AG Bad Homburg, 93 F 12/06 UE
Auskunftsanspruch des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten über Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen die Erben des Verpflichteten
Dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten steht beim Tode des Verpflichteten gegenüber den Erben ein Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses und ausgleichspflichtige Zuwendungen des Erblassers zu. Die Auskunft hat sich auch auf einen bei der Bemessung der Haftungsgrenze des § 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB zu berücksichtigenden, dem geschiedenen Ehegatten zustehenden Pflichtteilsergänzungsanspruch zu erstrecken.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 12.11.2005 verstorbenen … zu erteilen.
Tatbestand
Die Klägerin ist die seit dem 09.02.1982 geschiedene Ehefrau des am 12.11.2005 verstorbenen …. Die Beklagte ist dessen Witwe und Erbin. Der Erblasser war verpflichtet aufgrund eines Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts vom 16.08.2001 an die Klägerin monatlichen Unterhalt in Höhe von 869,20 Euro zu zahlen.
Die Klägerin hat zunächst im Prozesskostenhilfeverfahren Stufenklage erhoben auf Auskunft und Abänderung des inzwischen auf die Beklagte als Erbin umgeschriebenen Titels.
Nachdem die Prozesskostenhilfe lediglich für die Auskunftsstufe und nicht für die Abänderung bewilligt wurde, nimmt die Klägerin die Beklagte nunmehr nur noch auf Auskunft in Anspruch. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei zur Auskunft über Pflichtteil und Pflichtteilergänzungsansprüche verpflichtet, da die Klägerin nur so in der Lage sei, ihr weiteres Leben zu planen. Im Hinblick darauf, dass sie nur eine geringe Rente habe, müsse sie Sicherheit haben hinsichtlich ihrer Zukunftsplanung.
Die Klägerin beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 12.11.2005 verstorbenen Herrn … zu erteilen.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Schenkungen des Erblassers innerhalb seiner letzten zehn Lebensjahre an Dritte sowie innerhalb der gesamten Ehezeit an die Beklagte zu erteilen sowie Auskunft zu erteilen über ausgleichspflichtige Zuwendungen gemäß §§ 2316 Abs. 1, 2052, 2055 Abs. 1 BGB sowie Auskunft zu erteilen über Pflicht- und Anstandsschenkungen des Erblasser, § 2330 BGB.
Die Auskunft ist in Form eines geordneten Bestandsverzeichnisses gemäß § 260 Abs. 1 BGB zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Forderung.
Sie ist Auffassung, sie habe bereits mit Schreiben vom 11.08.2006 (Bl. 109) ausreichende Auskunft erteilt. Aufgrund dieser erteilten Auskunft sei es der Klägerin möglich zu errechnen, wie lange die Unterhaltsverpflichtung der Beklagten fortbesteht.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Anspruch auf Auskunftserteilung folgt aus § 242 BGB.
Der gegen die Erbin gerichtete Auskunftsanspruch ist nicht gegenstandsgleich mit dem gegen den Erblasser gerichteten – der sich mit dem Tode erledigt –, weil sich die Anspruchsvoraussetzungen des Unterhaltsanspruches geändert haben (vgl. Maurer, Münchener Kommentar, § 1586 b BGB, Randziffer 3). Anders als bei den Auskunftsansprüchen nach §§ 1605, 1580 BGB bezieht sich das Auskunftsrecht nicht auf das Einkommen des Erblassers, sondern auf die Höhe der Haftungsmasse, um so dem Unterhaltsberechtigen zu ermöglichen, zu ermitteln, wie lange er noch mit Unterhaltszahlungen rechnen kann (Den Auskunftsanspruch bejahend Löffler in Juris Praxiskommentar, § 1586 b Randziffer 32; Schindler unter entsprechender Anwendung der §§ 1580, 1605 i. V. m. 1967 BGB in FamRZ 2004, 1529).
Ein Auskunftsanspruch wäre nur dann nicht gegeben, wenn die Erbin gegenüber der übergegangenen Unterhaltsverpflichtung ausdrücklich auf den Einwand der begrenzten Haftung verzichtet hätten. Dies hat die Beklagte ausdrücklich nicht erklärt.
Das vorprozessuale Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 11.08.2006 (Bl. 109) an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellt keine ordnungsgemäße Auskunft dar. Die Auskunft ist zu erteilen gemäß § 260 BGB durch Vorlage eines von der Beklagten zu erstellenden und zu unterzeichnenden Verzeichnisses.
In dem Schreiben vom 11.08.2006 heißt es „Dieser Pflichtteil erhöht sich um etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB“, ohne dass eine eindeutige Aussage über solche Ansprüche gemacht würde. Allein die Angabe einer Zuwendung durch Vertrag vom 12.03.2004 besagt nicht, dass der Beklagten andere Ergänzungsansprüche nicht bekannt wären.
Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 29.11.2000 (FamRZ 2001, 2282) unter Berufung auf die Bundesdrucksache 7/605, Seite 152, ausführt, sollte der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten über den Tod des Verpflichteten hinaus in ähnlicher Weise sichergestellt werden, wie dies bei Fortbestand der Ehe durch erbrechtliche Ansprüche erreicht worden wäre. Demnach ist bei der Bemessung der Haftungsgrenze des § 1586 b Abs. 1 S. 3 BGB auch ein dem geschiedenen Ehegatten zustehender Pflichtteilsergänzungsanspruch zu berücksichtigen, auf den sich die zu erteilende Auskunft zu erstrecken hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
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