VG Arnsberg, Urteil vom 27.10.2015 – 4 K 1499/14

August 2, 2021

VG Arnsberg, Urteil vom 27.10.2015 – 4 K 1499/14

Tenor
Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen zwei von der Landrätin des Beklagten erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windenergieanlagen in M1. -I1. .

Der Kläger zu 2. ist Eigentümer der im Außenbereich der Gemeinde M1. gelegenen Grundstücke Gemarkung M2. , Flur 48, Flurstücke 2 bis 4. Das Flurstück 2 ist mit einem von den Klägern bewohnten Wohnhaus (postalische Anschrift: B. C1. Straße 64, M1. ) bebaut. Auf dem Flurstück 3 befinden sich dem landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger dienende Gebäude und ein Wohnhaus (postalische Anschrift: B. C1. Straße 65, M1. ). Auf dem Flurstück 4 steht ein weiteres Wohnhaus (postalische Anschrift: B. C1. Straße 66, M1. ), das seit dem Jahr 2013 an Frau N. F. vermietet ist.

Nordöstlich der vorgenannten Wohngrundstücke liegen im Gemeindegebiet von M1. die Konzentrationszonen für Windkraftanlagen A und B, die in der im Jahr 1999 in Kraft getretenen 22. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde M1. ausgewiesen wurden. Mit der 42. Änderung des Flächennutzungsplans, die im April 2013 in Kraft trat, wurde die bis dahin geltende Höhenbeschränkung in den Windkraftzonen A und B aufgehoben. Die Konzentrationszone B befindet sich im Landschaftsschutzgebiet „Wilde See“. Zwischen den Konzentrationszonen A und B verläuft die Landesstraße L , die von C2. im Nordwesten in südöstlicher Richtung nach M1. -I1. führt.

Unter dem 29. April 2013 beantragte Herr U. L. bei der Landrätin des Beklagten die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von insgesamt vier Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-82 E2 mit einer Nennleistung von jeweils 2.300 kW. Die beiden im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Anlagen sind innerhalb der Konzentrationszone A auf den Grundstücken Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 11 (im Folgenden: WEA A1) und Flur 50, Flurstück 5 (WEA A2) jeweils mit einer Nabenhöhe von 141,63 m sowie einem Rotordurchmesser von 82 m (Gesamthöhe: 182,63 m) geplant. Die zwei anderen Anlagen sollen in der Konzentrationszone B auf dem Grundstück Gemarkung I1. , Flur 1, Flurstück 9 (WEA B1 und WEA B2) jeweils mit einer Nabenhöhe von 138,38 m und einem Rotordurchmesser von 82 m (Gesamthöhe: 179,38 m) errichtet werden.

Nach dem Übersichtsplan, den der Geschäftsführer der Beigeladenen einem Schreiben an den Beklagten vom 29. Januar 2015 beifügte, beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus der Kläger (B. C1. Straße 64) und den geplanten Standorten der nächstgelegenen Anlagen 724 m (WEA A1) bzw. 901 m (WEA A2). Das im Genehmigungsverfahren vorgelegte Gutachten „Visualisierung zur Beurteilung der optischen Wirkung“ der geplanten Windenergieanlagen der CUBE Engineering GmbH vom 4. Oktober 2012 verhält sich nur zum Wohngebäude B. C1. Straße 66 und gibt den Abstand dieses Gebäudes zur WEA A1 mit 483 m an. In dem Gutachten wird ferner ausgeführt, dass das zweigeschossige Wohngebäude Fenster mit Sichtbeziehung zur den Anlagen WEA A1 und WEA A2 aufweise. Die Anlagen befänden sich östlich in einer der Hauptblickrichtungen des Wohnhauses. Wenige Meter vom Haus entfernt stünden auf dem Grundstück Nadel- und Laubbäume, die eine direkte Sicht auf die Windenergieanlagen verhindern würden.

Im Genehmigungsverfahren legte Herr L. des Weiteren eine Schallimmissionsprognose der Ingenieurbüro L1. GmbH vom 17. Oktober 2012 vor, derzufolge ausgehend von einem mittleren Schallimmissionspegel des Anlagentyps Enercon E-82 E2 zuzüglich eines Aufschlags für den oberen Vertrauensbereich von 2,2 dB(A) ein Gesamtbeurteilungspegel von 44 dB(A) an dem Wohngebäude B. C1. Straße 66 und von 42 dB(A) an dem Wohngebäude B. C1. Straße 65 zu erwarten sei. In einer Ergänzung der Schallimmissionsprognose vom 29. Januar 2014 legte die Ingenieurbüro L1. GmbH dar, dass sich bei einem schallreduzierten Betrieb der Anlagen WEA A1 und WEA B1 mit einer Nennleistung von 2.000 kW ein Beurteilungspegel von 44,0 dB(A) für das Wohnhaus B. C1. Straße 66 und von 41,1 dB(A) für das Wohnhaus B. C1. Straße 65 errechne.

Überdies enthielten die Antragsunterlagen u.a. ein Schattenwurfgutachten der Ingenieurbüro L1. GmbH vom 2. August 2012 nebst Ergänzung vom 17. Oktober 2012, ein „Gutachten zur Turbulenzbetrachtung im Windpark M1. “ der G. & F1. Engineering GmbH & Co. KG vom 26. Oktober 2012 sowie eine „Vertiefte Artenschutzprüfung zu Errichtung und Betrieb von vier Windenergieanlagen in M1. “ der S. Umweltplanung und Umweltberatung GbR vom 22. August 2012 nebst Ergänzungen vom 17. Oktober 2012 und 5. März 2013.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27. November 2013 erhoben die Kläger Einwendungen gegen die Erteilung der beantragten Genehmigungen. Da die Rotorblattspitzen der geplanten Windenergieanlagen über die Grenzen der Konzentrationszonen hinausragten, verstießen die Anlagen gegen die nachbarschützende Festsetzung des Flächennutzungsplans, dass das gesamte Gebiet außerhalb der Konzentrationszonen von Windenergieanlagen freizuhalten sei. Zudem sei die 42. Änderung des Flächennutzungsplans offensichtlich rechtswidrig. Auch das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung stelle einer Verletzung ihrer Rechte dar. Sie seien offensichtlich von den optischen und akustischen Auswirkungen aller vier Anlagen betroffen. Die nach der TA Lärm maßgeblichen Grenzwerte würden nicht eingehalten. Auch im Hinblick auf das Landschaftsbild und den Natur- und Artenschutz sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen.

Nachdem die Gemeinde M1. ihr Einvernehmen gemäß § 36 des Baugesetzbuches (BauGB) erteilt hatte, genehmigte die Landrätin des Beklagten mit Bescheiden vom 10. April 2014 ohne vorherige Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung die Errichtung und den Betrieb der beantragten vier Windenergieanlagen. Die Genehmigungen enthalten zahlreiche Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz. Darin heißt es u.a., dass die bereits erwähnten schalltechnischen Prognosen der Ingenieurbüro L1. GmbH Bestandteil der Genehmigungen und zu beachten seien (Nr. 3.8.1 der Nebenbestimmungen). Der Schallleistungspegel der genehmigten Anlagen dürfe 106,2 dB(A) nicht überschreiten (Nr. 3.8.2). Der Beurteilungspegel dürfe u.a. an den Wohnhäusern B. C1. Straße 65 und 66 nachts 45 dB(A) nicht überschreiten (Nr. 3.8.4). In den Genehmigungen für die Anlagen WEA A1 und WEA B1 wird ergänzend bestimmt, dass diese Anlagen während der Nachtzeit (22 bis 6 Uhr) in schallreduzierter Betriebsweise mit einer maximalen Leistung von 2.000 kW betrieben werden müssen und dabei ein Schallleistungspegel von 105,5 dB(A) nicht überschritten werden darf (Nr. 3.8.5). Ferner sehen die Nebenbestimmungen vor, dass die maximale Beschattungsdauer u.a. an den Wohnhäusern B. C1. Straße 65 und 66 30 Stunden/Jahr und 30 Minuten/Tag nicht überschreiten darf (Nr. 3.8.7 bzw. 3.8.8). Die Begrenzung der Beschattungsdauer ist durch eine Abschaltautomatik sicherzustellen (Nr. 3.8.8 bzw. 3.8.9). Die Genehmigungsbescheide wurden der Prozessbevollmächtigten der Kläger am 21. April 2014 zugestellt.

Am 28. April 2014 erteilte die Landrätin des Beklagten Herrn L. erneut Genehmigungsbescheide für die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2, in denen jeweils die Nebenbestimmung Nr. 3.11.8 neu gefasst war. Beide Bescheide wurden der Prozessbevollmächtigten der Kläger am 6. Mai 2014 zugestellt.

Unter dem 31. Juli 2014 zeigte Herr L. dem Beklagten per email einen Bauherrenwechsel hinsichtlich aller vier Genehmigungen an. Neue Bauherrin sei die Beigeladene zu 1. Mit weiterem Schreiben vom 27. Februar 2015 zeigte der Geschäftsführer der Beigeladenen dem Beklagten einen erneuten Betreiberwechsel hinsichtlich der Anlagen WEA A2, WEA B1 und WEA B2 an. Neue Betreiberinnen seien die Beigeladene zu 2. (WEA A2), die T2. C3. GmbH & Co. KG (WEA B1) und die B1. C3. GmbH & Co. KG (WEA B2).

Zu Beginn des Jahres 2015 führte der Beklagte eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durch. Aus diesem Anlass legten die Beigeladenen ein Gutachten der S1. Umweltplanung und Umweltberatung GbR vom 12. Februar 2015 über eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vor. Darin führten die Gutachter aus, dass die vier Windenergieanlagen auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) nicht zwingend als eine Windfarm zu betrachten seien. Rein vorsorglich werde dennoch eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt. Diese ergebe, dass das Vorhaben unter Einhaltung der vorgesehenen Vermeidungs-, Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne, so dass keine UVP-Pflicht nach § 3c UVPG ausgelöst werde. Der Beklagte gelangte im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles ebenfalls zu dem Ergebnis, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben erforderlich sei, und dokumentierte seine Entscheidung unter dem 9. April 2015.

Mit Änderungsanzeigen gemäß § 15 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom 25. März 2015 zeigten die Beigeladenen sowie die Betreiberinnen der WEA B1 und WEA B2 dem Beklagten an, dass die Rotorblätter der vier Anlagen aufgrund technischer Neuerungen mit „Trailing Edge Serrations (TES)“ ausgestattet würden, so dass sich der genehmigte Schallleistungspegel der Anlagen von ehemals 106,2 dB(A) bzw. 105,5 dB(A) auf jeweils 104,0 dB(A) verringere. Mit Bescheiden vom 17. April 2015 teilte die Landrätin des Beklagten den Anlagenbetreiberinnen mit, dass die angezeigten Änderungen nicht genehmigungsbedürftig seien.

Unter dem 28. April 2015 ordnete die Landrätin des Beklagten auf die Anträge der Anlagenbetreiberinnen vom 27. März 2015 hin die sofortige Vollziehung der vier immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 10. und 28. April 2014 an. Die seitens der Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2015 (sinngemäß) beantragte Aussetzung der Anordnungen der sofortigen Vollziehung lehnte die Landrätin des Beklagten mit Schreiben vom 9. Juni 2015 ab.

Bereits am 16. Mai 2014 haben die Kläger und weitere Eigentümer von Grundstücken im Umfeld der Windkraftkonzentrationszone A Klage gegen die Genehmigungen für die Anlagen WEA A1 und WEA A2 erhoben (Az. 4 K 1438/14). Die Kammer hat mit Beschluss vom 26. Mai 2014 das Verfahren der Kläger abgetrennt und unter dem oben angegebenen Aktenzeichen fortgesetzt.

