VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.10.2021 – 2 S 2765/21

März 24, 2022

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.10.2021 – 2 S 2765/21

1. Für die Begründung eines Gebührenanspruchs im Sinne des § 38 InsO kommt es nur auf die Verwirklichung des Gebührentatbestands im Veranlagungszeitraum, nicht aber auf den Ablauf des Veranlagungszeitraums an. Der Ablauf des Veranlagungszeitraums ist keine Frage des Gebührentatbestands, sondern des Entstehens der Abgabenschuld.2. Wird das Insolvenzverfahren während des Veranlagungszeitraums eröffnet, muss die Gebührenschuld zur Geltendmachung in eine Insolvenzforderung (§ 38 InsO) und eine Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) aufgeteilt werden.3. Ein Insolvenzfeststellungsbescheid nach § 185 Satz 1 InsO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a KAG und § 251 Abs. 3 AO trifft die Feststellung, dass der bestrittene Anspruch dem Abgabengläubiger in der geltend gemachten Höhe zusteht und als Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO begründet ist.

Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Juli 2021 – 1 K 1542/20 – wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 86.527,57 EUR festgesetzt.

Gründe
Der auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21.07.2021 – 1 K 1542/20 – hat keinen Erfolg.

I. Der Kläger ist seit dem 18.05.2021 Insolvenzverwalter der L. GmbH. Das Insolvenzverfahren war bereits mit Beschluss vom 01.07.2017 mit Wirkung für denselben Tag, 8.30 Uhr, eröffnet worden. Ursprünglich war Rechtsanwalt A. zum Insolvenzverwalter ernannt worden. Die L. GmbH war in den Jahren 1994 bis 1996 Eigentümerin des Betriebsgrundstücks FIst.-Nr. 3127, W. Str. 37, im Gemeindegebiet der Beklagten.

Mit Bescheid vom 21.02.1997 setzte die Beklagte gegenüber der L. GmbH für dieses Grundstück Abwassergebühren für das Kalenderjahr 1996 fest. Hiergegen erhob die L. GmbH Widerspruch, woraufhin mehrere Teilabhilfebescheide ergingen, ohne dass über den Widerspruch entschieden wurde.

Am 27.05.2010 erhob die L. GmbH gegen den Bescheid eine Untätigkeitsklage. Nachdem der Gemeinderat der Beklagten am 06.10.2010 rückwirkend zum 01.01.1994 eine neue Abwassersatzung mit einem gesplitteten Gebührenmaßstab beschlossen und die Beklagte die Gebühr daraufhin nochmals reduziert hatte, hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 21.02.1997 mit rechtskräftigem Urteil auf, soweit er von der Beklagten aufrechterhalten worden war.

Am 23.10.2014 beschloss der Gemeinderat der Beklagten dann auf der Grundlage einer geänderten Kalkulation rückwirkend zum 01.01.1994 eine weitere Änderung der Abwassersatzung, mit der der Gebührensatz in gleicher Höhe wie mit der Satzung vom 06.10.2010 festgesetzt wurde.

Mit Bescheid vom 21.11.2014 setzte die Beklagte daraufhin die von der L. GmbH zu entrichtende Abwassergebühr für das Jahr 1996 auf 106.135,41 EUR fest. Hiergegen erhob die L. GmbH rechtzeitig Widerspruch, über den nicht entschieden wurde. Auf die von der L. GmbH erhobene Untätigkeitsklage hob das Verwaltungsgericht auch den Bescheid vom 21.11.2014 mit rechtskräftigem Urteil auf.

Mit Schriftsatz vom 31.03.2017 forderte die L. GmbH die Beklagte zur Erstattung des auf die Abwassergebühren für das Jahr 1996 entrichteten Betrags von 86.527,57 EUR auf, da hierfür kein Rechtsgrund mehr bestehe. Diesen in der Folgezeit mehrfach wiederholten Antrag beschied die Beklagte nicht.

