G r ü n d e :
I.
Die Beteiligten streiten um die Hoferbfolge nach dem am ####2008 (geschieden und kinderlos) verstorbenen Landwirt Y (geb. am ####1930 – im Folgenden: Erblasser) bzgl. des in dessen Eigentum stehenden, über 41 ha großen Hofes i.S.d. HöfeO in der E-Straße in I-Z.
Der am 05.03.1925 geborene Antragsteller ist ein Bruder des Erblassers. Die Antragsgegner leben seit Mitte 2005 auf dem Hof des Erblassers und haben diesen in seinen letzten Lebensjahren dort versorgt. Die Beteiligte zu 2) ist die Nichte und Tochter eines vorverstorbenen Bruders des Erblassers.
Der Erblasser hat zwei notarielle Testamente hinterlassen, die am 16.07.2008 vom Amtsgericht Herford (Az. 5 IV 506/05, dort Bl. 15) eröffnet worden sind. Im ersten Testament vom 03.08.1988 (UR-Nr. ###/1988 des Notars P in I) setzte der Erblasser die Beteiligte zu 2) – seine Nichte – als seine Hoferbin und Erbin des hoffreien Vermögens ein. In dem weiteren Testament vom 16.09.2005 (UR-Nr. ###/2005 des Notars P2 in I) widerrief der Erblasser ausdrücklich sämtliche vorherigen Verfügungen von Todes wegen und setzte die Antragsgegner zu seinen alleinigen Erben ein. Die Wirksamkeit dieses Testaments ist im Hinblick auf die Testierfähigkeit des Erblassers zwischen den Beteiligten streitig. Wegen der Einzelheiten der letztwilligen Verfügungen wird auf den genauen Wortlaut und Inhalt der Testamente verwiesen (Bl. 16ff und 19ff in 5 IV 506/05).
Nach dem Tod des Erblassers beantragten die Antragsgegner im Jahr 2009 vor dem Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Herford die Feststellung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Hof nicht mehr um einen solchen gem. § 1 HöfeO handelte (2 Lw 6/09). Mit – rechtskräftigem – Beschluss vom 04.06.2009 ist dieser Antrag durch das Landwirtschaftsgericht zurückgewiesen und auf den Antrag der Beteiligten zu 2) dieses Verfahrens festgestellt worden, dass die vorgenannte Grundbesitzung am 09. Mai 2008 ein Hof im Sinne der HöfeO gewesen ist.
Außerdem hatte die Beteiligte zu 2) im Dezember 2008 einen Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses und Erbscheins zu ihren Gunsten gestellt (Bl. 1 d. A.) und dabei die Auffassung vertreten, das zweite Testament vom 16.09.2005 sei unwirksam, weil der Erblasser, der an fortschreitender Demenz bei Morbus Parkinson gelitten habe, zu diesem Zeitpunkt bereits testierunfähig gewesen sei. Diesen Antrag hat sie später zurückgenommen, weil sie selbst davon ausging, nicht wirtschaftsfähig zu sein (Bl. 49, 204 d. A.).
Auch die Antragsgegner hatten mit Schriftsatz vom 02.09.2009 den Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses und Erbscheins zu ihren Gunsten gestellt (Bl. 31 d. A.), der mit Beschluss des Landwirtschaftsgerichtes vom 22.03.2010 (Bl. 125) mit Hinweis auf ihre fehlende Wirtschaftsfähigkeit zurückgewiesen worden ist. Dieser Beschluss ist mit Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegner durch Senatsbeschluss vom 28.09.2010 (10 W 39/10, Bl. 210ff d. A.) rechtskräftig geworden.
Nunmehr begehrt noch der Antragsteller die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses und Erbscheins zu seinen Gunsten (SS v. 02.03.2010, Bl. 118ff d. A.) und behauptet dazu, trotz seines fortgeschrittenen Alters noch wirtschaftsfähig zu sein.
