FG München, Urteil v. 05.04.2017 – 4 K 711/16

Keine Anwendung des § 7 Abs. 7 ErbStG auf rechtsgeschäftliche Anteilsübertragungen – Freigebige Zuwendung setzt Willen zur Unentgeltlichkeit voraus

1. Der Übergang eines Anteiles an einer Personengesellschaft oder auch einer Kapitalgesellschaft unterliegt nur dann dem besonderen Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 7 ErbStG, wenn der Anteilsübergang kraft Gesetzes bzw. kraft Gesellschaftsvertrages auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruht. Die Vorschrift regelt hingegen nicht den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Gesellschaftsanteilen aufgrund von zwischen einzelnen Gesellschaftern vereinbarten Anteilsabtretungen.
2. Eine freigebige Zuwendung setzt den Willen des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit voraus. Dieser liegt nur dann vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewusst ist, dass er seine Leistung ohne Verpflichtung, und sei es auch nur in Bezug auf eine Naturalobligation, und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung oder einem Gemeinschaftszweck erbringt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht gegen die Klägerin aufgrund der Abtretung eines Geschäftsanteiles an einer GmbH Schenkungsteuer festgesetzt hat.
An der am 14. Dezember 1987 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründeten A GmbH mit Sitz in X waren ursprünglich als Gesellschafter zum einen der B – der Ehemann der Klägerin – mit einem Geschäftsanteil im Nennwert von 40.000 DM (80%) und zum anderen C – ein bis dahin in dem …büro des B Angestellter … – mit einem Geschäftsanteil im Nennwert von 10.000 DM (20%) beteiligt. Gemäß § 6 Abs. 1 der seinerzeit beschlossenen Satzung der A GmbH war die Veräußerung von Geschäftsanteilen an die Zustimmung der Gesellschaft geknüpft. § 8 der Satzung berechtigte jeden Gesellschafter die Gesellschaft unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende des Geschäftsjahres zu kündigen, wobei hierdurch die Gesellschaft nicht aufgelöst werden sollte. Im Übrigen war dort geregelt, dass die Kündigung durch den Gesellschafter B oder auch durch den Gesellschafter C allein das Ausscheiden des Letzteren aus der Gesellschaft zur Folge haben sollte. Im Falle des Ausscheidens des Gesellschafters C wurde dieser gesellschaftsvertraglich verpflichtet, seinen Geschäftsanteil zum Nennwert auf den Mitgesellschafter B oder nach dessen Weisung an einen Dritten zu übertragen. Für den Fall des Todes des Gesellschafters B sah § 9 der Satzung die Fortsetzung der Gesellschaft mit dessen Erben vor, wogegen im Falle des Todes des Gesellschafters C geregelt war, dass dessen Erben aus der Gesellschaft ausscheiden. Die späteren Änderungen des Gesellschaftsvertrages sahen in Bezug auf die genannten Bestimmungen keine wesentlichen Abweichungen vor. Ausweislich des der notariell beurkundeten Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der A GmbH vom 8. März 2000 beigefügten „Teilnehmerverzeichnisses“ waren zu diesem Zeitpunkt B sowie die Klägerin jeweils mit einem Geschäftsanteil von 15.000 DM (30%) und deren gemeinsamer Sohn, D sowie – wie bisher – C jeweils mit einem Geschäftsanteil von 10.000 DM (20%) an der A GmbH beteiligt. Der Gesellschafter B verstarb im Jahre 2010. Sein Geschäftsanteil an der A GmbH ging auf die Klägerin über, so dass diese von nun an zwei Geschäftsanteile von jeweils 30% im Nennwert von 7.669,38 EUR bzw. 7.669,37 EUR (ehemals: je 15.000 DM) und D sowie C jeweils einen Geschäftsanteil in Höhe von 20 % im Nennwert von 5.112,92 EUR (ehemals: 10.000 DM) hielten. Mit notarieller Urkunde vom 19. Juli 2011 übertrug der Gesellschafter C seinen Geschäftsanteil an der A GmbH auf die Klägerin. Unter § 2 der Urkunde war bestimmt, dass die Klägerin für den Erwerb des Geschäftsanteiles an ihn keine Zahlung zu leisten hatte, weil auch er bei Eintritt in die Gesellschaft aus eigenen Mitteln keine Zahlung geleistet hätte. Gleichzeitig enthielt die notarielle Urkunde die Erklärung, dass C seine Beteiligung an der A GmbH gekündigt hätte.