Vielmehr setzte sie mit einem an Insolvenzverwalter A. adressierten Bescheid vom 25.07.2017 Abwassergebühren für das Kalenderjahr 1996 in Höhe von 113.383,89 EUR zu Lasten der L. GmbH fest. In dem Begleitschreiben vom 28.07.2017 meldete sie u.a. die daraus resultierende Forderung zur Insolvenztabelle an.

Unter dem 11.09.2017 wies der Insolvenzverwalter A. darauf hin, dass eine Festsetzung der Gebühr für das Jahr 1996 durch Bescheid aufgrund der zwischenzeitlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen § 87 InsO nicht mehr möglich sei.

In dem insolvenzrechtlichen Prüfungstermin am 26.10.2017 widersprach er der von der Beklagten angemeldeten Abgabenforderung. Die Beklagte erließ daraufhin unter dem 25.02.2019 einen Bescheid, mit dem u.a. die Abwassergebühr für die L. GmbH für das Jahr 1996 gemäß dem Abwassergebührenbescheid vom 25.07.2017 zur Insolvenztabelle festgestellt wurde.

Der Insolvenzverwalter A. erhob gegen diesen Feststellungsbescheid rechtzeitig Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist.

Am 30.04.2020 hat der Insolvenzverwalter A. beim Verwaltungsgericht eine Untätigkeitsklage erhoben, die der Kläger nach seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter weiter betrieben hat, mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids für das Jahr 1996, in dem ein Erstattungsanspruch von 86.527,57 EUR ausgewiesen wird, erneut zu entscheiden, und die Beklagte zu verurteilen, diesen Betrag an den Kläger zu zahlen. Zur Begründung der Klage hat er geltend gemacht, es fehle an einem Rechtsgrund für bereits die geleistete Zahlung in Höhe von 86.527,57 EUR. Die Abwassergebührenbescheide vom 21.02.1997 und vom 21.11.2014 seien rechtskräftig aufgehoben worden. Der Bescheid vom 25.07.2017 sei wegen Verstoßes gegen § 87 InsO nichtig.

Das Verwaltungsgericht hat diese Untätigkeitsklage mit dem angegriffenen Urteil vom 21.07.2021 – 1 K 1542/20 – abgewiesen. Die Klage sei zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger könne keine Ermessensentscheidung der Beklagten über einen Abrechnungsbescheid mit der Ausweisung eines Erstattungsbetrags und daher auch keine Rückzahlung des bereits gezahlten Betrags beanspruchen. Grundsätzlich bestehe nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG i.V.m. § 218 Abs. 2 AO ein Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids bei Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Abgabenschuldverhältnis beträfen; das gelte auch bei einer Streitigkeit über einen Erstattungsanspruch nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a KAG, § 37 Abs. 2 AO, wie ihn vorliegend der Kläger geltend mache. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO habe derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden sei, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags, wenn eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden sei. Das gelte auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfalle.

Hier habe die L. GmbH auf ihre Abwassergebührenschuld für das Jahr 1996 86.527,57 EUR an die Beklagte bezahlt. Der Kläger als Insolvenzverwalter der L. GmbH habe jedoch keinen Anspruch auf Erstattung dieses Betrags, weil die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Rechtsgrund dafür habe, diesen zu behalten. Zwar seien die Gebührenbescheide vom 21.02.1997 und 21.11.2014 durch rechtskräftige Urteile aufgehoben worden. Auch der Bescheid vom 25.07.2017 sei wegen Verstoßes gegen § 87 InsO nichtig. Denn Gegenstand dieses Bescheids sei eine Gebührenforderung für das Kalenderjahr 1996, die bereits mit Verwirklichung des gebührenrechtlichen Tatbestands, jedenfalls aber mit Ablauf des Veranlagungszeitraums im Sinne des § 38 InsO begründet gewesen sei. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Wirkung zum 01.07.2017 hätte deshalb wegen des Vorrangs des Insolvenzverfahrens gemäß § 87 InsO diesbezüglich kein Festsetzungs- oder Leistungsbescheid mehr ergehen dürfen. Dieser Vorschrift unterfielen auch öffentlich-rechtliche Forderungen, die durch Verwaltungsakt geltend zu machen seien, falls sie bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Sinne von § 38 InsO begründet gewesen seien. Eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Forderung sei gemäß § 174 Abs. 1 InsO durch Anmeldung zur Tabelle geltend zu machen.

