VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.05.2021 – 10 S 709/19 – nachträgliche Anordnung der Leistung einer Sicherheit

September 26, 2022

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.05.2021 – 10 S 709/19

1. Der Umstand, dass ein Unternehmen mehrere Abfallentsorgungsanlagen betreibt und zu einem Großkonzern gehört, begründet keine Atypik, die ein Absehen von der Anordnung einer Sicherheitsleistung rechtfertigt.

2. Zur Ausübung des Auswahlermessens bei der Festsetzung des Sicherungsmittels.

3. Bei der Anordnung von Sicherheitsleistungen darf sich die Immissionsschutzbehörde nicht von wettbewerbsbezogenen Ermessenserwägungen leiten lassen.

Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Januar 2019 – 5 K 33/17 – geändert. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 22. Dezember 2016 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die nachträgliche Anordnung der Leistung einer Sicherheit über 180.000,00 EUR in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines Kreditinstituts oder einer Versicherung.

Die Klägerin ist ein auf Gefahrstoffentsorgung und Recycling spezialisiertes, überregional tätiges Unternehmen. Sie ist Teil eines Konzerns, dessen Unternehmen außer in Deutschland in 30 Ländern weltweit Umweltdienstleistungen auf den Geschäftsfeldern Recycling, Service und Wasser anbieten. In … betreibt die Klägerin eine Anlage zur zeitweiligen Lagerung und zur Behandlung gefährlicher Abfälle, auf die sich die streitgegenständliche Anordnung einer Sicherheitsleistung bezieht.

Die vormalige Betreiberin der Anlage hatte dem Beklagten als Sicherheit für die Erfüllung ihrer Nachsorgepflichten gemäß § 5 Abs. 3 BImSchG eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe von 180.000,00 EUR gestellt. Nach Übernahme des Betriebs zum 01.01.2011 hörte das Regierungspräsidium die Klägerin zur Anordnung der Beibringung einer entsprechenden Sicherheitsleistung an. Die Klägerin bot daraufhin eine Bürgschaft ihrer Konzernmutter an. Diese sei als Bürgin tauglich, weil sie über ein ausreichendes Vermögen verfüge und ihren allgemeinen Gerichtsstand im Inland habe.

Mit Bescheid vom 17.05.2011 erließ das Regierungspräsidium Stuttgart eine nachträgliche Anordnung gegenüber der Klägerin, mit der diese verpflichtet wurde, eine Sicherheitsleistung in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer inländischen Bank oder Versicherung in Höhe von 180.000,00 EUR zu erbringen. Die Klägerin legte im Mai 2011 eine von einem Versicherungsunternehmen bestellte Bürgschaftsurkunde über 180.000,00 EUR vor.

Unter dem 28.10.2016 hörte das Regierungspräsidium Stuttgart die Klägerin zu einer Änderung des Bescheids dahingehend an, dass eine Sicherheitsleistung in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder einer im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherung in Höhe von 180.000,00 EUR beizubringen sei. An der festgesetzten Art der Sicherheit werde festgehalten, da es sich bei der Klägerin und ihrer Konzernmutter um eine wirtschaftliche Einheit handle. Die Klägerin rügte insoweit eine unvollständige Ermessensausübung und erklärte erneut ihre Bereitschaft, eine Bürgschaft ihres Mutterkonzerns zu stellen. Dieser könne sich außerdem verpflichten, eine ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung von nach einer Betriebseinstellung eventuell noch verbliebenen Abfällen zu gewährleisten.

Mit Bescheid vom 22.12.2016 hob das Regierungspräsidium seinen Bescheid vom 17.05.2011 auf und verpflichtete die Klägerin, eine Sicherheitsleistung in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder einer im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherung in Höhe von 180.000,00 EUR zu erbringen. In der Begründung heißt es, auch die Auswahl der Sicherheitsleistung sei von der Behörde zu treffen. Primär fordere man regelmäßig eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft, da diese sowohl hinsichtlich ihrer Insolvenzsicherheit als auch hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit im Bedarfsfall am tauglichsten erscheine, die öffentliche Hand vor Kosten zu bewahren. Andere Sicherungsmittel könnten im Einzelfall zugelassen werden, wenn sie hinsichtlich der Insolvenzsicherheit und der Praktikabilität einer Bankbürgschaft entsprächen. Gründe, im vorliegenden Fall eine andere Form der Sicherheitsleistung zu akzeptieren, seien nicht ersichtlich. Die von der Klägerin vorgeschlagene Konzernbürgschaft sei von ihrer Eignung als Sicherungsmittel im Hinblick auf die Insolvenzsicherheit und die administrative Handhabbarkeit einer Bankbürgschaft deutlich unterlegen. Bezüglich letzterer gelte dies vor allem deshalb, weil eine umfassende Bonitätsprüfung durch die Behörde einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bei allen Beteiligten verursache und dennoch Unsicherheiten bezüglich der künftigen Entwicklung kaum ausgeschlossen werden könnten. Die Sicherheit einer Bankbürgschaft übersteige die Sicherheit einer Konzernbürgschaft im Allgemeinen erheblich. Im konkreten Fall sei die Klägerin in ihren Mutterkonzern eingebettet und könne zusammen mit diesem im Hinblick auf die Frage der gleichen Eignung einer Konzernbürgschaft gewissermaßen als wirtschaftliche Einheit angesehen werden. Der Konzern habe einen nicht unerheblichen Schwerpunkt im Bereich der Abfallwirtschaft und sei insoweit in nur einer Branche tätig. Es handle sich nach eigenen Angaben um einen weltweit agierenden Konzern mit Standorten in über 30 Ländern. Sollte der Konzern in einzelnen Ländern oder insgesamt die Branche der Abfallwirtschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, würden die für die Standorte in Deutschland von ihm übernommenen Bürgschaften erheblich entwertet. Bei einer Bank- oder einer Versicherungsbürgschaft bestehe diese Gefahr nicht in gleicher Weise, so dass diese sich als insolvenzsicherer darstellten als eine Konzernbürgschaft. Wenngleich auch Banken und Versicherungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnten, habe sich deren regulatorischer Hintergrund infolge der Bankenkrise verdichtet. Zudem sei durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine intensive Überwachung der Banken garantiert, anders als dies in Bezug auf die Bonität eines großen Konzerns mit einem Schwerpunkt im Bereich der Abfallwirtschaft der Fall wäre. Bürgschaftsübernahmen zählten zum Kerngeschäft derartiger Finanzdienstleister und die Kosten hierfür lägen in der Regel bei maximal 1 % bis 2 % der Bürgschaftssumme pro Jahr, was sich nicht als außerordentliche Belastung darstelle. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass das Regierungspräsidium bei ausnahmslos allen Betreibern von Abfallentsorgungsanlagen sein Auswahlermessen bisher in gleicher Weise ausgeübt habe und alle Betreiber Bank- oder Versicherungsbürgschaften vorgelegt hätten. Auch aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit sei es geboten, an dieser Linie festzuhalten. Betriebe, die keinem Konzern angehörten, könnten nicht auf eine Muttergesellschaft als Bürgin setzen, sondern müssten auf ihre Hausbank oder andere Institute zugehen, die ihnen für eine Bürgschaft ggf. höhere Kosten in Rechnung stellten als es eine „Mutter“ gegenüber ihrer eigenen „Tochter“ tun würde.

Die von der Klägerin hiergegen am 02.01.2017 erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 29.01.2019 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, da die Voraussetzungen nach § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4a Satz 1 BImSchG für eine nachträgliche Anordnung erfüllt seien, das Regierungspräsidium hiernach zu Recht die Erbringung einer Sicherheitsleistung angeordnet sowie auch ihr Auswahlermessen hinsichtlich der Art und der Höhe der Sicherheitsleistung fehlerfrei ausgeübt habe.

Die Behörde könne nur beim Vorliegen atypischer Umstände nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der Vorschrift könne der Ansicht der Klägerin, die Anordnung einer Sicherheitsleistung dürfe insoweit nicht allein wegen des allgemeinen, latent vorhandenen Insolvenzrisikos eines jeden Unternehmens erfolgen, nicht gefolgt werden. Der Annahme eines Regelfalls stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin eine Vielzahl von Abfallentsorgungsanlagen betreibe und deshalb nach ihrem Vortrag bei einer Schließung der Betriebsstätte in … noch Erlöse aus den zahlreichen anderen Standorten vorhanden seien, um die Entsorgungskosten zu begleichen. Auf ein möglicherweise geringes Insolvenzrisiko komme es nicht an, zumal dann, wenn die Klägerin ihre Betriebsstätte in … schließe, die restlichen Standorte bzw. das Unternehmen an sich aber noch solvent seien, kein Fall vorliege, der die Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung rechtfertige. Die Klägerin könne sich ebenso wenig darauf berufen, dass ihr Mutterkonzern noch vorhandene Abfälle entsorgen könnte. Eine Muttergesellschaft sei von der Tochtergesellschaft rechtlich unabhängig und daher nicht verpflichtet, für die Erfüllung der Pflichten der Tochtergesellschaft finanziell einzuspringen. Da eine Insolvenz der Klägerin auch Auswirkungen auf die Betriebsstätte in … hätte, überdehne die Behörde nicht die Risikobetrachtung, indem sie Gründe in den Blick nehme, die mit der Betriebsstätte selbst nichts zu tun hätten. Das Regierungspräsidium habe die Sicherheitsleistung ausschließlich für den Fall der Insolvenz der Klägerin angeordnet, wie sich jedenfalls aus der Begründung des Bescheids ergebe. Zu den Betreibern, bei denen eine Insolvenz von vornherein ausgeschlossen sei, zähle die Klägerin als privatrechtliches Unternehmen nicht. Eine Insolvenz stelle bei ihrer Unternehmensgröße – auch in Verbindung mit ihren Mutter- und Schwestergesellschaften – einen zwar unwahrscheinlichen, aber noch keinen atypischen Fall dar.

