkommensverzerrungen (Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 10. Auflage, § 1 Rz. 1011) unterhaltsrechtlich für angemessen, die nachgewiesenen Steuernachzahlungen für 2018 und 2019 abweichend vom „In-Prinzip“ (s. hierzu: BGH FamRZ 1990, 981; 2007, 1232) nicht im Jahr 2020, sondern die Steuernachzahlung für 2018 das Einkommen im Jahr 2018 und diejenige für 2019 das Einkommen in 2019 mindernd zu berücksichtigen, so dass in 2018 von einem um monatlich 625,37 EUR (7.788,57 ./. 284,18 = 7.504,39 EUR/12) und in 2019 um monatlich 635,85 EUR (7.630,18 EUR/12) verringerten Nettoeinkommen des Antragsgegners auszugehen ist. Für die Folgejahre ist indes kein entsprechender Abzug vorzunehmen, denn der Antragsgegner hat insoweit keine weitere Steuernachzahlung dargelegt und versteuert sein Einkommen aktuell unverändert in Lohnsteuerklasse III. Diese Handhabung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Antragsgegner zum einen gehalten war, in Kenntnis seiner Barunterhaltspflicht gegenüber der Antragstellerin bei seinem Arbeitgeber auf die Anwendung zutreffender Lohnsteuermerkmale hinzuwirken, zum anderen aber auch die Steuererklärung 2018 mit den zutreffenden Merkmalen (Getrenntleben von der Ehefrau, getrennte Veranlagung) vor Januar 2020 beim Finanzamt einzureichen, zumal wenn – wie er nunmehr behauptet – sogar das Trennungsjahr in 2018 bereits abgelaufen gewesen sein sollte. Gerade auch im Hinblick darauf, dass der Unterhaltsschuldner gehalten ist, seine Steuerklärungen spätestens innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres einzureichen, ist es vorliegend gerechtfertigt, die Nachzahlungen des Antragsgegners jeweils für das Jahr zu berücksichtigen, für welches sie steuerlich angesetzt werden. Dabei ist in den Jahren 2018 und 2019 zugleich aber auch zu beachten, dass der PKW-Nutzungsvorteil – wie von der Antragstellerin behauptet und wie oben ausgeführt auch berechtigt – mit monatlich 400 EUR einkommenserhöhend anzusetzen ist.

Randnummer19
Demgegenüber hat es das Familiengericht mit zutreffenden, der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechenden Erwägungen abgelehnt, das Einkommen des Antragsgegners um die monatliche Rückführung von Darlehen zu bereinigen. Nach dem zutreffenden und vom Senat geteilten Ausgangspunkt des Familiengerichts können Schulden die Leistungsfähigkeit mindern und ist im Einzelfall unter umfassender Interessenabwägung der Belange der Beteiligten zu entscheiden, ob Kreditraten zu berücksichtigen sind, in die u.a. der Zweck, der Zeitpunkt der Entstehung der Schuld, die Dringlichkeit der Bedürfnisse und insbesondere die Kenntnis des Pflichtigen von seiner (Bar-)Unterhaltsverpflichtung einfließen (BGH FamRZ 1996, 160; 2012, 956; 2014, 923; 2017, 109 und 538; Erman/Hammermann, BGB, 16. Aufl. § 1603, Rz. 113). Dabei erweist sich insbesondere der Zeitpunkt, zu dem der Pflichtige Kenntnis von der Unterhaltsverpflichtung erlangt, als bedeutsam (BGH FamRZ 2012, 956); vor Kenntnis eingegangene Verbindlichkeiten haben in der Regel Vorrang, beim Kindesunterhalt ist zudem von besonderem Belang, ob die Schulden zur Zeit des Zusammenlebens der Eltern entstanden sind und aus deren gemeinsamer Lebensführung herrühren (BGH FamRZ 1996, 160).