Zur Begründung der Klage führen die Kläger in Ergänzung und Vertiefung ihres Vorbringens im Genehmigungsverfahren Folgendes aus: Eine eigene GPS-Messung habe ergeben, dass die Entfernungen zwischen der Windenergieanlage WEA A1 und den Wohnhäusern B. C1. Straße 66 (Eingangstor), 65 und 64 (jeweils Terrasse vor dem Wohnzimmer) 500 m, 628 m bzw. 703 m betrügen. Die Genehmigungen seien bereits deshalb rechtswidrig, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei. Bei den vier Windenergieanlagen handele es sich um kumulierende Vorhaben. Die Anlagen stünden in einem so geringen Abstand zueinander, dass ein Turbulenzgutachten zum Nachweis ihrer Standsicherheit erforderlich gewesen sei. Auch aus den einheitlichen Festsetzungen von Kompensationsmaßnahmen in den Genehmigungen ergebe sich, dass sich die Auswirkungen der Anlagen auf Natur und Landschaft wechselseitig ergänzten. Die Anlagen WEA B1 und WEA B2 befänden sich zudem in einem Landschaftsschutzgebiet. Nach dem Schallimmissionsgutachten seien an verschiedenen Immissionsorten Schallpegel von verschiedenen Anlagen wahrnehmbar, ohne dass eine Trennung in einzelne Anlagen oder Anlagengruppen möglich sei. Das Schattenwurfgutachten zeige, dass an mehreren Orten, etwa am Immissionsort E, Schatten verschiedener Anlagen aufträten. Ferner sei der von den Anlagen betroffene Bereich ein einheitliches Brut- und Nahrungshabitat für Rohrweihen, Rotmilane, Baumfalken, weitere Eulen und Greifvögel sowie Fledermäuse. Der für Brut- und Nahrungshabitate verschiedener Vogelarten maßgebliche Schutzradius folge aus den Abstandsempfehlungen der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW). Das Ergebnis der zwischenzeitlich durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Die gebotene Umweltverträglichkeitsprüfung hätte nur zu der Erkenntnis gelangen können, dass der Standort der Anlagen ungeeignet sei. Des Weiteren gingen von der WEA A1 optisch bedrängende Wirkungen auf das Wohnhaus B. C1. Straße 66 aus. Das Haus sei im Jahr 1954 baurechtlich genehmigt worden. Die Genehmigung sehe ausdrücklich ein Wohnhaus mit Stall vor. Da das Haus als Wohnhaus genutzt werde, sei es auch als solches geschützt. Sowohl von den geschützten Außenbereichen und Freisitzen als auch aus dem Wohnzimmer sei ein ungetrübter Blick auf das genehmigte Vorhaben möglich. Bei der Rodung, die in der Nähe des Hauses kürzlich stattgefunden habe, handele es sich um einen normalen forstwirtschaftlichen Vorgang im Rahmen der Bewirtschaftung der dort vorhandenen Weihnachtsbaumkultur. Das Schallgutachten belege nicht, dass der nächtliche Lärmgrenzwert von 45 dB(A) an den Wohnhäusern sicher eingehalten werden könne. Die Angaben zur Dreifachvermessung bezögen sich nicht auf die streitgegenständlichen Anlagentypen. Auch seien weitere Lärmimmissionen durch genehmigte landwirtschaftliche Emissionsquellen nicht berücksichtigt worden. Das Schattengutachten habe zu Unrecht vorhandene Gebäude und Bewuchs als Sichtverschattung berücksichtigt. Das Turbulenzgutachten sei nicht Bestandteil der Genehmigung. Darüber hinaus gelte die Eiserkennung nicht für den vorliegenden Anlagentyp, so dass bei bestimmten Witterungsbedingungen die Zuwegung zu ihrem Wohnhaus gefährdet sei. Die Eisabtaueinrichtung verhindere nicht, dass Eisstücke von den Rotorblättern der stillstehenden Anlage aus großer Höhe auf den Boden fielen. Schließlich verstoße das Vorhaben gegen die Abstandflächenregelungen. Die Abstandfläche der Anlage WEA A2 rage um ca. 1,50 m in das südlich des Vorhabengrundstücks gelegene Flurstück 25 hinein. Dieses Flurstück stehe im Eigentum des Klägers zu 2. und der weiteren Anliegerin T3. . Es handele sich dabei um ein eigenes Grundstück und nicht um ein Landesgewässer. Hinsichtlich des Grabens auf dem Flurstück 4, das östlich an das Vorhabengrundstück der WEA A2 angrenze und in das die Abstandfläche der Anlage WEA A2 um 1,20 m hineinrage, sei nur der Kläger zu 2. Eigentümer. Des Weiteren erfasse die Abstandfläche der Anlage WEA A1 einen Weg, der im Zuge der Flurbereinigung geschaffen worden sei und u.a. im Miteigentum des Klägers zu 2. als Anlieger stehe.

Die Kläger beantragen,

die Herrn U. L. von der Landrätin des Beklagten erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 28. April 2014 zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-82 E2 mit einer Nabenhöhe von jeweils 141,63 m auf den Grundstücken Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 11 und Flur 50, Flurstück 5 in M1. in der Gestalt der Änderungsanzeigen vom 25. März 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend: Ein Flächennutzungsplan entfalte grundsätzlich keine drittschützende Wirkung, so dass es rechtlich nicht darauf ankomme, dass die Rotoren der streitgegenständlichen Windenergieanlagen in geringem Umfang aus den ausgewiesenen Konzentrationszonen herausragten. Hier gehe es um zwei Vorhaben bzw. zwei Gruppen von Windenergieanlagen mit jeweils zwei einzelnen Anlagen. Der geringste Abstand zwischen diesen Gruppen, konkret zwischen den Anlagen WEA A2 und WEA B2, betrage 1.892 m und mithin das 23-fache des Rotordurchmessers von 82 m. Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sei keine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen. Auch ohne entsprechende rechtliche Verpflichtung sei diese gleichwohl durchgeführt worden und zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne. Die Schallimmissionsprognose begegne keinen Bedenken. Es wirke sich nicht zu Lasten der Kläger aus, dass das Wohnhaus B. C1. Straße 64 in der Schallimmissionsprognose nicht als eigener Immissionsort berücksichtigt worden sei. Infolge der Änderungsanzeigen der Beigeladenen sei davon auszugehen, dass es am Wohnhaus B. C1. Straße 65, das in geringerer Entfernung zu den genehmigten Anlagen liege, nur noch zu einem Gesamtbeurteilungspegel von 39,4 dB(A) komme. Darin sei ein Sicherheitszuschlag von 2,2 dB(A) enthalten. Der Hinweis der Kläger auf weitere landwirtschaftliche Emissionsquellen sei in keiner Weise substantiiert. Insoweit wären ohnehin nur Lärmbelästigungen relevant, die nach der TA Lärm zu beurteilende Anlagen zur Nachtzeit hervorriefen. Die Anlagen WEA A1 und WEA A2 übten keine optisch bedrängende Wirkung auf die Wohnhäuser B. C1. Straße 64 bis 66 aus. Eine Vermessung anhand der Koordinaten nach dem „Universal-Transverse-Mercator-System“ (UTM) habe ergeben, dass das Wohnhaus B. C1. Straße 65 von der Anlage WEA A1 636 m und von der Anlage WEA A2 799 m entfernt sei. Für das Wohnhaus B. C1. Straße 66 betrügen die Abstände zur WEA A1 506 m – das 2,77-fache der Gesamthöhe der Anlage – und zur WEA A2 665 m. Die Nebenbestimmungen zu den Genehmigungen für die WEA A1 und WEA A2 stellten sicher, dass auf die schutzwürdigen Bereiche auf dem Grundstück der Kläger kein unzumutbarer Schattenwurf einwirke. Das Turbulenzgutachten sei Bestandteil der Genehmigungen. Auch eine Gefährdung durch Eiswurf bestehe nicht, da die genehmigten Windenergieanlagen mit einem Eiserkennungssystem ausgestattet seien, das die Anlagen bei der Gefahr von Eisbildung abschalte.

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führen sie aus, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe. Die durchgeführte einzelfallbezogene Vorprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Bei den vier Windenergieanlagen handele es sich nicht um eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG, sondern um zwei Vorhaben mit je zwei Windenergieanlagen. Die Entfernung zwischen den Anlagengruppen betrage mehr als das 23-fache des Rotordurchmessers der Anlagen. Es lägen auch keine besonderen tatsächlichen Umstände vor, die eine Einzelfallbeurteilung im Hinblick auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts erforderlich gemacht hätten. Das Turbulenzgutachten sei nur für den Nachweis der Standsicherheit innerhalb der Anlagengruppen A1/A2 und B1/B2 notwendig gewesen. Zu einer wechselseitigen Beeinflussung der Gruppen A1/A2 und B1/B2 könne es angesichts der großen Abstände nicht kommen. Von den Anlagengruppen gingen auch keine sich überschneidenden Wirkungen auf die Avifauna aus. Brutvorkommen der Rohrweihe und des Rotmilans, für die das Helgoländer Papier einen Ausschlussbereich von jeweils 1.000 m vorsehe, lägen jeweils nur im Ausschlussbereich einer Windenergieanlage. Auch eine Überschneidung im erweiterten Prüfbereich sei angesichts des Abstands der Anlagengruppen ausgeschlossen. Ebenso komme es nicht zu einer Überschneidung der Schallimmissionen der auf den Teilflächen A und B geplanten Anlagen. Keiner der in der Schallimmissionsprognose genannten Immissionspunkte befinde sich zugleich im Einwirkbereich der Anlagengruppen A1/A2 und B1/B2 im Sinne von Nr. 2.2 Buchstabe a) TA Lärm. Auch das Schattenwurfgutachten belege keine sich summierenden Auswirkungen. Danach werde der Schatten an den jeweiligen Immissionsorten jeweils nur von Anlagen einer der beiden Anlagengruppen verursacht. Auch am Immissionspunkt E ergäben sich keine Überschneidungspunkte der Anlagen aus den beiden Gruppen, da nur die jeweils gegenüberliegenden Seiten des Hauses (Immissionspunkte E1 und E2) getroffen würden. Selbst wenn die Anlagen als Windfarm zu beurteilen wären, wäre eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich gewesen. Die von den Klägern angeführten nachteiligen Umweltauswirkungen für das Schutzgut Mensch lägen nicht vor. Die Anlagen WEA A1 und WEA A2 wirkten nicht optisch bedrängend auf das Wohnhaus B. C1. Straße 64. Nachteilige Umweltauswirkungen durch Schattenschlag würden durch das vorgesehene Abschaltsystem ausgeschlossen. Auch der für das Wohnhaus der Kläger geltende Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts werde eingehalten. Bei der Ausbreitungsrechnung sei ein Sicherheitszuschlag von 2,2 dB(A) angenommen worden, der über die bundesweit übliche Praxis hinausgehe. Das Immissionsgutachten sei auch nicht fehlerhaft. Der Berechnung liege eine Referenzmessung an einer typengleichen Anlage zugrunde. Ferner habe der Gutachter die von den Klägern pauschal behaupteten Lärmemissionsquellen bei einem Ortstermin nicht vorgefunden. Eine Gefahr durch Eiswurf bestehe im Hinblick auf die bei Eisbildung vorgesehene Abschaltautomatik ebenfalls nicht. Auch nachteilige Auswirkungen auf die Vorkommen der Rohrweihe und des Rotmilans seien im Hinblick auf die vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen nicht zu erwarten. Darüber hinaus könnten die Kläger nicht rügen, dass Teile der Anlagen die Grenzen der Konzentrationszonen überschritten, da weder die Darstellungen in einem Flächennutzungsplan noch die sich aus einem Flächennutzungsplan ergebende Ausschlusswirkung drittschützend seien. Schließlich liege kein Verstoß gegen die Abstandflächenregelungen vor. Die Abstandfläche der Anlage WEA A2 beanspruche zwar die südlich und östlich an das Vorhabengrundstück (Flur 50, Flurstück 5) angrenzenden Flurstücke 25 und 4. Bei diesen Flurstücken handele es sich aber um Gewässer, die als sog. buchungsfreie Grundstücke keine selbstständigen Grundstücke seien. Nach den Bestimmungen des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) seien die Eigentümer der gegenüberliegenden Ufergrundstücke bis zu einer Linie, die durch die Mitte des Gewässer bei Mittelwasserstand zu ziehen sei, Eigentümer von sonstigen Gewässern. Die von der Abstandfläche betroffenen Teilstücke der Flurstücke 4 und 25 stünden daher im Eigentum von Frau Elisabeth T3. , der das Flurstück 50 gehöre.