Der Beklagte sah in der unentgeltlichen Abtretung des Geschäftsanteiles einen der Schenkungsteuer unterliegenden Tatbestand und forderte mit Schreiben vom 15. November 2011 die Klägerin zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Gleichzeitig veranlasste der Beklagte bei dem hierfür zuständigen Finanzamt X die gesonderte Feststellung des Wertes des Anteiles an der Kapitalgesellschaft. Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 stellte das Finanzamt X zum Stichtag des 19. Juli 2011 den Wert der A GmbH insgesamt mit … EUR, sowie den Wert des durch die notarielle Urkunde an die Klägerin übertragenen Geschäftsanteiles mit … EUR fest. Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 legte die Klägerin gegen den Feststellungsbescheid Einspruch ein, über den das Finanzamt X bislang noch nicht entschieden hat. Mit Bescheid vom 4. September 2015 setzte der Beklagte die Schenkungsteuer der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf … EUR fest. Der Steuerfestsetzung legte der Beklagte den festgestellten Wert des Geschäftsanteiles an der A GmbH von … EUR sowie einen persönlichen Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR zugrunde und wendete auf den steuerpflichtigen Erwerb einen Steuersatz von 30 % nach Steuerklasse III an. Der durch die Klägerin am 5. Oktober 2015 gegen die Steuerfestsetzung eingelegte Einspruch blieb in der Sache erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 19. Februar 2016 unter gleichzeitiger Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung als unbegründet zurückgewiesen. Zwischenzeitlich hatte die Klägerin am 12. Januar 2016 eine Schenkungsteuererklärung abgegeben, in der sie den Übertragungsvorgang als nicht steuerbar erklärte.
Mit Schriftsatz vom 14. März 2016, der an demselben Tag bei Gericht einging, erhob die Klägerin gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 4. September 2015 Klage, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Schenkungsteuerbescheid sei rechtswidrig, weil der Erwerb des Geschäftsanteiles des früheren Gesellschafters C nicht der Schenkungsteuer unterliege. Im Zeitpunkt der Gewährung des Geschäftsanteiles sollte dem langjährigen Angestellten des …büros nur die Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft, nicht hingegen an dem Unternehmenswert eingeräumt werden. Der Gesellschafter C sei somit zu keinem Zeitpunkt über den Nennwert des Geschäftsanteiles von ursprünglich 10.000 DM hinaus an den Unternehmenswerten beteiligt gewesen. Der Geschäftsanteil habe nur für die Ausschüttung der Gewinne der A GmbH Bedeutung gehabt. Mithin habe der Gesellschafter C entsprechend den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages lediglich denjenigen Wert zurückgewährt, den er ursprünglich erhalten hätte. Deswegen sei durch die Rückübertragung des Geschäftsanteiles bei den übrigen Gesellschaftern auch kein Wertzuwachs entstanden. Weder sei hierdurch bei den übrigen Gesellschaftern von einer objektiven Bereicherung auszugehen noch habe der Gesellschafter C in der Absicht gehandelt, der Klägerin etwas unentgeltlich zuzuwenden. Für den Fall, dass die Rückübertragung doch einen steuerbaren Tatbestand erfüllen sollte, sei der Erwerb jedenfalls aufgrund der Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen von der Schenkungsteuer befreit. Der Geschäftsanteil belaufe sich zwar auf weniger als 25 %, sei aber aufgrund des Bestehens einer Poolvereinbarung steuerbegünstigt. Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes bestimmt sich die Mindestbeteiligung in Höhe von 25 % nach der Summe der dem Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter, wenn der Schenker und die weiteren Gesellschafter unter einander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt, weil der frühere Gesellschafter C gesellschaftsvertraglich nur im Einvernehmen mit den übrigen Gesellschaftern über seinen Geschäftsanteil zu verfügen berechtigt gewesen sei und zum anderen eine stillschweigende Vereinbarung zwischen ihm und den übrigen Gesellschaftern bestanden habe, von seinem Stimmrecht niemals gegen das Interesse des Gründungsgesellschafters B und seiner Familie Gebrauch zu machen. Dies stelle eine Poolvereinbarung im oben genannten Sinne dar, für die das Gesetz keine Schriftform verlange.