Randnummer20
Nach Maßgabe dessen hat der Antragsgegner auch nicht in Ansätzen vorgetragen, welche der zahlreichen von ihm behaupteten Schuldverbindlichkeiten bereits während der bestehenden Beziehung mit der Mutter der Antragstellerin und damit noch vor Entstehen der Barunterhaltsverpflichtung des Antragsgegners – welche auf den Zeitpunkt der endgültigen Trennung im Februar/März 2011 zu datieren ist – bestanden oder wenigstens ihren Ursprung gehabt hätten. Denn sämtliche von dem Antragsgegner im Unterhaltszeitraum zurückgeführten Kreditverbindlichkeiten wurden in den Jahren 2017 bis 2019 eingegangen, nach einer größeren Umschuldung im Januar 2019 zahlt er nunmehr Kreditraten in Höhe von zuletzt 664,07 EUR bei der V.E Bank, von 1.035,52 EUR bei C.P. und von 105,15 EUR bei der Sigma Kreditbank-AG. Dafür dass diese Kredite als Restschulden aus einem gemeinsamen Finanzierungsgeschäft mit der gesetzlichen Vertreterin der Antragstellerin herrühren, was die Antragstellerin in Abrede gestellt und darauf verwiesen hat, dass der Antragsteller allenfalls mit seiner Ehefrau über eine gemeinsame Eigentumswohnung verfügt habe, die zwischenzeitlich aber veräußert worden sei, hat der insoweit beweisbelastete Antragsgegner keinen Beweis angetreten. Auch erhellt der Vortrag des Antragsgegners nicht, dass es sich bei den im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt zurückgeführten Kreditverbindlichkeiten überhaupt um solche handelt, die bereits vor der Trennung entstanden waren. Schlussendlich hat der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 13. Juni 2019 an die gegnerischen Verfahrensbevollmächtigten auch eingeräumt, dass „sämtliche Kreditverträge abgeschlossen worden seien, um das immer wieder überzogene Girokonto des Mandanten auszugleichen“. Handelt es sich demnach aber nicht feststellbar um vor Kenntnis der Unterhaltspflicht eingegangene Verbindlichkeiten, hätte es dezidierten Vortrages dazu bedurft, dass deren Aufnahme unumgänglich bzw. aus zwingenden Gründen geboten war. Gerade der Umstand, dass der Antragsgegner nach eigenem Vortrag Kreditverbindlichkeiten eingeht und immer wieder aufstockt, um sein Girokonto auszugleichen, legt eher den Schluss nahe, dass er wegen einer seinen Einkommensverhältnissen nicht angepassten Lebenshaltung Konsumschulden anhäuft, was schon deshalb gegen eine Berücksichtigungsfähigkeit spricht, weil der Antragsgegner mit den Krediten somit faktisch seinen laufenden Lebensunterhalt finanziert (s. hierzu BGH FamRZ 2013, 1558). Damit können die von ihm angegebenen Kreditraten unterhaltsrechtlich aber nicht einkommensbereinigend berücksichtigt werden.

Randnummer21
Nach Maßgabe dessen ergibt sich für 2018 ein bereinigtes Nettoeinkommen des Antragsgegners in Höhe von 4.371,34 EUR (4.596,71 EUR + 400,00 EUR – 625,37 EUR), in 2019 von 4.360,86 EUR (4.596,71 EUR + 400,00 EUR – 635,85 EUR), in 2020 und 2021 bewendet es bei dem vom Familiengericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Einkommen von 4.846,71 EUR (4.596,71 EUR + 250,00 EUR), was in den Jahren 2018 und 2019 zu einer Eingruppierung in Einkommensgruppe VIII, in den Jahren ab 2020 in Einkommensgruppe IX der Düsseldorfer Tabelle führt.

Randnummer22
Die weitere Handhabung des Familiengerichts, den Antragsgegner wegen unterdurchschnittlicher Unterhaltslast – nämlich lediglich gegenüber der Antragstellerin – um eine Einkommensstufe nach der Düsseldorfer Tabelle höherzugruppieren, ist nicht zu beanstanden. Denn der Antragsgegner hat Unterhaltsverpflichtungen gegenüber weiteren Berechtigten nicht schlüssig dargelegt. Bezüglich der ausdrücklich von ihm angeführten Unterhaltspflicht gegenüber seiner – nach seinen Angaben seit 2015 von ihm getrennt lebenden – Ehefrau fehlt jeder schlüssige und substantiierte Vortrag, dass, ggf. aufgrund welchen Titels oder welcher Vereinbarung sowie in welchem Zeitraum und Umfang er derselben konkret Unterhalt zu gewähren hat. Auch eine Unterhaltspflicht gegenüber den beiden volljährigen Söhnen des Antragsgegners ist im vorliegenden Unterhaltszeitraum nicht dargetan.

Randnummer23
Entspricht es demnach aber der Billigkeit, wegen der Verpflichtung nur gegenüber der unterhaltsberechtigten Antragstellerin eine Höherstufung in die nächst höhere Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle vorzunehmen, ergibt sich für die einzelnen Unterhaltszeiträume folgende Unterhaltsberechnung:

Randnummer24
Januar 2018 bis Juli 2018:

Randnummer25
Soweit das Familiengericht für diesen Zeitraum ausgehend von einer Unterhaltsverpflichtung von 120% des Mindestunterhaltes unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind (382 EUR * 7= 2.674 EUR) und unter Abzug vom Antragsgegner bereits erbrachter Zahlungen von 1.001 EUR insgesamt 1.673 EUR zuerkannt hat, hat es die verzugsbegründende Wirkung der Zahlungen des Antragsgegners nicht zutreffend beurteilt.