Einem Erstattungsanspruch des Klägers stehe jedoch der wirksame, wenn auch noch nicht bestandskräftige Feststellungsbescheid der Beklagten vom 25.02.2019 entgegen.

II. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 – 1 BvR 461/03 – DVBl. 2004, 822, und vom 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 – DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen – zumindest im Kern – zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.04.1997 – 8 S 1040/97 – VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.02.1998 – 7 S 216/98 – VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden; erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwändige Ermittlungen ermöglicht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30.06.2006 – 5 B 99.05 – juris).

Nach diesen Maßgaben ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

a) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht sei hinsichtlich der Gebührenforderung für das Jahr 1996 zu Unrecht davon ausgegangen, dass es für die Begründung einer Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO nur auf die Verwirklichung des gebührenrechtlichen Tatbestands und nicht auf den Ablauf des Veranlagungszeitraums, also des Kalenderjahres, ankomme.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist für Frage, ob eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO gegeben ist, nur die vollständige Verwirklichung des (Besteuerungs-)Tatbestands maßgeblich, nicht aber die Entstehung oder Fälligkeit der Steuerschuld (vgl. BFH, Urteil vom 19.01.2021 – VII R 38/19 – juris Rn. 26, Urteil vom 16.05.2013 – IV R 23/11 – BFHE 241, 233, juris Rn. 19; Klüger in Koenig, AO, 4. Aufl., § 251 Rn. 46; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., § 251 Rn. 23). Nicht entscheidend ist damit, ob zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Veranlagungszeitraum bereits abgelaufen war. Wird das Insolvenzverfahren während des Veranlagungszeitraums eröffnet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die einheitlich ermittelte Steuerschuld zur Geltendmachung in eine Insolvenzforderung (§ 38 InsO) und eine Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) aufzuteilen (vgl. BFH, Urteil vom 10.07.2019 – X R 31/16 – BFHE 265, 300, juris Rn. 63 zur Einkommensteuer, Urteil vom 27.09.2018 – V R 45/16 – BFHE 262, 214, juris Rn. 17 zur Umsatzsteuer; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., § 251 Rn. 10, 23).

Überträgt man diese Grundsätze auf das Gebührenrecht, so kommt es für die Begründung eines Gebührenanspruchs im Sinne des § 38 InsO nur auf die Verwirklichung des Gebührentatbestands im Veranlagungszeitraum, nicht aber auf den Ablauf des Veranlagungszeitraums an. Der Ablauf des Veranlagungszeitraums ist keine Frage des Gebührentatbestands, sondern des Entstehens der Abgabenschuld. Wird das Insolvenzverfahren während des Veranlagungszeitraums eröffnet, muss die Gebührenschuld zur Geltendmachung in eine Insolvenzforderung (§ 38 InsO) und eine Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) aufgeteilt werden.

Ungeachtet dessen ist die Frage, ob es für die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderung und Masseverbindlichkeit nur auf die Verwirklichung des Gebührentatbestands oder auch auf den Ablauf des Veranlagungszeitraums ankommt, hier jedenfalls nicht entscheidungserheblich, weil zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Wirkung zum 01.07.2017 nicht nur der Gebührentatbestand – die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen im Veranlagungszeitraum 1996 – erfüllt war, sondern der Veranlagungszeitraum – das Kalenderjahr 1996 – auch bereits abgelaufen war.