Der Berichterstatter der Kammer hat die Örtlichkeiten am 17. September 2015 in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll und die im Termin angefertigten Lichtbilder verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte 4 K 1437/14, der im Verfahren 4 K 1437/14 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der Beiakten des vorliegenden Verfahrens Bezug genommen.

Gründe
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Alternative der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind die Kläger klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Kläger kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden.

Vgl. zu diesem Maßstab: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 -, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 148, 353 f. sowie vom 22. Februar 1994 – 1 C 24.92 -, BVerwGE 95, 133.

Die Kläger können geltend machen, dass die angegriffenen Genehmigungsbescheide vom 28. April 2014 in der Gestalt der Änderungsanzeigen vom 25. März 2015 gegen die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verstoßen. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend. Als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage sind alle Personen anzusehen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 – 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rdnr. 12 und Beschluss vom 24. Juli 2008 – 7 B 19.08 -, juris Rdnr. 12; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 8 B 315/15 -, juris Rdnr.9.

Ausgehend hiervon ist ein zu Lasten der Kläger wirkender Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG nicht von vornherein ausgeschlossen, da sie vortragen, dass von den genehmigten Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 schädliche Umweltauswirkungen in Gestalt von Lärmimmissionen und Schattenwurf auf ihrem Grundstück verursacht würden. Ferner ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Windenergieanlagen sich optisch bedrängend auf das Grundstück der Kläger auswirken und so gegen das ebenfalls nachbarschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen.

Besteht demnach bereits die Möglichkeit, dass die Kläger in eigenen materiellen Rechtspositionen betroffen sind, so kann offen bleiben, ob ihre Klagebefugnis auch aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) folgt. § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuschalten und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken.

Vgl. zuletzt: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 -, a.a.O.= juris Rdnr. 21.

Die Klage war auch ohne die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Die Kläger waren im Genehmigungsverfahren beteiligt, da sie über ihre Prozessbevollmächtigte Einwendungen gegen die Erteilung der Genehmigungen erhoben haben und die Genehmigungsbescheide ihrer Prozessbevollmächtigten förmlich zugestellt worden sind. Deshalb war gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 3 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) die Durchführung eines Verwaltungsvorverfahrens nicht erforderlich.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Genehmigungsbescheide der Landrätin des Beklagten vom 28. April 2014 in der Gestalt der Änderungsanzeigen vom 25. März 2015 verletzen die Kläger unter keinem der von ihnen geltend gemachten Gesichtspunkte in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

In Fällen der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung maßgeblich.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 B 40.98 -, Baurecht (BauR) 1998, 995 = juris Rdnr. 3; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015- 8 A 959/10 -, BauR 2015, 1138 = juris Rdnr. 88, sowie Beschlüsse vom 16. Mai 2011 – 8 A 372/09 -, juris Rdnr. 20 und vom 23. Juni 2010- 8 A 340/09 -, juris Rdnr. 18.

Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Acht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 B 40.98 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 959/10 -, a.a.O. Rdnr. 90.

Diese Grundsätze schließen es nicht aus, im Rahmen einer derartigen Drittanfechtungsklage nachträglich gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.

Vgl. dazu auch: BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 C 2.07 -,BVerwGE 129, 209; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015- 8 A 959/10 -, a.a.O. Rdnr. 92.

Nach Maßgabe dessen ist vorliegend der aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgende immissionsschutzrechtliche Nachbarschutz gewahrt (hierzu nachfolgend unter 1.). Die genehmigten Windenergieanlagen verstoßen auch nicht zu Lasten der Kläger gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (2.) oder die bauordnungsrechtlichen Abstandflächenregelungen (3.). Soweit Bauteile der Windenergieanlagen über die Grenzen der im Flächennutzungsplan der Gemeinde M1. ausgewiesenen Windraftkonzentrationszone A hinausragen, werden hierdurch keine Rechte der Kläger berührt (4.). Schließlich besteht im vorliegenden Fall auch kein Verfahrensrecht aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Sätze 1 und 2 UmwRG, das die Kläger gegebenenfalls unabhängig von einer Verletzung eigener materieller Rechte selbstständig durchsetzen könnten (5.).

Vgl. zum Letzteren: OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 959/10 -, a.a.O. Rdnr. 53 und Beschluss vom 24. Juni 2015 – 8 B 315/15 -, a.a.O. Rdnr. 6.

1. Es ist nicht ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2, die nach § 4 BImSchG i. V. m. Nr. 1.6 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen im vereinfachten Verfahren gemäß § 19 BImSchG bedürfen, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG verursachen.

Für anlagenbezogene Lärmimmissionen wird der unbestimmte Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen durch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) in ihrer Fassung vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503) konkretisiert. Ihr kommt eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 -, a.a.O. =juris Rdnr. 53; BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 C 2.07 -,BVerwGE 129, 209, Rdnr. 12.

Das Vorhaben der Beigeladenen genügt den Anforderungen der TA Lärm und verletzt die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten. Die im Eigentum des Klägers zu 2. stehenden Wohngrundstücke liegen, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, im Außenbereich der Stadt C2. . Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sind Bewohnern des Außenbereichs von Windenergieanlagen ausgehende Lärmpegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach der TA Lärm festgelegten Grenzwerte zuzumuten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 8 B 390/15 -, juris Rdnr. 6.

Der danach in den angefochtenen Genehmigungsbescheiden für die Wohnhäuser B. C1. Straße 65 und 66 zutreffend festgesetzte nächtliche Immissionsrichtwert von 45 dB(A) – vgl. jeweils Nr. 3.8.4 der Nebenbestimmungen – kann bei einem genehmigungskonformen Betrieb der Windenergieanlagen auch „auf der sicheren Seite liegend“,

vgl. zu diesem Erfordernis: OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2013- 8 A 96/12 -, juris Rdnr. 9 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen,

eingehalten werden. Den Genehmigungsbescheiden liegen jeweils die Schallimmissionsprognose vom 17. Oktober 2012 und eine ergänzende Stellungnahme vom 29. Januar 2014 der Ingenieurbüro L1. GmbH zugrunde (Anlagen 22 und 23 zu den Bescheiden). Nach der Prognose vom 29. Januar 2014 ergeben sich an den Wohnhäusern B. C1. Straße 66 und 65 (in der Prognose vom 17. Oktober 2012 als Immissionsorte G bzw. H und in der Stellungnahme vom 29. Januar 2014 als Immissionsorte H bzw. I bezeichnet) Gesamtbeurteilungspegel von 44,0 dB(A) bzw. 41,1 dB(A), wenn die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA B1 in einem schallreduzierten Betriebsmodus mit einer reduzierten Nennleistung von 2.000 kW betrieben werden. Eine dergestalt schallreduzierte Betriebsweise zur Nachtzeit (22 bis 6 Uhr) wird in den Genehmigungsbescheiden für die Anlagen WEA A1 und WEA B1 jeweils in Nebenbestimmung Nr. 3.8.5 vorgeschrieben. Für das Wohnhaus B. C1. Straße 64, das in den Gutachten der Ingenieurbüro L1. GmbH nicht als eigener Immissionsort betrachtet worden ist, ist ein Gesamtbeurteilungspegel von (deutlich) weniger als 41,1 dB(A) anzunehmen, weil es von den Standorten der Anlagen WEA A1 und WEA A2 erheblich weiter entfernt liegt als das Wohnhaus B. C1. Straße 65.

Die Schallimmissionsprognosen sind auch methodisch schlüssig und nachvollziehbar Die Ingenieurbüro L1. GmbH geht von einem mittleren Schallleistungspegel des streitgegenständlichen Anlagentyps Enercon E-82 E2 von 104,0 dB(A) aus, der im Rahmen einer Dreifachvermessung dieses Anlagentyps ermittelt und auf die hier in Rede stehenden Nabenhöhen von 138 m umgerechnet wurde. Ebenso berücksichtigen die Prognosen, dass die WEA A1 und WEA A2 aufgrund der Gestaltung des Fundaments um jeweils 3,25 m höher sind. Im Hinblick auf die Prognoseunsicherheit bezüglich des Beurteilungspegels wird bereits auf der Emissionsseite für alle vier Anlagen ein Sicherheitszuschlag von 2,2 dB(A) vorgenommen. Für den um diesen Pegelzuschlag erhöhten Schallleistungspegel – 106,2 dB(A) -, der als Eingangsgröße der Ausbreitungsberechnung verwendet wird, gilt ausweislich der Prognosen eine Unterschreitungswahrscheinlichkeit von 90%. Auch für die im Rahmen der Ausbreitungsberechnung ermittelten Schallimmissionspegel, d.h. die Gesamtbeurteilungspegel an den jeweiligen Immissionsorten, gelte eine Unterschreitungswahrscheinlichkeit von 90%. Somit trägt der Sicherheitszuschlag von 2,2 dB(A) auf den Schallleistungspegel der Unsicherheit des Prognosemodells entsprechend den Anforderungen nach Nr. 5.2.1.1 des nordrheinwestfälischen Windenergie-Erlasses vom 11. Juli 2011 (MBl. NRW. 2011, S. 321) im Sinne eines „oberen Vertrauensbereichs“ hinreichend Rechnung.

Die Schallimmissionsprognosen leiden ferner nicht unter den von den Klägern gerügten Mängeln. Wie bereits dargelegt, ist entgegen der Behauptung der Kläger in den Jahren 2010 und 2011 eine Dreifachvermessung des Anlagentyps Enercon E-82 E2, jeweils mit Nabenhöhen von 108 m, erfolgt (vgl. S. 22 der Schallimmissionsprognose vom 17. Oktober 2012). Die Umrechnung der Messergebnisse auf Nabenhöhen von 138 m ist weder rechtlich noch rechnerisch zu beanstanden. Soweit die Kläger der Auffassung sind, dass die Gutachter in ihren Berechnungen weitere landwirtschaftliche Emissionsquellen hätten berücksichtigen müssen, kann die Kammer dem nicht nachgehen, weil die Kläger die vermeintlichen (nächtlichen) Emissionsquellen auch auf entsprechende Vorhalte des Beklagten und der Beigeladenen im Klageverfahren hin nicht benannt haben und ihr Vorbringen somit unsubstantiiert ist. Gewerbliche Nutzungen mit nächtlichen Lärmemissionen haben Mitarbeiter der Ingenieurbüro L1. GmbH bei einer Ortsbegehung der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen am 24. Juli 2012 nicht vorgefunden (vgl. S. 12 der Schallimmissionsprognose vom 17. Oktober 2012). Dieser Feststellung sind die Kläger nicht entgegengetreten.