Die Klägerin beantragt,
den Schenkungsteuerbescheid vom 4. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2016 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Schenkungsteuer auf 0,– EUR herabgesetzt wird,
hilfsweise für den Fall, dass der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung das gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Wertes des Anteils an der Kapitalgesellschaft beim Finanzamt X anhängige außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren entgegenstehen sollte, festzustellen, dass der dem Schenkungsteuerbescheid vom 4. September 2015 zu Grunde liegende Sachverhalt nicht der Schenkungsteuer unterliegt,
hilfsweise andernfalls festzustellen, dass der Erwerb des Geschäftsanteiles nach den Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen von der Schenkungsteuer befreit ist, weiterhin hilfsweise für den Fall der vollständigen oder teilweisen Klageabweisung in Bezug auf den Hauptantrag oder die Hilfsanträge die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall der Klagestattgabe die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Seiner Ansicht nach sei die Festsetzung der Schenkungsteuer rechtmäßig, weil die Übertragung des Geschäftsanteiles von dem besonderen Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 7 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes erfasst sei. Diese Regelung betreffe sowohl den Anteilserwerb kraft Gesetzes als auch den aufgrund eines Rechtsgeschäftes. Danach unterliege der Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert des Geschäftsanteiles und der an den übertragenden Gesellschafter gezahlten Abfindung der Schenkungsteuer. Da die Klägerin keine Gegenleistung zu erbringen gehabt habe, sei ihr der volle Wert des Geschäftsanteiles unentgeltlich zugewendet worden. Die subjektive Bereicherungsabsicht des Zuwendenden sei für den Besteuerungstatbestand nach § 7 Abs. 7 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes nicht erforderlich. Der bei der Klägerin der Schenkungsteuer unterliegende Erwerb sei auch nicht von der Steuer befreit, weil er zum einen einen Geschäftsanteil von weniger als 25 % betreffe und zum anderen keine wirksame Poolvereinbarung bestanden habe. Der Gesellschaftsvertrag enthalte zwar Restriktionen für den Fall der Veräußerung der Geschäftsanteile, enthalte aber keine Regelung über eine zwingend einheitliche Ausübung des Stimmrechts der Gesellschafter. Nach den Verwaltungsvorschriften in Abschnitt R E 13b.6 der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer-Richtlinien (ErbStR 2011) sei für die Poolvereinbarung im Übrigen Schriftform zu verlangen. Da im Streitfall eine schriftliche Vereinbarung über die Ausübung des Stimmrechts durch den früheren Gesellschafter C nicht geschlossen worden sei, sei jederzeit eine abweichende Abstimmung durch ihn bei Gesellschafterversammlungen zulässig gewesen. Die Verschonungsregelung für Betriebsvermögen könne deshalb keine Anwendung finden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf die die Klägerin betreffende Behördenakte und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. April 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage richtet sich gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 4. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2016 und ist als Anfechtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 1 FGO zulässig. Die Klage ist rechtzeitig binnen der Frist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO erhoben.
2. Die Anfechtungsklage ist auch begründet und die Klägerin durch den Schenkungsteuerbescheid vom 4. September 2015 in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Bei zutreffender Anwendung der Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der auf den Streitfall geltenden Fassung (ErbStG) ergibt sich aufgrund des streitbefangenen Sachverhalts keine festzusetzende Schenkungsteuer.
aa) Der Schenkungsteuer unterliegen Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Als eine solche gilt u.a. jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendungen objektiv bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Als subjektives Tatbestandsmerkmal setzt die freigebige Zuwendung den Willen des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit voraus, wobei dieser nicht auf die Bereicherung des Empfängers gerichtet sein muss (vgl. Bundesfinanzhof –BFH– Urteil vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921). Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht nach Vorschriften des ErbStG steuerbefreit ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Die Bereicherung wird im Ergebnis nach den Grundsätzen ermittelt, die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG für die Bestimmung der Bereicherung im Fall des Erwerbes von Todes wegen gelten (vgl. Meincke ErbStG 16. Auflage 2012 § 10 Rdn. 20). Die Bewertung der schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung des Erwerbers richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes (BewG), soweit nicht die Vorschriften in § 12 Abs. 2 bis 6 ErbStG etwas anderes bestimmen.