b) Erfolglos beanstandet der Kläger auch die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 25.02.2019 sei wirksam, wenn auch noch nicht bestandskräftig, und stehe einem Erstattungsanspruch des Klägers deshalb entgegen, weil er gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a KAG i.V.m. § 37 Abs. 2 AO einen Rechtsgrund für den von der L. GmbH auf die Abwassergebühren für das Jahr 1996 bereits bezahlten Betrag darstelle.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens richtet sich die Geltendmachung von – im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht bestandskräftig festgesetzten – Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO gemäß § 87 InsO nach den Vorschriften der Insolvenzordnung. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Abgabenforderungen. Bereits nach § 38 InsO begründete Forderungen sind mithin nach § 174 Abs. 1 Satz 1 InsO zur Insolvenztabelle anzumelden. Diese Anmeldung zur Insolvenztabelle ist hier mit dem an den Insolvenzverwalter A. adressierten Schreiben der Beklagten vom 28.07.2017 erfolgt, in dem die Abgabenforderung für das Jahr 1996 nach Betrag und Rechtsgrund hinreichend bezeichnet war.

Bestreitet ein Insolvenzgläubiger oder – wie im vorliegenden Fall – der Insolvenzverwalter die angemeldete Forderung, muss die Feststellung der Forderung grundsätzlich durch Klageerhebung herbeigeführt werden (§ 184 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dies gilt nach § 185 Satz 1 InsO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a KAG und § 251 Abs. 3 AO jedoch nicht für Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Diese sind vielmehr durch einen schriftlichen Verwaltungsakt (einen sogenannten Insolvenzfeststellungsbescheid) gegenüber dem Widersprechenden – hier dem Insolvenzverwalter A. – festzustellen. Der Feststellungsbescheid ist mangels Festsetzung einer Abgabe kein Abgabenbescheid i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c KAG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 AO, sondern ein sonstiger Verwaltungsakt. Inhalt dieses Bescheids ist die Feststellung, dass der bestrittene Anspruch dem Abgabengläubiger in der geltend gemachten Höhe zusteht und als Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO begründet ist (vgl. BFH, Urteil vom 18.08.2015 – V R 39/14 – BFHE 251, 125, juris Rn. 20; zum Ganzen Werth in Klein, AO, 15. Aufl., § 251 Rn. 27; Klüger in Koenig, AO, § 251 Rn. 17, 51 ff.).

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid sei gemäß § 183 Abs. 2 InsO in die Insolvenztabelle einzutragen. Die Feststellung wirkt dann wie ein rechtskräftiges Urteil über das Bestehen des Abgabenanspruchs gegenüber dem Insolvenzverwalter und anderen Gläubigern (§ 178 Abs. 3 InsO) und führt zur Beseitigung des Widerspruchs und zur Berichtigung der Tabelle (§ 183 Abs. 1 InsO; vgl. Klüger in Koenig, AO, § 251 Rn. 54; Werth in Klein, AO, 15. Aufl., § 251 Rn. 27).

Nach den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ist es für die Frage, ob der Feststellungsbescheid im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a KAG i.V.m. § 37 Abs. 2 AO einen rechtlichen Grund für die Zahlung darstellt, allerdings nicht entscheidend, dass der Feststellungsbescheid bereits bestandskräftig ist; ausreichend sei vielmehr die Wirksamkeit dieses Bescheids, selbst wenn dieser angefochten sei. So sei insbesondere auch im Fall einer Festsetzung durch Abgabenbescheid eine Zahlung trotz Aussetzung der Vollziehung nicht ohne Rechtsgrund bewirkt. Ein Erstattungsanspruch des Klägers bestünde hier nur dann, wenn der Feststellungsbescheid vom 25.02.2019 endgültig aufgehoben werden sollte. Dies beruhe auch auf der Erwägung, dass eine Erstattung erst erfolgen solle, wenn endgültig feststehe, dass für das Jahr 1996 in geringerem Umfang bzw. überhaupt keine Abwassergebühren zu bezahlen seien, um zu vermeiden, dass wiederholte Zahlungen und Rückzahlungen zwischen den Beteiligten erfolgten, also die Leistung letztlich sinnlos hin- und her bewegt werde.