Die Einhaltung des Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) an den Wohnhäusern B. C1. Straße 64 bis 66, die nach alldem bereits durch die Genehmigungsbescheide in ihren ursprünglichen Fassungen vom 10. und 28. April 2014 gewährleistet wurde, ist infolge der Änderungsanzeigen der Betreiberinnen vom 25. März 2015, dass die Rotorblätter der genehmigten vier Anlagen nunmehr mit „Trailing Edge Serrations“ (TES) ausgestattet werden, noch (deutlich) sicherer zu erwarten. Nach der Schallimmissionsprognose der Ingenieurbüro L1. GmbH vom 9. März 2015 ergeben sich auf der Grundlage der geänderten Daten für die Wohnhäuser B. C1. Straße 66 und 65 (Immissionsorte H und I) selbst bei einem nicht schallreduzierten Normalbetrieb aller vier Anlagen mit einer Nennleistung von jeweils 2.300 kW nur noch Gesamtbeurteilungspegel von 42,2 dB(A) bzw. 39,4 dB(A). Der Gesamtbeurteilungspegel für das Gebäude B. C1. Straße 64 unterschreitet, wie bereits dargelegt, (deutlich) den für den Immissionsort B. C1. Straße 65 ermittelten Wert. Der Berechnung der Ingenieurbüro L1. GmbH liegen die Ergebnisse einer Dreifachvermessung des Anlagentyps Enercon E-82 E2 mit TES zugrunde, die nach Umrechnung auf eine Nabenhöhe von 138 m einen mittleren Schallleistungspegel von 102,0 dB(A) ausweisen. Diesem Wert wird emissionsseitig ein Sicherheitszuschlag von 2,0 dB(A) hinzugerechnet, so dass im Sinne eines „oberen Vertrauensbereichs“ ein Schallleistungspegel von 104,0 dB(A) für alle vier Windenergieanlagen in die Ausbreitungsberechnung einfließt.

Des Weiteren werden die Wohngrundstücke B. C1. Straße 64 bis 66 nicht durch den Schattenwurf der genehmigten Windenergieanlagen unzumutbar beeinträchtigt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Belästigung durch den von Windenergieanlagen zu erwartenden Schattenwurf dann als zumutbar für die Nachbarschaft gilt, wenn die nach einer „worstcase“-Berechnung maximal mögliche Einwirkdauer im Sinne der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer am jeweiligen Immissionsort nicht mehr als 30 Stunden im Jahr – entsprechend einer realen, d.h. im langjährigen Mittel für hiesige Standorte zu erwartenden Einwirkdauer von maximal acht Stunden im Jahr – und darüber hinaus nicht mehr als 30 Minuten am Tag beträgt. Zwar gibt es für den von Windenergieanlagen verursachten Schattenwurf keine feste, wissenschaftlich abgesicherte Grenze, deren Überschreitung stets die Annahme einer schädlichen Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG und damit einer Nachbarrechtsverletzung nach sich ziehen müsste. Dem wird aber dadurch Rechnung getragen, dass diese Faustformel nicht nach der Art eines Rechtssatzes angewandt wird. Vielmehr sind wie allgemein bei der Frage nach dem Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Rahmen einer wertenden Betrachtung die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. September 2012 – 8 A 339/12 -, juris Rdnr. 20 f.

Umstände, die im vorliegenden Einzelfall eine geringere Höchstbeschattungsdauer als 30 Minuten am Tag und acht Stunden im Jahr als zumutbar erscheinen lassen, sind indes von den Klägern nicht vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Daher sind den Klägern als Bewohnern des Außenbereichs aufgrund der gesetzlich bestehenden Privilegierung von Windenergieanlagen für einen Zeitraum von jeweils höchstens 30 Minuten pro Tag und acht Stunden insgesamt pro Jahr auch Maßnahmen zumutbar, durch die sie den Wirkungen der Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 ausweichen oder sich vor ihnen schützen, etwa durch ein zeitweiliges Ausweichen in andere Räumlichkeiten des Hauses, das Anbringen von blickdichten Gardinen oder eine Bepflanzung des Grundstücks.

Vgl. hierzu: OVG NRW, OVG NRW, Beschluss vom 19. September 2012- 8 A 339/12 -, a.a.O. Rdnr. 22 ff.

Die Anlagen WEA A1 und WEA A2 verursachen an den Wohngebäuden B. C1. Straße 64 bis 66 keine Überschreitung der vorgenannten maximalen Beschattungszeiten pro Jahr und Tag. Das Schattenwurfgutachten vom 2. August 2012 und die ergänzende Stellungnahme vom 17. Oktober 2012 der Ingenieurbüro L1. GmbH (Anlagen 20 und 21 zu den Bescheiden) gelangen zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus B. C1. Straße 65 (Immissionsort H) durch die Anlagen WEA A1 und WEA A2 bei der gebotenen „worstcase“-Betrachtung – die Sonne scheint den ganzen Tag und die Rotorblätter der im Dauerbetrieb befindlichen Windenergieanlagen stehen immer senkrecht zur Sonneneinstrahlung – nur eine jährliche Schattenwurfdauer von 16 Stunden und 44 Minuten sowie eine maximale tägliche Schattenwurfdauer von 25 Minuten erreicht wird (vgl. S. 4 der ergänzenden Stellungnahme vom 17. Oktober 2012). Für das Gebäude B. C1. Straße 66 (Immissionsort G) wird keine Beschattungswirkung durch die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 angenommen. Dabei wird eine abschirmende Wirkung durch Sichthindernisse für die Immissionsorte G und H berücksichtigt (vgl. S. 7 des Gutachtens vom 2. August 2012).

Ungeachtet dessen schreiben die Nebenbestimmungen zu den Genehmigungen für die Anlagen WEA A1 (Nr. 3.8.8 und 3.8.9) und WEA A2 (Nr. 3.8.7 und 3.8.8) eine Abschaltautomatik für die Anlagen vor, die sicherstellt, dass auch an den Immissionsorten G und H die tatsächliche Gesamtbeschattungsdauer auf acht Stunden pro Jahr und darüber hinaus auf 30 Minuten pro Tag begrenzt wird. Diese Nebenbestimmungen gewährleisten mithin auch für das deutlich weiter südöstlich der Anlagenstandorte gelegene Wohnhaus B. C1. Straße 64, das in den Schattenwurfgutachten nicht untersucht wurde, einen Schutz vor unzumutbarer Beschattung.

Ferner ist nicht erkennbar, dass die Wohngrundstücke B. C1. Straße 64 bis 66 durch Eiswurf der Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 gefährdet sein könnten. Die genehmigten Windenergieanlagen verfügen ausweislich der Technischen Beschreibung der Herstellerin (Anlage 28 zu den Genehmigungen) serienmäßig über eine Eisansatzerkennung, welche die Anlagen bei Eisbildung in der Regel innerhalb einer halben Stunde, bevor die Dicke der Eisschicht zu einer Gefährdung der Umgebung führt, abschaltet. Die TÜV NORD Systems GmbH & Co. KG hat dieses Eiserkennungssystem einer Plausibilitätsprüfung unterzogen und in einem Bericht vom 11. Januar 2008 (Anlage 29 zu den Genehmigungen) bestätigt, dass es geeignet sei, den Abwurf dickwandiger Eisstücke mit hohem Gefährdungspotenzial von den rotierenden Blättern der Anlagen zu verhindern. Auch das Abwerfen großvolumiger Eisstücke beim Wiederanfahren einer wegen Eisansatzes angehaltenen Anlage sei ausgeschlossen. Der Bericht führt ferner aus, dass das System seit Januar 2006 serienmäßig in Anlagen des Typs Enercon E-82 eingebaut werde und alle aktuellen Anlagen mit diesem ausgestattet würden (vgl. S. 3). Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass die Plausibilitätsprüfung auch für den hier in Rede stehenden Anlagentyp Enercon E-82 E2 mit TES Gültigkeit beansprucht. Auf eine Gefährdung durch Eisstücke, die von den Rotorblättern der stillstehenden Windenergieanlagen aus großer Höhe auf den Boden fallen, können die Kläger sich nicht berufen, da die (bloße) Nutzung der in der Nähe der Anlagen verlaufenden öffentlichen Verkehrsflächen ihnen von vornherein kein subjektives Abwehrrecht gegen die Anlagen verleiht. Auf den Wohngrundstücken B. C1. Straße 64 bis 66 werden die Bewohner durch herabfallende Eisstücke der stillstehenden Anlagen angesichts der Entfernung zu den Anlagen nicht ansatzweise gefährdet. Diese Gefahr besteht auch nicht auf den an die Vorhabengrundstücke südlich und östlich angrenzenden, landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, die nach eigenen Angaben im Eigentum des Klägers zu 2. stehen. Denn die betreffenden Nachbargrundstücke weisen ausweislich des Lageplans in den Bauvorlagen einen deutlich größeren Abstand als 41 m zu den Standorten der Anlagen WEA A1 und WEA A2 auf, so dass die stehenden Rotoren der Anlagen nicht in den Luftraum dieser Nachbargrundstücke hineinragen.

Überdies ist nicht zu besorgen, dass die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 aufgrund einer durch benachbarte Windenergieanlagen erhöhten Turbulenzbelastung nicht hinreichend standsicher sind. Das Gutachten zur Turbulenzbelastung im Windpark M1. der G. & F1. Engineering GmbH & Co. KG vom 26. Oktober 2012, das entgegen der Annahme der Kläger Bestandteil der jeweiligen Genehmigungsbescheide ist (Anlage 37 zu den Bescheiden) kommt zu dem Ergebnis, dass die Standsicherheit u.a. der streitgegenständlichen Anlagen hinsichtlich des Einflusses benachbarter Windenergieanlagen nachgewiesen sei. Vor diesem Hintergrund kann letztlich dahinstehen, ob die Kläger mit Blick auf die Entfernung der Wohngrundstücke B. C1. Straße 64 bis 66 zu den Anlagen WEA A1 und WEA A2 überhaupt aus Mängeln der Standsicherheit eine Beeinträchtigung in eigenen Rechten herleiten könnten.

2. Den Klägern steht auch nicht deshalb ein nachbarliches Abwehrrecht gegen die genehmigten Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 zu, weil – wie sie geltend machen – von diesen optisch bedrängende Wirkungen ausgehen, die mit Blick auf die Wohngrundstücke B. C1. Straße 64 bis 66 gegen das bauplanungsrechtliche, bei Außenbereichsvorhaben in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot verstoßen.

Bei der Prüfung, ob eine Windenergieanlage sich in einer optisch bedrängenden und damit bauplanungsrechtlich unzumutbaren Weise auf eine benachbarte Wohnnutzung auswirkt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, der das erkennende Gericht folgt, stets eine Bewertung des konkreten Einzelfalles vorzunehmen. Diese orientiert sich im Ausgangspunkt an den folgenden groben Einheitswerten:

Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand trete die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukomme.

Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.

Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.

Vgl. zu allem: OVG NRW, Urteil vom 6. August 2006 – 8 A 2726/05 -, BauR 2007, 74; zuletzt: Beschluss vom 27. Juli 2015 – 8 B 390/15 -, a.a.O. Rdnr. 32.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist vorliegend (lediglich) eine besonders intensive Einzelfallprüfung im Hinblick auf das Wohnhaus B. C1. Straße 66 und die Windenergieanlage WEA A1 geboten. Denn diese Anlage mit einer Gesamthöhe von 182,63 m (141,63 m Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers von 82 m) soll ausweislich einer Vermessung anhand der UTM-Werte, die der Beklagte im Klageverfahren einer Bitte der Kammer entsprechend veranlasst hat, in einem Abstand von 506 m und damit dem ca. 2,77-fachen ihrer Gesamthöhe zum Wohnhaus B. C1. Straße 66 errichtet werden. Der von den Klägern angegebene Abstand der Anlage WEA A1 zum Eingangstor des Gebäudes B. C1. Straße 66 ist insoweit nicht entscheidungserheblich, da für die Frage der optisch bedrängenden Wirkung einer Windenergieanlage nur deren Abstand zum jeweils betroffenen Wohnhaus maßgeblich ist. Hinsichtlich der Windenergieanlage WEA A2 bedarf es hingegen keiner besonders intensiven Einzelfallprüfung, weil ihr Abstand zum Wohnhaus B. C1. Straße 66 gemäß UTM-Werten 665 m und somit das ca. 3,64-fache ihrer Gesamthöhe beträgt.

