VG München, Urteil vom 07.12.2015 – M 8 K 14.3456

August 28, 2021

VG München, Urteil vom 07.12.2015 – M 8 K 14.3456

Tenor
I.

Der Bescheid der Beklagten vom … Juli 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, die Begründung von Wohnungseigentum im Anwesen …-straße 11, … in 13 Wohnungen wie im Vertrag des Notars … vom 6. August 2013 beurkundet (Ur-Nr. …) zu genehmigen.

III.

Die Beklagte wird verpflichtet, einen Betrag von 222,19 Euro zuzüglich Zinsen von 5% über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung an die Klägerin zu bezahlen.

IV.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

V.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Die Klägerin ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Genehmigung für die Begründung von Wohnungseigentum in ihrem Anwesen …-straße 11, … in …

Das seit dem 28. März 2011 im Eigentum der Klägerin stehende Anwesen …-straße 11, Fl.Nr. …, liegt im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung der Beklagten „…-Mitte“, die zum … März 2011 in Kraft trat. Mit dieser Satzung wird der Bereich festgelegt, in dem es aus besonderen städtebaulichen Gründen erforderlich ist, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten.

Am 6. August 2013 ließen die Gesellschafter der Klägerin vor dem Notar … in … (Ur-Nr. …) einen notariellen Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag beurkunden. Die notarielle Urkunde enthält in dem Abschnitt I.2 Randnummer 7 eine Bestimmung, nach der sich die Klägerin als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zum Zwecke der in derselben Urkunde vorgenommenen Bildung von Wohnungs- und Teileigentum dergestalt auseinandersetzen soll, dass die einzelnen Gesellschafter künftig die in der Urkunde näher bezeichneten Miteigentumsanteile halten werden.

Am … Februar 2014 wurden zur Sicherung der Ansprüche auf Übertragung des jeweiligen Miteigentumsanteils und auf Bildung eines damit verbundenen Sondereigentums an der jeweiligen Wohnung gemäß Bewilligung vom … Februar 2014 (Ur-Nr. …) zugunsten der jeweiligen Gesellschafter insgesamt 13 Vormerkungen im Grundbuch eingetragen.

Am 10. März 2014 wurde der Klägerin für das Anwesen …-straße 11 eine Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt.

Mit Schreiben vom 14. März 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Begründung von Wohnungseigentum nach § 172 BauGB.

Mit Bescheid vom … Juli 2014, der Klägerin mit Postzustellungsurkunde und gegen Empfangsbestätigung am 11. Juli 2014 bzw. am 10. Juli 2014 zugestellt, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Genehmigung zur Begründung von Wohnungseigentum ab. Zur Begründung ihrer Ablehnungsentscheidung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Genehmigungsgründe nach § 172 Abs. 4 Satz 3 BauGB lägen nicht vor. Insbesondere seien die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Genehmigung aufgrund von Ansprüchen Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum (§ 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB) auf der Grundlage der vorgelegten Teilungserklärung vom 6. August 2013 nicht gegeben.

Das sogenannte Umwandlungsverbot diene dem Ziel, die Veräußerungsfähigkeit einzelner Wohnungen zur Erhaltung des angestammten Milieus nur unter engen Voraussetzungen und nur in Ausnahmefällen zu ermöglichen, um eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen aus Gründen der Gewinnmaximierung zu verhindern. Der gesetzliche Genehmigungsgrund bei Vormerkungen, die bereits vor Inkrafttreten des Verbots im Grundbuch eingetragen worden seien, habe damit Ausnahmecharakter und sei nur unter den eng auszulegenden Voraussetzungen des Gesetzeswortlauts gegeben.

Nach dem Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag gemäß § 3 Wohnungseigentumsgesetzes vom 6. August 2013 habe sich die Klägerin zum Zwecke der Bildung von Wohnungseigentum dergestalt auseinandergesetzt, dass die einzelnen Gesellschafter Eigentumsanteile am Anwesen …-straße 11 verbunden mit dem Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen (insgesamt 13) erhalten sollten. 17 Gesellschafter sollten das Wohnungseigentum an den ihnen jeweils zugewiesenen Wohnungen zum Teil als Alleineigentum und zum Teil als Eigentum zur Hälfte erhalten.

Zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung seien für alle 13 Gesellschafter am … Februar 2014 Auflassungsvormerkungen für die 13 Wohnungen im Grundbuch eingetragen worden.

Bei lediglich grundbuchrechtlicher Betrachtungsweise handele es sich bei der Eigentümerin vor Umwandlung und den Eigentümern nach Umwandlung in Wohnungseigentum um verschiedene Rechtspersonen und somit auch formalrechtlich um Dritte im Sinne dieser Vorschrift. Im öffentlich-rechtlichen und damit auch im erhaltungssatzungsrechtlichen Sinne handele es sich bei den auflassungsvormerkungsberechtigten Personen nicht um Dritte nach der oben genannten Rechtsvorschrift, da von der Klägerin ein rechtsmissbräuchlicher Umgehungstatbestand geschaffen worden sei.

Die Klägerin sei als Eigentümerin des oben genannten Anwesens im Grundbuch am … März 2011 wohl lediglich deshalb eingetragen worden, um ihren Gesellschaftern höhere Steuervorteile zu verschaffen. Ohne diese höheren Steuervorteile wären wahrscheinlich sofort die einzelnen Gesellschafter als Mit- und Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen worden. Zwar könne es den Gesellschaftern nicht verwehrt werden, die für diese günstigste steuerliche Variante bei dem Erwerb von Wohnungseigentum zu wählen. Werde von den Gesellschaftern der Klägerin die Eintragung der einzelnen Gesellschafter als Wohnungseigentümer im Grundbuch aus steuerlichen Gründen über einen längeren Zeitraum verzögert, so könnten sich die BGB-Gesellschafter bzw. die BGB-Gesellschaft nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn der Verordnungsgeber vor Eintragung der Gesellschafter als Wohnungseigentümer im Grundbuch die Begründung von Wohnungseigentum unter den Vorbehalt der Genehmigung durch die Gemeinde stelle.

Wirtschaftlich betrachtet sei die Eigentümerin vor Umwandlung – die Klägerin bestehend aus 17 Gesellschaftern – identisch mit den auflassungsvormerkungsberechtigten Personen und Eigentümern nach Umwandlung.

Dritter im Sinne der erhaltungsatzungsrechtlichen Vorschriften könne jedoch bei wohnungsrechtlicher Betrachtungsweise nur eine Person sein, die mit dem bisherigen Eigentümer des Anwesens nicht wirtschaftlich verbunden sei. Im vorliegenden Fall bestehe sogar eine wirtschaftliche Identität der Eigentümer.

Mit Schriftsatz vom 7. August 2014, der am selben Tag beim Verwaltungsgericht einging, ließ die Klägerin eine Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom … Juli 2014 erheben. Die Bevollmächtigten der Klägerin stellten die Anträge,

I.

Der Bescheid des Sozialreferats der Beklagten vom … Juli 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, die Begründung von Wohnungseigentum am Anwesen …-str. 11 in 13 Wohnungen zu genehmigen.

III.

Die Beklagte wird verpflichtet, einen Betrag von 222,19 zzgl. Zinsen von 5% über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung an die Klägerin zu bezahlen.

Zur Begründung ihrer Anträge führte die Klägerin aus, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB lägen vor. Die in § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB genannte Rechtsverordnung sei von der Bayerischen Staatsregierung am 4. Februar 2014 erlassen worden. Ausweislich ihres § 2 sei die Verordnung am 1. März 2014 in Kraft getreten. Die Vormerkungen zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung der jeweiligen Wohnung auf den/die jeweils im Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag genannten Gesellschafter/in der Klägerin seien am … Februar 2014 im Grundbuch eingetragen worden. Die Eintragung im Grundbuch sei damit etwa drei Wochen vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts erfolgt. Die Auflassungsvormerkungsberechtigten seien Dritter im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB. Bei der Klägerin handele es sich um eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sei unter anderem rechtsfähig, grundbuchfähig (§ 47 Abs. 2 GBO) und parteifähig (§ 61 VwGO i. V. m. § 50 Abs. 1 ZPO). Dass es sich bei der Klägerin um eine von ihren Gesellschaftern verschiedene Rechtsperson und somit um Dritte handele, bestätige schon § 14 Abs. 1 BGB. Bei der Klägerin handele es sich um eine rechtsfähige Personengesellschaft, ihre Gesellschafter seien dagegen natürliche oder juristische Personen und damit Dritte. Diese Grundsätze würden mangels abweichender gesetzlicher Regelungen auch im Verwaltungsrecht gelten. Dritter im öffentlich-rechtlichen Sinn sei jede rechtsfähige natürliche oder juristische Person, die sich von dem ursprünglichen Rechtsträger unterscheide. Dies sei vorliegend gegeben.