Mit diesen Rechtsausführungen im angegriffenen Urteil setzt sich der Kläger im Zulassungsverfahren nicht auseinander. Vielmehr beschränkt sich sein Zulassungsvorbringen auf die – in der Sache zutreffende – Behauptung, der noch nicht bestandskräftige Feststellungsbescheid habe nicht die Wirkung einer in die Insolvenztabelle eingetragenen Abgabenforderung nach § 178 Abs. 3 InsO. Hiervon ist indes auch das Verwaltungsgericht ausgegangen; allerdings ergibt sich hieraus nicht die weitere Annahme des Klägers, der Feststellungsbescheid habe keine rechtliche Wirkung. Mit einem wirksamen Feststellungsbescheid wird vielmehr festgestellt, dass der bestrittene Anspruch dem Abgabengläubiger in der geltend gemachten Höhe zusteht und als Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO begründet ist (vgl. BFH, Urteil vom 18.08.2015 – V R 39/14 – BFHE 251, 125, juris Rn. 20). Den weiteren Ausführungen im angegriffenen Urteil, dass und warum auch ein angefochtener Feststellungsbescheid einen Rechtsgrund für die Zahlung im Sinne des § 37 Abs. 2 InsO darstellt, ist der Kläger nicht den Darlegungsanforderungen entsprechend substantiiert entgegengetreten.

c) Ohne Relevanz ist das Vorbringen in der Antragsschrift, es könnte sich bei dem Bescheid vom 25.02.2019 um einen Festsetzungsbescheid handeln, der aber jedenfalls nichtig sei. Denn weder das Verwaltungsgericht noch die Beklagte haben behauptet, dass der Bescheid vom 25.02.2019 als Festsetzungsbescheid auszulegen sei. Sie haben den Bescheid vielmehr als Feststellungsbescheid für wirksam erachtet.

d) Schließlich ist auch die Behauptung des Klägers unerheblich, der Bescheid vom 25.02.2019 sei im Zeitpunkt seines Erlasses wegen Verletzung des Gebots der Belastungsklarheit und Vorhersehbarkeit rechtswidrig gewesen und die nunmehr in § 20 Abs. 5 KAG geregelte 20-jährige Ausschlussfrist sei bereits Ende des Jahres 2001 abgelaufen gewesen.

Hierauf kommt es für den von dem Kläger begehrten Abrechnungsbescheid nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG i.V.m. § 218 Abs. 2 AO bereits deshalb nicht an, weil für diesen allein die formelle Bescheidlage maßgeblich ist, nicht aber die Frage, ob eine Abgabenfestsetzung bzw. die Begründung der Zahlungsverpflichtung rechtmäßig erfolgt ist (stRspr, vgl. BFH, Urteil vom 11.02.2021 – VI R 37/18 – juris Rn. 58, Urteil vom 23.08.2001 – VII R 94/99 – BFHE 196, 18, juris Rn. 18; Intemann in Koenig, AO, 4. Aufl., § 218 Rn. 18; Rüsken in Klein, AO, 15. Aufl., § 218 Rn. 12, 13 b).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen – nach wie vor offen oder unbeantwortet bzw. unzureichend beantwortet gebliebenen – Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21.09.2005 – 9 S 437/05 – NVwZ-RR 2006, 255 und vom 22.04.1997 – 14 S 913/97 – NVwZ 1997, 1230).

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht aufgezeigt. Der Sache nach beruft er sich mit seinem diesbezüglichen Vorbringen auf die bereits zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung vorgetragenen Gründe. Dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtsgerichtlichen Urteils nicht vorliegen, hat der Senat bereits unter II. 1. ausgeführt. Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich mithin nicht, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Fragen offen oder unzureichend beantwortet geblieben sein könnten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit der Begründung des Verwaltungsgerichts, das zur Streitwertfestsetzung auf den vom Kläger angegebenen Betrag abgestellt hat, mit dem er seinen Erstattungsanspruch bezüglich der Abwassergebühren für das Jahr 1996 beziffert hat. Dem sind die Beteiligten nicht entgegengetreten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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