Ernennung des Urkundsnotars zum Testamentsvollstrecker – OLG Bremen, 5 W 40/15

Juli 21, 2017

Ernennung des Urkundsnotars zum Testamentsvollstrecker in privatschriftlichem Ergänzungstestament – OLG Bremen, 10.03.2016, 5 W 40/15

§§ 7, 27 BeurkG kommen bei Ernennung des Notars zum Testamentsvollstrecker nur
zum Tragen, wenn die entsprechende Willenserklärung des Erblassers Bestandteil der
Urkundstätigkeit des Notars geworden ist. Daran fehlt es, wenn der Erblasser in der
beurkundeten letztwilligen Verfügung nur die Abfassung und spätere Übergabe einer
entsprechenden privatschriftlichen Verfügung ankündigt, in der der Urkundsnotar als
Testamentsvollstrecker bestimmt wird. Es ist unschädlich, wenn die verschlossene privatschriftliche
letztwillige Verfügung dem Notar unmittelbar im Anschluss an die Beurkundung übergeben, von
ihm mittels Büroklammer mit der beurkundeten Verfügung verbunden und sodann in einem
gemeinsamen Umschlag in die gerichtliche Verwahrung gegeben wird (tw. Aufgabe von OLG
Bremen, Beschl. v. 24.9.2015 – 5 W 23/15). (Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe:

