Wiedereinsetzungsgesuch des entlassenen Testamentsvollstreckers

Juli 12, 2020

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 30. Januar 2018 – 5 W 95/17
Wiedereinsetzungsgesuch des entlassenen Testamentsvollstreckers: Anspruch auf Wiedereinsetzung; Auslegung als Ersuchen um Ernennung
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neunkirchen vom 15. September 2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Erblasser errichtete am … ein Testament, welches das Amtsgericht Neunkirchen so auslegte, dass der Antragsteller und Beteiligte zu 1) Testamentsvollstrecker nach dem Tode der Vorerbin, der Ehefrau des Erblassers, sein sollte. Nachdem die Vorerbin am … gestorben war, stellte das Amtsgericht dem Antragsteller unter dem 4. August 2010 ein Testamentsvollstreckerzeugnis aus. Durch Beschluss vom 24. April 2014 (Bl. 206 d.A.) wurde der Antragsteller mit Blick auf erhebliche Interessengegensätze zwischen den Beteiligten gemäß § 2227 BGB aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker entlassen. Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde des Antragstellers wies der Senat mit Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 W 50/14 (Bl. 243 ff. d. A.) zurück. In der Folge wurde der Rechtsanwalt R. M. aus N. zum neuen Testamentsvollstrecker ernannt (Beschluss des Amtsgerichts Neunkirchen vom 23. Oktober 2015, Bl. 321 ff. d. A.). Dieser hat mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 sein Amt gekündigt (Bl. 434 d. A.).
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2016 (Bl. 339 ff. d.A.) erhob der Antragsteller „Beschwerde gegen die Amtsführung“ des neuen Testamentsvollstreckers; gleichzeitig begehrte er „Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens“ gegen seine Entlassung. Mit weiterem Schreiben vom 28. November 2016 beantragte er außerdem, den Entlassungsbeschluss aufzuheben mit der Maßgabe, ihm sein Testamentsvollstreckerzeugnis wieder zu erteilen und den neuen Testamentsvollstrecker aus seinem Amte zu entlassen (Bl. 388 d. A.). Nach Vorlage der Akten an den Senat ließ er durch seine anwaltliche Vertretung klarstellen, dass beantragt werde, den Testamentsvollstrecker Rechtsanwalt R. M. zu entlassen und unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Neunkirchen vom 24. April 2014 unter Ziffer 2 und ihn – unter Zurückweisung der gegenlautenden Anträge des M. K. M. vom 18. Mai 2012 und des P. M. vom 23. Mai 2012 – wiederum als Testamentsvollstrecker einzusetzen (Bl. 404 d. A.).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. September 2017 hat das Amtsgericht Neunkirchen den Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 24. April 2014 und Wiedereinsetzung des Antragstellers in das Amt des Testamentsvollstreckers zurückgewiesen (Bl. 427 ff. d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Gründe, die seinerzeit zu einer Entlassung des Antragstellers geführt hätten, seien nach wie vor gegeben. Hiergegen richtet sich die am 12. Oktober 2017 eingelegte Beschwerde des Antragstellers (Bl. 438 d. A.), mit der dieser nach Niederlegung des Amtes durch den neuen Testamentsvollstreckers nunmehr allein seinen Wiedereinsetzungsantrag weiter verfolgt (Bl. 452 d. A.), und der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neunkirchen vom 15. September 2017 ist nach den §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie richtet sich gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Endentscheidung im Sinne des § 58 Abs. 1 FamFG, unbeschadet des Umstandes, dass der Beschluss den zugrunde liegenden Antrag nur teilweise beschieden hat. Mit der Beschwerde anfechtbar sind nämlich auch solche Beschlüsse, die die Anhängigkeit eines auf Antrag oder von Amts wegen eingeleiteten Verfahrens hinsichtlich eines der selbständigen Erledigung zugänglichen Teils des Verfahrensgegenstandes (§ 301 ZPO analog) beenden (BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2010 – XII ZB 227/10, NJW-RR 2011, 577). Die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 wurde eingehalten.
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht Neunkirchen hat den Antrag auf Wiedereinsetzung des Antragstellers in das Amt des Testamentsvollstreckers unter Entlassung des mit Beschluss vom 23. Oktober 2015 (Bl. 321 ff. d. A.) an dessen Stelle eingesetzten Rechtsanwaltes R. M. zu Recht zurückgewiesen, indem es mit zutreffenden Erwägungen und sorgsamer Ausübung des ihm zustehenden Ermessens angenommen hat, dass die Gründe, die zur Entlassung des Antragstellers geführt haben, weiterhin vorliegen.
Der Senat sieht das genauso. Ergänzend ist lediglich Folgendes anzumerken:
1.