Eine vertiefte Einzelfallprüfung ist auch im Hinblick auf die Wohnhäuser B. C1. Straße 65 und 64 nicht erforderlich. Die UTM-Messung des Beklagten hat für das Wohnhaus B. C1. Straße 65 Abstände von 636 m zur Anlage WEA A1 – das 3,48-fache der Gesamthöhe – und von 799 m zur Anlage WEA A2 – das 4,37-fache der Gesamthöhe – ergeben. Das Wohnhaus B. C1. Straße 64 liegt noch weiter von den Standorten der fraglichen Anlagen entfernt.

Im Rahmen der Einzelfallwürdigung sind insbesondere die Kriterien Höhe und Standort der Windenergieanlage, Größe des Rotordurchmessers, Blickwinkel, Hauptwindrichtung, (Außenbereichs-)Lage des Grundstücks, Lage der Aufenthaltsräume und deren Fenster im Verhältnis zur Anlage sowie Bestehen von Ausweichmöglichkeiten von Bedeutung. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf dem Grundstück eine hinreichende optische Abschirmung zur Windenergieanlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Auch Vorbelastungen sind zu berücksichtigen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 8 B 390/15 -, a.a.O. Rdnr. 36 ff. mit weiteren Nachweisen der Senatsrechtsprechung.

Ausgehend hiervon fällt die Einzelfallbewertung im Ergebnis zugunsten des Beklagten und der Beigeladenen aus. Dieser Bewertung liegen die Luft- und Lichtbilder in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten sowie die Feststellungen zugrunde, die der Berichterstatter in dem Ortstermin am 17. September 2015 getroffen und der Kammer anhand der dort angefertigten Lichtbilder vermittelt hat.

Im Rahmen der Einzelfallprüfung begegnet es zunächst erheblichen rechtlichen Bedenken, ob die Nutzung des Gebäudes B. C1. Straße 66 im Zeitpunkt der Erteilung der angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen überhaupt (noch) schutzwürdig war. Denn die Wohnnutzung durch Frau N. F. , die das Haus im Jahr 2013 angemietet hat, ist nicht durch eine Baugenehmigung abgedeckt und daher formell baurechtswidrig. Unter dem 29. April 1954 ist dem damaligen Eigentümer des Grundstücks, Herrn Hermann I2. , vom Oberkreisdirektor des Landkreises C2. eine Baugenehmigung für den Neubau einer Landarbeiterwerkswohnung erteilt worden. Genehmigt war daher entgegen der Auffassung der Kläger keine reine Wohnnutzung, sondern eine Nutzung als Werkswohnung für einen Landarbeiter. Frau F. ist jedoch nach eigenen Angaben nicht in dem landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger beschäftigt.

Aus Anlass des vorliegenden Verfahrens bedarf es keiner Entscheidung, ob die auf Dauer angelegte Wohnnutzung des Hauses B. C1. Straße 66 durch eine nicht im landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger beschäftigte Bewohnerin die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung hat entfallen lassen und ob gegebenenfalls eine nicht im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte Wohnnutzung des Gebäudes materiellrechtlich – etwa auf der Grundlage von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB – genehmigungsfähig gewesen wäre.

Selbst wenn zugunsten der Kläger die Genehmigungsfähigkeit der (jedenfalls) seit dem Jahr 2013 reinen Wohnnutzung des Gebäudes B. C1. Straße 66 unterstellt wird, wirkt sich die Windenergieanlage WEA A1 nicht optisch bedrängend auf das Wohnhaus aus.

Der Standort der Anlage WEA A1 liegt nordöstlich des Hauses und somit nicht in der Hauptblickrichtung der nach Osten und Norden ausgerichteten Seiten des Gebäudes. Zudem fällt ins Gewicht, dass der Abstand zwischen der Anlage WEA A1 und dem Wohnhaus mit dem ca. 2,77-fachen der Gesamthöhe der Anlage deutlich näher am Faktor 3 liegt, der nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen im Regelfall nicht die Annahme einer rücksichtslosen Wirkung der Anlage rechtfertigt, als am Faktor 2, bei dem regelmäßig von einer Rücksichtslosigkeit der Anlage auszugehen wäre.

Zwar wird der Rotor der Anlage bei der vorherrschenden Windrichtung aus West-Süd-West (vgl. S. 20 des Visualisierungsgutachtens der CUBE Engineering GmbH vom 4. Oktober 2012) und der hierdurch bedingten Rotorstellung vom südwestlich gelegenen Wohnhaus B. C1. Straße 66 in vollem Umfang zu sehen sein. Bei den ebenfalls häufigen Windrichtungen West und Süd-Süd-West wird der Rotor jedoch nur seitlich oder schräg stehend zu sehen sein. Dies führt zu einer gegenüber der Frontalansicht geringfügigeren Beeinträchtigung.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. November 2014 – 8 B 1019/14 -, nicht veröffentlicht und vom 22. Dezember 2011 – 8 B 669/11 -, juris Rdnr. 38.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang ferner, dass der Rotor einen für eine Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 141,63 m vergleichsweise geringen Durchmesser von 82 m hat und daher auf das fragliche Wohnhaus weniger belastend wirkt.

Des Weiteren wurden die optischen Wirkungen der Windenergieanlage WEA A1 auf das Wohnhaus B. C1. Straße 66 im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Erteilung der angegriffenen Genehmigungen teilweise durch hohe Nadelbäume abgeschirmt, die sich damals in größerer Anzahl als gegenwärtig unmittelbar östlich des Wohnhaus befanden. Die Licht- und Luftbilder im Visualisierungsgutachten der CUBE Engineering GmbH vom 4. Oktober 2012 (S. 14 f.) und die von Mitarbeitern des Beklagten bei einer Ortsbesichtigung am 27. September 2013 angefertigten Lichtbilder (Blatt 375 f. der Beiakte Heft 1 zu 4 K 1437/14) zeigen den seinerzeit dichten Bewuchs mit Nadelbäumen östlich des Hauses. Beim Ortstermin am 17. September 2015 war demgegenüber ein deutlich geringerer Baumbestand östlich des Wohnhauses zu verzeichnen, da zwischenzeitlich insbesondere in dem Bereich der Sichtachse zwischen dem Gebäude und dem Standort der geplanten Anlage WEA A1 Rodungsarbeiten durchgeführt worden waren (vgl. die im Ortstermin angefertigten Lichtbilder 15 und 16). Der Rauch, der während des Ortstermins an einigen Stellen aus dem Boden der gerodeten Fläche aufstieg, lässt den Schluss zu, dass die Rodung dort erst kurz zuvor erfolgt ist.

Dies vorausgeschickt, können die Kläger eine optisch bedrängende Wirkung der Windenergieanlage WEA A1 nicht damit begründen, dass die Anlage aus Aufenthaltsräumen des Wohnhauses B. C1. Straße 66 unmittelbar zu sehen sein werde. Für die Annahme einer optisch bedrängenden Wirkung genügt es für sich gesehen nicht, dass eine Windenergieanlage von den Wohnräumen aus überhaupt wahrnehmbar ist. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht.

Vgl. zuletzt: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 8 B 390/15 -, a.a.O. Rdnr. 42 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen.

Die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage entfällt daher nicht erst dann, wenn die Sicht auf die Windenergieanlage durch Abschirm- oder Ausweichmaßnahmen völlig gehindert wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Anlage in ihrer Wirkung durch eine vorhandene Abschirmung abgemildert werden kann oder dass eine solche Abschirmung in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Dies gilt insbesondere im Außenbereich, wo mit der Errichtung von dort privilegierten Windenergieanlagen (vgl. § 35 Abs. 5 Nr. 6 BauGB) gerechnet werden muss und dem Betroffenen wegen des daher verminderten Schutzanspruchs eher Maßnahmen zumutbar sind, durch die er den Wirkungen der Windenergieanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Juli 2014 – 8 B 1230/13 -, nicht veröffentlicht und vom 22. Dezember 2011 – 8 B 669/11 -, a.a.O. Rdnr. 30.

Nach diesen Maßgaben spricht nichts dafür, dass die Wohnräume im Haus B. C1. Straße 66 in unzumutbarer Weise optisch bedrängt werden.

Im Erdgeschoss des Wohnhauses kann die fragliche Windenergieanlage WEA A1 zum einen durch das nach Osten ausgerichtete, verhältnismäßig kleine Fenster des Wohnzimmers (vgl. das im Ortstermin angefertigte Lichtbild 11) wahrgenommen werden. Die im Wohnzimmer stehende Couch ist so positioniert, dass sitzende Personen nicht direkt auf das Fenster blicken, sondern sich zu diesem umdrehen oder zur Seite wenden müssen. Beim Blick durch das Fenster nach Osten sind lediglich eine Hecke und die Nadelbäume östlich des Wohnhauses zu sehen. Nur von einem Standort unmittelbar vor dem Fenster wird in Blickrichtung nach Nordosten die Windenergieanlage WEA A1 zu sehen sein, nachdem insoweit die Abschirmung durch die ehemals vorhandenen Nadelbäume entfallen ist (vgl. Lichtbild 12). In der nördlichen Wand des Wohnhauses befindet sich ein Fenster, das aus Glasbausteinen besteht (Lichtbild 6) und daher keine weiträumige Sicht auf die Windenergieanlage WEA A1 ermöglichen wird. Im Bereich des Wohnzimmers weist die nördliche Gebäudewand kein Fenster auf. Ob sich mittig der nördlichen Wand ein Fenster befindet, wie es die genehmigten Bauvorlagen zur Baugenehmigung vom 29. April 1954 vorsehen, bedurfte im Ortstermin keiner Feststellung. Zu diesem Zeitpunkt stand vor der fraglichen Wand noch ein als Lagerraum genutzter Holzvorbau (vgl. Lichtbilder 1, 4 und 9), den die Kläger nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich entfernt haben. Selbst wenn das genehmigte Fenster an dieser Stelle eingebaut wurde, handelt es sich bei dem dadurch belichteten Raum nicht um einen schutzwürdigen Aufenthaltsraum. Denn nach den Bauvorlagen ist lediglich eine Nutzung als Waschküche genehmigt. Indem die Kläger oder Bewohner des Hauses die Sicht aus diesem Raum ins Freie mit dem Vorbau verstellt haben, haben sie überdies selbst dokumentiert, dass sie die Aussicht nicht als besonders schutzwürdig erachten.

Im Obergeschoss ist die Windenergieanlage WEA A1 nur durch das nach Osten weisende, kleine Fenster des Schlafzimmers (vgl. Lichtbild 13) zu sehen. Wegen der Lage des Fensters nahe der südöstlichen Ecke des Raums wird die Anlage allerdings nur von einem Standort unmittelbar vor dem Fenster in Blickrichtung Nordosten sichtbar sein (vgl. Lichtbild 14). Das Bett steht an der nördlichen Wand des Schlafraums, so dass die Anlage von dort aus wahrgenommen werden kann.