Unabhängig davon gilt gemäß § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG als Schenkung der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteiles oder des Teiles eines Anteiles eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt. Es handelt sich bei diesem besonderen Besteuerungstatbestand um eine gesetzliche Fiktion einer Schenkung, die somit weder an dem bürgerlich-rechtlichen Begriff einer freigebigen Zuwendung als Oberbegriff der Schenkung anknüpft, noch ein subjektives Zuwendungsmerkmal erfordert (BFH Urteil vom 1. Juli 1992 II R 12/90, BFHE 168, 390, BStBl II 1992, 925). Der Übergang eines Anteiles an einer Personengesellschaft oder auch einer Kapitalgesellschaft unterliegt demnach nur dann dem besonderen Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 7 ErbStG, wenn der Anteilsübergang kraft Gesetzes bzw. kraft Gesellschaftsvertrages auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruht. Dies ist typischerweise bei der Anwachsung eines Anteiles an einer Personengesellschaft nach § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der Fall (BFH Urteil vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921). Nach Ansicht der Literatur hat der Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 7 ErbStG sogar in erster Linie den nur bei Personengesellschaften auftretenden Sachverhalt der Anwachsung im Blick (vgl. Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz ErbStG 4. Auflage 2012, § 7 Rdn. 245; Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter ErbStG 5. Auflage 2014, § 7 Rdn. 544; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher ErbStG § 7 Rdn. 401; Meincke ErbStG 16. Auflage 2012, § 7 Rdn. 146). In der Konsequenz hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung rechtsgeschäftliche Übertragungen des Anteiles an einer Personengesellschaft durch Verfügung des Gesellschafters über seinen Gesellschaftsanteil nach anfänglichen Zweifeln (BFH Beschluss vom 24. Januar 1990 II B 132/89, BFH/NV 1990, 675) schließlich grundsätzlich vom Anwendungsbereich des § 7 Abs. 7 ErbStG ausgenommen (BFH Urteil vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921). Da § 7 Abs. 7 ErbStG seinem Wortlaut nach auch den Übergang von Anteilen an Kapitalgesellschaften umfasst, ist jedenfalls davon auszugehen, dass – ungeachtet der Frage, welche gesellschaftsrechtlichen Vorgänge bei Kapitalgesellschaften diesen Besteuerungstatbestand erfüllen – die Vorschrift jedenfalls auf den derivativen Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch rechtsgeschäftliche Übertragung unanwendbar ist (vgl. BFH Urteil vom 20. Januar 2016 II R 40/14, BFHE 252, 453).
bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich Folgendes: Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten erfüllt die am 19. Juli 2011 notariell beurkundete Abtretung des GmbH-Geschäftsanteiles des Gesellschafters C an die Klägerin nicht den Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG. Bereits aus der Entstehungsgeschichte dieser Gesetzesvorschrift als legislative Reaktion auf die bundesgerichtliche sogenannte Wagnisrechtsprechung, die bei gesellschaftsvertraglichen Abfindungsbeschränkungen ausscheidender Gesellschafter den schuldrechtlichen Tatbestand einer Schenkung an die verbleibenden Gesellschafter verneint hat (vgl. Bundesgerichtshof –BGH– Urteil vom 22. November 1956 II ZR 222/55, BGHZ 22, 186; BFH Urteil vom 15. Mai 1953 III 65/51 S, BFHE 57, 518, BStBl III 1953, 199;vgl. Erläuterungen zur Entstehungsgeschichte der Rechtsnorm bei Gebel in Troll/Gebel/Jülicher ErbStG § 7 Rdn. 396), wird deutlich, dass diese Vorschrift gerade nicht den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Gesellschaftsanteilen aufgrund von zwischen einzelnen Gesellschaftern vereinbarten Anteilsabtretungen zu regeln beabsichtigt. Rechtsgeschäftliche Übertragungen von Gesellschaftsanteilen an Kapitalgesellschaften – wie im Übrigen auch an Personengesellschaften – können schließlich bereits unter dem Gesichtspunkt einer freigebigen Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf ihre schenkungsteuerrechtliche Relevanz geprüft werden. Mithin besteht der für § 7 Abs. 7 ErbStG – typischerweise für den Tatbestand der kraft Gesetzes bzw. kraft gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung eintretenden Anwachsung bei Personengesellschaften gemäß § 738 BGB – angenommene Regelungsbedarf in diesen Fällen gerade nicht.