Sein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der Art der Sicherheitsleistung habe das Regierungspräsidium fehlerfrei ausgeübt. Es fordere „primär regelmäßig“ für alle Abfallentsorgungsanlagen die Vorlage einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft, da diese sowohl hinsichtlich ihrer Insolvenzsicherheit als auch hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit im Bedarfsfall am tauglichsten erscheine, die öffentliche Hand vor Kosten zu bewahren. In einem zweiten Schritt prüfe es, ob im Einzelfall andere Sicherungsmittel zugelassen werden könnten. Hierbei stelle es darauf ab, ob diese anderen Sicherungsmittel hinsichtlich ihrer Insolvenzfestigkeit und administrativen Praktikabilität einer Bankbürgschaft entsprächen. Dass sich die Behörde hierdurch im Hinblick auf den ersten Schritt selbst binde, begegne keinen Bedenken. Im zweiten Schritt werde das Ermessen dann bezogen auf den konkreten Einzelfall ausgeübt. Das Ermessen des Regierungspräsidiums sei dabei nicht durch die Erlasslage in anderen Bundesländern eingeschränkt. Der Gesetzeszweck rechtfertige es, hohe Anforderungen an eine Sicherheitsleistung zu stellen, da nur auf diese Weise eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel hinreichend sicher ausgeschlossen werde. Der Gesichtspunkt der Praktikabilität rechtfertige dabei eine generalisierende Handhabung. Eine Konzernbürgschaft sei ein für die Klägerin zwar milderes, aber nicht gleich geeignetes Sicherungsmittel, weil sie nicht so insolvenzfest sei wie eine Bankbürgschaft. Die Klägerin sei als Tochterunternehmen wirtschaftlich und ggf. auch gesellschaftsrechtlich über Beteiligungen mit ihrem Mutterunternehmen eng verbunden. In kritischen Zeiten könne die Insolvenz des Mutterunternehmens eine Insolvenz des Tochterunternehmens nach sich ziehen und zudem könne die Insolvenz eines bedeutenden Tochterunternehmens auch zur Insolvenz des ganzen Konzerns führen. Das Risiko hingegen, dass eine von der Klägerin unabhängige Bank oder Versicherung zur gleichen Zeit insolvent werde wie die Klägerin, sei weitaus geringer. Neben einem besseren Ausfallschutz sei eine Bankbürgschaft schneller durchsetzbar, weil anzunehmen sei, dass eine Bank oder Versicherung als neutraler Dritter und unter Berücksichtigung ihres Geschäftsmodells der Anforderung auf Auszahlung der Bürgschaftssumme sofort nachkomme. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei, dass das Regierungspräsidium eine Bankbürgschaft deshalb als insolvenzsicherer eingestuft habe, weil es bei Banken und Versicherungen eine staatliche Überwachung gebe. Diese biete zwar keinen vollständigen Insolvenzschutz, stelle jedoch eine zusätzliche Sicherheit dar, die Missständen und Insolvenzen vorzubeugen versuche. Die in der Verflechtung mit dem Bürgen und fehlender staatlicher Aufsicht liegenden Nachteile einer Konzernbürgschaft könnten auch nicht durch die regelmäßige Vorlage von Testaten unabhängiger Wirtschaftsprüfer ausgeglichen werden. Dies entlaste die Behörde zwar von einer Prüfung der Solvenz der Bürgin und einer ausreichenden Deckung der Bürgschaft. Es stelle sich jedoch die Frage, wie zu verfahren wäre, wenn die Klägerin diese Testate – etwa bei einem für sie negativen Ergebnis – nicht vorlege. In diesem Fall fiele die Sicherheit weg und es sei fraglich, ob die Klägerin dann noch in der Lage wäre, ein anderes Sicherungsmittel nachzureichen. Auch die Ausführungen zur Wettbewerbsgleichheit seien nicht zu beanstanden. Hierbei handle es sich nach den Angaben des Regierungspräsidiums nur um einen untergeordneten Aspekt und das Regierungspräsidium habe damit nur alle Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen grundsätzlich gleichbehandeln und so dem allgemeinen Gleichheitssatz Rechnung tragen wollen. Soweit dies dazu führe, dass alle Betreiber Gebühren für eine Bürgschaft an eine Bank zahlen müssten und dadurch für alle Betreiber die gleichen Wettbewerbschancen bestünden, handle es sich lediglich um einen Nebeneffekt der allgemeinen Verwaltungspraxis des Regierungspräsidiums.

Zu keiner anderen Beurteilung führe der Vergleich mit den Vorschriften der Deponieverordnung. Die Behörde sei auch bei Deponien und Langzeitlagern nicht gezwungen, eine Konzernbürgschaft zu akzeptieren, sondern müsse im Rahmen ihres Ermessens prüfen, ob das Verlangen einer Bankbürgschaft erforderlich sei. Schließlich stünden die Nachteile des gewählten Sicherungsmittels für die Klägerin auch nicht außer Verhältnis zum Zweck der nachträglichen Anordnung. Die zu erwartenden Kosten für die Bank- oder Versicherungsbürgschaft von 1 bis 3 % der Bürgschaftssumme pro Jahr sei der Klägerin vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses an der finanziellen Absicherung einer ordnungsgemäßen Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Nachsorgepflichten zumutbar.

Am 11.03.2019 hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen das ihr am 20.02.2019 zugestellte Urteil eingelegt.

Sie hält den angefochtenen Bescheid bereits deshalb für rechtswidrig, weil dem Regierungspräsidium schon eine Bürgschaft in der angeordneten Höhe vorliege und weil er nicht regle, in welchen Fällen die Behörde auf die Bürgschaft zugreifen dürfe. Es dürfe ausschließlich eine Sicherheit für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Anlagenbetreibers verlangt werden. Mangels einer entsprechenden Beschränkung im Tenor der nachträglichen Anordnung könne aber auch bei Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der Nachsorgepflichten auf die Bürgschaft zugegriffen werden. Eine definitive Beschränkung der Inanspruchnahmemöglichkeit der Bürgschaft ergebe sich weder aus der Begründung des Bescheids noch aus der einbehaltenen Bankbürgschaft. Eine Zahlungsunfähigkeit, vor der das Gesetz schützen wolle, sei auch nicht mit einer Insolvenz gleichzusetzen. Sie sei in der Regel (erst) anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt habe. Ein weiterer Insolvenzgrund sei aber die Überschuldung, die bereits vorliege, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr decke. Es bleibe unklar, ob die Behörde die beizubringende Bürgschaft bereits im Falle einer Zahlungsunfähigkeit, einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder einer Überschuldung in Anspruch nehmen könne oder ob es stattdessen darauf ankomme, ob die Betreiberin der Abfallentsorgungsanlage oder ein Gläubiger der Betreiberin einen Insolvenzantrag bei dem zuständigen Insolvenzgericht eingereicht habe oder ob es für die Inanspruchnahme der Bürgschaft darauf ankommen solle, dass das Insolvenzgericht dem Insolvenzantrag stattgegeben habe. Da auf die Bürgschaft direkt zugegriffen werden könne, habe es einer konkreteren Regelung des Sicherungszwecks bedurft. Es habe außerdem darauf hingewiesen werden müssen, dass die einbehaltene Sicherheitsleistung über den Insolvenzschutz hinausreiche und deshalb nicht erforderlich sei.

Ferner habe das Regierungspräsidium den ihm für Ausnahmefälle in der Soll-Vorschrift des § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG eingeräumten Ermessensspielraum verkannt. Eine Ausnahme von der regelmäßig gebotenen Anordnung einer Sicherheitsleistung bei Abfallanlagenbetreibern komme nicht nur bei öffentlich-rechtlichen Anlagenbetreibern in Betracht. Vielmehr könne die Behörde auch aus Gründen einer besonderen Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Betreibers ausnahmsweise auf die Anordnung einer Sicherheitsleistung verzichten. Entscheidend für die Frage nach einem Regel- oder Ausnahmefall sei, ob im Falle der Betriebseinstellung befürchtet werden müsse, dass den noch zu deckenden Entsorgungskosten keine Erlöse mehr gegenüberstünden, oder ob erwartet werden könne, dass das für den Anlagenbetrieb verantwortliche Unternehmen angesichts seiner Größe und der Vielfalt seiner Unternehmensaktivitäten auch im Falle der Betriebseinstellung noch über Einnahmen verfüge, mit deren Hilfe sich die anfallenden Entsorgungskosten begleichen ließen. Zwar reiche grundsätzlich das allgemeine Liquiditätsrisiko aus, um die Vorlage einer Sicherheitsleistung zu verlangen. Das spezifische Risiko der öffentlichen Hand, die Nachsorgekosten tragen zu müssen, ergebe sich jedoch allein daraus, dass diese erst nach Einstellung des Betriebs und damit in einer Zeit anfielen, in der mit der stillgelegten Abfallentsorgungsanlage kein Geld mehr verdient werde. Dieses Risiko sei nur in Fällen gegeben, in denen die Anlage von einer Gesellschaft betrieben werde, die sich auf den Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage beschränke. Die typischen Risiken der Betriebseinstellung von Abfallentsorgungsanlagen bestünden dagegen nicht bei Anlagenbetreibern, die wie die Klägerin eine Vielzahl von Anlagen betrieben, Dienstleistungen erbrächten und Vertragspartner zahlreicher gewerblicher Abfallerzeuger und öffentlich-rechtlicher Auftraggeber seien. Bei Existenz einer Vielzahl weiterer Unternehmensaktivitäten, mit denen Erlöse erzielt werden könnten, drohe die typische Gefahr der Insolvenz des Anlagenbetreibers nach einer Betriebseinstellung nicht. Das allgemeine Insolvenzrisiko betreffe demgegenüber nicht spezifisch die Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen, sondern die Erzeuger und die Entsorger von Abfällen gleichermaßen. Auch bei großen Industriebetrieben fielen erhebliche Abfallmengen an, die im Auftrag dieser Unternehmen von privaten Entsorgungsunternehmen auch im Falle einer Insolvenz noch entsorgt werden müssten. Soweit das Verwaltungsgericht bei der Prüfung einer Atypik anmerke, es komme mangels entsprechender Rechtspflicht nicht darauf an, ob der Mutterkonzern der Klägerin die noch vorhandenen Abfälle entsorgen könnte, übersehe es, dass die Klägerin dem Regierungspräsidium ausdrücklich die Abgabe einer entsprechenden Garantieerklärung angeboten habe.

Ferner sei der Behörde bei der nachträglichen Anordnung – ebenso wie bei der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung – ein Auswahlermessen nur dann zuzubilligen, wenn der Vorhabenträger bzw. Anlagenbetreiber keine geeignete Sicherheit vorlege oder anbiete. Die Klägerin habe dem Regierungspräsidium aber sowohl eine Konzernbürgschaft als auch eine Verpflichtungserklärung ihres Mutterkonzerns angeboten, am Standort nach einer Stilllegung noch vorhandene Abfälle zu entsorgen. Darüber hinaus habe sie wiederholt um Mitteilung gebeten, unter welchen Voraussetzungen die von ihr vorgeschlagenen Sicherungsmittel, nämlich eine Konzernbürgschaft, eine Patronatserklärung bzw. eine Entsorgungsgarantie, aus Sicht der Behörde akzeptiert werden könnten. Hierauf sei das Regierungspräsidium nicht eingegangen. Bei der Beurteilung, ob eine angebotene Sicherheitsleistung ausreichend sei, um die Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG sicherzustellen, handle es sich aber nicht um einen Ermessensgesichtspunkt, sondern um eine Rechtsfrage. Eine vorgeschlagene Sicherheitsleistung dürfe die Behörde nur ablehnen, wenn sie zur Erfüllung des Sicherungszwecks nicht geeignet sei. Dass die angebotene Konzernbürgschaft ungeeignet sei, sei aber weder ersichtlich noch vorgetragen. Bei Annahme einer Ungeeignetheit der Konzernbürgschaft wäre bereits kein Auswahlermessen eröffnet gewesen. Halte man demgegenüber auch eine Konzernbürgschaft für grundsätzlich geeignet, komme es entscheidend auf die Frage an, ob dem Anlagenbetreiber oder der Aufsichtsbehörde das Recht zustehe, zwischen mehreren geeigneten Sicherungsmitteln auszuwählen. Die Annahme eines behördlichen Auswahlrechts hätte zur Konsequenz, dass der Betrieb immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Abfallentsorgungsanlagen in nahezu allen Bundesländern auch mit der Beibringung einer Konzernbürgschaft zugelassen werden könne, während in Baden-Württemberg die in Wettbewerb zu den Betreibern von Anlagen in anderen Bundesländern stehenden Anlagenbetreiber keine Konzernbürgschaft erbringen dürften.