Für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise der Frage, ob jemand Dritter im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB sei, fehle es schon an einer Rechtsgrundlage. Keine der zukünftigen Eigentümerparteien sei identisch mit der Klägerin, weder rechtlich noch wirtschaftlich. Die Tatsache, dass die Eigentümer der 13 Wohnungen im streitgegenständlichen Anwesen nach dem grundbuchrechtlichen Vollzug der Aufteilung notwendigerweise zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft verbunden sein würden, ändere hieran nichts. Schließlich handele es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich um einen rechtlichen Verbund und nicht um eine Eigentümerin der einzelnen Wohnungen. Verschiedene natürliche Personen, welche Wohnungseigentümer sind, seien generell nicht wirtschaftlich miteinander verbunden.

Der vorliegende Sachverhalt stelle zudem keine Umgehung des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB dar. Der notarielle Vertrag vom 6. August 2013 sei sechs Monate vor dem Erlass der Rechtsverordnung zur Stärkung des städtebaulichen Milieuschutzes geschlossen worden.

Die im Ablehnungsbescheid festgesetzte Gebühr in Höhe von 220,- Euro sowie die Auslagen in Höhe von 2,19 Euro seien zu erstatten, da der Bescheid rechtswidrig sei. Hinzu kämen noch die Verzugszinsen.

Mit Schreiben vom 24. November 2014 verwies die Beklagte auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Bei dem Begriff „Dritte“ im Sinne des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs müsse die Intention der gesetzlichen wohnungsrechtlichen Vorschrift berücksichtigt werden. Eine rein formale grundbuchrechtliche Betrachtungsweise reiche hierzu nicht aus. Ein Käufer, der mit dem Verkäufer bereits bei Abschluss des Kaufvertrages rechtlich oder wirtschaftlich verbunden sei, habe keinen Vertrauensschutz und sei somit nicht schutzwürdig. Die Ziele der Gesellschaft zeigten vorliegend gerade, dass diese eine wirtschaftliche Verbundenheit habe und voraussetze, dass die auch nach der Eintragung der Gesellschafter als Wohnungseigentümer fortbestehe.

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2015 replizierten die Bevollmächtigten der Klägerin und führten aus, § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB erfasse alle denkbaren schuldrechtlichen Geschäfte. Der Gesetzgeber habe bewusst das schuldrechtliche Geschäft nicht benannt und damit Raum für Sachverhalte wie den streitgegenständlichen gelassen. Eine Beschränkung auf bestimmte Geschäfte sei dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Es sei somit kein Grund für die fehlende Schutzbedürftigkeit der Käufer erkennbar. Es handele hier zudem um einen absoluten Einzelfall, da die Beurkundung der Teilung und Auseinandersetzung zu einem sehr frühen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Rechtsverordnung erfolgt sei.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behördenakten, das ausführliche schriftliche Vorbringen der Beteiligten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2015 verwiesen.

Gründe
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg, da die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung für die Begründung von Wohnungseigentum hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

I.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Genehmigung der beantragten Begründung von Wohnungseigentum aus § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB zu, da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Genehmigungsvorbehalts aufgrund von § 5 der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsrechts und des besonderen Städtebaurechts (DVWoR) im Grundbuch Vormerkungen zur Sicherung der Ansprüche auf Übertragung von Wohnungseigentum eingetragen waren, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB gegeben sind.

1. Nach § 5 DVWoR bedarf die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum gemäß § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes einer Genehmigung, wenn das Gebäude ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt ist und das Grundstück im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB liegt. Das Anwesen der Klägerin …-straße 11 liegt im Gebiet der Satzung der Beklagten zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung „…-Mitte“ und unterliegt damit grundsätzlich der Genehmigungspflicht nach § 5 DVWoR.

Nach § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB ist die Genehmigung zur Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum zu erteilen, wenn ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen war.