Unstreitig ist der Antragsteller auf dem streitgegenständlichen Hof aufgewachsen und hat eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert (vgl. in Kopie vorgelegtes Zeugnis über die Landwirtschaftsprüfung vom 28.03.1951 sowie Kopie des (Landwirtschafts-)Gehilfenbriefes vom 12.04.1952, Bl. 86 d. A.). Auch war er im Zeitraum 1951 – 1955 vollschichtig in der Landwirtschaft tätig, ein Jahr davon auf dem elterlichen Hof, wo er von 1955 bis 1961 auch noch lebte. Seit 1955 war er allerdings bei der Firma L und L2, einem Hanomag-Händler in C tätig und arbeitete nur noch in seiner Freizeit auf dem Hof mit. Anfang der 1960er Jahre zog er vom Hof fort und lebt seit 1971 in M2. Seit 1962 bis zur Verrentung im Jahr 1988 arbeitete er als Lagerist beim Landmaschinenhändler C in T-T2. Seine eigenen Tätigkeiten in der Landwirtschaft beschränkten sich deshalb auf die Wochenendbesuche auf dem elterlichen Hof, bis dieser nach dem Tod der Eltern im Jahr 1978 auf den Erblasser überging. Seitdem hatte der Antragsteller vorwiegend nur noch über einen Cousin und dessen Sohn, den Zeugen Y, Kontakt zur Landwirtschaft auf deren 60 ha Hof in M.
Der Antragsteller hat geltend gemacht, seine Wirtschaftsfähigkeit ergebe sich einerseits aus seiner körperlich guten Konstitution, die sich u. a. in Fahrradfahrten von 1000 km jährlich zeige. Auch habe er zeit seines Lebens den Bezug zur Landwirtschaft behalten, etwa durch die Übernahme von Urlaubsvertretungen auf dem Hof seines Neffen Y, durch den Besuch von Agrarfachmessen und durch das Abonnement des Landwirtschaftlichen Wochenblatts.
Nach seinem Bewirtschaftungsplan vom 08.12.2010 (Bl. 226f d. A.) plane er allerdings in Anbetracht seines Alters, die körperlichen Arbeiten im Wesentlichen von seinem Neffen, dem Zeugen Y, durchführen zu lassen, mit dem er zum Zwecke der Bewirtschaftung des Hofes als Ackerbaubetrieb eine GbR gründen wolle. Er selber wolle eine Hühnerhaltung aufbauen und sich um die Direktvermarktung der Eier auf der Hofstelle kümmern.
Der Antragsteller hat deshalb vor dem Landwirtschaftsgericht Herford die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses mit folgendem Inhalt beantragt:
Hoferbe des in I-Z, E gelegenen Hofes (Grundbuch von Z, Blatt ##) ist nach dem Todes des am 09.05.2008 verstorbenen Y dessen Bruder X, K-Straße, ####1 M2.
Die Antragsgegner haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben einerseits mit Blick auf das Testament vom 16.09.2005 geltend gemacht, dass es nicht dem Willen des Erblassers entspreche, dem Antragsteller ein Hoffolgezeugnis zu erteilen. Schließlich habe der Antragsteller dem Erblasser die notwendige Unterstützung versagt, als dieser sich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst versorgen konnte.
Dass der Antragsteller dazu schon im Jahr 2005 auf sein fortgeschrittenes Alter und seinen Gesundheitszustand verwiesen habe, belege zudem seine fehlende Wirtschaftsfähigkeit. Diese ergebe sich auch daraus, dass er sich ausweislich seines Bewirtschaftungsplans nur mit Hilfe des Zeugen Y imstande sehe, den Hof zu bewirtschaften. Der Antragsteller sei schon im alltäglichen Leben auf Hilfe und Unterstützung angewiesen und sei so nicht in der Lage, den Hof selbständig zu bewirtschaften. Im Übrigen fehlten dem Antragsteller die für die Führung des Hofes notwendigen Kenntnisse.
Das Landwirtschaftsgericht hat Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen eingeholt. In der Stellungnahme vom 18.03.2010 (Bl. 123f d. A.) äußerte der damals zuständige Mitarbeiter X2 der Kreisstelle I-I2 nach einem Telefonat mit dem Antragsteller und der Anhörung des Zeugen Y Zweifel an der Wirtschaftsfähigkeit des Antragstellers im Hinblick auf dessen Alter und dem seit Jahren nur noch indirekten Kontakt zur Landwirtschaft. Aus der weiteren Stellungnahme der Kreisstelle Z3 vom 14.01.2011 (Bl. 241f d. A.), die der zuständige Sachbearbeiter Dr. u nach Anhörung des Antragstellers am 28.12.2010 verfasst hat, ergeben sich keine Zweifel an der Wirtschaftsfähigkeit des Antragstellers im Hinblick auf dessen „schlüssiges“ Bewirtschaftungskonzeptes.