Der angefochtene Bescheid sei jedenfalls deswegen ermessensfehlerhaft, weil das Regierungspräsidium den gebotenen Interessenausgleich nicht vorgenommen, sondern andere Sicherungsmittel als die angeordnete Bank- oder Versicherungsbürgschaft ohne weitere Prüfung von vornherein ausgeschlossen habe. Die Frage, wie die Behörde nach dem Willen des Gesetzgebers das ihr eingeräumte Ermessen ausüben solle, lasse sich auch anhand der Gesetzesmaterialien nicht eindeutig beantworten. Da das Sicherungsbedürfnis bei immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen grundsätzlich vergleichbar sei mit demjenigen bei abfallrechtlich planfeststellungsbedürftigen Deponien, biete es sich an, sich an den diesbezüglichen Regelungen der Deponieverordnung zu orientieren. Für den noch im größeren Maße sicherungsbedürftigen Bereich der Abfalldeponien sei die Stellung einer Konzernbürgschaft danach aber im Regelfall ausreichend. Soweit demgegenüber in anderen Vorschriften wie in § 8a des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) Bürgschaften, Patronatserklärungen oder Schuldbeitritte als Sicherungsmittel ausgeschlossen würden, spreche dies eher dafür, dass es dem Gesetzgeber im vorliegenden Zusammenhang gerade nicht auf eine Insolvenzsicherheit des Sicherheitsgebers oder eine konzernunabhängige Sicherheit ankomme. In verschiedenen Ländererlassen werde die Möglichkeit, Konzernbürgschaften als Sicherungsmittel beizubringen, zudem ausdrücklich bestätigt. Eine mangelnde Insolvenzfestigkeit wie bei handelsrechtlichen Rückstellungen bestehe bei diesen nicht, da nicht nur das Vermögen des Anlagenbetreibers, sondern zusätzlich das Vermögen des bürgenden Konzerns hafte. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die prognostizierten Entsorgungskosten in Höhe von ca. 150.000,00 EUR gemessen an der Leistungsfähigkeit der Klägerin und ihres Mutterkonzerns nicht annähernd so hoch seien, dass ein Ausfall ernstlich befürchtet werden müsste. Auch wenn es für die Anordnung der Sicherheitsleistung keiner konkreten Zweifel an der Liquidität des Anlagenbetreibers bedürfe, bedeute dies nicht, dass die konkreten Verhältnisse des Unternehmens bei der Entscheidung für eine bestimmte Art der Sicherheitsleistung unberücksichtigt bleiben dürften.

Das Regierungspräsidium habe letztlich keine Auswahl zwischen nach seiner Einschätzung gleichermaßen geeigneten Sicherungsmitteln getroffen, sondern die Konzernbürgschaft als weniger taugliches Sicherungsmittel abgelehnt und die ebenfalls angebotene Entsorgungsgarantie gar nicht erst in die Ermessenserwägungen einbezogen. Auch im Vergleich zu den für Abfalldeponien geltenden Anforderungen habe die angebotene Konzernbürgschaft nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, sie sei nicht hinreichend behördenpraktikabel. Das Regierungspräsidium gehe zudem von unzutreffenden Annahmen aus, wenn es meine, die Konzernbürgschaft sei einer Bankbürgschaft deutlich unterlegen. So sei die Behauptung, der Mutterkonzern der Klägerin sei nur in einer Branche tätig, falsch. Dieser sei vielmehr in verschiedenen Branchen tätig, nämlich im Bereich der Abfallwirtschaft, des Stahlschrotthandels und Metallrecyclings sowie im Bereich der Wasser- und Abwasserwirtschaft. Hinzu komme, dass es eine weitere übergeordnete Konzernebene gebe, die verschiedene Geschäftssparten zusammenführe, zu denen auch die Transportlogistik und die Herstellung von Qualitätserzeugnissen für die menschliche und tierische Ernährung, für die Landwirtschaft und für die Aquakultur und für industrielle Anwendungen gehörten. Das Regierungspräsidium habe sich nicht die Mühe gemacht, die Konzernaktivitäten im Einzelnen zu sichten oder sich auch nur erläutern zu lassen. Das erkläre sich vermutlich daraus, dass es meine, eine Benachteiligung kleinerer Unternehmen durch eine Anerkennung von Konzernbürgschaften vermeiden zu müssen. Hierbei handle es sich jedoch um eine – gemessen an den Ermächtigungsgrundlagen des Immissionsschutzrechts – sachfremde Ermessenserwägung, die sich auch nicht mit dem Argument des Verwaltungsgerichts bagatellisieren lasse, sie sei lediglich von untergeordneter Bedeutung gewesen. Wettbewerbsvorteile, die sich für Konzerne daraus ergäben, dass sie Synergie-Effekte aus ihrer Größe oder dem Zusammenschluss verschiedener kleiner Unternehmen schöpften, beruhten auf den Marktverhältnissen, die nicht über immissionsschutzrechtliche Anordnungen beeinflusst werden dürften. Konzernunternehmen hätten im Übrigen aufgrund ihrer Größe gegenüber kleineren Unternehmen durchaus auch Nachteile.

Warum eine Konzernbürgschaft einer Bankbürgschaft hinsichtlich ihrer administrativen Handhabbarkeit deutlich unterlegen sein sollte, werde nicht konkret erläutert und sei auch nicht nachvollziehbar. Die Validität einer Konzernbürgschaft könne durch externe Wirtschaftsprüfer regelmäßig testiert und von der Behörde so ohne erheblichen Aufwand festgestellt werden. Eine umfassende, regelmäßig zu wiederholende, einzelfallbezogene Prüfung des Konzerns auf Insolvenzfestigkeit durch die Behörde sei insoweit nicht erforderlich. Soweit das Regierungspräsidium daneben auf die Insolvenzfestigkeit der Bankbürgschaft abstelle, fehle es an einer Definition dieses Begriffs. Sicherheiten seien bereits dann insolvenzsicher bzw. insolvenzfest, wenn die geleistete Sicherheit aus dem Vermögen des zur Sicherheitsleistung verpflichteten Anlagenbetreibers derart ausgesondert sei, dass auch im Insolvenzfall die Finanzierung der Entsorgung der vorhandenen Abfälle sichergestellt sei, wenn also die geleistete Sicherheit nicht in die Insolvenzmasse falle. In diesem Sinne sei die Konzernbürgschaft genauso insolvenzsicher wie eine Bank- oder Versicherungsbürgschaft, weil die Sicherheit durch das Vermögen des Bürgen gestellt werde und nicht von dem Vermögen des Anlagenbetreibers abhänge. Insolvenzfestigkeit bedeute dagegen nicht, dass die Sicherheitsleistung vor dem zusätzlichen Risiko einer Insolvenz des die Sicherheit stellenden Bürgen schütze. Im Übrigen werde auch die Insolvenzgefährdung von Banken und Versicherungen verkannt. Es habe in der Vergangenheit verschiedentlich Insolvenzen von Banken und Versicherungen gegeben. Eine pauschale Bevorzugung von Bankbürgschaften sei weder mit Blick auf das Restrukturierungsgesetz noch auf die Bankenaufsicht zu rechtfertigen. Diese seien wegen der besonderen Risiken, denen Banken ausgesetzt seien, und angesichts der volkswirtschaftlichen Negativfolgen von Insolvenzen im Bankensektor erforderlich, jedoch kein Ausweis dafür, dass Banken und Versicherungen generell weniger insolvenzgefährdet seien als große Industrieunternehmen. Insbesondere sei es nicht nachvollziehbar, dass jede auch noch so kleine Bank grundsätzlich als Bürge akzeptiert werde, Wirtschaftsunternehmen in welcher Größenordnung auch immer als Bürge hingegen grundsätzlich ausgeschlossen würden. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Konzernunternehmen sei für die Ermessensausübung irrelevant. Eine wirtschaftliche Zusammengehörigkeit könne bei einer Konzernbürgschaft grundsätzlich nie ausgeschlossen werden. Nicht nachvollziehbar sei in diesem Zusammenhang die Erwägung, das Risiko, dass eine von der Klägerin unabhängige Bank oder Versicherung zur gleichen Zeit insolvent werde wie die Klägerin, sei geringer als dasjenige einer gleichzeitigen Insolvenz des Mutterkonzerns. Es könne auch nicht von einem besonderen Wohlverhaltensinteresse von Banken und Versicherungen bei der Anforderung von Bürgschaftszahlungen ausgegangen werden.

Für die Klägerin bedeuteten die Ablehnung der Konzernbürgschaft und die Forderung nach einer Bank- oder Versicherungsbürgschaft erhebliche Nachteile. Für die selbstschuldnerische Bürgschaft müsse sie einen bestimmten Prozentsatz zwischen 1 % bis 3 % der Bürgschaftssumme an die Bank bzw. die Versicherung als Bürgin entrichten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie in einer Vielzahl von Verfahren bundesweit zur Leistung von Sicherheiten verpflichtet werde, so dass sich die Gesamtbelastung des Unternehmens in diesem Zusammenhang aus einer Vielzahl von Einzelforderungen ergebe. Die Kosten der Sicherheitsleistung beeinflussten damit nicht unerheblich die Kalkulation von Entsorgungspreisen der Klägerin und damit die Marktfähigkeit des Unternehmens im Wettbewerb. Der höheren Belastung der Klägerin stehe kein erheblicher Vorteil des Beklagten gegenüber. Ermessenserwägungen, die ausschließlich auf Behördenpraktikabilität und abstraktes Sicherungsbedürfnis der öffentlichen Hand abstellten und die Interessen des Anlagenbetreibers komplett ausblendeten, seien unzureichend.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Januar 2019 – 5 K 33/17 – zu ändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 22. Dezember 2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der angegriffene Bescheid sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Anordnung sei unter Berücksichtigung ihrer Begründung eindeutig zu entnehmen, dass der Zweck der Sicherheitsleistung darin bestehe, im Fall einer Insolvenz des Betreibers bei Stilllegung der Anlage die Behörden davor zu bewahren, Nachsorgemaßnahmen im Wege der Ersatzvornahme auf Kosten der öffentlichen Hand durchführen zu müssen. Für den Eintritt der Insolvenz als Sicherungsfall komme es üblicherweise auf die Stellung des Insolvenzantrags an. Aus dem Gesetzestext ergebe sich allerdings schon keine Verpflichtung, eine Absicherung allein für den Insolvenzfall vorzunehmen, so dass es genügt hätte, bei der Anordnung der Sicherheitsleistung allein auf die Nichterfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG abzustellen. Der Hinweis, dass die bereits vorgelegte Bürgschaft den Anforderungen der nachträglichen Anordnung entspreche, habe keine Regelungswirkung. Aufgrund des akzessorischen Charakters der Bürgschaft könne außerdem keine weitergehende Leistung verlangt werden als in der nachträglichen Anordnung festgelegt und damit nur im Fall der Insolvenz auf diese zurückgegriffen werden. Der erfolgte Hinweis sei vor diesem Hintergrund entbehrlich gewesen. Auch darauf, dass die Klägerin bereits eine Bürgschaft vorgelegt habe, komme es nicht an, da der angegriffene Bescheid die Grundlage dafür darstelle, die Sicherheit behalten zu dürfen.