2. Diese Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung sind vorliegend erfüllt.

§ 5 DVWoR wurde auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB durch § 1 Nr. 4 der Verordnung zur Stärkung des städtebaulichen Milieuschutzes vom 4. Februar 2014 in die DVWoR eingefügt und ist gemäß § 2 der Verordnung zur Stärkung des städtebaulichen Milieuschutzes am 1. März 2014 in Kraft getreten. Demgegenüber wurden zugunsten der Gesellschafter der Klägerin am … Februar 2014 Vormerkungen zur Sicherung der Ansprüche auf Übertragung von Wohnungseigentum an den 13 Wohnungen in dem Anwesen der Klägerin …-straße 11 eingetragen.

An der (zivilrechtlichen) Wirksamkeit der vorgemerkten Übertragungsansprüche bestehen keine rechtlichen Bedenken. Mit dem notariell beurkundeten Vertrag vom 6. August 2013 setzte sich die Klägerin als eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zum Zwecke der in derselben Urkunde vorgenommenen Bildung von Wohnungs- und Teileigentum dergestalt auseinander, dass die einzelnen Gesellschafter künftig Miteigentumsanteile halten werden. Die zivilrechtliche Wirksamkeit dieses Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrages wurde seitens der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Für eine Unwirksamkeit der am 6. August 2013 beurkundeten Auseinandersetzung der Klägerin als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und Teilung des zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Anwesens …-straße 11 sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Die vormerkungsberechtigten Gesellschafter der Klägerin sind auch Dritte im Sinne des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB. Zwischen der Klägerin und den Gesellschaftern der Klägerin besteht weder eine persönliche noch eine wirtschaftliche Identität.

2.1 Bereits die Vormerkungsfähigkeit des Anspruchs der Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Sinne der §§ 705 ff. BGB gegen die BGB-Gesellschaft zeigt, dass zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern keine Identität besteht und es sich dabei um eine Übertragung des Wohnungseigentums auf einen Dritten im Rechtssinne handelt, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs niemand sein eigener Schuldner sein kann (vgl. BGH, U. v. 1.6.1967 – II ZR 150/66 – juris Rn. 23).

2.2 Bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und ihren Gesellschaftern handelt es sich um verschiedene Rechtssubjekte und damit um „Dritte“ im Sinne des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB.

Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (BGH, U. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00 – juris Rn. 5; BGHZ 116, 86, 88; 136, 254, 257). Soweit sie in diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig (vgl. § 14 Abs. 2 BGB). Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – und nicht etwa nur ihre Gesellschafter – besitzt eine nach außen bestehende beschränkte eigene Rechtssubjektivität (vgl. BGH, U. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00 – juris Rn. 7). Diese nach außen beschränkte persönliche Rechtssubjektivität der BGB-Gesellschaft führt in der Praxis beispielsweise dazu, dass ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluss auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat. Eine andere rechtliche Bewertung der Rechtsnatur der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft würde dazu führen, dass bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand Rechtsverhältnisse von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden müssten. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Die bestehende eigene Rechtssubjektivität wird ferner dadurch bestätigt, dass ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haftet (vgl. BGH, U. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00 – juris Rn. 9).

Auch die Möglichkeit von identitätswahrenden Umwandlungen von Gesellschaften des bürgerlichen Rechts in andere Rechtsformen – wie eine OHG – belegt die nach außen beschränkte persönliche Rechtssubjektivität der BGB-Gesellschaft. Betreibt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gewerbe, dann wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 105 Abs. 1 i. V. m. § 1 HGB). Da der OHG jedenfalls Rechtssubjektivität im oben beschriebenen Sinne zukommt (vgl. § 124 Abs. 1 HGB), würden sich bei fehlender Rechtssubjektivität der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft die Eigentumsverhältnisse an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen mit der Umwandlung zur OHG ändern (BGH, U. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00 – juris Rn. 10).

Schließlich wird die Annahme der Rechtssubjektivität einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts durch die gesetzlich geregelte Insolvenzfähigkeit der BGB-Gesellschaft (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO), die als Trägerin der Insolvenzmasse angesehen wird, bekräftigt.