Das Landwirtschaftsgericht Herford hat ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter mit Vorbescheid vom 24.02.2011 (Bl. 248 d. A.) die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zugunsten des Antragsgegners angekündigt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Feststellung der fehlenden Wirtschaftsfähigkeit der Antragsgegner gem. § 5 HöfeO die gesetzliche Hoferbfolge greife, wonach der Antragsteller als Hoferbe der 4. Ordnung berufen sei. Seine Wirtschaftsfähigkeit iSv § 6 Abs. 7 HöfeO ergebe sich aus der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen vom 14.01.2011.
Der Vorbescheid ist den Antragsgegnern am 03.03.2011 (Bl. 250 d. A.) zugestellt worden, worauf sie mit Schriftsatz vom 14.03.2011 Beschwerde einlegten. Das Landwirtschaftsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 17.03.2011 (Bl. 279 d. A.) dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung ihrer Beschwerde wiederholen die Antragsgegner im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend verweisen sie auf den Antrag des Antragstellers auf persönliche Anhörung vom 19.04.2010 (Bl. 172 ff d. A.), aus dem sich der schlechte Gesundheitszustand des Antragstellers sowie dessen fehlende Wirtschaftsfähigkeit ergäben. Die Stellungnahme des Herrn Dr. u von der Kreisstelle Z3 der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen sei als Gefälligkeit zu bewerten.
Die Antragsgegner beantragen,
den Beschluss des Amtsgericht Herford vom 24.02.2011 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Auch er wiederholt seine bereits in erster Instanz ausgeführte Argumentation und verweist dazu auf die positive Stellungnahme des Herrn Dr. u von der Kreisstelle Z3 der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
Es sei für die Annahme der Wirtschaftsfähigkeit nicht erforderlich, dass der berufene Hoferbe selbst alle körperlichen Arbeiten bei der Bewirtschaftung ausführe. Nur wenn der Hof zu klein sei, um Mitarbeiter rentabel einsetzen zu können, sei die Bewältigung aller anfallenden Arbeiten durch den Hoferben zu verlangen. Wenn die Größe des Hofes indes den gewinnbringenden Einsatz von überbetrieblichen Maschinen hergebe, sei die eigene körperliche Mitarbeit nicht zwingend.
Es genüge daher, dass der Antragsteller angesichts seiner geistigen Fähigkeiten in der Lage sei, den Ackerbaubetrieb sowie die Eierproduktion und -vermarktung eigenverantwortlich zu leiten. Dass er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters die Maschinen für den Ackerbau nicht mehr selbst führen könne, sei unerheblich. Ohne Belang sei auch die geplante Bewirtschaftung des Waldbesitzes über die örtliche Forstgemeinschaft sowie die avisierte Verpachtung der Naturschutzwiesen an die Stadt I, weil beides rentabler sei als die jeweilige Eigenbewirtschaftung.
Insgesamt enthalte der vom Antragsteller aufgestellte Bewirtschaftungsplan vom 08.12.2010 daher ein tragfähiges Konzept, welches seine Wirtschaftsfähigkeit belege.
Mit Schriftsatz vom 09.05.2011 hat der Antragsteller zudem eine betriebswirtschaftliche Kalkulation vom 06.05.2011 zur beabsichtigten Bewirtschaftung des verfahrensgegenständlichen Hofes vorgelegt. Danach errechnet der Antragsteller einen jährlichen Gewinn in Höhe von 21.488,77 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kalkulation, Bl. 306ff d.A., verwiesen.
Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts Herford zu Aktenzeichen 5 IV 506/05,
5 VI 646/08, 6 XVII B 589 und 6 XVII B 638 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht sowie die Beteiligten und den Vertreter der Landwirtschaftskammer, Herrn Dr. u, persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 17.05.2010 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig und begründet.
1.