Ein atypischer Fall, der mit Blick auf das in § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG geregelte Regel-Ausnahme-Verhältnis die Möglichkeit des Verzichts auf eine Sicherheitsleistung eröffnet hätte, liege nicht vor. Für die Anordnung einer Sicherheit komme es nicht auf die Beziehungen der Klägerin zu den restlichen Unternehmen ihres Mutterkonzerns und deren Insolvenzrisiko an. Eine Atypik komme unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks nur in Betracht, wenn eine Insolvenz von vorneherein ausgeschlossen sei, etwa wenn die Anlage von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts betrieben werde. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Das allgemeine Liquidationsrisiko genüge demgegenüber, um eine Sicherheitsleistung verlangen zu können. Zu ihrer eigenen Insolvenzfestigkeit habe die Klägerin keine Ausführungen gemacht. Sie betreibe zwar eine Vielzahl von Anlagen, erbringe Dienstleistungen und sei Vertragspartnerin zahlreicher gewerblicher Abfallerzeuger und öffentlich-rechtlicher Auftraggeber, sei aber im Wesentlichen nur in einer Branche, nämlich der Gefahrstoffentsorgung und dem Recycling, tätig. Vor diesem Hintergrund ergebe sich auch aus ausgedehnteren wirtschaftlichen Aktivitäten gerade nicht, dass Insolvenzrisiken geringer oder gar ausgeschlossen seien. Selbst wenn das Vorliegen einer Entsorgungsgarantie des Mutterkonzerns geeignet gewesen wäre, einen atypischen Fall anzunehmen, hätte die Ermessensausübung im konkreten Fall jedenfalls zur Anordnung der Sicherheitsleistung führen müssen. Denn eine Überprüfung der Werthaltigkeit einer Garantieerklärung des Mutterunternehmens wäre mit einem unzumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden gewesen.

Die Auswahl von Art und Höhe der Sicherheitsleistung sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Die Klägerin habe nicht hinreichend darlegen können, dass die von ihr präferierte Konzernbürgschaft ein genauso geeignetes Sicherungsmittel wie eine selbstschuldnerische Bank- oder Versicherungsbürgschaft sei. Wie in den „Allgemeinen Vollzugsgrundsätzen für Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen“ des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft festgehalten, sei bei anderen Sicherheitsleistungen vor allem die Gleichwertigkeit zu prüfen. Bereits eine geringe Abweichung im Hinblick auf die Insolvenzfestigkeit führe dazu, dass eine Bankbürgschaft einer Konzernbürgschaft vorzuziehen sei. Deswegen sei im Einzelfall zu prüfen gewesen, ob eine Konzernbürgschaft akzeptiert werden könne. Im vorliegenden Fall sei aber keine vollständige Gleichwertigkeit der Sicherungsmittel festzustellen gewesen, so dass eine Konzernbürgschaft nicht habe akzeptiert werden können. Anders als andere Unternehmen unterstünden Banken und Versicherungen zudem einer besonderen staatlichen Überwachung durch die BaFin, was einen erheblichen Vorteil für ihre Insolvenzfestigkeit biete. Die zusätzliche staatliche Kontrolle durch die BaFin sei viel weitreichender als es die Prüfverpflichtungen anderer Unternehmen seien. Hinzu komme, dass die Klägerin mit ihrer Konzernmutter gewissermaßen eine wirtschaftliche Einheit bilde. Die Bürgschaft eines mit dem Anlagenbetreiber weder rechtlich noch wirtschaftlich verflochtenen Bürgen sei etwas grundsätzlich Anderes als die Bürgschaft eines Unternehmens, zu dem ein gegenseitiges wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Denn ein solches beinhalte ein erhöhtes Gefahrenmoment, weil in kritischen Zeiten die Insolvenz des Mutterunternehmens auch die Insolvenz des Tochterunternehmens nach sich ziehen bzw. die Insolvenz eines bedeutenden Tochterunternehmens auch zur Insolvenz des ganzen Konzerns führen könne. Das Vermögen einer Bank oder Versicherung stehe demgegenüber unabhängig neben dem Vermögen des Betreibers und sei von dessen Bonität unabhängig. Auch andere Vorschriften über insolvenzsichere Sicherheit wie § 8a AltTZG schlössen die Abgabe von Bürgschaften, Patronatserklärungen oder Schuldbeitritten durch verbundene Konzernunternehmen aus. Dies zeige, dass der Gesetzgeber für die Absicherung gegen Zahlungsunfähigkeit in der Regel davon ausgehe, dass weder bilanzielle Rückstellungen noch Konzernbürgschaften ausreichten.

Eine Konzernbürgschaft sei auch aufgrund ihrer nachteiligen administrativen Handhabbarkeit nicht mit einer Bankbürgschaft gleichwertig. Soweit die Klägerin angeboten habe, ein jährlich zu erneuerndes Testat eines Wirtschaftsprüfers vorzulegen, könnten hierdurch Unsicherheiten mit Blick auf die künftige Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Situation nicht ausgeschlossen werden. Weitere Probleme könnten durch eine solche Handhabung entstehen, wenn die Testate die Bonität der Klägerin nicht mehr belegen könnten oder die Klägerin sie aus diesem Grund gar nicht vorlege. Es sei zweifelhaft, ob sie in einem solchen Fall noch in der Lage wäre, eine andere Sicherheit zu stellen. Außerdem wäre die Überprüfung solcher Testate durch die Behörde mit einem zusätzlichen, nicht unerheblichen administrativen Aufwand und möglicherweise erheblichen Zusatzkosten verbunden. Der Umstand, dass Behörden in anderen Bundesländern möglichweise andere Maßstäbe an die Praktikabilität der Sicherheitsleistung anlegten, erlaube nicht die Schlussfolgerung, dass dies von allen anderen Behörden genauso gehandhabt werden müsse.

Die nachträgliche Anordnung beruhe schließlich nicht auf wettbewerbsbezogenen Ermessenserwägungen. Der Hinweis auf die Wettbewerbsgleichheit habe für die Ermessensausübung nur eine nachrangige Rolle gespielt. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes würden allerdings für alle Anlagenbetreiber die gleichen Maßstäbe angesetzt und werde das Auswahlermessen bei ausnahmslos allen Anlagenbetreibern in gleicher Weise ausgeübt.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe
I.

Der – ohne die Beantragung und Gewährung eines entsprechenden Nachlasses (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 283 ZPO; vgl. insoweit VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2021 – 5 S 3134/20 – juris Rn. 29 m. w. N.) – nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schriftsatz des Beklagten vom 12.05.2021 gibt dem Senat keine Veranlassung, dieselbe wiederzueröffnen (§§ 104 Abs. 3 Satz 2, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO; vgl. zu den Maßstäben BVerwG, Beschluss vom 19.04.2021 – 6 C 5.20 – juris Rn. 5 m. w. N.). Wesentlich neues, bislang unerörtertes und entscheidungserhebliches Vorbringen enthält er nicht.

Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte (§§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 1 VwGO) und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete (§ 124a Abs. 2 und 3 VwGO) Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die sich bei sachdienlichem Verständnis ausschließlich gegen die neuerliche nachträgliche Anordnung und nicht auch gegen die Aufhebungsentscheidung des Regierungspräsidiums richtet, zu Unrecht abgewiesen. Die mit diesem Inhalt zulässige Anfechtungsklage ist begründet, denn die angefochtene nachträgliche Anordnung einer Sicherheitsleistung in Form einer Bank- oder Versicherungsbürgschaft ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Zwar liegen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG für den Erlass einer nachträglichen Anordnung vor (1.), ist deren Inhalt hinreichend bestimmt (2.) und hat das Regierungspräsidium sein Entschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt (3.). Die Auswahl des Sicherungsmittels erweist sich jedoch als ermessensfehlerhaft (4.).

1. Gemäß § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG soll zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Die sich hieraus ergebenden Voraussetzungen für die nachträgliche Anordnung einer Sicherheitsleistung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Bei der Anlage der Klägerin in …, in Bezug auf welche das Regierungspräsidium die Bürgschaft zur Absicherung etwaiger Nachsorgepflichten nach einer Betriebseinstellung (§ 5 Abs. 3 BImSchG) angeordnet hat, handelt es sich – zwischen den Beteiligten unstreitig – um eine nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG genehmigungsbedürftige Abfallentsorgungsanlage (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Anhang 1 Ziff. 8.11.1.1, 8.12.1.1 und 8.12.1.2 der 4. BImSchV).

Dem Erlass der nachträglichen Anordnung stand hier auch nicht entgegen, dass die Klägerin dem Regierungspräsidium – in Erfüllung der mit dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen nachträglichen Anordnung aus dem aufgehobenen Bescheid vom 17.05.2011 – bereits eine Versicherungsbürgschaft in der festgesetzten Höhe vorgelegt hat. Denn durch die Aufhebung der ursprünglichen nachträglichen Anordnung ist die ursprüngliche Rechtsgrundlage für die Forderung einer entsprechenden Sicherheitsleistung sowie auch das Behaltendürfen der vorgelegten Bürgschaft entfallen. Sie wird durch die neuerliche nachträgliche Anordnung in dem hier angefochtenen Bescheid vom 22.12.2016 ersetzt. Das Sicherungsbedürfnis als Anordnungsvoraussetzung entfällt aber nicht bereits durch das bloße tatsächliche Vorliegen einer ihm genügenden Sicherheit, wenn die Behörde diese ohne einen neuen Anordnungsbescheid an den Sicherungsgeber zurückgeben müsste. So liegt der Fall aber hier, da erst durch die angefochtene nachträgliche Anordnung die Rechtsgrundlage dafür geschaffen wird, dass das Regierungspräsidium die ihm vorliegende Bürgschaft behalten darf. Soweit es in Ziff. I. 4 Satz 2 des Bescheidtenors heißt, die bereits vorgelegte Bürgschaft entspreche den Anforderungen der Neuanordnung und könne weiterhin akzeptiert werden, kommt dem in diesem Zusammenhang nur eine reine Hinweisfunktion zu. Es handelt sich hierbei in Ermangelung eines Regelungscharakters jedoch nicht um einen eigenständig anfechtbaren Verwaltungsakt (§ 35 Satz 1 LVwVfG). Aus dem Hinweis ergibt sich insbesondere nicht, dass die Klägerin dem Regierungspräsidium die vorgelegte Bürgschaftserklärung belassen müsste und diese nicht durch andere Bank- oder Versicherungsbürgschaften ersetzen dürfte. Das Regierungspräsidium war auch nicht zu weitergehenden Hinweisen in Bezug auf die Einordnung der ihm vorliegenden Sicherheit als ggf. überobligatorisch verpflichtet. Eine entsprechende Rechtspflicht, deren Herleitung vom Kläger auch nicht näher konkretisiert wird, besteht nicht.

