Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 100/08 – Die Erbeinsetzung der Geliebten ist wirksam

August 30, 2017

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 100/08

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 02. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben die der Beteiligten zu 3. im dritten Rechtszuge notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Geschäftswert: 100.000 €.

 

Die Beteiligten zu 1. und zu 2. hätten nicht zu beweisen vermocht, dass das Testament vom 22. März 2002 eine sittenwidrige Zuwendung an die Beteiligte zu 3. enthalte. Die Beweisaufnahme habe vielmehr eine dauerhafte Beziehung zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 3. bestätigt. Zu Recht habe das Amtsgericht daher angenommen, dass der Erblasser nicht ausschließlich sexuelle Motive gehabt habe, die Beteiligte zu 3. letztwillig zu bedenken.

Weitere Ermittlungen seien nicht veranlasst.

Das Landgericht habe einzig auf die Dauer der Beziehung zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 3. abgestellt und die gegenseitigen Interessen nicht angemessen abgewogen. Die Enge der familienrechtlichen Beziehungen des Erblassers zu seiner Ehefrau und Tochter seien außer Betracht geblieben. Immerhin hätte Zeugen ausgesagt, der Erblasser habe seine Ehefrau „nicht loslassen“ können. Die „Bevorzugung“ der „Geliebten“ führe wirtschaftlich zur Notwendigkeit des Verkaufs von Immobilienvermögen, das der Erblasser zusammen mit seiner Ehefrau durch deren Hände Arbeit erworben habe, oder zu lebenslanger Gemeinschaft mit der „Geliebten“.Das Landgericht habe zudem die Beweislast verkannt. Wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Testament und Einzug bei der Beteiligten zu 3. müsse diese beweisen, dass das Testament nicht sittenwidrig sei. Das Beweisthema sei unzulässig eingeengt, Zeugen zu Unrecht nicht mehr vernommen und die erhobenen Beweise unzutreffend gewürdigt worden.Die Entziehung des gesetzlichen Erbrechtes sei eine Maßnahme, die als ungerecht empfunden werde, wenn der Erblasser ohne vernünftigen sachlichen Grund die Enterbung ausgesprochen habe. Das Pflichtteilsrecht sei als alleinige Schranke der Testierfreiheit nicht hinreichend.Die Beteiligten zu 1. und 2. beantragen, den angefochtenen Beschluss zu ändern und das Amtsgericht anzuweisen, ihnen den Erbschein – wie beantragt – zu erteilen.

II.

1.

Denn auch auf seiner Grundlage sind die Rechtsmittel zurückweisungsreif.

Für den ausschließlichen Zweck der Belohnung oder Förderung geschlechtlicher Hingabe fehlt es, bei Lichte betrachtet, an jedem Anhalt.

Die Dauer ist auch dann als „lang“ anzusehen, wenn das Verhältnis als außereheliches – nicht als Lebensgemeinschaft – (nicht, wie vom Landgericht angenommen, 1986, sondern) erst Anfang der 1990er Jahre begonnen haben sollte. Die Entwicklung in der Zeit nach Testamentserrichtung durfte das Beschwerdegericht hier berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, welche Meinung man zu der Frage vertritt, ob im Falle letztwilliger Verfügungen für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit die Umstände im Zeitpunkt des Rechtsgeschäfts oder des Erbfalls (oder gar der gerichtlichen Entscheidung) maßgeblich seien (Übersicht über den Streitstand bei Erman-Palm, BGB, 12. Aufl. 2008, § 138 Rdnr. 58-60; MK-Armbrüster, BGB, 5. Aufl. 2006, § 138 Rdnr. 133-139; Staudinger-Sack a.a.O., Rdnr. 86-88).

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