a) Die Beschwerde ist statthaft gem. §§ 1 Nr. 5, 9 LwVG iVm § 58 FamFG, weil der Antrag des Antragstellers am 03.03.2010 und damit nach dem Stichtag gem. Art. 111 FGGRG (01.09.2009) gestellt wurde. Es kommt insofern nicht auf die Verfahrenseinleitung im Hinblick auf den Antrag der Beteiligten zu 2) vom 10.12.2008 (Bl. 1 d. A.) an, weil durch den Antrag des Antragstellers ein neues Verfahren iSd Art. 111 Abs. 2 FGGRG, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG eingeleitet worden ist (vgl. Keidel/Engelhardt, FamFG 16. Aufl. 2009, Art. 111 FGGRG, Rn. 4). Der angefochtene Vorbescheid stellt eine Endentscheidung iSd § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG dar. Zwar ist der Vorbescheid nach § 352 Abs. 1 FamFG zur Entscheidung über einen streitigen Erbscheinsantrag nicht mehr zulässig, allerdings ist ein irrtümlich erlassener Vorbescheid ggf. in eine zulässige Entscheidungsform (Feststellungsbeschluss mit Aussetzung) umzudeuten (Keidel/Zimmermann, § 352, Rn. 111) und jedenfalls mit der schon nach altem Recht gem. § 19 FGG statthaften Beschwerde anfechtbar.
b) Die Beschwerde der Antragsgegner ist zudem innerhalb der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 65 FamFG).
c) Die Beschwerdeberechtigung der Antragsgegner ergibt sich aus § 59 FamFG, weil sie als testamentarisch eingesetzte Erben des Erblassers in dem angekündigten Hoffolgezeugnis zugunsten des Antragstellers eine Beeinträchtigung ihrer Rechte sehen (Keidel/Meier-Holz, FamFG 16. Aufl. 2009, § 59, Rn. 77). Zwar können die Antragsgegner nach rechtskräftiger Abweisung ihres Antrags auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses keine Ansprüche nach der Höfeordnung geltend machen. Allerdings kommt ihre testamentarische Erbeinsetzung gem. § 10 HöfeO zum Zuge, wenn kein wirtschaftsfähiger Hoferbe beim Erbfall bereit stand.
2.
Der angefochtene Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Herford ist formell und materiell unrichtig und hat im Ergebnis keinen Bestand.
a) Zwar kommt angesichts der formellen Mängel des Beschlusses eine Aufhebung und Zurückverweisung wegen Verfahrensmängeln nicht in Betracht.
So ist die gem. § 352 FamFG verfahrensfehlerhafte Entscheidung in Form eines Vorbescheids in einen zulässigen Feststellungsbescheid umzudeuten, vgl. o.
Dass das Landwirtschaftsgericht außerdem entgegen § 20 Abs. 3 LWVG iVm §§ 107, 108 Satz 2 Justizgesetz NRW ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter über die Frage der Wirtschaftsfähigkeit des Antragstellers entschieden hat, rechtfertigt ebensowenig die Aufhebung und Zurückverweisung, weil insoweit gegen eine bloße Soll-Vorschrift verstoßen wurde.
b) Maßgeblich ist so, dass die dem Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses stattgebende Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts Herford materiell unrichtig ist.
Der Antragsteller ist zwar als Bruder des Erblassers gemäß §§ 4, 5 Nr. 4 HöfeO nach gesetzlicher Erbfolge als Hoferbe der vierten Ordnung berufen. Er scheidet indes als Hoferbe gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 HöfeO aus, weil er nicht wirtschaftsfähig ist.
Nach der Legaldefinition des § 6 Abs. 7 HöfeO ist wirtschaftsfähig, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsgemäß zu bewirtschaften, und zwar so, dass in den Betriebserträgen keine größeren Ausfälle eintreten als bei jedem anderen neu aufziehenden Landwirt, der den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung gewachsen ist (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl. 1991, § 6, Rn. 62; BGH MDR 1966, 751, Juris-Rn. 17). Der Hoferbe muss zum einen landwirtschaftlich-technische Fähigkeiten haben, d.h. die Fähigkeit, einen landwirtschaftlichen Betrieb je nach Wirtschaftsart technisch ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Hierzu zählen die richtige Bodennutzung, die Bestellung und Düngung der Felder, die Versorgung des Viehbestandes, die Pflege von Maschinen, die Erhaltung der Gebäude etc. (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, § 6, Rn. 65). Zum anderen muss die Fähigkeit gegeben sein, die erforderlichen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen zu treffen. Hierbei geht es um die „finanzielle“ Wirtschaftsfähigkeit des Anwärters, d.h. das Wissen, wie Einnahmen für und private Zwecke im Verhältnis zu den Betriebseinnahmen zu bringen sind, laufende Verbindlichkeiten beglichen, Wirtschaftspläne aufgestellt und gebotene Investitionsentscheidungen getroffen werden – alles unter Berücksichtigung der agrar- und insbesondere europarechtlichen Rahmenbedingungen (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, § 6, Rn. 66). In diesem Zusammenhang kommt auch der heutigen „Programmplanung“ eines landwirtschaftlichen Betriebes unter Einbeziehung des Computers eine immer größere Bedeutung zu (vgl. Senatsbeschluss v. 28.09.2010 zu Az. 10 W 39/10, Seite 8).