Hinsichtlich der Aufenthaltsräume im Erdgeschoss und im Obergeschoss bleibt es den Klägern und ihrer Mieterin im Übrigen unbenommen, etwaige noch störende Sichtbeziehungen zu der Anlage durch helle und tageslichtdurchlässige Gardinen abzumildern, die die Fenster nur teilweise und nur soweit notwendig verdecken.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2007 ? 8 A 2042/06 -, Zeitschrift für neues Energierecht (ZNER) 2007, 79 = juris, Rdnr. 18, vom 23. Juni 2010 – 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514 = juris, Rdnr. 62, vom 22. Dezember 2011 – 8 B 669/11 -, juris Rdnr. 33 und vom 19. September 2012 – 8 A 339/12 -, juris Rdnr. 31.

Ebenso wenig werden Aufenthaltsbereiche außerhalb des Wohnhauses durch die Windenergieanlage WEA A1 in unzumutbarer Weise optisch bedrängt. Von der Sitzecke zwischen dem Wohnhaus und dem westlich des Wohnhauses errichteten und zu Lagerzwecken genutzten eingeschossigen Gebäude (vgl. Lichtbild 3) wird die Sicht nach Osten und Nordosten teilweise durch eine Überdachung und die Gartenbepflanzung abgeschirmt (vgl. Lichtbilder 4 und 5). Zudem zeigen die Lichtbilder eine Markise, die nach Norden ausgefahren werden und eine noch weitergehende Abschirmungswirkung leisten kann. Der Blick von dem Sitzbereich östlich des Wohnhauses (Lichtbild 6) nach Nordosten wurde durch den im Zeitpunkt des Ortstermins noch vorhandenen Holzvorbau und die Gartenbepflanzung ebenfalls teilweise verdeckt. Auch im Gartenbereich nördlich des Wohnhauses können Sitzgelegenheiten daher so platziert werden, dass es nicht zu einer (vollen) Sicht auf die Windenergieanlage WEA A1 kommt. Wenn den Klägern oder ihrer Mieterin die nördlich des Wohnhauses vorhandenen Abschirmungen (Überdachung, Markise, Bepflanzungen) nicht ausreichen, ist es ihnen zumutbar, selbst weitergehende Schutzvorkehrungen, etwa in Gestalt von Anpflanzungen oder Sichtschutzwänden zu treffen. Unabhängig davon bieten sich auch südlich des Wohnhauses (vgl. Lichtbild 10) ausreichende Möglichkeiten für die Anlage von Aufenthaltsbereichen, die nicht in einer Sichtbeziehung zu der Anlage WEA A1 stehen.

3. Die Kläger rügen ferner zu Unrecht, dass die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 nicht mit den nachbarschützenden Abstandflächenregelungen in § 6 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) vereinbar sind, weil die von den Anlagen ausgelösten Abstandflächen auch Grundstücke in Anspruch nehmen, die im (Mit-)Eigentum des Klägers zu 2. stehen.

Bei Windenergieanlagen bemisst sich nach § 6 Abs. 10 Satz 3 BauO NRW die Tiefe der Abstandfläche nach der Hälfte ihrer größten Höhe. Die größte Höhe errechnet sich bei Anlagen mit Horizontalachse – wie hier – aus der Höhe der Rotorachse über der geometrischen Mitte des Mastes zuzüglich des Rotorradius (Satz 4). Die Abstandfläche ist ein Kreis um den geometrischen Mittelpunkt des Mastes (Satz 5). Ausgehend hiervon beträgt die Tiefe der Abstandflächen der Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 jeweils 91,32 m (1/2 der Summe der Nabenhöhe von 141,63 m und des Rotorradius von 41 m). In dieser Tiefe sind die Abstandflächen der Anlagen maßstabsgetreu in den amtlichen Lageplan (Beiakte Heft 2 zu 4 K 1437/14 unter Registernummer 4) eingezeichnet worden. Der Umstand, dass sich auf der dem erkennenden Gericht vorliegenden Ausfertigung des Lageplans kein Zugehörigkeitsvermerk zu den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Anlagen WEA A1 und WEA A2 befindet, ist darauf zurückzuführen, dass der Beklagte aus verfahrensökonomischen Gründen nur die mit Zugehörigkeitsvermerken versehenen Anlagen zur Genehmigung für die Anlage WEA B1 vorgelegt hat. Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit des Lageplans, der von den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren Wolfgang und Regina Mathow erstellt worden ist. Fehler des Lageplans sind auch von den Klägern nicht substantiiert aufgezeigt worden.

Zwar liegen die Abstandflächen der Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 ausweislich des Lageplans entgegen der Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW nicht vollständig auf den Vorhabengrundstücken Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 11 (WEA A1) und Gemarkung M2. , Flur 50, Flurstück 5 (WEA A2) selbst. Hieraus erwächst den Klägern aber kein subjektives Abwehrrecht, weil sie nicht (Mit-) Eigentümer eines Nachbargrundstücks sind, auf das sich die Abstandflächen erstrecken.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das Grundstück Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 13 (Straße Löchtenknapp) im Eigentum der Gemeinde M1. und das Grundstück Gemarkung C2. , Flur 123, Flurstück 21 – ebenso wie das Vorhabengrundstück der Anlage WEA A1 – im Eigentum von Herrn Josef Große-Kersting steht.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Kläger zu 2. auch nicht Miteigentümer der Flurstücke Gemarkung M2. , Flur 50, Flurstück 25 und 4, die südlich bzw. östlich an das im Eigentum von Frau Elisabeth T3. stehende Vorhabengrundstück der Anlage WEA A2 angrenzen. Dabei unterstellt die Kammer die Richtigkeit der Angaben des Klägers zu 2., dass er Eigentümer der Grundstücke ist, die südlich des Flurstücks 25 und östlich des südlichen Teils des Flurstücks 4 gelegen sind (vgl. hierzu das Luftbild in der Beiakte Heft 1).

Die Eigentumsverhältnisse an den Flurstücken 25 und 4 richten sich vorliegend nach § 5 LWG NRW. Bildet ein Gewässer zweiter Ordnung oder ein sonstiges Gewässer, kein selbstständiges Grundstück, ist es Bestandteil der Ufergrundstücke und gehört deren Eigentümern (Abs. 1). Gehören die Ufer verschiedenen Eigentümern, so ist vorbehaltlich abweichender privatrechtlicher Regelungen Eigentumsgrenze für gegenüberliegende Ufergrundstücke eine durch die Mitte des Gewässers bei Mittelwasserstand zu ziehende Linie (Abs. 2 Nr. 1).

Bei den Flurstücken 25 und 4 handelt es sich um sonstige Gewässer im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 LWG NRW. Zur Annahme eines Gewässers reicht es aus, wenn ständig oder zeitweilig Wasser in einem Gewässerbett fließt. Unter einem Gewässerbett ist eine in der Natur äußerlich wahrnehmbare Vertiefung der Erdoberfläche zu verstehen, die als solche eindeutig vom übrigen Erdreich abgegrenzt ist und schon nach dem äußeren Erscheinungsbild (bei objektiver Betrachtungsweise) ausschließlich oder im Wesentlichen dazu dient, Wasser zu sammeln oder fortzuleiten.

Vgl. Queitsch in: Praxis der Kommunalverwaltung Band L 2, Loseblattsammlung Stand Oktober 2015, § 3 LWG NRW Rdnr. 11 f. mit Nachweisen der Rechtsprechung.

Diese Voraussetzungen erfüllen die Flurstücke 25 und 4. Die Kläger haben in dem Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 dargelegt, dass es sich bei diesen um Gräben handele, die der Entwässerung dienen. Diese Darstellung stimmt mit dem Liegenschaftskataster des Beklagten überein, in dem die tatsächliche Nutzung der fraglichen Grundstücke ausschließlich (Flurstück 25) bzw. weit überwiegend (Flurstück 4) mit „Fließgewässer“ angegeben wird (vgl. die Katasterauszüge Blatt 376 f. der Gerichtsakte). Auch in dem amtlichen Lageplan wird das Flurstück 4 als „Graben“ mit Fließrichtung des Wassers nach Norden gekennzeichnet. Schließlich sind auf den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Luftbildern die Geländeeinschnitte auf den Flurstücken 25 und 4 deutlich erkennbar. Da Entwässerungsgräben nicht unter die in der Anlage 2 zu § 3 LWG NRW aufgelisteten Gewässer erster und zweiter Ordnung fallen, stellen diese „sonstige Gewässer“ dar.

Die Flurstücke 25 und 4 stellen auch keine selbstständigen, sondern sog. buchungsfreie Grundstücke dar. Für Wasserläufe wird nach § 3 Abs. 2 der Grundbuchordnung ein Grundbuchblatt nur auf Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten angelegt. Die von der Kammer veranlasste Internet-Grundbucheinsicht hat die Angaben der Beigeladenen, dass für die Flurstücke 25 und 4 keine Grundbuchblätter existieren, bestätigt. Für das im amtlichen Lageplan benannte Grundbuchblatt 90235 ergab sich ebenfalls kein Treffer. Auch die Kläger haben keine Grundbuchblätter für die fraglichen Flurstücke vorlegen können.

Da die Ufergrundstücke in den Bereichen, in denen die Abstandflächen der Anlage WEA A2 auf die Flurstücke 25 und 4 fallen, in Person von Frau T3. und dem Kläger zu 2. verschiedenen Eigentümern gehören, stehen die Flurstücke 25 und 4 nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 LWG NRW nicht im Miteigentum der Anlieger, sondern bis zu einer durch die Mitte der Gewässer bei Mittelwasserstand zu ziehende Linie in deren Alleineigentum. Nach § 5 Abs. 3 LWG NRW gilt als Mittelwasserstand das Mittel der Wasserstände derjenigen zwanzig Jahre, die jeweils dem letzten Jahr vorangehen, in dessen Jahreszahl die Zahl Zehn auftaucht (Satz 1). Stehen Pegelbeobachtungen für diesen Zeitraum nicht zur Verfügung, so kann eine andere Jahresreihe verwendet werden (Satz 2). Solange Pegelbeobachtungen nicht vorliegen, bestimmt sich der Mittelwasserstand nach der Grenze des Graswuchses (Satz 3).

Dass für die hier in Rede stehenden Entwässerungsgräben Pegelbeobachtungen vorliegen, ist von den Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Die demnach maßgebliche Grenze des Graswuchses ist auf den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Luftbildern gut zu erkennen und verläuft durchgehend in etwa mittig der Grabengrundstücke, die nach dem amtlichen Lageplan ca. 4 m (Flurstück 25) und 4,50 m (Flurstück 4) breit sind. Der Lageplan zeigt ferner deutlich, dass die Abstandflächen der Windenergieanlage WEA A2 an keiner Stelle bis zur Mitte der Flurstücke 25 und 4 reichen. Die Ausführungen der Kläger in dem Schriftsatz vom 21. Oktober 2015 begründen keine Zweifel daran, dass die Abstandflächen im Lageplan richtig dargestellt worden sind. Die Kläger haben unter Bezugnahme auf eine Messung durch ein anderes amtlich anerkanntes Vermessungsbüro vortragen, dass die Abstandflächen um 1,50 m in das Flurstück 25 und um 1,20 m in das Flurstück 4 hineinragen. Auch die von den Klägern veranlasste Vermessung hat demnach eindeutig ergeben, dass die Abstandflächen nicht über die Mitte der Flurstücke 25 und 4 hinausreichen, und deckt sich insoweit mit dem amtlichen Lageplan. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass die Abstandflächen der Anlage WEA A2 nur im alleinigen Eigentum von Frau T3. stehende Bereiche der Flurstücke 25 und 4 beanspruchen.