Als „Antrag auf Wiedereinsetzung“ in das Amt des Testamentsvollstreckers musste dem Gesuch des Antragstellers schon von vornherein deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil ein solcher Anspruch des entlassenen Testamentsvollstreckers nach allgemeiner Ansicht nicht existiert. Durch die vom Senat mit Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 W 50/14 – bestätigte Entscheidung des Amtsgerichts, den Antragsteller zu entlassen, wurde dessen Amt kraft rechtsgestaltender Wirkung beendet. Dieser Entscheidung kommt, nachdem Rechtsmittel dagegen nicht mehr erhoben werden können, zumindest eine formelle Rechtskraft zu (BayObLG, BayObLGZ 1964, 153). In Rechtsprechung und rechtswissenschaftlicher Literatur besteht jedoch seit langem Übereinstimmung darin, dass ein unter diesen Umständen entlassener Testamentsvollstrecker selbst nach dem Wegfall des Grundes, der zu seiner Entlassung geführt hat, keinen Anspruch auf eine Wiedereinsetzung in sein früheres Amt hat (KG, SeuffBl. 76, 740 = Recht 1911, Nr. 3835; BayObLGZ 1964, 153, 155; Staudinger/Reimann (2016) BGB, § 2227 Rn. 40; Weidlich, in: Palandt, BGB 77. Aufl., § 2227 Rn. 11). Denn im Hinblick auf die Rechtsfolgen, die es für die Verwaltung und Auseinandersetzung eines Nachlasses haben könnte, wenn der frühere Testamentsvollstrecker längere Zeit nach seiner rechtskräftigen Entlassung und der damit eingetretenen Änderung in der Verwaltung des Nachlasses wieder eingesetzt würde, muss die einmal rechtskräftig gewordene Entscheidung insoweit als endgültig anzusehen sein (BayObLGZ 1964, 153, 155). Deshalb bedarf es von Seiten des Senats unter diesem Gesichtspunkt keiner erneuten Nachprüfung und Würdigung der Umstände, die seinerzeit die Entlassung des Antragstellers als gerechtfertigt erscheinen ließen (BayObLGZ 1964, 153, 156).
2.
Von der beantragten „Wiedereinsetzung“ zu unterscheiden ist die Frage, ob das Gericht – etwa nach § 2200 BGB – eine neuerliche Ernennung des Antragstellers zum Testamentsvollstrecker vornehmen könnte (BayObLGZ 1964, 153, 156; Weidlich, in: Palandt, a.a.O., § 2227 Rn. 11). Das Gesuch auf „Wiedereinsetzung“ kann nämlich ein – zumindest stillschweigendes – Ersuchen im Sinne des § 2200 BGB enthalten (BayObLGZ 1964, 153, 156). In Betracht käme eine neuerliche Einsetzung des Antragstellers aber nur, sofern keine Umstände mehr vorliegen, die gegen seine Ernennung sprechen. Das Amtsgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass auch weiterhin ein erheblicher Interessengegensatz besteht, der sich aus der anstehenden Veräußerung des zum Nachlass zählenden Hausanwesens ergibt, an dessen Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss zugunsten des Antragstellers ein Nutzungsrecht besteht, das dadurch entfiele. Darüber hinaus hat es auf die weiteren Erwägungen aus dem Beschluss des Senats vom 23. Juli 2014 Bezug genommen. Diese Umstände, zu denen der Antragsteller eingehend Stellung genommen hat, liegen weiterhin vor und werden durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet. Sie würden auch heute nicht nur als Entlassungsgrund im Sinne des § 2227 BGB ausreichen, sondern sie ließen auch eine Wiedereinsetzung des Antragstellers als Testamentsvollstrecker nicht zu. Das gilt im Übrigen, wie das Amtsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss richtig ausführt, unbeschadet der mittlerweile erklärten Kündigung des Amtes durch den zwischenzeitlichen Testamentsvollstrecker Rechtsanwalt R. M., die eine solche Prüfung nicht entbehrlich macht. Aus den dabei getroffenen Feststellungen, die eine ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens durch das Amtsgericht erkennen lassen, ergibt sich jedoch auch nach Auffassung des Senats, dass der Antragsteller gegenwärtig für die Ausübung des Amtes ungeeignet ist.
3.
Der mit Schriftsatz vom 19. Juli 2017 geltend gemachte weitere Antrag, den Testamentsvollstrecker Rechtsanwalt R. M. zu entlassen (§ 2227 BGB), der sich durch dessen Kündigung mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 erledigt hat (vgl. BayObLGZ 1969, 168 = NJW 1969, 2051 (Ls.); Zimmermann, in: MünchKomm-BGB 7. Aufl., § 2227 Rn. 16; M. Schmidt, in: Erman, BGB 15. Aufl., § 2227 Rn. 14; Sternal, in: Keidel, FamFG 19. Aufl., § 22 Rn. 45), ist, worauf der Antragsteller zutreffend hinweist, vom Amtsgericht nicht beschieden worden und daher nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Das Amtsgericht konnte seine Entscheidung auch zulässigerweise auf den Antrag auf Wiedereinsetzung des Antragstellers in das Amt des Testamentsvollstreckers beschränken. Eine Teilentscheidung ist entsprechend § 301 ZPO zulässig, wenn der Verfahrensgegenstand teilbar ist und die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Verhältnis zum restlichen Verfahrensgegenstand ausgeschlossen werden kann (Meyer-Holz, in: Keidel, a.a.O., § 38 Rn. 29; Feskorn in: Zöller, ZPO 32. Aufl., § 38 FamFG Rn. 3; vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2010 – XII ZB 227/10, NJW-RR 2011, 577; Saarl. OLG, Beschluss vom 12. März 2010 – 6 UF 128/09, FamRZ 2010, 1922). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil die selbständigen Fragen der Entlassung des Testamentsvollstreckers und der Wiedereinsetzung des Antragstellers unabhängig voneinander zu beurteilen sind und beides einander nicht bedingt.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist mit 10 Prozent des Nachlasswertes anzusetzen (§ 65 GNotKG; vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2017, 488). Diesen schätzt der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – wie schon im Rahmen des vorangegangenen Beschwerdeverfahrens – auf 100.000,- Euro.

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