Welche Kenntnisse und Fähigkeiten im Einzelfall erforderlich sind, lässt sich nicht festlegen. Die an die Wirtschaftsfähigkeit zu stellenden Anforderungen richten sich vielmehr nach der Art und Größe des in Betracht kommenden Hofes. Ein kleinerer Betrieb erfordert vor allem die körperliche Mitarbeit des Inhabers, während bei größeren Höfen die Leitung und Planung im Vordergrund stehen, wozu auch die Fähigkeit gehört, die Arbeiten etwaiger Hilfskräfte zu beurteilen und zu überwachen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 09.03.2010, AZ. 10 W 95/09, Juris-Rn. 45 und vom 22.07.2010, Az. 10 W 11/10, Juris-Rn. 43). Allerdings muss der Hoferbe den Hof jederzeit in Eigenbewirtschaftung übernehmen können, wobei die Absicht, den Hof dann auch selbst zu bewirtschaften, nicht gefordert wird. Wer die Wirtschaft nicht selbst leiten kann und Maßnahmen eines von ihm bestellten Verwalters oder einer sonstigen Hilfskraft ausgeliefert sein würde, ist nicht wirtschaftsfähig. (Senatsbeschluss vom 09.03.2010, Juris-Rn. 45, 46; Senatsbeschluss vom 23.09.2008, AZ. 10 W 22/08, Juris-Rn. 27; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery a.a.O., Rn. 63).
Schließlich ist im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen und nicht auf eine zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu prognostizierende Wirtschaftsfähigkeit, weil der Erbe im Zeitpunk des Erbfalls bestimmbar sein muss (Senatsbeschluss vom 09.03.2010, 10 W 95/10, Juris-Rn. 47). Es ist nicht hinnehmbar, dass die Hofnachfolge anderenfalls unter Umständen noch lange Zeit nach dem Erbfall in der Schwebe bliebe (BGH MDR 1980, 132, Juris-Rn. 12). Eine Ausnahme sieht das Gesetz insoweit lediglich für Minderjährige vor (§ 6 Abs. 6 Satz 2, erste Alternative Höfeordnung).
Dass der Antragsteller nach diesen Maßstäben die für die Eigenbewirtschaftung des verfahrensgegenständlichen Hofes erforderlichen Fähigkeiten hat, ist nicht feststellbar. Zwar schließt allein sein hohes Alter von 83 Jahren zum Zeitpunkt des Erbfalls die Wirtschaftsfähigkeit des Antragstellers nicht grundsätzlich aus, weil er bei weiterhin gegebener körperlicher und geistiger Gesundheit grundsätzlich noch in der Lage sein könnte, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjerry, § 6 HöfeO Rn. 72).
Allerdings sind die Kompetenzen des Antragstellers sowohl auf technisch-landwirtschaftlichem als auch auf organisatorisch-kalkulatorischem Gebiet nicht ausreichend, um den Hof in die Eigenbewirtschaftung nehmen zu können.
Unstreitig ist der Antragsteller aufgrund seines hohen Alters nicht in der Lage, die auf dem Hof anfallenden Arbeiten selbst zu leisten. Seine körperlichen Kräfte lassen es trotz seines ersichtlich guten Gesundheitszustandes weder zu, dass er die Feldarbeit verrichtet bzw. die dafür notwendigen Vor- und Nacharbeiten erbringt (z. B. Bereitstellen von Dünger und Saatgut, Einbringen und Lagern der Ernte o. ä.) noch ist er in der Lage, die schweren körperlichen Arbeiten zu leisten, die auf der Hofstelle anfallen (z. B. Herrichtung und Unterhaltung der Gebäude, Ausmisten und Desinfizieren der Hühnerställe, Wartung und Bedienung der Landmaschinen). Mit Ausnahme der Hühnerversorgung bzw. Eiervermarktung ist der Antragsteller nach eigener Aussage im Hinblick auf sämtliche notwendigen Arbeiten so auf die Unterstützung seines Neffen, des Zeugen Y angewiesen.