Der Kläger zu 2. ist, soweit hier entscheidungserheblich ist, auch nicht Miteigentümer der Grundstücke Gemarkung C2. , Flur 123, Flurstück 33 und Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 8. Diese Grundstücke bilden nach dem amtlichen Lageplan den an der Gemeindegrenze zwischen C2. und M1. verlaufenden E. , bei dem es sich ebenfalls um ein sonstiges Gewässer im Sinne von §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 LWG NRW handelt. Das Liegenschaftskataster des Beklagten weist das Grundstück Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 8 ebenfalls als „E. “ mit einer fast ausschließlichen tatsächlichen Nutzung als „Fließgewässer-Bach“ aus. Die Internet-Grundbucheinsicht hat für das vorgenannte Grundstück keinen Treffer ergeben, so dass es kein selbstständiges Grundstück darstellt.

Nach § 5 Abs. 1 LWG NRW stehen die Grundstücke Gemarkung C2. , Flur 123, Flurstück 33 und Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 8 in dem Bereich, in dem sie von der Abstandfläche der Anlage WEA A1 in Anspruch genommen werden, im alleinigen Eigentum von Herrn Josef H1. -L2. , der Eigentümer beider Ufergrundstücke (Gemarkung M2. , Flur 49, Flurstück 11 und Gemarkung C2. , Flur 123, Flurstück 21) ist.

Selbst wenn das Vorbringen der Kläger, dass der „E. “ tatsächlich ein Weg und kein Gewässer sei, als wahr unterstellt wird und darüber hinaus angenommen wird, dass der Kläger zu 2. Eigentümer eines von diesem Weg erschlossenen Grundstücks und daher als Anlieger Miteigentümer der Wegeparzellen ist, wäre der Kläger zu 2. nicht dadurch in eigenen Rechten verletzt, dass auf dem Weg Abstandflächen der Anlage WEA A1 liegen. Nach ständiger Rechtsprechung der mit Bausachen befassten Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sind die Abstandflächenbestimmungen nicht dazu bestimmt, den Eigentümer bzw. Miteigentümer reiner Wegeparzellen zu schützen. Die Abstandfläche dient der ausreichenden Belichtung und Belüftung angrenzender Grundstücke, dem Feuerschutz und der Brandbekämpfung; sie soll ferner einen Sozialabstand gewährleisten, der auch erdrückende und beengende Wirkungen von Bauwerken ausschließen soll. Eine reine Wegeparzelle kann nicht in einer Weise genutzt werden, in der sich diese Gesichtspunkte positiv auswirken könnten. Ihr kommt die Schutzwirkung der Abstandflächen deshalb nicht zugute. An eine Verletzung der (Mit-)Eigentümer der privaten Wegeparzelle in ihren Rechten wäre allenfalls dann zu denken, wenn diese ihrerseits die Abstandfläche eigener baulicher Anlagen schon deshalb nicht auf die Wegeparzelle erstrecken könnten, weil dadurch die fremde Abstandfläche überdeckt würde, was nach § 6 Abs. 3 BauO NRW grundsätzlich unzulässig ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Oktober 1999 – 7 B 1766/99 -, nicht veröffentlicht, vom 31. Oktober 1996 – 10 B 2613/96 -, juris Rdnr. 12 ff. und vom 30. September 1996 – 10 B 2276/96 -, juris Rdnr. 5 ff..

Auch unter letzterem Gesichtspunkt ist jedoch nicht erkennbar, dass der Kläger zu 2. in seinen Rechten betroffen ist. Denn die Kläger haben weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass der Kläger zu 2. Eigentümer von Grundstücken ist, die sich so nah an dem von den Abstandflächen der Anlage WEA A1 beanspruchten Teilstück des – unterstellten – Weges befinden, dass Abstandflächen künftiger eigener Bauvorhaben des Klägers zu 2. ebenfalls auf den betreffenden Wegflächen liegen könnten.

4. Die Kläger können überdies nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Genehmigungen für die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unvereinbar seien, weil Teile der Rotorblätter der Anlagen im Falle einer Verwirklichung des Vorhabens über die Grenzen der im Flächennutzungsplan der Gemeinde M1. ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone A hinausragen würden.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Nachbarn eines Außenbereichsvorhabens sich nicht auf einen Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB berufen können. Indem diese Vorschrift bestimmten Darstellungen des Flächennutzungsplans bauplanerische Bedeutung verleiht, steht der Gemeinde ein Instrument zur Verfügung, das es ihr ermöglicht, durch eine Kanalisierung bestimmter Vorhaben die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet in geordnete Bahnen zu lenken. Die Vorschrift dient damit sowohl dem Außenbereichsschutz als auch der gemeindlichen Planungshoheit. Sie verleiht aber den betroffenen Nachbarn kein über das Rücksichtnahmegebot hinausgehendes Abwehrrecht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2006 – 8 B 1360/06 -, juris Rdnr. 18 ff.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 25. Februar 2014 – 12 LA 105/13 -, juris Rdnr. 12.

5. Die Kläger können die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 schließlich auch nicht auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 UmwRG mit der Begründung verlangen, dass die in § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UmwRG angeführten UVP-Verfahrenserfordernisse nicht eingehalten worden seien.

Der sachliche Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 UmwRG ist vorliegend nicht eröffnet. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) UmwRG Anwendung auf Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da es sich bei den Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2, die mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 28. April 2014 genehmigt wurden, nicht um ein Vorhaben im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. der Anlage 1 zum UVPG handelt, das potenziell UVP-pflichtig ist.

Gemäß Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3 c Satz 2 UVPG. Die beiden streitgegenständlichen Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 erreichen diesen Größenwert für sich genommen nicht. Entgegen der Auffassung der Kläger bilden sie auch mit den unter dem 10. April 2014 immissionsschutzrechtlich genehmigten Windenergieanlagen WEA B1 und WEA B2 keine gemeinsame Windfarm.

Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windkraftanlagen besteht, die – unabhängig von der Zahl der Betreiber – einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windkraftanlagen, die eine Windfarm bilden, bestehen nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben – wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche – losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 – 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rdnr. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 – 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 = juris Rdnr. 7; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 8 B 315/15 -, a.a.O. Rdnr. 22 und Urteil vom 13. März 2006 – 7 A 3415/04 -, juris Rdnr. 41 ff.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 12. Januar 2007 – 1 B 05.3387 u. a. -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2007, 1213 = juris Rdnr. 23.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 einerseits und die Windenergieanlagen WEA B1 und WEA B2 andererseits als zwei eigenständige Anlagengruppen (A und B) mit jeweils (nur) zwei Windenergieanlagen zu bewerten. Gegen die Annahme einer Windfarm spricht bereits die erhebliche Entfernung zwischen den einander nächstgelegenen Windenergieanlagen dieser beiden Gruppen (WEA A2 und WEA B2), die mit 1.892 m das gut 23-fache des Rotordurchmessers von 82 m beträgt.

Darüber hinaus lässt sich auch nicht feststellen, dass sich die Auswirkungen der den Anlagengruppen A und B zuzuordnenden Windenergieanlagen auf Schutzgüter des UVPG summieren. Dies gilt zum einen mit Bezug auf das Schutzgut der menschlichen Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG).

Dabei berücksichtigt die Kammer zunächst, dass keiner der Immissionsorte, die in den Schallimmissionsprognosen der Ingenieurbüro L1. GmbH untersucht worden sind, im Einwirkungsbereich sowohl der Windenergieanlagen der Gruppe A als auch der Anlagen der Gruppe B liegt. Nach Nr. 2.2 a) TA Lärm sind Einwirkungsbereich einer Anlage die Flächen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert – hier 45 dB(A) – liegt. Die Beigeladenen haben in den Anlagen 1 bis 4 zu ihren Schriftsätzen vom 27. Juli 2015 nachvollziehbar dargelegt, dass an den einzelnen Immissionsorten entweder nur von den Windenergieanlagen der Gruppe A ein Beurteilungspegel von mehr als 35 dB(A) hervorgerufen wird (Immissionsorte A bis J und Q bis S), oder von den Windenergieanlagen der Gruppe B (Immissionsorte K bis P). Die Darstellung der Beigeladenen weist auch nicht die von den Klägern gerügten Unstimmigkeiten hinsichtlich des Gebäudes Unterberg I 40 auf. Denn nicht nur die Immissionsorte an der Ostseite (Immissionspunkt E) und Westseite (Immissionsort F) dieses Gebäudes liegen ausweislich der vorgelegten Berechnungen außerhalb des nach der TA Lärm maßgeblichen Schalleinwirkungsbereichs der Windenergieanlagen der Gruppe B. Dieser Befund gilt vielmehr auch für das Gebäude Unterberg I 40 als Ganzes (vgl. die Karte auf der letzten Seite der Anlage 3, in der das Gebäude mit „E“ gekennzeichnet ist).

Von den Windenergieanlagen der Gruppen A und B gehen auch keine kumulierenden Beschattungswirkungen auf schutzwürdige Räumlichkeiten oder Außenflächen von Gebäuden aus. Das Schattenwurfgutachten der Ingenieurbüro L1. GmbH vom 2. August 2012 zeigt, dass an jedem der untersuchten Immissionsorte Schattenwurf nur entweder von Windenergieanlagen der Gruppe A (Immissionsorte A bis D und E2 bis I) oder von Anlagen der Gruppe B (Immissionsorte E1 und J bis M) verursacht wird (vgl. S. 33 ff. des Gutachtens). Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Gebäude Unterberg I 40 hinsichtlich des Schattenwurfs auch nicht als einheitlicher Immissionsort zu beurteilen. Vielmehr begegnet es keinen Bedenken, dass in dem Gutachten zwei Immissionsorte an der Ostseite (E1) und Westseite (E2) des Gebäudes untersucht werden, da eine Schattenquelle sich nur auf die Gebäudeseite auswirken kann, die ihr zugewandt ist. Im Übrigen folgt aus der Lage des Gebäudes Unterberg I 40 östlich der Windenergieanlagen WEA A1 und WEA A2 sowie südwestlich der Windenergieanlagen WEA B1 und WEA B2, dass zu keiner Tages- oder Jahreszeit zugleich Schatten von mehr als zwei Anlagen auf das Gebäude fallen kann (vgl. auch S. 34 des Gutachtens).

Auch der Umstand, dass im Genehmigungsverfahren ein Gutachten zur Turbulenzbelastung bezüglich der vier genehmigten Windenergieanlagen vorgelegt worden ist, belegt keine kumulierenden Auswirkungen von mindestens drei der genehmigten Anlagen. Ausweislich des Gutachtens zur Turbulenzbelastung der G. & F1. Engineering GmbH & Co. KG vom 26. Oktober 2012 verursachen Windenergieanlagen jedenfalls dann keine zusätzliche Turbulenzbelastung für benachbarte Windenergieanlagen, wenn der Abstand zwischen den Anlagen mehr als das 10-fache des Rotordurchmessers beträgt (vgl. S. 5 des Gutachtens). Somit ist eine wechselseitige Beeinflussung der in einem deutlich größeren Abstand zueinander genehmigten Windenergieanlagen der Gruppen A und B von vornherein ausgeschlossen.

In Anbetracht der Entfernung zwischen den Anlagengruppen A und B ist ferner ausgeschlossen, dass mindestens drei der genehmigten Windenergieanlagen sich zugleich optisch bedrängend auf ein und dasselbe Wohngebäude auswirken. Daher kann offen bleiben, ob eine optisch bedrängende Wirkung überhaupt als Auswirkung auf das Schutzgut „Mensch“ oder „menschliche Gesundheit“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG einzustufen wäre.

Die Windkraftanlagen der Anlagengruppen A und B sind einander auch nicht so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden.