Randnummer26
Gemäß § 1613 Abs. 1 BGB kann Unterhalt für die Vergangenheit nur verlangt werden, wenn der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, der Verpflichtete in Verzug geraten ist oder der Anspruch rechtshängig geworden ist.

Randnummer27
Vorliegend ist der Antragsgegner zwar durch das außergerichtliche Schreiben vom 5. April 2011 zur Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen aufgefordert worden. Da das Auskunftsverlangen hinreichend bestimmt und auf die Geltendmachung eines bestimmten Unterhaltsanspruchs bezogen sein muss (BT-Drucksache 13/7338,56), treten seine Wirkungen nur in der Höhe ein, in der der Unterhalt zum Zeitpunkt des – damaligen – Auskunftsverlangens geschuldet war. Da es mit seiner Einführung durch das KindUG zum 1. Juli 1998 der verzugsbegründenden Mahnung gleichgesetzt wurde, erfasst es grundsätzlich auch keine späteren Erhöhungen des geltend gemachten Anspruchs, sei es wegen Einkommenssteigerungen oder eines Alterssprunges (BGH FamRZ 2013, 109; Erman/Hammermann, BGB, 16. Aufl., § 1613, Rz. 21).

Randnummer28
Vorliegend bestand zum Zeitpunkt des ersten Auskunftsverlangens ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin – mangels anderer Darlegungen – in Höhe von 289 EUR, dem Betrag, den die Antragstellerin mit weiterem Schreiben vom 19. Mai 2011 beziffert hat. Dass diese Bezifferung unter Nennung der Einkommensstufe V konkretisiert wurde, ändert nichts daran, dass der Anspruch zum damaligen Zeitpunkt – im Folgenden ersichtlich einvernehmlich – von den Beteiligten in Höhe von zunächst 289 EUR umgesetzt wurde und aufgrund des Aufforderungsverlangens aus 2011 auch ab Januar 2018 (nur) in dieser Höhe Zahlungen verlangt werden können.

Randnummer29
Soweit das Familiengericht nach § 1613 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Selbstmahnung des Antragsgegners der Antragstellerin Unterhalt in Höhe des Zahlbetrages der Einkommensstufe V zuerkannt hat, hat es regelmäßige Zahlungen des Antragsgegners entsprechend dieser Einkommensgruppe – zunächst in Altersstufe 1 und später in Altersstufe 2, zuletzt 382 EUR – unterstellt, die nach Vortrag des Antragsgegners, den die – für die Verzugsvoraussetzungen beweisbelastete – Antragstellerin zweitinstanzlich nicht mehr bestritten hat, tatsächlich jedoch so nicht erfolgt sind. Bei dieser Sachlage muss sich der Antragsgegner der Höhe nach lediglich an dem im Januar 2018 zuletzt gezahlten Betrag von 340 EUR festhalten lassen, den er freiwillig und insbesondere vor einer weiteren Zahlungsaufforderung der Antragstellerin geleistet hat.

Randnummer30
Damit ist für die Zeit von Januar 2018 bis Juli 2018 – abweichend vom Familiengericht – lediglich von einem Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.379 EUR (7 * 340 EUR = 2.380 EUR – 1.001 EUR) auszugehen.

Randnummer31
August 2018:

Randnummer32
Abweichend von der Beurteilung des Familiengerichts besteht für diesen Monat ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin in Höhe des Zahlbetrages der Einkommensgruppe (VIII + I =) IX/Altersstufe 2 (entsprechend 152% des Mindestunterhalts) in Höhe von lediglich 510 EUR. Der Antragsgegner hat für diesen Monat unstreitig – vor Titulierung – 330 EUR gezahlt.

Randnummer33
September 2018 bis Dezember 2018:

Randnummer34
In diesem Zeitraum beläuft sich der monatliche Unterhaltszahlbetrag (152 % des Mindestunterhalts/Altersstufe 2, unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind) auf 510 EUR, worauf der Antragsgegner unstreitig 342 EUR für Oktober 2018 gezahlt hat. Gepfändet hat die Antragstellerin für diesen Zeitraum aus der Urkunde nach eigenem Vortrag einen Betrag in Höhe von insgesamt 684 EUR (jeweils 342 EUR für November und Dezember 2018, enthalten in der Pfändung Januar 2019). Diese Pfändungen führen ebenfalls zum Erlöschen der jeweiligen Forderung (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 362 Rz. 15), zumal sich der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren gegenüber den vom Familiengericht festgestellten Rückständen ausdrücklich auf Zahlungen und Pfändungen berufen hat.

