Verwaltungsgericht Köln 7 L 165/22

März 19, 2022

Verwaltungsgericht Köln
7 L 165/22

Tenor:
1. Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Eurofestgesetzt.

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G r ü n d e

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Die Entscheidung erfolgt durch das nach § 52 Nr. 5 VwGO örtlich zuständige Verwaltungsgericht Köln. Die seitens der Antragsgegnerin begehrte Verweisung an das Verwaltungsgericht Berlin ist nicht angezeigt, da sich die Anträge ausdrücklich auf das Informationshandeln des Bundesministeriums für Gesundheit beziehen. Dieses hat seinen ersten Dienstsitz in Bonn und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichts.

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Die Anträge,

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der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben,

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1. im Internetauftritt des Bundesministeriums für Gesundheit bezüglich der Darstellung der Gültigkeit von Genesenennachweisen nach dem IfSG i.V.m. der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung klarzustellen, dass vor dem 15.01.2022 erteilte Genesenennachweise sechs Monate gültig sind,

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2. künftig in ihrer Öffentlichkeitarbeit zu unterlassen darzustellen, die Gültigkeit von Genesenennachweisen nach dem IfSG i.V.m. der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung, die vor dem 15.01.2022 erteilt wurden, betrage weniger als sechs Monate,

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sind unzulässig.

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Es fehlt an der analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Antragsbefugnis.

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Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Wie das Klageverfahren dient auch das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO dem Individualrechtsschutz. Bezugspunkt ist eine subjektive Rechtsposition des Antragstellers, die es bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vor hoheitlichen Eingriffen zu schützen gilt. Die Antragsbefugnis ist nur gegeben, wenn eine Verletzung eigener subjektiv-öffentlicher Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung des Vorbringens im Eilverfahren zumindest möglich erscheint. Diese Möglichkeit ist auszuschließen, wenn die geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise nicht besteht, nicht dem Antragsteller zusteht oder in eine bestehende Rechtsposition durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt – hier die Allgemeinverfügung der Beklagten – gar nicht eingegriffen wird.

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Vgl. Wysk, VwGO, 3. Auflage 2020, § 42 Rn. 123; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 881, 882; Schoch/Schneider, VwGO-Kommentar

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(Losebl. Stand 39. EL Juli 2020) § 42 Rn. 45, § 123 Rn. 107, jeweils m.w.N.

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Die Anträge richten sich gegen bestimmte Verlautbarungen des Bundesministeriums für Gesundheit. Diese tätigt das Ministerium im Rahmen des ihm obliegenden allgemeinen Auftrags zur Information der Öffentlichkeit, hier in Bezug auf eine bestimmte Regelung durch die Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung zum 15.01.2022. Zwar können sich öffentlich-rechtliche Unterlassungs-, Widerrufs- oder Richtigstellungsansprüche im Einzelfall auch gegen Äußerungen öffentlich-rechtlicher Rechtsträger und deren Behörden richten. Voraussetzung ist indes auch hier eine individuelle Betroffenheit gerade durch diese Äußerung.

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Vgl. Ruthig, in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 40 Rn. 28 und 28a.

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Hieran fehlt es, wenn die Verlautbarung – wie vorliegend – lediglich die Darstellung einer vom Antragsteller bestrittenen Rechtslage zum Gegenstand hat, mithin eine abstrakt-generelle Regelung, der neben dem Antragsteller eine unbestimmte Vielzahl weiterer Normadressaten unterworfen ist. Die – mögliche – Rechtsbeeinträchtigung tritt hier nicht durch die Öffentlichkeitsinformation ein, sondern durch die Regelung selbst oder durch erforderliche Umsetzungsakte zuständiger örtlicher Behörden, die grundsätzlich Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Überprüfung sein können. In diesem Sinne sind die Anträge jedoch nicht auslegungsfähig. Dem stehen die unzweideutige Formulierung der Anträge und die Wahl der Antragsgegnerin entgegen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Eine Herabsetzung des gesetzlichen Auffangstreitwertes mit Rücksicht auf die Vorläufigkeit war nicht angezeigt, da die Anträge faktisch auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sind. Bei der Streitwertbemessung werden beide Anträge nicht gesondert bewertet, da sie auch dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet sind.

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Rechtsmittelbelehrung

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Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.

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Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.

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Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

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Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.

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Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

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Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.

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Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.

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Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.

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