Der Geschäftsanteil des C ist nicht als unmittelbare gesellschaftsrechtliche Rechtsfolge seiner Kündigung auf die verbliebenen Gesellschafter oder die Gesellschaft selbst im Sinne des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG übergegangen, sondern durch das eigenständige Rechtsgeschäft der Anteilsabtretung auf die Klägerin übertragen worden. Dem Beklagten ist an dieser Stelle zwar einzuräumen, dass der Gesellschafter C gemäß der Satzungsbestimmungen der A GmbH aufgrund seiner zuvor erklärten Kündigung der Gesellschaft, die satzungsbedingt letztlich nur die Kündigung seiner Gesellschafterstellung zur Folge gehabt hat, zur Anteilsabtretung schuldrechtlich verpflichtet gewesen ist. Gleichwohl beruht der Erwerb des Geschäftsanteiles durch die Klägerin nicht unmittelbar auf dem Ausscheiden des bisherigen Mitgesellschafters C im Sinne der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Der Erwerb des Geschäftsanteiles durch die Klägerin ist schließlich nicht die unmittelbare sachenrechtliche Rechtsfolge des Ausscheidens des Mitgesellschafters aus der A GmbH. Soweit die Finanzverwaltung den Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG auch auf Sachverhalte des freiwilligen Ausscheidens eines Gesellschafters anwendet (vgl. R E 7.9 ErbStR), ist daraus nicht zu schließen, dass hiervon auch rechtsgeschäftliche Anteilsabtretungen erfasst sein sollen. Abgesehen davon sieht § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG vor, dass der Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters auf die – d.h. auf sämtliche – Gesellschafter oder wahlweise auf die Gesellschaft selbst übergehen muss; die Übertragung auf nur einen einzigen von mehreren Gesellschaftern erfüllt diese Voraussetzung gerade nicht. Auch wäre – zumindest nach der Regelung in § 8 der Satzung – die Übertragung des Geschäftsanteiles auf die Klägerin nicht zwingend gewesen, sondern hätte, je nach dem Willen der übrigen Gesellschafter der A GmbH auch durch die rechtsgeschäftliche Übertragung auf den weiteren Gesellschafter D ersetzt werden können. Auch hieraus wird ersichtlich, dass den in der notariellen Urkunde vom 19. Juli 2011 getroffenen Vereinbarungen die zwischen den verbleibenden Gesellschaftern der A GmbH wohl bedachten Interessensabwägungen zugrunde gelegen haben und nicht etwa ein gesellschaftsrechtlicher „Automatismus“ in Gestalt des Übergangs des Gesellschaftsanteils Platz gegriffen hat.