2. Der Inhalt der nachträglichen Anordnung ist im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG hinreichend bestimmt. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Bestimmtheitsgrundsatz erfordert, dass der Regelungsgehalt nach Art und Umfang aus sich heraus erkennbar und verständlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.2015 – 7 C 15.13 – Buchholz 406.254 UmwRG Nr 16 = juris Rn. 39). Dies setzt zum einen voraus, dass der Adressat des Verwaltungsakts in die Lage versetzt wird zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille unzweideutig erkennbar und keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist; zum anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 02.07.2008 – 7 C 38.07 -BVerwGE 131, 259, und vom 15.02.1990 – 4 C 41.87 – BVerwGE 84, 335; Beschluss vom 13.10.2010 – 7 B 50.10 – juris Rn. 8 m. w. N.). Welche Anforderungen danach jeweils für das notwendige Maß an Bestimmtheit zu stellen sind, richtet sich maßgeblich nach dem jeweils anwendbaren materiellen Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 – 8 C 21.12 – BVerwGE 148, 146; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2020 – 3 S 2590/18 – juris Rn. 35). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln ist und es deswegen genügt, wenn er sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 25.04.2001 – 6 C 6.00 – BVerwGE 114, 160, und vom 16.10.2013 – 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146).

Die nachträgliche Anordnung leidet daran gemessen an keinem Bestimmtheitsmangel. Ziff. I. 1. des Anordnungstenors regelt vielmehr eindeutig, was von der Klägerin verlangt wird. Diese wird ausdrücklich verpflichtet, eine Sicherheitsleistung in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts im Sinne von § 108 ZPO oder einer im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherung in Hohe von 180.000,00 EUR zur Sicherstellung der Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG wegen des Betriebs der Abfallentsorgungsanlage in … zu Gunsten des Landes Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart, zu erbringen. Als weitere Anforderungen definiert die nachträgliche Anordnung die Einhaltung des Schriftformerfordernisses gemäß § 766 BGB sowie den Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage (§§ 770, 771 BGB). Mit diesem Inhalt ist die nachträgliche Anordnung auch ohne Weiteres vollstreckbar.

Zur hinreichenden Bestimmtheit war es nicht erforderlich, darüber hinaus den Sicherungsfall weiter zu konkretisieren, als sich dies aus der Anordnung selbst und ihrer Begründung ergibt. Dort wird ausgeführt, dass der Sicherungszweck darin besteht, die Behörden im Fall einer Insolvenz des Betreibers bei Stilllegung der Anlage davor zu bewahren, Nachsorgemaßnahmen nach § 5 Abs. 3 BImSchG im Wege der Ersatzvornahme auf Kosten der öffentlichen Hand durchführen zu müssen (vgl. S. 6 des angefochtenen Bescheids). Sicherungszweck ist damit eindeutig die Absicherung möglicher Nachsorgekosten für den Fall eines insolvenzbedingten Zahlungsausfalls des Betreibers. Bei einem Streit über Art und Umfang solcher Nachsorgepflichten kann der Beklagte deshalb sowie auch wegen deren Akzessorietät nicht auf die Bürgschaft zugreifen. Das Bestehen einer Hauptverbindlichkeit (§ 765 Abs. 1 BGB) ist vielmehr auch dann Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Bürgen, wenn dieser wie hier gefordert auf die Einreden der Anfechtbarkeit oder Aufrechenbarkeit durch den Hauptschuldner (§ 770 BGB) oder der Vorausklage als Ausdruck der Subsidiarität der Bürgschaft (§ 771 BGB) verzichtet hat (vgl. hierzu Herrler in Staudinger, BGB, § 768 Rn. 33; Stürner ebd. § 773 Rn. 5). Denn der Umfang der Verpflichtung des Bürgen ergibt sich aus dem jeweiligen Bestand der Hauptverbindlichkeit (§ 767 Abs. 1 BGB, vgl. im Einzelnen näher Herrler a. a. O. Vorbemerkung zu §§ 765 ff. Rn. 18 ff.). Diese akzessorische Verknüpfung ist selbst bei einer – hier allerdings nicht geforderten – Bürgschaft „auf erstes Anfordern“ nicht aufgehoben, sondern nur gelockert (vgl. BGH, Urteile vom 25.02.1999 – IX ZR 24/98 – NJW 1999, 2361, und vom 03.04.2003 – IX ZR 287/99 – NJW 2003, 2231). In diesem Zusammenhang ist zwar zu berücksichtigten, dass die mit der Bürgschaft abgesicherten Nachsorgeverpflichtungen bei Erlass der nachträglichen Anordnung noch nicht entstanden waren und ihr Entstehen sowie ihr Umfang bis heute nicht feststehen. Gleichwohl ergeben sich aus der Bürgschaft keine Vorausbefriedigungsrechte des Beklagten für den Fall von Streitigkeiten über die Reichweite von Verpflichtungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG, sondern dient die Bürgschaft ihrer akzessorischen Natur entsprechend ausschließlich der Absicherung derartiger Nachsorgeverpflichtungen in dem Umfang, in dem sie bei Eintritt des Sicherungsfalls auch entstanden sind. Diese Beziehung der Bürgschaft zu möglicherweise zukünftig entstehenden Verpflichtungen der Klägerin nach § 5 Abs. 3 BImSchG wird in der nachträglichen Anordnung auch eindeutig hergestellt. Im Zweifel wird hierzu der Erlass einer entsprechenden – ihrerseits durch die Klägerin anfechtbaren – Nachsorgeanordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG erforderlich sein (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.08.2013 – 8 B 612/13 – UPR 2014, 32 = juris Rn. 14 ff. m. w. N.).

Weitere Differenzierungen waren nicht mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz auch nicht zur Definition des Sicherungsfalls erforderlich. Insoweit bedurfte es nicht der von der Klägerin vermissten Unterscheidung zwischen den verschiedenen Insolvenztatbeständen. Soll die Bürgschaft – wie dies hier bei Auslegung der nachträglichen Anordnung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt – den Fall der Insolvenz des Anlagenbetreibers absichern, folgt hieraus zugleich, dass sie alle Eröffnungsgründe (§§ 16 ff. InsO) erfasst, auf die ein Insolvenzantrag gestützt sein kann. Ob und wann der Bürge danach in Anspruch genommen werden kann, also der Bürgschaftsfall eintritt und die Bürgschaftsforderung fällig wird, richtet sich im Übrigen nach den einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen, wobei hier freilich der selbstschuldnerische Charakter der Bürgschaft zu berücksichtigen ist. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit den verschiedenen Insolvenztatbeständen inhaltlich auch eine ihrer Auffassung nach unangemessen frühe Zugriffsmöglichkeit des Beklagten auf die Bürgschaft bemängelt, spricht sie damit nicht die Bestimmtheit des angefochtenen Bescheids an, sondern macht der Sache nach eine Unverhältnismäßigkeit geltend. Eine solche vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen. Auch wenn im Zusammenhang mit dem Gesetzeszweck des § 17 Abs. 4a Abs. 1 BImSchG in der Rechtsprechung die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit herausgehoben wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.03.2016 – 7 B 44.15 – Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 6 = juris Rn. 12; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.06.2021 – 11 S 16/21 – juris Rn. 7; BayVGH, Urteil vom 19.03.2021 – 22 B 20.1347 – juris Rn. 26), ergibt sich hieraus keine Beschränkung auf diesen – allgemeinen – insolvenzrechtlichen Eröffnungsgrund. Der Gesetzeszweck des Ausfallschutzes greift vielmehr bei Vorliegen anderer Insolvenztatbestände gleichermaßen. Dementsprechend wird – im Einklang mit den Gesetzesmaterialien (vgl. etwa BT-Drs. 16/13301 S. 7) – gemeinhin darauf abgestellt, dass ohne eine Sicherheitsleistung die Sanierungskosten für in die Insolvenz gegangene Anlagenbetreiber häufig durch die öffentliche Hand aus Steuermitteln getragen werden müssten (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 12; Urteil vom 13.03.2008 – 7 C 44.07 – BVerwGE 131, 11 Rn. 30; BayVGH a. a. O. Rn. 26).

Eine Unbestimmtheit besteht schließlich auch nicht mit Blick auf den Hinweis in Ziff. I. 4 des Anordnungstenors. Dieser hat wie ausgeführt bereits nur deklaratorischen Charakter und ist im Übrigen aus sich heraus ohne Weiteres verständlich.

3. Die behördliche Entscheidung, überhaupt die Beibringung einer Sicherheitsleistung durch die Klägerin anzuordnen, leidet an keinen Ermessensfehlern.

Da die Immissionsschutzbehörde § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG eine Sicherheitsleistung anordnen soll, ist das Entschließungsermessen, d. h. die Frage des „Ob“ der nachträglichen Anordnung, von vornherein dahingehend eingeschränkt, dass von der Anordnung nur abgesehen werden darf, wenn ein in Bezug auf den Sinn und Zweck der Vorschrift atypischer Fall vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.03.2016 a. a. O. Rn. 15 unter Verweis auf die Gesetzesbegründung). Ob ein atypischer Fall vorliegt, ist ausgehend vom Gesetzeszweck zu beantworten, die öffentliche Hand vor dem Risiko eines insolvenzbedingten Ausfalls des Anlagenbetreibers zu schützen und sicherzustellen, dass sie nicht die zum Teil erheblichen Sicherungs-, Sanierungs- und Entsorgungskosten nach einer Anlagenstilllegung tragen muss, weil die vor der Insolvenz vereinnahmten Entgelte zu deren Abdeckung nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG a. a. O.). Die dem Betreiber obliegenden immissionsschutzrechtlichen Nachsorgepflichten sollen auf diese Weise zum Schutz der öffentlichen Kassen präventiv durchgesetzt werden (vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/4926 S. 1). Ausgehend hiervon ist ein atypischer Fall nur gegeben, wenn ein solches Kostenrisiko – auch unter Berücksichtigung der Unsicherheiten einer in die Zukunft gerichteten Prognose – aufgrund besonderer Umstände verneint werden kann und es deswegen keiner Ausfallabsicherung bedarf. Dies ist etwa der Fall, wenn die Anlage von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts – unmittelbar oder als Eigenbetrieb – betrieben wird (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 a. a. O. Rn. 29). Hiermit vergleichbare Fälle, in denen mit Blick auf die Risikolage ein Ausfallschutz nicht erforderlich ist und die insoweit ebenfalls atypisch sind, kommen demgegenüber nur selten in Betracht (vgl. Hansmann/Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 BImSchG Rn. 195; Diekmann, UPR 2010, S. 178 ). Denn bereits ein allgemein vorhandenes Liquiditätsrisiko führt bei Abfallentsorgungsanlagen grundsätzlich zur Anordnung der Sicherheitsleistung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.03.2016 a. a. O. Rn. 16). Ein solches lässt sich bei privaten Wirtschaftsunternehmen aber prognostisch kaum ausschließen (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 19.03.2021 a. a. O. Rn. 28 f. ). Gegen die gesetzgeberische Grundentscheidung, Sicherheitsleistungen im Bereich der Abfallwirtschaft nur von den Betreibern von Abfallentsorgungsanlagen regelmäßig zu verlangen, ist mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) auch unter dem Gesichtspunkt nichts zu erinnern, dass gewerbliche Abfallerzeuger ebenfalls dem allgemeinen Insolvenzrisiko unterliegen und die Abfallentsorgung im Insolvenzfall auch bei ihnen gefährdet sein mag. Abgesehen davon, dass auch die Zwischenlagerung von Abfällen ihrerseits – abhängig von ihrem Umfang – die Anordnung einer Sicherheitsleistung rechtfertigen kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.08.2015 – 8 A 2725/13 – UPR 2016, 542 sowie nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 03.03.2016 a. a. O.), ist das Ausfallrisiko bei den Entsorgern durch die vom Gesetzgeber in den Blick genommene Besonderheit erhöht, dass diese ihre Einnahmen gerade aus dem Betrieb von – ggf. nachsorgebedürftigen – Abfallentsorgungsanlagen generieren. Hierin liegt im Vergleich zu bloßen Abfallerzeugern ein Unterscheidungskriterium, dem die Sachgerechtigkeit nicht abgesprochen werden kann.

Unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks kommt die Annahme eines atypischen Falls nur in wenigen Sonderfällen in Betracht, etwa wenn alle gelagerten oder zu lagernden Abfälle – auch unter Berücksichtigung möglicher Marktschwankungen – einen gesichert und auch prognostisch positiven Marktwert haben und somit für den Fall der Betriebseinstellung eine Belastung der öffentlichen Hand gleichsam auszuschließen ist, weil die Abfälle ohne weitere Behandlung an Dritte veräußert bzw. abgegeben werden können und eine hinreichend große Nachfrage besteht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.08.2015 a. a. O. = juris Rn. 81 f. m. w. N.). Eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit des Betreibers rechtfertigt demgegenüber für sich allein keinen Verzicht auf eine Sicherheitsleistung, weil das allgemeine Insolvenzrisiko auch bei einer aktuell guten wirtschaftlichen Situation nicht für die Zukunft ausgeschlossen werden kann (vgl. Czajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, § 17 BImSchG Rn. 113, § 12 BImSchG Rn. 55; a. A. Beckmann, UPR 2020, 121; Jarass, BImSchG, 13. Aufl., § 12 Rn. 21 für den Fall eines Nachweises, dass der Anlagenbetreiber in dem Zeitpunkt, in dem die fraglichen Pflichten erfüllt werden müssen, finanziell ausreichend leistungsfähig sein wird).

Ausgehend hiervon unterscheidet sich die vorliegende Situation nicht in atypischer Weise vom gesetzlichen Regelfall. Soweit die Klägerin meint, dieser beziehe sich nur auf Unternehmer, die lediglich eine einzige Anlage betrieben, da nur bei ihnen ein Wegfall der Einnahmen aus dieser Anlage typischerweise dazu führe, dass sie nicht mehr über die nötigen Mittel zur Erfüllung ihrer Nachsorgepflichten verfügten, kann sie hiermit nicht durchdringen. Auch bei Groß- bis hin zu großkonzernverbundenen Unternehmen ist das Risiko einer insolvenzbedingten Nichterfüllung von Nachsorgepflichten nicht von vornherein ausgeschlossen. Eine Insolvenzfestigkeit wie bei staatlichen, von der öffentlichen Hand selbst geführten Unternehmen besteht bei ihnen nicht. Auch sonst ist eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Einzelbetriebsinhabern und größeren Unternehmen mit Blick auf den mit § 17 Abs. 4a BImSchG verfolgten Sicherungszweck nicht angezeigt. Das besondere Ausfallrisiko, dem der Gesetzgeber vorbeugen möchte, besteht bei beiden gleichermaßen. So kann sich eine wirtschaftliche Krise in der Entsorgungswirtschaft bei größeren Entsorgungsunternehmen mit mehreren Betrieben sogar besonders schwerwiegend auswirken, indem ggf. mehrere Anlagen stillgelegt werden müssen oder auch die Stilllegung einer für den Unternehmenserfolg wichtigen Einzelanlage zur Insolvenz des Unternehmens führen kann. Auch wenn aus heutiger Sicht eine Insolvenz der Klägerin in Anbetracht ihrer gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse unwahrscheinlich erscheinen mag, lässt dies ein Sicherungsbedürfnis im Hinblick auf die Unsicherheiten der künftigen Entwicklung nicht entfallen, zumal sie aufgrund ihrer Konzernverbundenheit mitunter auch wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt sein mag, die bei kleineren Abfallanlagenbetreiber gerade nicht bestehen.

4. Die Auswahl des Sicherungsmittels leidet jedoch an im gerichtlichen Verfahren nach § 114 VwGO beachtlichen Ermessensfehlern, die zur Rechtswidrigkeit der nachträglichen Anordnung führen.

a) Das „Wie“ der nachträglichen Anordnung und damit auch die Auswahl des Sicherungsmittels unterliegt dem Ermessen der Immissionsschutzbehörde. Dies ergibt eine Auslegung des § 17 Abs. 4a BImSchG nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck sowie der Gesetzessystematik (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 13.05.2016 – 10 S 758/13 – unv. ; ebenso BayVGH, Urteil vom 19.03.2021 a. a. O. Rn. 32; Beschlüsse vom 14.05.2020 – 22 ZB 20.245 – und vom 09.01.2019 – 22 CS 18.2003 – juris; a. A. Beckmann, UPR 2020, 121). Anderes folgt entgegen der Berufungsbegründung nicht aus einem Vergleich zu § 12 BImSchG unter Berücksichtigung dessen, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung als gebundene Entscheidung (§ 6 Abs. 1 BImSchG) bei Beibringung einer geeigneten Sicherheit nicht versagt oder von weitergehenden Sicherheiten abhängig gemacht werden dürfe. Denn der Genehmigungsanspruch besteht nicht unbeschränkt, sondern wird durch § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG modifiziert, der für den Regelfall die Anordnung einer Sicherheitsleistung erfordert. Dass insoweit nicht mehr verlangt werden kann als durch den Sicherungszweck geboten und die Behörde im Ergebnis eine ihr angebotene, geeignete Sicherheit nicht ablehnen können wird, ist demgegenüber Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und stellt die Qualifikation als Ermessensentscheidung nicht in Frage.

b) Das ihm danach zustehende Auswahlermessen hat das Regierungspräsidium fehlerhaft ausgeübt.

aa) (1) Bei der Ausübung des Ermessens muss sich die Behörde vom Zweck der Ermächtigungsgrundlage leiten lassen und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 40 LVwVfG). Dabei hat sie insbesondere auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Ermessensgrenze zu berücksichtigen (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 13.05.2016 – 10 S 758/13 -). Zur pflichtgemäßen Ermessensausübung gehört außerdem, dass die Behörde in tatsächlicher Hinsicht alle notwendigen Feststellungen trifft, um alle nach dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage für die Ermessensentscheidung relevanten Gesichtspunkte abwägen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.1995 – 5 C 24.93 – BVerwGE 99, 336 = juris Rn. 15; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 40 Rn. 53; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl., § 40 Rn. 79; Schönenbroicher in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl., § 40 Rn. 205). Hierzu muss sie auch bei Prognosesachverhalten die für die Prognose relevanten Tatsachen vollständig ermitteln (vgl. Ramsauer a. a. O. § 40 Rn. 54; Schönenbroicher a. a. O. § 40 Rn. 206).

(2) Die Behörde muss ferner alle Handlungsoptionen in ihre Erwägungen einbeziehen. Da § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG die in Betracht kommenden Arten von Sicherheitsleistungen nicht benennt, ist zur Bestimmung des Auswahlrahmens auf die allgemeine Regelung des § 232 BGB zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.2008 – 7 C 50.07 – BVerwGE 131, 251 Rn. 15 ff. ; BayVGH, Urteil vom 19.03.2021 a. a. O. Rn. 35; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.08.2015 a. a. O. Rn. 85; Czajka a. a. O. § 12 BImSchG Rn. 53; Jarass a. a. O. § 12 Rn. 22). Dies entspricht der Parallelvorschrift des § 18 der Deponieverordnung, in der für die Sicherheitsleistung zur Absicherung der Nachsorge bei Deponien und Langzeitlagern ausdrücklich auf § 232 BGB Bezug genommen wird (§ 18 Abs. 2 Satz 2 DepV). Auch mit Blick auf den identischen Gesetzeszweck ist insoweit prinzipiell von jeweils übertragbaren Grundsätzen auszugehen. Wesentliche Unterschiede in der Risikobewertung, geschweige denn im Sinne einer dort regelmäßig geringeren Ausfallwahrscheinlichkeit, vermag der Senat entgegen den Ausführungen der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen. Im Gegenteil sind Sicherheitsleistungen für Deponien und Langzeitlager im Vergleich zu denjenigen für andere Abfallentsorgungsanlagen tendenziell von gesteigerter Bedeutung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 – 7 C 44.07 – a. a. O. Rn. 36 m. w. N.).

Als Sicherheitsleistungen in Betracht zu ziehen ist dementsprechend neben der Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren oder der Bestellung von Pfandrechten und Hypotheken (§ 232 Abs. 1 BGB) auch die Stellung eines tauglichen Bürgen (§ 232 Abs. 2 BGB). Dabei hat – unter der Voraussetzung der Tauglichkeit zur Erfüllung des Sicherungszwecks – zivilrechtlich im Grundsatz der Sicherungsgeber die Wahl zwischen verschiedenen Sicherheiten (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.03.2021 a. a. O. Rn. 41 unter Verweis auf Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 232 Rn. 2), was für die Verhältnismäßigkeit der behördlichen Auswahlentscheidung mit Blick auf das Übermaßverbot ebenso zu berücksichtigen ist wie der Umstand, dass die Anforderung einer Bürgschaftserklärung im Allgemeinen weniger belastend sein wird als die Bestellung von Realsicherheiten (vgl. ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.08.2015 – 8 A 2725/13 – a. a. O. Rn. 87).

(3) Zur Steuerung einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis kann sich die Behörde in ihrer Ermessensausübung – etwa durch entsprechende Verwaltungsvorschriften – intern binden (vgl. in Bezug auf die Festsetzung von Sicherheitsleistungen BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 – 7 C 44.07 – a. a. O. Rn. 39; BayVGH, Urteil vom 19.03.2021 a. a. O. Rn. 32; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.10.2012 – 2 L 87/11 – juris Rn. 45; NdsOVG, Urteil vom 16.11.2009 – 12 LB 344/07 – UPR 2010, 151 = juris Rn. 35; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.11.2006 – 20 D 25/06.AK – juris Rn. 16). Auch danach muss allerdings den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung getragen werden können und darf insoweit der gesetzlich eingeräumte Ermessensspielraum jedenfalls nicht völlig beseitigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1962 – III C 75.59 – BVerwGE 15, 196 = juris Rn. 23; Sachs a. a. O. § 40 Rn. 70; in Bezug auf § 17 BImSchG: Hansmann/Ohms in Landmann/Rohmer a. a. O. § 17 Rn. 222; Jarass a. a. O. § 17 Rn. 51 f.). Eine derartige Selbstbindung ist vorliegend durch die „Allgemeingültigen Vollzugsgrundsätze“ erfolgt, wie sie in dem Protokoll der Dienstbesprechung zwischen dem damaligen Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr und den Regierungspräsidien vom 20./21.10.2010 ihren Niederschlag gefunden haben. In zeitlicher Hinsicht nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar sind demgegenüber die „Allgemeinen Vollzugsgrundsätze“ des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen vom 11.05.2017, die zuletzt am 09.07.2020 aktualisiert wurden.