2.3 Vorliegend gehört das Grundstück der Klägerin zu dem Gesellschaftsvermögen. Dieses Gesellschaftsvermögen soll im Zuge der Auseinandersetzung der Klägerin als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt und in das private Vermögen der einzelnen Gesellschafter der Klägerin überführt werden. Auch nach der Auseinandersetzung besteht die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft fort und behält ihre (Teil-)Rechtsfähigkeit als Liquidationsgesellschaft bis die den einzelnen Gesellschaftern zustehenden Werte des Gesellschaftsvermögens im Wege der Einzelübertragung auf die einzelnen Gesellschafter übertragen werden (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, Vorbem. v. §§ 723-735 Rn. 2). Das Gesamthandseigentum der Gesellschaft hat nach der Auseinandersetzung und Zuführung zu dem Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich eine andere Qualität. Demnach besteht entgegen der Auffassung der Beklagten zwischen dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft und dem in das Privateigentum der Gesellschafter überführten Individualvermögen weder eine rechtlich noch eine wirtschaftliche Identität.

Auch das Argument der Beklagten, es handele sich im vorliegenden Fall nicht um einen gewöhnlichen Kaufvertrag bzw. nicht um einen „klassischen Immobilienerwerb“, weshalb kein Vertrauensschutz beansprucht werden könne, greift nicht durch. Die Übertragung der Werte aus dem Gesellschaftsvermögen einer BGB-Gesellschaft auf einzelne Gesellschafter erfolgt im Wege der Einzelübertragung. Dabei handelt es sich um ein Rechtsgeschäft, das sich von einem „klassischen Immobilienerwerb“ nur durch das schuldrechtliche Grundgeschäft – das der eingetragenen Vormerkung zugrunde liegt – unterscheidet. Dem Wortlaut des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB kann jedoch keinerlei Differenzierung zwischen den verschiedenen schuldrechtlichen Vertragstypen entnommen werden. Die Vorschrift stellt vielmehr nur darauf ab, dass zur Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs im Grundbuch zugunsten eines Dritten eine Vormerkung eingetragen wurde. Aus welchem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft der durch Vormerkung gesicherte Anspruch resultiert, spielt dagegen im Rahmen des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB keine Rolle.

Schließlich kann der Klägerin auch nicht der Vorwurf der Schaffung eines Umgehungstatbestandes gemacht werden, da hierfür keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sind. Der notarielle Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag wurde bereits am 6. August 2013 und damit mehr als sechs Monate vor dem Inkrafttreten der Verordnung zur Stärkung des städtebaulichen Milieuschutzes und die Einführung der Genehmigungspflicht für die Begründung von Wohnungseigentum beurkundet.

Im Übrigen findet die Ansicht der Beklagten, der Begriff „Dritte“ im Sinne des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB müsse abweichend von der zivilrechtlichen Rechtslage im erhaltungsrechtlichen Sinne ausgelegt werden, im Gesetz keine Stütze. Die Vorschrift macht die Erteilung der Genehmigung von der Eintragung einer (zivilrechtlich wirksamen) Vormerkung im Grundbuch abhängig und stellt damit gerade den Bezug zum Privatrecht her. Aus welchen Gründen auf der anderen Seite bei der Auslegung des Begriffs „Dritte“ andere Grundsätze gelten sollen, ist nicht ersichtlich. Bereits aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung ist es geboten, die Rechtsbeziehungen einer Personengesellschaft nach außen und zu ihren Gesellschaftern sowohl im Privatrecht als auch im öffentlichen Recht einheitlich zu beurteilen.

Nach alldem war die Beklagte zu verpflichten, die Genehmigung für die Begründung von Wohnungseigentum in 13 Wohneinheiten zu erteilen.

II.

Der Klägerin steht ferner ein Anspruch auf Rückzahlung der bereits bezahlten Gebühren und Auslagen in Höhe von 222,19 Euro zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Klageerhebung zu. Die Voraussetzungen für einen Folgenbeseitigungsanspruch der Klägerin aus § 113 Abs.1 Satz 2, Abs. 4 VwGO analog (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 113 Rn. 86) liegen vor. Da der Klägerin ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung nach § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BauGB zusteht, ist der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom … Juli 2014 rechtswidrig und sind die bereits gezahlten Gebühren und Auslagen im Rahmen der Folgenbeseitigung zu erstatten.

III.

Gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog hat die Klägerin einen Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Rechtshängigkeit (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 90 Rn. 14).

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 65.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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