VG Darmstadt 3. Kammer 3 L 260/20.DA Sportwettkonzessionen

April 26, 2020

VG Darmstadt 3. Kammer
3 L 260/20.DA

Sportwettkonzessionen

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Streitwert wird auf 550.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die von der Antragstellerin gestellten Anträge, gerichtet jeweils auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dürften bereits unzulässig sein und sind jedenfalls unbegründet.

In ihrem Hauptantrag beantragt die Antragstellerin,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Erteilung von Konzessionen für die Veranstaltung von Sportwetten im Internet und/oder stationär unter dem seit dem 01.01.2020 geltenden Glücksspieländerungsstaatsvertrag an andere Bewerber um Konzessionen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine noch einzureichende Klage in der Hauptsache zu unterlassen.

Es ist zunächst zweifelhaft, ob für diesen Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegt, denn es ist nicht ersichtlich, welche Nachteile der Antragstellerin durch die Vergabe von Konzessionen an Mitbewerber drohen. Denn nachdem sie nun selbst einen Antrag auf Konzessionserteilung gestellt hat, wird ihre Tätigkeit am Markt ausweislich der ausdrücklichen Zusage des Antragsgegners geduldet. Die Antragstellerin braucht also nicht auf die Erteilung einer Konzession zu warten, sondern kann bereits derzeit ungehindert am Markt teilnehmen und die beabsichtigte Eröffnung von Wettvermittlungsstellen vorantreiben.

Jedenfalls dürfte der Antragstellerin kein Anordnungsanspruch für die begehrte einstweilige Untersagung der Konzessionsvergabe zustehen. Die Antragstellerin beruft sich auf die Wettbewerbsfreiheit und ihre Schutzwürdigkeit als Konkurrentin im Sportwettenmarkt, steht aber wegen dessen Öffnung und der bestehenden Möglichkeit aller Sportwettanbieter, eine Konzession zu erlangen, nicht in einem „echten“ Konkurrenzverhältnis um die Erteilung einer Konzession zu den anderen Anbietern. Vielmehr will sie als Anbieterin, die erst dabei ist, sich den Sportwettenmarkt zu erschließen, das Konzessionsverfahren stoppen, um einen zeitlichen Vorsprung anderer Anbieter zu verhindern und sich so einen in jeglicher Hinsicht offenen Marktzugang zu sichern. Darauf besteht jedoch kein Anspruch, denn der eventuelle zeitliche Vorsprung anderer Anbieter ist nicht im Konzessionsverfahren angelegt, sondern ergibt sich schlicht daraus, dass die Antragstellerin erst dabei ist, ihr Unternehmen aufzubauen. Sie ist erst seit dem 18.06.2018 im A-Stadt Business Registry registriert und hat selbst in A-Stadt die notwendige Lizenz noch nicht erhalten, d. h. sie befindet sich noch in der Gründungs- und Aufbauphase. Dies ist schlicht Ausfluss ihrer unternehmerischen Entscheidung, ob bzw. wann sie in den Sportwettenmarkt einsteigen will. Sie kann deshalb nicht verlangen, dies frei von Konkurrenz zu tun, die bereits früher Sportwetten veranstaltet hat. Die Antragstellerin kann sich im Rahmen der Wettbewerbsfreiheit nämlich nur auf die Wahrung der Chancengleichheit im Wettbewerb, nicht aber auf Schutz vor Konkurrenz oder die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeitenberufen (Schoch/ Schneider/ Bier/ Wahl/ Schütz, 37. EL Juli 2019, VwGO § 42 Abs. 2 Rn. 291-293).

Zwar macht die Antragstellerin insoweit Nachteile geltend, als sie das Nachsehen bei dem Aufbau ihres terrestrischen Vertriebssystems habe, denn sollten andere Sportwettanbieter früher als sie selbst eine Konzession erhalten, könnten diese bereits Erlaubnisse für Wettvermittlungsstellen in den Ländern beantragen und sich somit die besten Standorte frühzeitig sichern. Etablierte Sportwettanbieter verfügten auch im Gegensatz zu der Antragstellerin bereits über solche Wettvermittlungsstellen und wären somit im Vorteil. Zum einen handelt es sich allenfalls um eine mittelbare Folge des Konzessionsverfahrens, wenn die Sportwettanbieter, die eine Konzession erhalten, sich sodann auf landesrechtlicher Ebene um eine Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle bemühen können. Zudem hätte die Antragstellerin einem etwaigen Nachteil entgegenwirken können, indem sie ihren Antrag auf Konzessionserteilung bei der Antragsgegnerin frühzeitig gestellt hätte. Immerhin hatte sie nach eigenen Angaben seit Dezember 2019 Kenntnis über das Konzessionsverfahren. Es ist davon auszugehen, dass einzelne fehlende Unterlagen noch im Verfahren nachgereicht werden können und damit keinen Hinderungsgrund darstellen, einen Antrag einzureichen. Die Antragstellerin hat dementsprechend auch in dem nun mit Schreiben vom 09.03.2020 gestellten Antrag auf Erhalt einer Konzession auf noch nachzureichende Unterlagen verwiesen.