Randnummer35
Januar 2019 bis Juni 2019:

Randnummer36
In diesem Zeitraum beläuft sich der Zahlbetrag (152 % des Mindestunterhalts/Altersstufe 2, unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind) auf monatlich 521 EUR. Zahlungen sind unstreitig in Höhe von 1.726 EUR [342 EUR in Februar 2019 und März 2019, 358 EUR in April 2019, 342 EUR in Mai und Juni 2019], Pfändungen laut Forderungskonto in Höhe von 2.100 EUR [350 EUR jeweils von Januar bis Juni 2019] erfolgt.

Randnummer37
Juli 2019:

Randnummer38
Ab Juli 2019 beläuft sich der Zahlbetrag (152 %/Altersstufe 2/Kindergeld) nunmehr auf monatlich 516 EUR. Im Juli 2019 sind 350 EUR gepfändet worden.

Randnummer39
August 2019 bis Dezember 2019:

Randnummer40
In diesem Zeitraum ergibt sich bei 152 % des Mindestunterhalts nunmehr der Altersstufe 3 unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind ein Zahlbetrag in Höhe von monatlich 622 EUR. Der Antragsgegner hat im August 2019 350 EUR gezahlt, gepfändet worden sind von August bis Dezember 2019 nach dem Vortrag des Antragsgegners, der durch die Forderungskonten der Antragstellerin bestätigt wird, monatlich (nicht 422 EUR, sondern) 417 EUR.

Randnummer41
Januar 2020 bis August 2020:

Randnummer42
Ab Januar 2020 ist Unterhalt in Höhe von 160 % des Mindestunterhalts der Altersstufe 3 unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind, mithin ein Zahlbetrag in Höhe von monatlich 694 EUR geschuldet. Pfändungen sind nach dem nicht mehr bestrittenen Vortrag des Antragsgegners in Höhe von 1.668 EUR [417 EUR * 4] für Januar bis April 2020, 582 EUR im Mai 2019 und 1.335 EUR [445 EUR * 3] für Juni bis August 2020 erfolgt.

Randnummer43
September 2020 (Corona-Kinderbonus 200 EUR):

Randnummer44
Die im September 2020 in Höhe von 200 EUR, im Oktober 2020 in Höhe von 100 EUR und im Mai 2021 in Höhe von 150 EUR an den kindergeldberechtigten Elternteil ausgezahlten Corona-Kinderboni sind – wie im Senatstermin erörtert und unwidersprochen geblieben – jeweils hälftig auf den Barunterhalt anzurechnen.

Randnummer45
Die rechtliche Einordnung des Corona-Kinderbonus ist zwar nicht unumstritten, nach Gesetzessystematik, Begründung und Gesetzeszweck ist er jedoch als eine Form des Kindergeldes und damit als Einkommen des Kindes zu behandeln. Dafür spricht nicht nur die Gesetzesbegründung („Kindergeld“), sondern auch, dass sich die entsprechenden Regelungen in den das Kindergeld betreffenden Vorschriften im Bundeskindergeldgesetz und Einkommensteuergesetz finden. Sinn des Gesetzes ist zudem nicht in erster Linie, den betreuenden Elternteil wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten in der Pandemie zu entlasten, sondern vorwiegend die Konjunktur zu stärken, was ebenfalls dafür spricht, die Zahlung in gleicher Weise wie das Kindergeld beiden Elternteilen zu Gute kommen zu lassen. Der Senat schließt sich daher der diesbezüglichen überzeugenden Einordnung des Kinderbonus in der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur an (so auch OLG Koblenz, Beschluss vom 1. Dezember 2020 – 13 UF 375/20, FamRB 2021, 182 m. Anm. Liceni-Kierstein; Niepmann, NZFam 2020, 606; anders: OLG Koblenz, Beschluss des 7. Zivilsenats – 7 UF 613/20, FamRB 2021, 232, m. Anm. Liceni-Kierstein).

Randnummer46
Damit ergibt sich für September 2020 ein Zahlbetrag in Höhe von 594 EUR, 445 EUR sind gepfändet worden.

Randnummer47
Oktober 2020 (Corona-Kinderbonus: 100 EUR):

Randnummer48
Der Zahlbetrag beläuft sich auf 644 EUR, gepfändet worden sind 445 EUR.