Geht die Behörde eine solche Selbstbindung ein und ignoriert sie diese Bindung bei ihrer Ermessensbetätigung, liegt eine Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens und damit ein Verstoß gegen § 40 LVwVfG vor (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 – 10 S 236/16 – UPR 2016, 305 = juris Rn. 15 m. w. N.)

bb) Nach diesen Maßstäben leidet die Auswahlentscheidung an beachtlichen und nicht nach § 114 Satz 2 VwGO geheilten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 09.06.2015 – 6 B 60.14 – Buchholz 442.066 § 61 TKG Nr. 3 = juris Rn. 20 m. w. N.) Ermessensfehlern.

(1) Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist, dass das Regierungspräsidium in Anwendung der „Allgemeingültigen Vollzugsgrundsätze“ in seiner Verwaltungspraxis „primär regelmäßig“ die Vorlage selbstschuldnerischer Bankbürgschaften verlangt, die es unter den Gesichtspunkten der „Insolvenzfestigkeit“ und der administrativen Praktikabilität – und damit aus sachlichen, durch den Gesetzeszweck der effektiven Ausfallsicherung jedenfalls gedeckten Gründen – als am besten geeignet ansieht (vgl. zur Verwaltungspraxis des Regierungspräsidiums das vom Beklagten vorgelegte Protokoll über die Dienstbesprechung mit den unteren Immissionsschutz- und Abfallrechtsbehörden im Regierungspräsidium Stuttgart vom 23.07.2010). Insoweit erweist sich insbesondere die dem zugrundeliegende Annahme nicht als unzutreffend, dass im Allgemeinen von Banken übernommene Bürgschaften eine hohe Ausfallsicherheit bieten und vergleichsweise einfach zu handhaben sind. Dies trifft auch auf die alternativ akzeptierten Versicherungsbürgschaften zu. Dabei kommt neben der Kontrolle durch die Banken- und Versicherungsaufsicht, auf die der Beklagte und das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen haben und die auch eine Solvenzaufsicht beinhaltet (vgl. §§ 6b, 11 KWG bzw. § 294 Abs. 4 VAG), auch der Umstand zum Tragen, dass Banken und Versicherungen nicht auf denselben Geschäftsfeldern tätig sind wie die Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen und daher von einer Krise in der Entsorgungswirtschaft nicht unmittelbar betroffen wären (Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Nähe, vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 13.05.2016 – 10 S 758/13 -).

Anlass zur Betrachtung alternativer Sicherungsmittel besteht aufgrund der Selbstbindung des Regierungspräsidiums danach nur, soweit im Einzelfall individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Behörde – wie hier durch die Klägerin – andere Sicherheiten ausdrücklich angeboten werden.

(2) Ebenfalls unbedenklich ist, dass der Beklagte die Kriterien der „Insolvenzfestigkeit“ und der administrativen Praktikabilität auch im Rahmen der Einzelfallbetrachtung heranzieht. Dabei geht der Senat nach verständiger Würdigung davon aus, dass der Beklagte den Begriff der Insolvenzfestigkeit nicht im rechtstechnischen Sinn versteht, sondern damit die Tauglichkeit im Sinne der werthaltigkeitsbedingten Eignung des Sicherungsmittels zur Erfüllung des gesetzlichen Sicherungszwecks versteht. Die Insolvenzfestigkeit betrifft demgegenüber die Frage, ob das Sicherungsmittel bei einer Insolvenz vor dem freien Zugriff des Betreibers oder dessen Gläubiger geschützt ist. Ist ein Sicherungsmittel in diesem Sinne nicht insolvenzfest, ist es als untauglich anzusehen und bereits deswegen nicht in die Auswahl einzubeziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.2008 – 7 C 50.07 – a. a. O. Rn. 18 f. ).

Nicht zu beanstanden ist ferner der vom Beklagten offensichtlich angelegte strenge Maßstab bei der Beurteilung der Tauglichkeit des Sicherungsmittels zur Erfüllung des Sicherungszwecks. Das Verwaltungsgericht ist in diesem Zusammenhang zutreffend davon ausgegangen, dass der Gesetzeszweck der Ausfallsicherung mit Blick auf im Einzelfall beträchtliche Nachsorgekosten es rechtfertigt, hohe Anforderungen an die Eignung des Sicherungsmittels zu stellen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund vergleichsweise moderater Kosten für die favorisierte Bankbürgschaft mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Eine in Bezug auf Konzernbürgschaften ggf. weniger strenge Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern konnte den Beklagten nicht binden. Gegenteiliges lässt sich ebenso wenig aus der Deponieverordnung in der bis zum 03.07.2020 geltenden Fassung herleiten, da die Nennung der Konzernbürgschaft in § 18 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 DepV a. F. ebenfalls unter dem Vorbehalt der Tauglichkeit und einer pflichtgemäßen Ermessensausübung stand (vgl. Senatsurteil vom 13.05.2016 a. a. O.). Auf der anderen Seite dürfen freilich auch keine überhöhten Anforderungen an die Tauglichkeit eines angebotenen Bürgen gestellt werden. Wie sich aus § 239 Abs. 1 BGB ergibt, ist ein Bürge im Allgemeinen bereits dann tauglich, wenn er ein der Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, so dass es – ungeachtet der weiteren Frage der Verwaltungspraktikabilität – wesentlich auf die Leistungsfähigkeit des Bürgen im Verhältnis zur Bürgschaftsschuld ankommt. Ein absoluter Ausfallschutz ist insoweit aufgrund der darin enthaltenen Prognose weder zu erreichen noch zu fordern. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass sich das Ausfallrisiko von Bürgschaften großer Mischkonzerne und mancher Banken nicht wesentlich unterscheiden dürfte. Vor diesem Hintergrund kann der Erwägung, dass der Zugang zu alternativen Sicherungsmitteln bei einem Ausfall der Sicherungsfunktion einer (Konzern-)Bürgschaft infolge von Solvenzverlusten des Bürgen schwierig sein mag, keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Denn diese Problematik stellt sich bei anderen Sicherungsmitteln in vergleichbarer Weise, ohne dass insoweit eine Werthaltigkeit auf Dauer garantiert wäre.

(3) Die konkrete Art der Ermessensausübung durch das Regierungspräsidium ist jedenfalls deswegen ermessensfehlerhaft, weil sie nicht im Einklang mit den selbst formulierten Vollzugsgrundsätzen erfolgt ist. Es bleibt bereits unklar, ob das Regierungspräsidium von der grundsätzlichen Tauglichkeit einer Konzernbürgschaft zur Erfüllung des Sicherungszwecks ausgegangen ist. So heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheids nur, eine Konzernbürgschaft sei einer Bankbürgschaft mit Blick auf ihre Eignung „unterlegen“, was neben knappen, im Einzelnen aber nicht näher ausermittelten Ausführungen zur Konzernstruktur der Klägerin im Wesentlichen mit allgemeinen vergleichenden Erwägungen in Bezug auf die Bank- und Versicherungsbürgschaft einerseits und die Konzernbürgschaft andererseits begründet wird (Bescheidabdruck S. 10 ff.). Gegenüber dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte sodann erklärt, die Konzernbürgschaft werde nicht von vornherein als ungeeignetes Sicherungsmittel abgelehnt. Eine – nach den Vollzugsgrundsätzen gebotene – Ermessensausübung in Bezug auf den konkreten Einzelfall kann der Senat aber anders als das Verwaltungsgericht – auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen des Beklagten – nicht feststellen. Insbesondere beschränken sich auch die vom Beklagten erstinstanzlich nachgeschobenen Erwägungen auf einen allgemeinen Vergleich zwischen Bank- und Versicherungsbürgschaften einerseits und Konzernbürgschaften andererseits (vgl. Schriftsatz vom 25.05.2017, S. 9 ff.). Im Berufungsverfahren hat der Beklagte sodann ausführen lassen, eine Konzernbürgschaft sei „schon deswegen nicht gleichwertig mit einer Bank- oder Versicherungsbürgschaft, weil Banken und Versicherungen einer strengen staatlichen Kontrolle unterliegen, […] die Klägerin gewissermaßen eine wirtschaftliche Einheit mit ihrer Muttergesellschaft bildet [und] der Gesetzgeber eine Konzernbürgschaft als insolvenzsichere Sicherheit auch in anderen gesetzlichen Vorschriften wie dem Altersteilzeitgesetz ausschließt“ (Schriftsatz vom 03.07.2019, S. 13 ff.). Damit stützt sich der Beklagte – auch in seiner Betrachtung der wirtschaftlichen Verflechtung von Konzernunternehmen – auf abstrakte, vom Einzelfall losgelöste und auf alle Fälle von Konzernbürgschaften gleichermaßen übertragbare Erwägungen. Dies legt die Vermutung nahe, dass eine Konzernbürgschaft entgegen anderweitiger Beteuerungen ganz allgemein nicht akzeptiert werden sollte, was den Vollzugsgrundsätzen allerdings widerspricht. Gestützt wird dieser Befund durch die weitere – ihrerseits freilich sachwidrige – Erwägung des Regierungspräsidiums, aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit solle an der Linie festgehalten werden, von ausnahmslos allen Betreibern von Abfallentsorgungsanlagen Bank- oder Versicherungsbürgschaften zu verlangen (Bescheidabdruck S. 11).