Der Einwirkungsbereich einer Windkraftanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Tierarten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windkraftanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind. Dabei darf die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Gegenstand der Vorprüfung des Einzelfalls ist nach § 3c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Insoweit genügt die konkrete Möglichkeit des Eintritts. Kommt es – wie hier bei der Windfarm – für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach für die Bestimmung der Einwirkbereiche die abstrakte („generelle“) Möglichkeit des Eintritts derartiger Auswirkungen aus.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 8 B 315/15 -, a.a.O. Rdnr. 27.

Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windkraftanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die Abstandsempfehlungen für Windkraftanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten der LAG-VSW. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windkraftanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende – größere Abstände regelnde – Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windkraftanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windkraftanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 8 B 315/15 -, a.a.O. Rdnr. 29.

Die Kammer legt ihrer Prüfung die Abstandsempfehlungen der LAG-VSW aus dem Jahr 2007 (veröffentlicht in: Berichte zum Vogelschutz 44 [2007], S. 151 ff.) zugrunde. Zwar wurden diese Empfehlungen zwischenzeitlich überarbeitet. Diese Überarbeitung wurde allerdings erst nach der Erteilung der Genehmigungen am 10. und 28. April 2014 im Jahr 2015 abgeschlossen. Soweit die Abstandsempfehlungen der LAG-VSW in der Fassung der Überarbeitung vom 15. April 2015 (abrufbar unter http//:www.vogelschutzwarten.de/windenergie.htm) nunmehr größere Ausschlussbereiche um Windenergieanlagen vorsehen, sind diese hier – ebenso wie nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zu Lasten des Genehmigungsinhabers – nicht anwendbar. Die Empfehlungen der LAG-VSW (2007) sehen für die in der Umgebung der Windkraftanlagen brütenden Arten Rotmilan, Rohrweihe und Baumfalke jeweils einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windkraftanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m vor.

Ergänzend herangezogen werden kann der Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen“ der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 12. November 2013 (im Folgenden: Leitfaden 2013). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Empfehlungen erst für die – der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende – Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) an den Empfehlungen der LAG-VSW (2007). Er stellt Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windkraftanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 8 B 315/15 -, a.a.O. Rdnr. 32.

Der Leitfaden 2013 sieht für den Rotmilan und die Rohrweihe jeweils einen Radius des Untersuchungsgebiets von 1.000 m (vertiefende Artenschutzprüfung) vor. Für den Baumfalken fehlt in der Tabelle auf S. 32 des Leitfadens 2013 – möglicherweise aufgrund eines redaktionellen Versehens – eine Angabe für die vertiefende Artenschutzprüfung.

Dies zugrunde gelegt lässt sich nicht feststellen, dass (mindestens) drei der genehmigten Windenergieanlagen zugleich innerhalb des Mindestradius von 1.000 m um einen der Brutplätze des Rotmilans, der Rohrweihe oder des Baumfalken liegen, die für die Zeit bis zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen nachgewiesen wurden.

Dabei berücksichtigt die Kammer zum einen, dass die raskin Umweltplanung und Umweltberatung GbR in den Vogelerfassungsterminen, die sie im Rahmen der vertieften Artenschutzprüfung im Zeitraum von August 2011 bis Juli 2012 durchgeführt hat, keine Brutplätze des Rotmilans und der Rohrweihe in der Umgebung der geplanten Anlagen festgestellt hat. Der Baumfalke wurde bei dieser Untersuchung nicht erfasst. Bei weiteren Vogelerfassungen, die im Rahmen von Untersuchungen potenzieller Standorte für Windenergieanlagen in C2. und Wadersloh durchgeführt wurden, haben die Kortemeier Brokmann Landschaftsarchitekten GmbH in den Jahren 2011 und 2012 sowie das Büro Stelzig im Jahr 2013 jeweils Brutplätze der Rohrweihe und des Rotmilans im Umfeld der hier in Rede stehenden Vorhabenstandorte vorgefunden. Diese Brutplätze, die sich süd- und nordwestlich der Anlagen WEA A1 und WEA A2 (Funde Kortemeier Brokmann Landschaftsarchitekten GmbH) sowie nordöstlich der Anlagen WEA B1 und WEA B2 (Funde Büro Stelzig) befinden, hat die raskin Umweltplanung und Umweltberatung GbR in der Karte 2, die ihrem Gutachten zur standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls vom 12. Februar 2015 anliegt, dargestellt. Diese Darstellung zeigt, dass innerhalb des Ausschlussbereichs von 1.000 m um jeden der fraglichen Brutplätze nur maximal eine der vier genehmigten Windenergieanlagen errichtet werden soll. Selbst wenn entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung im vorliegenden Fall die Empfehlungen der LAG-VSW in der überarbeiteten Fassung vom 15. April 2015 anzuwenden wären, denen zufolge Windenergieanlagen zu Brutplätzen des Rotmilans einen Mindestabstand von 1.500 m einhalten sollen, lägen jeweils nur höchstens zwei der genehmigten Windenergieanlagen – entweder die Anlagen der Gruppe A oder die Anlagen der Gruppe B – innerhalb eines so bemessenen Radius um die betreffenden Brutplätze.

Auch aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich mindestens drei der genehmigten Windenergieanlagen innerhalb der Ausschlussbereiche befinden, die von der LAG-VSW und im Leitfaden 2013 für Brutplätze des Rotmilans, der Rohrweihe, des Baumfalken oder anderer Vogelarten empfohlen werden. Auf den acht Luftbildern, die dem anwaltlichen Schriftsatz vom 5. August 2015 beigefügt sind, sind neben den Standorten der vier Windenergieanlagen Erkenntnisse zu verschiedenen Vogelarten (Brutplätze, Brutverdachtsfälle, Sichtungen, Reviere usw.) markiert. Die auf den Luftbildern gekennzeichneten Brutplätze der Rohrweihe, des Rotmilans und des Baumfalken sind, auch wenn ihr Abstand zu den Anlagenstandorten mangels Angabe des Maßstabs der Luftbilder nicht exakt gemessen werden kann, deutlich erkennbar so gelegen, dass sich innerhalb eines Radius von 1.000 m um die jeweiligen Brutplätze (hilfsweise 1.500 m für Brutplätze des Rotmilans) nicht mehr als jeweils maximal zwei der genehmigten Windenergieanlagen befinden. Hinsichtlich der anderen Vogelarten, zu denen sich die Luftbilder verhalten, fehlt es entweder an der Angabe von Brutplätzen (Uhu, Wanderfalke, Wespenbussard, Fischadler) und/oder an Empfehlungen der LAG-VSW sowie des Leitfadens 2013 für Mindestabstände von Windenergieanlagen (Waldkauz, Steinkauz, Schleiereule, Turmfalke, Habicht, Kiebitz, Mäusebussard, Feldlerche, Rabenkrähe, Rauchschwalbe, Kolkrabe, Fledermaus, Zwergfledermaus).

Bei den vier Windenergieanlagen der Anlagengruppen A und B handelt es sich schließlich auch nicht deshalb um eine Windfarm im Sinne von Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG, weil alle Anlagen innerhalb des von der LAG-VSW (2007) und dem Leitfaden 2013 empfohlenen Prüfbereichs bzw. erweiterten Untersuchungsgebiets – jeweils 6.000 m für den Rotmilan und die Rohrweihe und 4.000 m für den Baumfalken – um nachgewiesene Brutplätze dieser Vogelarten liegen. Nach der Überzeugung der Kammer kann der Umstand allein, dass ein Brutplatz der vorgenannten Vogelarten zugleich im Prüfbereich bzw. erweiterten Untersuchungsgebiet von mindestens drei Windenergieanlagen liegt, nicht die Annahme einer Windfarm begründen. Ansonsten wäre die Zugehörigkeit zu einer Windfarm bei entsprechender Lage eines Brutplatzes des Rotmilans oder der Rohrweihe grundsätzlich selbst bei bis zu 12 km voneinander entfernt gelegenen Windenergieanlagen denkbar. Im vorliegenden Fall wäre dann in Betracht zu ziehen, ob die neu genehmigten vier Windenergieanlagen mit (jedenfalls) den bereits vorhandenen sieben Windenergieanlagen südlich von E1. eine Windfarm bilden. Denn diese Bestandsanlagen liegen von den Brutplätzen des Rotmilans und der Rohrweihe, die bei der Untersuchung durch das Büro T4. nordöstlich der Anlagengruppe B vorgefunden wurden (vgl. Karte 2 zum Gutachten der S2. Umweltplanung und Umweltberatung GbR vom 12. Februar 2015) ebenso wie die Anlagen der Gruppen A und B weniger als 6.000 m entfernt. In der Folge wäre daher zu prüfen, ob hier nicht nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls, sondern möglicherweise wegen der Überschreitung des Größenwerts in Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG sogar eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen wäre.

Ein derart (räumlich) weitreichendes Verständnis des Begriffs der Windfarm ist indes nicht angezeigt. Denn eine Windfarm setzt nach den bereits dargelegten Grundsätzen einen gewissen räumlichen Zusammenhang von mindestens drei Windenergieanlagen voraus, an dem es den hier in Rede stehenden Windenergieanlagen der Anlagengruppen A und B erkennbar fehlt. Die fraglichen Anlagen befinden sich in zwei separaten Windvorrangzonen der Gemeinde M1. , zwischen denen eine Landesstraße verläuft. Die einzelnen Anlagen liegen überdies zwischen 1.892 m (WEA A2 und WEA B2) und ca. 2.200 m (WEA A1 und WEA B1) voneinander entfernt. Angesichts dieser erheblichen Entfernungen erscheinen kumulierende nachteilige Auswirkungen der vier Windenergieanlagen auf ein – unterstelltes – Nahrungshabitat des Rotmilans, der Rohrweihe oder des Baumfalken von vornherein als ausgeschlossen. Diese Abstände gewährleisten ferner, dass die Anlagen der Gruppen A und B nicht zusammenwirkend eventuelle Flugkorridore zwischen Brutplätzen und Nahrungsflächen der genannten Vogelarten versperren, zumal sie nicht in einer Reihe, sondern seitlich versetzt zueinander angeordnet sind. Vor diesem Hintergrund kann es hier daher dahinstehen, ob das Gebiet um die Standorte der vier Anlagen überhaupt ein (essentielles) Nahrungshabitat einer oder mehrerer der genannten Vogelarten darstellt.

Schließlich sind keine gemeinsamen Auswirkungen von jedenfalls drei der genehmigten Anlagen auf das Schutzgut „Landschaft“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG) ersichtlich. In Anbetracht der Abstände zwischen den Anlagen WEA A1 und WEA A2 einerseits sowie den Anlagen WEA B1 und WEA B2 andererseits werden diese nach ihrer Errichtung als zwei gesonderte Gruppen mit jeweils zwei Anlagen und nicht als einheitliches Vorhaben mit vier Anlagen im Landschaftsbild wahrzunehmen sein. Auch auf das Landschaftsschutzgebiet „Wilde See“ wirken sich allein die Windenergieanlagen WEA B1 und WEA B2 aus, da sich nur deren Standorte innerhalb des Landschaftsschutzgebiets befinden. Die Windenergieanlagen der Gruppe A liegen ausweislich der Karte, die dem Schreiben des Geschäftsführers der Beigeladenen vom 29. Januar 2015 beigefügt war, mindestens 493 m (WEA A2) außerhalb des Landschaftsschutzgebiets und berühren dessen Schutzzwecke daher nicht.

Da die am 10. und 28. April 2014 genehmigten Windenergieanlagen nach alldem keine Windfarm bilden und mithin keine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war, kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die gleichwohl vorsorglich vom Beklagten vorgenommene Einzelfallvorprüfung den Anforderungen des UVPG genügt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor

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