Zwar lassen sich Defizite auf einem für die Wirtschaftsfähigkeit maßgeblichen Gebiet grundsätzlich durch besondere Fähigkeiten und Leistungen auf anderem Gebiet ausgleichen (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, § &, Rn. 71). So muss die Wirtschaftsfähigkeit nicht grundsätzlich daran scheitern, dass der Hofprätendent in bestimmten Bereichen auf Unterstützung angewiesen ist.
Es ist allerdings nicht erkennbar, dass der Antragsteller, dem die landwirtschaftlich-technischen Fähigkeiten altersbedingt fehlen, die erforderlichen Kompetenzen und Fähigkeiten mitbringt, um die zu verrichtenden Arbeiten auf dem Hof als Betriebsleiter zu bestimmen und nicht bloß als Nutznießer eines drittbestimmten Hofbetriebs mitzutragen.
Denn gerade solche Betriebsleiterkompetenzen, d. h. Fähigkeiten auf organisatorisch-kalkulatorischen Gebiet, hat der insoweit feststellungsbelastete Antragsteller nicht zur Überzeugung des Senats vorweisen können.
Insoweit fällt einerseits ins Gewicht, dass der Antragsteller von den Kenntnissen und Fähigkeiten, die er im Rahmen seiner landwirtschaftlichen Ausbilung erworben haben mag, im Hinblick auf die Hofübernahme nach dem Erblasser kaum noch profitieren kann. Schließlich waren seit dem Abschluss dieser Ausbildung zum Zeitpunkt des Erbfalls über 56 Jahre vergangen, in denen sich die Abläufe und Bedingungen in der Landwirtschaft auch nach Einschätzung des Antragstellers so erheblich verändert haben, dass er daran nicht mehr unmittelbar anknüpfen kann. Der Antragsteller hat in diesem Zusammenhang im Senatstermin eingeräumt, dass er mangels aktueller Kenntnisse etwa die für seine Urlaubsvertretungen von seinem Neffen vorgegebenen Anweisungen für die Tierfütterung nicht hinterfragen konnte. Ebenso fehlen ihm nach eigener Einschätzung Kompetenzen im Umgang mit der EDV, zumal er selber keinen PC besitzt und zuletzt vor seiner Verrentung im Jahr 1988 als Lagerist an einem Computer gearbeitet hat. Der Antragsteller ist so nicht in der Lage, ohne fremde Hilfe eine EDV-unterstützte Betriebsorganisation zu bewerkstelligen. Daneben ist der Antragsteller nur am Rande über europarechtliche Vorgaben der Betriebsführung informiert, die zum Zeitpunkt seiner Ausbildung noch keine Rolle spielen konnten. Schließlich kann er aus seiner Tätigkeit als Lagerist keine für die Landwirtschaft nutzbaren Kenntnisse mitbringen – Betriebsführung und Buchhaltung gehörten nicht zu den Aufgaben des Antragstellers.
Seine für heutige Erfordernisse unzureichende Ausbildung kann der Antragsteller nicht durch entsprechende Erfahrungen als Leiter eines landwirtschaftlichen Betriebes wettmachen. Er hat noch nie eigenverantwortlich einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt, sondern war stets nur mit Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten betraut. So hat er als Jugendlicher und gelegentlich auch als Erwachsener auf dem elterlichen Hof nur ausgeholfen und niemals für den Betrieb die Verantwortung übernehmen müssen. Ebenso war er im Rahmen seiner landwirtschaftlichen Ausbildung bzw. in den Auslandsjahren in der Schweiz nur für Dritte tätig, wenn er auch bestimmte Aufgabenbereiche eigenständig zu erledigen hatte. Entsprechendes gilt für die vom Antragsteller übernommenen Urlaubsvertretungen auf dem Hof seines Neffen in M. So haben sowohl der Antragsteller als auch sein Neffe Y als Zeuge im Senatstermin bestätigt, dass er allenfalls die vorgegebene Bewirtschaftung, die tatsächlich vom Pächter des Z5 auszuführen war, zu überwachen hatte. Selber hatte er im Rahmen der Urlaubsvertretungen keine eigenverantwortlichen Entscheidungen zu treffen, was etwa die Fütterung der Tiere oder die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen anging. Auch wenn er im Notfall hätte entscheiden müssen, wie beispielsweise die Tiere zu ernähren waren, hat der Antragsteller eingeräumt, dass er insoweit telefonisch den Kontakt zu seinem Netten gesucht hätte, weil dieser den Hof in den konkreten Einzelmaßnahmen durchaus anders bewirtschaftete, als er es im Rahmen seiner Lehrjahre in den 1950er Jahren gelernt hatte.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit der Antragsteller seine im Wege der Hilfstätigkeiten auf dem Hof in der Schweiz sowie auf dem Hof seines Neffen erworbenen Erfahrungen gerade für den verfahrensgegenständlichen Hof nutzen könnte. Es handelt sich bei dem Hof in Z um einen Ackerbaubetrieb, auf dem früher auch Schweine und Rinder gehalten wurden. Der Antragsteller hat ausgeführt, dass er die Errichtung eines Marktfruchtbetriebes mit Hühnerhaltung bzw. Eiervermarktung plane. Dass er insoweit Erfahrungen gesammelt hätte, ergibt sich aus dem Vortrag des Antragstellers nicht.