Da sich das Regierungspräsidium selbst an eine Einzelfallbetrachtung gebunden hatte, bedarf es keiner Entscheidung, ob ein vollständiger Ausschluss von Konzernbürgschaften rechtlich zulässig wäre (so Ziff. 2.2 des Erlasses des brandenburgischen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zu Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen vom 18.10.2010, ABl. S. 1778, in der Fassung des Änderungserlasses vom 12.07.2020, ABl. S. 595 ). Es spricht viel dafür, dass sich ein solcher Ausschluss sachgerecht allenfalls mit verwaltungspraktischen Gründen rechtfertigen ließe. Demgegenüber lässt sich aus einschränkenden Vorgaben anderer Gesetze wie in § 8a AltTZG hierfür nichts herleiten, weil sich hieraus weder ein allgemeiner Grundsatz ergibt noch der Gesetzgeber die Art der Sicherheitsleistung in § 17 Abs. 4a BImSchG entsprechend eingeschränkt hat. Verallgemeinerungsfähiges folgt auch nicht aus der Unabhängigkeit von Banken und Versicherungen im Verhältnis zum Anlagenbetreiber. Für die Frage der Tauglichkeit des Sicherungsmittels kommt es vielmehr entscheidend auf die Bonität bzw. Werthaltigkeit und im Übrigen die rechtliche Bindung durch den Bürgschaftsvertrag an, nicht aber auf eine – unterstellte – Neutralität. Soweit der Senat auf den Gesichtspunkt der Verflechtung in einer wirtschaftlichen Einheit hingewiesen hat (Senatsurteil vom 13.05.2016 a. a. O.), ging es demgegenüber um die Verminderung des Ausfallschutzes, die dann vorliegt, wenn Sicherungsgeber und Bürge im Wesentlichen in derselben Branche tätig sind. Grundsätzlich gegen die Zulässigkeit eines generellen Ausschlusses von Konzernbürgschaften könnte der Vergleich mit der Rechtslage bei Deponien und Langzeitlagern sprechen. So ist die Streichung der Konzernbürgschaft als Regelbeispiel in § 18 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 DepV n. F. nicht etwa wegen Bedenken an der generellen Tauglichkeit von Konzernbürgschaften oder insoweit zutage getretener praktischer Probleme erfolgt, sondern soll sie den Behörden erleichtern, Konzernbürgschaften im Rahmen des Ermessens einfacher abzulehnen, um einem vom Verordnungsgeber vor allem bei kleineren (Konzern-)Unternehmen als erhöht angesehenen Ausfallrisiko Rechnung zu tragen (BR-Drs. 160/20(B) S. 5; BR-Drs. 160/1/20 S. 6). Zu berücksichtigen wäre bei einem solchen Ausschluss ferner, dass § 232 Abs. 2 BGB allein die Tauglichkeit des Bürgen in den Mittelpunkt stellt, woraus sich für einen Ausschluss bestimmter Unterarten der Bürgschaft zumindest ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf ergeben würde (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.05.2020 a. a. O. Rn. 41 ; Ru-mann, Nebenbestimmungen bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen unter besonderer Berücksichtigung des Instruments der Sicherheitsleistung, Diss. Göttingen 2019, S. 190: Unzulässigkeit einer Verwaltungspraxis, nach der die Konzernbürgschaft als per se nicht insolvenzfest und damit für den praktischen Vollzug nicht anwendbar angesehen wird). So müsste sich die Annahme einer Überforderung der Behörde – auch vor dem Hintergrund der Praxis in anderen Bundesländern und der insoweit angewendeten Nachweismethoden (vgl. hierzu etwa BayVGH, Beschluss vom 14.05.2020 – 22 ZB 20.245 – juris: Konzernbürgschaft und jährliches Testat; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.08.2015 – 8 A 2725/15 – a. a. O. Rn. 85: tauglicher Bürge; Beschluss vom 02.02.2011 – 8 B 1675/10 – UPR 2011, 195: Konzernbürgschaft) – konkret belegen lassen.

Soweit die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schließlich zum Ausdruck gebracht haben, dass Konzernbürgschaften unter bestimmten Umständen doch akzeptiert werden könnten, fehlte es jedenfalls bislang an der Definition entsprechender Kriterien und waren die diesbezüglichen Ausführungen inhaltlich vage. Soweit in den „Allgemeinen Vollzugsgrundsätzen“ nunmehr davon die Rede ist, es könne einer Gleichwertigkeit mit einer Bankbürgschaft näherkommen, wenn die Geschäftstätigkeit des Konzerns heterogen, d. h. auf sehr unterschiedliche Geschäftsfelder ausgerichtet sei (Fassung vom 09.07.2020, S. 7 f.), ist eine entsprechende Prüfung in Bezug auf die Konzernstruktur der Klägerin bislang nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Darüber hinaus hat sich das Regierungspräsidium bislang nicht hinreichend mit der Eignung der von der Klägerin zusätzlich angebotenen Verpflichtungserklärung als – alternatives oder zusätzliches – Sicherungsmittel befasst.

(4) Soweit der angefochtene Bescheid überhaupt Ausführungen zur konkreten Situation der Klägerin und ihre Einbettung in den Mutterkonzern enthält (Bescheidabdruck S. 9 f.), beruhen diese jedenfalls nicht auf ausreichend ermittelten Ermessensgrundlagen. Denn allein aus der bloßen Konzernverbundenheit der Klägerin lässt sich die Annahme einer die Tauglichkeit der Konzernbürgschaft als Sicherungsmittel in Frage stellenden wirtschaftlichen Einheit nicht begründen. Inwieweit der Mutterkonzern der Klägerin aber tatsächlich einen so erheblichen Schwerpunkt im Bereich der Abfallwirtschaft hat, dass die Annahme gerechtfertigt wäre, Mutterkonzern und Tochterunternehmen seien in nur einer Branche tätig, wurde soweit ersichtlich nicht näher ermittelt. Gleiches gilt für die Mutmaßungen, welche das Regierungspräsidium als mögliche Folgen aus dem Umstand der weltweiten Tätigkeit des Mutterkonzerns für den Wert der Bürgschaft in Bezug auf die Standorte im Inland gezogen hat. In diesem Zusammenhang wäre die Behörde gerade in Anbetracht der expliziten Nachfrage der Klägerin zumindest gehalten gewesen, dieser die Gelegenheit zu geben, insoweit ggf. bestehende Zweifel an der Eignung der Bürgschaft zur Erfüllung des Sicherungszwecks auszuräumen. Dabei hätte sie auch der im Berufungsverfahren (vgl. Schriftsatz vom 12.05.2021) aufgeworfenen Frage nachgehen können, in welchem Umfang der Mutterkonzern bereits Bürgschaften für seine Tochterunternehmen bzw. andere Abfallentsorgungsanlagen übernommen hat und dessen Leistungsfähigkeit vor diesem Hintergrund für die streitgegenständliche Sicherheit überhaupt ausreicht. In Anbetracht der unterschiedlichen – von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren auch dargelegten – Tätigkeiten des Konzerns der Klägerin sowie gerade auch ihres weltweiten Tätigkeitsbereichs waren die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit sowie einer „Entwertung“ der Konzernbürgschaft aufgrund der internationalen Verflechtung ohne entsprechende Ermittlungen nicht gerechtfertigt.

(5) Erweist sich die nachträgliche Anordnung nach alldem bereits als ermessensfehlerhaft, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie auch deswegen die Rechte der Klägerin verletzt, weil das Regierungspräsidium sie auch auf Gründe der „Wettbewerbsgleichheit“ gestützt hat. Die Erwägung, es müsse auf der Vorlage einer Bank- oder Versicherungsbürgschaft bestanden werden, weil Nichtkonzernunternehmen nicht auf eine Muttergesellschaft setzen könnten und deswegen einen Wettbewerbsnachteil erlitten, wenn konzernverbundene Unternehmen eine für sie kostengünstige Bürgschaft ihres Mutterunternehmens vorlegen dürften, ist sachwidrig. Denn eine solche Erwägung ist vom Zweck der Ermächtigungsgrundlage, der ausschließlich im Ausfallschutz der öffentlichen Hand besteht, nicht gedeckt. Es ist – ganz offensichtlich – nicht Aufgabe des Immissionsschutzrechts, Vorteile, über die ein Unternehmen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen in tatsächlicher Hinsicht verfügt, auszugleichen. Das Immissionsschutzrecht ist vielmehr in wettbewerbsneutraler Weise anzuwenden, so dass es der Immissionsschutzbehörde nicht gestattet ist, Wettbewerbsvorteile, die sich hier aus der Einbettung in einen internationalen Großkonzern ergeben können, zu nivellieren. Ein Ausschluss der Konzernbürgschaft zum Schutz von Wettbewerbern lässt sich auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen, der lediglich eine gleichmäßige Ermessenspraxis, nicht jedoch identische Ergebnisse der Ermessenspraxis gebietet. Der in der Sachwidrigkeit der Wettbewerbserwägung liegende Ermessensfehler ist auch nicht bereits deswegen unbeachtlich, weil es sich nach den Ausführungen des Beklagten um einen nur „untergeordneten“ Aspekt gehandelt habe. Eine Unbeachtlichkeit wäre vielmehr nur dann gegeben, wenn die sachwidrige Erwägung keinen Einfluss auf das Ergebnis der behördlichen Entscheidung gehabt hätte. Dies ist bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung dann der Fall, wenn – im Sinne einer Alternativ- oder Mehrfachbegründung – nur einer der angeführten Erwägungen sie selbständig trägt, nicht jedoch, wenn nach dem Ermessen der Behörde alle Gründe – im Sinne einer kumulativen Begründung – zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.1981 – 1 C 169.79 – BVerwGE 62, 215; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.03.2014 – 5 S 348/13 – juris Rn. 41, vom 22.05.2000 – 8 S 314/00 – juris Rn. 33 und vom 25.10.1999 – 8 S 2407/99 – juris Rn. 4). Ob ein Fall der Alternativ- oder Kumulativbegründung vorliegt, bedarf der tatsächlichen Aufklärung (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.11.1987 – 2 C 53.86 – NJW 1988, 783 = juris Rn. 33). Diese führt hier zu keinem eindeutigen Ergebnis. Unergiebig sind insoweit sowohl die Begründung des angefochtenen Bescheids wie auch die – insoweit teils widersprüchlichen – Ausführungen der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Beide lassen sich ebenso gut im Sinne einer Zusatzbegründung wie auch einer gleichsam übergreifenden Argumentation (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.04.1991 – 8 S 3164/90 – juris Rn. 34) verstehen. Diese Unklarheit wird noch dadurch verstärkt, dass der Beklagte im Nachgang zur mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich auf die „Frage des Gleichbehandlungsgebots mit kleineren Anlagenbetreibern“ hingewiesen hat (Schriftsatz vom 12.05.2021, S. 2) und die Erwägung der „Wettbewerbsgleichheit“ inzwischen sogar wortgleich wie in der Begründung des angefochtenen Bescheids in seine „Allgemeinen Vollzugsgrundsätze“ übernommen hat (vgl. Fassung vom 09.07.2020, S. 9). Wie damit umzugehen ist, wenn sich nicht sicher feststellen lässt, dass die Behördenentscheidung – zumindest unausgesprochen – im Sinne einer Mehrfachbegründung selbständig tragend auf verschiedene Ermessenserwägungen gestützt ist, bedarf wegen der oben festgestellten, durchgreifenden Ermessensfehler keiner Entscheidung (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 18.02.2016 – V R 62/14 – NVwZ-RR 2016, 513 = juris Rn. 28 f. und W. R. Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl., § 114 Rn. 6a: Kausalität des Ermessensfehlers aufgrund der Anwendung der allgemeinen Beweislastregeln; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 114 Rn. 121: Praxis ausgesprochen wohlwollend). Da die Gerichte ihr Ermessen nicht an die Stelle desjenigen der Behörde setzen dürfen, kann es insoweit jedenfalls nicht darauf ankommen, ob die anderen herangezogenen Ermessenserwägungen ohne den ermessensfehlerhaften tragfähig gewesen wären (vgl. BFH a. a. O. Rn. 29; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 114 Rn. 22 m. w. N.).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Die Sache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), weil sie auf einer fehlerhaften Ermessensbetätigung im vorliegenden Einzelfall beruht, die sich aus einer Anwendung der in der Rechtsprechung geklärten Grundsätze der Ermessensfehlerlehre ergibt.

Beschluss vom 11.05.2021

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG auf 10.800,– Euro festgesetzt. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts an.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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