Der an die Klägerin mittels der notariellen Urkunde vom 19. Juli 2011 abgetretene Anteil an der A GmbH ist auch nicht Gegenstand einer freigebigen Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gewesen. Eine solche setzt, wie oben ausgeführt, den Willen des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit voraus. Von einem freien Willen zur Unentgeltlichkeit einer Zuwendung kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn der Zuwendende aufgrund bereits bestehender schuldrechtlicher Verpflichtungen unter vorab feststehenden vertraglichen Konditionen zu seiner Leistung gezwungen ist. Der Wille zur Unentgeltlichkeit liegt nur dann vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewusst ist, dass er seine Leistung ohne Verpflichtung, und sei es auch nur in Bezug auf eine Naturalobligation, und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung oder einem Gemeinschaftszweck erbringt (vgl. für viele: BFH Urteil vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921). Erfüllt der Zuwendende dagegen eine bestehende Verpflichtung, so handelt er nicht freigebig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Im Streitfall ist der Gesellschafter C aufgrund der Regelung in § 8 der Satzung im Anschluss an seine Kündigung zur Rückgewähr seines Geschäftsanteiles zum Nennwert von 5.112,92 EUR verpflichtet gewesen. Die für den Gesellschafter C bindende Satzungsbestimmung hat ihm einen den Nennwert des Geschäftsanteiles übersteigenden Anspruch auf Vergütung des darin enthaltenen gemeinen Wertes verwehrt. Der ausscheidende Gesellschafter hat schließlich keine andere Wahl als die der Abtretung des Gesellschaftsanteiles zum Nennwert gehabt. Soweit die Klägerin als Folge der notariell beurkundeten Vereinbarung vom 19. Juli 2011 in Höhe des den Nennwert des Geschäftsanteiles übersteigenden gemeinen Wertes des Anteiles an der A GmbH nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG bereichert worden sein mag, wäre diese Bereicherung seitens des Zuwendenden jedenfalls nicht freigebig erfolgt.
Für den Verzicht auf die Vergütung des Nennwertes des Geschäftsanteiles in Höhe von 5.112,92 EUR gilt dies jedoch nicht. Der Verzicht auf die Vergütung stellt eine freigebige Zuwendung des ausgeschiedenen Gesellschafters C an die Klägerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Ausweislich der vorgelegten Urkunden und unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten hat dem ausgeschiedenen Gesellschafter C aufgrund der Regelung in § 8 der Satzung der A GmbH ein Anspruch auf Vergütung des Nennwertes des Geschäftsanteiles in Höhe von 5.112,92 EUR zugestanden. Selbst wenn ihm bei Gründung der A GmbH im Jahre 1987 die Bezahlung des entsprechenden Stammkapitals erlassen bzw. diese Verpflichtung vom Hauptgesellschafter B übernommen worden sein sollte, worauf der Wortlaut des § 2 der notariellen Urkunde vom 19. Juli 2011 hinweisen könnte, so schlösse dies seinen Vergütungsanspruch in Höhe des Nennwertes des Geschäftsanteiles nicht aus. Der Umstand, dass der Hauptgesellschafter seinerzeit möglicherweise auf die Geltendmachung der Einlageverpflichtung gegenüber dem Mitgesellschafter verzichtet hätte, verpflichtete letzteren im Gegenzug 24 Jahre später nicht zu einer Gegenschenkung in Gestalt des Verzichts auf seinen Abfindungsanspruch. Weder dem Gesellschaftsvertrag noch den Satzungsbestimmungen sind Anhaltspunkte für eine derartige Verpflichtung des ausgeschiedenen Gesellschafters zu diesem Verzicht ersichtlich. Im Ergebnis ergibt sich aus dem Besteuerungstatbestand jedoch keine festzusetzende Schenkungsteuer, weil der Wert der Zuwendung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) den im Streitfall für die Steuerklasse III (§ 15 Abs. 1 ErbStG) geltenden persönlichen Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) nicht übersteigt.
cc) Da bereits aus den dargestellten Gründen gegen die Klägerin keine positive Schenkungsteuer festzusetzen gewesen ist, kann die weitere Rechtsfrage, ob im Streitfall gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Poolvereinbarung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG die Voraussetzungen für die Anwendung der Verschonungsregelung für Betriebsvermögen vorgelegen haben, dahin gestellt bleiben.
b)
Da sich ungeachtet des Ausgangs des beim Finanzamt X anhängigen außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Bescheid vom 18. Juni 2015 über die gesonderte Feststellung des Wertes des übertragenen Geschäftsanteiles an der A GmbH im Streitfall keine festzusetzende Schenkungsteuer ergibt, war das Klageverfahren nicht vom Ausgang des Rechtsstreites über die Besteuerungsgrundlagen abhängig. Die Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO war demnach nicht angezeigt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und des Vollstreckungsschutzes folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit der sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.
5. Die Revision wird zugelassen, weil zu der Frage der Unanwendbarkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 7 ErbStG auf rechtsgeschäftliche Übertragungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften bislang keine bundesgerichtliche Rechtsprechung besteht (§ 115 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 FGO).