Zum anderen ist das Argument der Antragstellerin, etablierte Unternehmen seien mit ihren bereits bestehenden Wettvermittlungsstellen bei der landesrechtlichen Erlaubnisvergabe im Vorteil, wohingegen die Antragstellerin Wettvermittlungsstellen überhaupt erst in den nächsten Monaten neu begründen werde (Bl. 98 der Antragsschrift), nicht stichhaltig, da der diesbezügliche Vortrag so nicht den Tatsachen entsprechen dürfte. Die Antragstellerin hat entgegen ihrer Aussagen längst damit begonnen, sich faktischen Marktzugang zu verschaffen, in dem sie erste Wettvermittlungsstellen eröffnet hat, sprich ohne Konzession und ohne Erlaubnis. In Y hat die Antragstellerin am 04.01.2020, und damit bereits lange vor Stellung des Eilantrags am 20.02.2020, eine Wettvermittlungsstelle eröffnet. Dies folgt aus einem Eintrag unter Z und aus einem Facebook-Eintrag der Antragstellerin, auf dem Bilder der Wettvermittlungsstelle zu sehen sind. Die Antragstellerin nutzt also, wie die anderen Anbieter, die Möglichkeit, vorab vollendete Tatsachen durch Eröffnung von Wettvermittlungsstellen zu schaffen. Wenn die Antragstellerin nach ihrer Gründung im Jahr 2018 mit ihrem Geschäft schlicht später gestartet ist als andere, mittlerweile etablierte Wettanbieter, steht es ihr aber nicht zu, diese unternehmerische Entscheidung betreffend den Markteintritt nun durch eine Verzögerung des Konzessionsverfahrens zu Lasten aller Wettanbieter kompensieren zu wollen.

Dasselbe gilt für die von der Antragstellerin gestellten Hilfsanträge II. und III., da diese ebenfalls auf den vorübergehenden Stopp der Konzessionsvergabe an Mitbewerber gerichtet sind.

Ferner ist der Hilfsantrag IV. der Antragstellerin,

den Antragsgegner zu verpflichten es zu dulden, dass die Antragstellerin ohne eine nach Maßgabe des seit dem 01.01.2020 geltenden Glücksspieländerungsstaatsvertrags erteilte Konzession mit der Veranstaltung von Sportwetten im Internet und stationär über eigene Wettvermittlungsstellen in Hessen oder Wettvermittlungsstellen Dritter in Hessen, in denen Sportwetten an die Antragstellerin vermittelt werden, beginnt,

offenkundig unzulässig geworden.

Nachdem die Antragstellerin einen Antrag auf Erteilung einer Konzession gestellt hat, wird ihr Sportwettangebot ohnehin geduldet. Dies entspricht der Erklärung des Antragsgegners vom 15.11.2019, die dieser in einem offenen Brief an die Sportwettanbieter verfasst hat. Darin hat der Antragsgegner erklärt, dass er unerlaubtes Angebot lediglich dann umgehend untersage, wenn von einem Sportwettanbieter kein Antrag gestellt werden sollte. Zudem hat der Antragsgegner nunmehr schriftsätzlich ausdrücklich bestätigt, dass er auch im Falle der Antragstellerin von Maßnahmen zur Unterbindung von deren Wettangebot absieht. Solche Maßnahmen wurden bislang nicht eingeleitet und sind – nachdem die Antragstellung erfolgt ist – auch nicht mehr zu befürchten.

Da die Antragstellerin unterlegen ist, hat sie nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG und orientiert sich bezüglich der Höhe an der Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 31.05./ 01.06.2012 bzw. 18.07.2013 (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Anh. § 164 Rn. 14 ff.). Danach ist maßgeblich der Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens jedoch 15.000 EUR. Die Antragstellerin hat zu ihrer zukünftigen jährlichen Gewinnerwartung im Sportwettenbereich keine Anhaltspunkte geliefert. Es ist aber davon auszugehen, dass die Gewinnerwartung der Antragstellerin mit ihrem geplanten terrestrischen Angebot und zusätzlichem Online-Angebot deutlich über den im Streitwertkatalog als Mindestbetrag vorgesehenen 15.000 EUR liegt. Die Kammer legt daher einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR zugrunde (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 11.06.2018 – 8 B 489/18 – zur geschätzten Gewinnerwartung einer Spielhalle).

Dieser Betrag wird für den Hauptantrag und zudem für die beiden folgenden Hilfsanträge II. und III. gemeinsam angesetzt, in denen es inhaltlich um den vorübergehenden Stopp des Konzessionsverfahrens geht. Wegen der Vielzahl der Bewerber, die von der beabsichtigen Unterlassung der Erteilung von Konzessionen betroffen wären, wird dieser Betrag verzwanzigfacht. Aus dem in der Vergangenheit gescheiterten Sportwettenkonzessionsverfahren ist bekannt, dass sich mehr als zwanzig Anbieter von Sportwetten um eine Konzession bemüht haben und am Markt tätig sind. Wegen der Vorläufigkeit des Eilverfahrens wird der so errechnete Streitwert in Höhe von 1.000.000 EUR allerdings auf die Hälfte reduziert.

Des Weiteren hat der Hilfsantrag IV., der auf Duldung der Tätigkeit der Antragstellerin am Markt gerichtet ist, einen eigenen materiellen Gehalt, so dass der Streitwert um weitere 50.000 EUR zu erhöhen ist (vgl. Nr. 1.1.1. des Streitwertkatalogs). Eine Reduzierung des Streitwerts dieses Antrags im Eilverfahrens kommt nicht in Betracht, da die begehrte Duldung die Hauptsache vorwegnimmt, da sie für den Zeitraum der Duldung endgültig ist.

Daraus folgt insgesamt ein Streitwert in Höhe von 550.000 EUR.

Haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.
© Rechtsanwalt Krau. All rights reserved.
Powered by wearehype.eu.