Randnummer49
November und Dezember 2020:

Randnummer50
Der Zahlbetrag beläuft sich wieder auf monatlich 694 EUR. Der Antragsgegner hat 249 EUR gezahlt, gepfändet worden sind monatlich jeweils 445 EUR.

Randnummer51
Januar bis April 2021:

Randnummer52
Ab Januar 2021 beläuft sich der Zahlbetrag bei 160 % des Mindestunterhalts der Altersstufe 3 unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind auf monatlich 735,50 EUR. Der Antragsgegner hat – nunmehr unstreitig – in Januar und Februar 2021 Zahlungen in Höhe von jeweils 566,50 EUR geleistet. Pfändungen sind am 25. März 2021 in Höhe von 8.403,97 EUR und am 26. April 2021 in Höhe von 1.928,35 EUR (zusammen: 10.332,32 EUR) erfolgt.

Randnummer53
Mai 2021 (Corona-Kinderbonus: 150 EUR)

Randnummer54
Unter Berücksichtigung des im Mai 2021 an die gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin ausgezahlten Corona-Kinderbonus in Höhe von 150 EUR ergibt sich ein Zahlbetrag in Höhe von 660,50 EUR. Eine Pfändung ist in Höhe von 1.928,35 EUR erfolgt.

Randnummer55
Juni und Juli 2021:

Randnummer56
Der monatliche Zahlbetrag beläuft sich auf 735,50 EUR. Im Juni 2021 ist eine Pfändung in Höhe von 1.128,88 EUR erfolgt.

Randnummer57
Danach verbleibt im Unterhaltszeitraum bis einschließlich Juli 2021 unter Berücksichtigung aller Zahlungen und Pfändungen, die der Senat nicht zuletzt auch gemäß der nicht zu beanstandenden und den Antragsgegner nicht benachteiligenden Handhabung der Antragstellerin, die in dem von ihr vorgelegten Forderungskonto selbst den Unterhaltsrückständen sowohl Zahlungen als auch Pfändungen im Wege der Verrechnung gegenüberstellt, insgesamt auch dann kein der Antragstellerin mehr zuzusprechender Unterhaltsrückstand, wenn sämtliche im neuesten Forderungskonto (6. Juli 2021) aufgeführten, schriftsätzlich allerdings nach Grund und Höhe nicht näher substantiierten Kosten der Pfändung (899,22 EUR) berücksichtigt werden:

Randnummer58
Zeitraum:

Anspruch:

Zahlung:

Pfändung:

01 bis 07/2018

2.380,00 EUR

– 1.001,00 EUR

08/2018

510,00 EUR

– 330,00 EUR

09 bis 12/2018

2.040,00 EUR

– 342,00 EUR

– 684,00 EUR

01 bis 06/2019

3.126,00 EUR

– 1.726,00 EUR

– 2.100,00 EUR

07/2019

516,00 EUR

– 350,00 EUR

08 bis 12/2019

3.110,00 EUR

– 350,00 EUR

– 2.085,00 EUR

01 bis 08/2020

5.552,00 EUR

– 3.585,00 EUR

09/2020

594,00 EUR

– 445,00 EUR

10/2020

644,00 EUR

– 445,00 EUR

11 und 12/2020

1.388,00 EUR

– 249,00 EUR

– 890,00 EUR

01 bis 04/2021

2.942,00 EUR

– 1.133,00 EUR

– 10.332,32 EUR

05/2021

660,50 EUR

– 1.928,35 EUR

06 und 07/2021

1.471,00 EUR

– 1.128,88 EUR

24.933,50 EUR

– 5.131,00 EUR

– 23.973,55 EUR

Überzahlung

-4.171,05 EUR

Randnummer59
Ab August 2021:

Randnummer60
Ab August 2021 schuldet der Antragsgegner Unterhalt in Höhe von 160 % des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe unter Abzug des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind, der derzeitige Zahlbetrag beläuft sich auf 735,50 EUR.

Randnummer61
Nach alledem ist der angefochtene Beschluss im tenorierten Umfang zu ändern.

Randnummer62
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG. Dabei ergibt sich nach billigem Ermessen ein Obsiegen des Antragsgegners in der Beschwerdeinstanz von 41 %, in der ersten Instanz von 37 %, so dass es insgesamt der Billigkeit entspricht, die Kosten beider Instanzen den Beteiligten in entsprechender Höhe aufzuerlegen.

Randnummer63
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und überdies auch keiner der Beteiligten deren Zulassung angeregt hat.

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