Soweit der Antragsteller seine betrieblich-organisatorischen Fähigkeiten mit Vorlage eines Bewirtschaftungsplans vom 08.12.2010 bzw. einer betrieblichen Kalkulation unter Beweis stellen möchte, vermag dies die aufgezeigten Zweifel an seiner Wirtschaftsfähigkeit nicht auszuräumen.
Auch wenn der Antragsteller so rechnerisch nachvollziehbar einen jährlichen Gewinn von über 20.000,00 Euro errechnet, ist damit nicht plausibel dargestellt, dass er die erforderlichen betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten hat, die für die Führung des verfahrensgegenständlichen Hofes erforderlich sind.
Einerseits beschränkt sich die betriebswirtschaftliche Kalkulation auf eine bloße Aufstellung von Einzelposten, deren Daten der Antragsteller allein aus dem „Landwirtschaftlichen Wochenblatt“ entnommen und mit seinem Neffen besprochen haben will. Dass er grundlegende Kenntnisse in den Bereichen Buchführung und Betriebslehre hat, ergibt sich aus den vorgelegten Aufstellungen nicht und wird vom Antragsteller auch nicht behauptet. Vielmehr hat er im Rahmen seiner persönlichen Anhörung darauf verwiesen, dass er sich in Zweifelsfragen stets an seinen Neffen gehalten habe und auch sonst fremden Rat, etwa bei der Landwirtschaftskammer, einholen wolle. Damit ist er indes nicht nur im technisch-landwirtschaftlichen Bereich auf Hilfe angewiesen, sondern auch auf organisatorisch-kalkulatorischem Gebiet. Eine Kompensation der altersbedingten Einschränkungen des Antragstellers im Hinblick auf die tatsächliche Hofbewirtschaftung durch ausreichende Betriebsleiterkompetenzen ist so nicht ersichtlich.
Darüber hinaus krankt das Konzept des Antragstellers nach Wertung des Senates inhaltlich daran, dass maßgebliche Daten in die Kalkulation nicht einbezogen worden sind. So fehlt etwa jegliche Aussage zu den erwartbaren Investitionskosten im Hinblick auf den Umbau des Sauenstalls in zwei Hühnerställe. Soweit der Antragsteller dazu im Senatstermin angegeben hat, er erwarte insoweit keine größeren Kosten, zeigt dies aus Sicht des Senats, dass er sich über die tatsächlichen und finanziellen Erfordernisse der von ihm angestrebten Hofbewirtschaftung keine ausreichenden Gedanken gemacht hat bzw. dass es ihm insofern am betriebswirtschaftlichen Hintergrund fehlt.
Vor diesem Hintergrund genügt für den Nachweis der Wirtschaftsfähigkeit des Antragstellers weder sein unbestrittenes Interesse an landwirtschaftlichen Fragen noch die von der Landwirtschaftskammer attestierte Plausibilität des Bewirtschaftungskonzeptes.
Da der Antragsteller aktuell nicht wirtschaftsfähig ist, lässt sich seine Wirtschaftsfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erbfalls erst recht nicht feststellen.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 44, 45 LwVG. Es entspricht in dem hier vorliegenden Beschwerdeverfahren billigem Ermessen, die Gerichtskosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen, nachdem sein Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses keinen Erfolg hat.
4. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf
§§ 11 Abs. 1 lit g), 20 Satz 1 lit. b), Satz 2 HöfeVerfO, §§ 107 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 4 Satz 1 KostO und entspricht dem 4-fachen des Einheitswerts iHv 68.410,85, d. h. 273.643,41 Euro.
5.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG nicht zugelassen,
weil es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung handelt.