Der Beteiligte 1.), Notar, begehrt die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.
Am 21.07.2015 verstarb in Bremen die am […] 1924 geborene […] geb. […] (Erblasserin).
Die verwitwete Erblasserin hatte insgesamt fünf letztwillige Verfügungen errichtet,
die vom Amtsgericht – Nachlassgericht – Bremen am 10.09.2015 eröffnet worden
waren. Soweit für das Verfahren von Bedeutung handelt es sich um einen in notarieller
Urkunde des Beteiligten 1.) errichteten Erbvertrag zwischen der Erblasserin und
ihrer Schwester vom 27.05.2013 (UR Nr. 576/2013 – BA 31 IV 225/13 Bl. 90 ff.) sowie
eine privatschriftliche letztwillige Verfügung vom selben Tage (BA Bl. 102). In Ziff. IV.
des erwähnten Erbvertrages traf die Erblasserin folgende Einzelverfügung:
1. Für die Schlusserben ordne ich Testamentsvollstreckung an.
2. Ich werde die Person des Testamentsvollstreckers in einer gesonderten handschriftlichen
Niederschrift bestimmen und in einem verschlossenen Umschlag
dem beurkundenden Notar übergeben. Dieser Umschlag ist zusammen mit diesem
Erbvertrag in die amtliche Verwahrung des Amtsgerichts Bremen zu geben.
Eine inhaltlich identische Einzelverfügung ihrer Schwester findet sich in Ziff. V.1 u. 2.
des Erbvertrages. Die privatschriftliche letztwillige Verfügung der Erblasserin vom
27.05.2013 befand sich in einem mit der handschriftlichen Aufschrift „Testamentsvollstreckung“
versehenen weißen Briefumschlag und enthielt unter der (handschriftlichen)
Überschrift „Bestimmung des Testament Vollstreckers“ den ebenfalls handschriftlichen
Text „In Ergänzung zu unserem notariellen Erbvertrag vom 27. Mai 2013
bestimme ich Frau […] zum Testaments Vollstrecker Rechtsanwalt und Notar […]“,
dem sodann Datum und Unterschrift der Erblasserin folgen. Eine nach Form und Inhalt
identische privatschriftliche Erklärung der Schwester liegt ebenfalls vor. Ausweislich
des Eröffnungsprotokolls vom 10.09.2015 waren der Erbvertrag und die privatschriftlichen
Verfügungen vom 27.05.2013 bereits nach dem Tode der Schwester der
Erblasserin am 28.07.2015 eröffnet worden (BA Bl. 120). Dabei vermerkte die
Rechtspflegerin im Eröffnungsprotokoll, dass sich in dem (von dem Beteiligten 1.) am
3.06.2013 zur Verwahrung übergebenen) verschlossenen (braunen) Umschlag mit der
Verwahrungsnummer […] die notarielle Verfügung sowie, mit einer Büroklammer daran
befestigt, die beiden verschlossenen Briefumschläge mit der Aufschrift „Testamentsvollstreckung“
befanden (BA Bl. 103/104).
Der Beteiligte 1.) ließ durch den Beteiligten 2.) am 21.10.2015 seinen Antrag auf Erteilung
des Testamentsvollstreckerzeugnisses beurkunden und am 26.10.2015 beim
Amtsgericht – Nachlassgericht – einreichen. Mit Beschluss vom 10.11.2015 (Bl. 6 d.A.)
wies das Amtsgericht – Nachlassgericht – den Antrag des Beteiligten 1.) auf Erteilung
eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zurück und bestellte den Beteiligten 3.) zum
Testamentsvollstrecker. Zur Begründung verwies das Amtsgericht darauf, dass die
Ernennung des Beteiligten 1.) gem. §§ 7, 27 BeurkG unwirksam sei und nahm insoweit
auf die Beschlüsse des Senats vom 15.07.2014 (5 W 13/14) und 24.09.2015 (5
W 23/15) Bezug. Der letztgenannten Entscheidung lag ebenfalls ein Antrag des Beteiligten
1.) zugrunde, in dem dieser unter vergleichbaren tatsächlichen Umständen die
Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses begehrt hatte (MDR 2015, 1373).
Gegen den ihm zu Händen des Beteiligten 2.) am 16.11.2015 zugestellten Beschluss
hat der Beteiligte 1.) am 19.11.2015 beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt. Zur
Begründung hat er ausgeführt, die Gründe der Senatsentscheidung vom 15.07.2014
(FamRZ 2015, 533) seien schon deswegen auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar,
weil im dortigen Fall die privatschriftliche Verfügung des Erblassers „als Anlage
zum Testament“ genommen worden sei, während es sich hier um eine gesonderte
handschriftliche Niederschrift („Ergänzungstestament“) handele. Die Entscheidung
des Gerichts vom 24.09.2015 (MDR 2015, 1373) sei rechtsfehlerhaft, weil der Senat
den Hinweis im Text des notariellen Testaments auf das Ergänzungstestament („Ich
werde die Person des Testamentsvollstreckers…“) zu Unrecht als Tatsachenprotokoll
(Übergabeprotokoll) betrachtet und so das Ergänzungstestament als öffentliches Testament
mit der Folge der Formungültigkeit gem. §§ 7, 27 BeurkG bewertet habe. Richtigerweise
könne ein Tatsachenprotokoll aber nur über tatsächlich vom Notar wahrgenommene
Vorgänge der Außenwelt errichtet werden, nicht aber – wie hier – über zukünftige
Tatsachen. Daran ändere auch die Aufnahme des Ergänzungsprotokolls in
einen gemeinsamen Umschlag mit dem notariellen Testament nichts, denn damit
würde das Ergänzungstestament lediglich zum „Zubehör“ der Testamentsurkunde
(Reimann DNotZ 1990, 433). Das Amtsgericht – Nachlassgericht – hat der Beschwerde
des Beteiligten 1.) nicht abgeholfen und das Rechtsmittel durch Beschluss vom
24.11.2015 vorgelegt.
Das gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 63, 64 FamFG statthafte und zulässige Rechtsmittel
ist begründet.
Die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses
vom 26.10.2015 erfolgte zu Unrecht, denn die letztwillige Verfügung der Erblasserin
vom 27.05.2013 ist bezüglich der Benennung des Beteiligten 1.) zum Testamentsvollstrecker
wirksam. Insbesondere bestehen in Ansehung der §§ 7, 27 BeurkG i.V.m. §
125 BGB keine Bedenken gegen die Wirksamkeit. Soweit der Senat – in anderer Besetzung
– in seiner Entscheidung vom 24.09.2015 (5 W 23/15) bei identischem Sachverhalt
eine andere Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.
Die §§ 7, 27 BeurkG schließen den Notar insoweit von der Mitwirkung an der Beurkundung
einer letztwilligen Verfügung aus, als der beurkundende Notar darin zum
Testamentsvollstrecker des Erblassers ernannt wird. Diese Norm kann mit den wohlverstandenen
Interessen des Erblassers an der Bestellung des ihm vertrauten Notars
zum Vollstrecker seines letzten Willens kollidieren, weil sie in ihrer generalisierenden
Form auch Fälle sinnvoller Testamentsvollstreckung erfasst, um im Sinne des Verkehrsschutzes
das Hinwirken auf Testamentsvollstreckungen in Fällen, die dafür keiSeite
nen Anlass bieten, zu verhindern (BGH Beschl. v. 18.12.1996 – IV ZB 9/96 – NJW
1997, 946, – juris – Rn. 21). Rechtsfolge eines Verstoßes gegen §§ 7, 27 BeurkG ist
die Unwirksamkeit des betroffenen Teils der Beurkundung (der Ernennung zum Testamentsvollstrecker
– vgl. Münch. Kommentar-Hagena, 6. Auflage 2013, § 27 BeurkG
Rn. 22 m.w.N.) mit der Folge, dass eine formnichtige Willenserklärung vorliegt (§ 125
BGB). Folgerichtig kommt die Anwendung der §§ 7, 27 BeurkG im Falle der Ernennung
des Notars zum Testamentsvollstrecker nur dann zum Tragen, wenn die entsprechende
Willenserklärung des Erblassers Bestandteil der Urkundstätigkeit des
Notars geworden ist. Daran aber fehlt es vorliegend.
Eine unmittelbare Mitwirkung des Beteiligten 1.) im Sinne einer beurkundenden Tätigkeit
an der Erstellung der privatschriftlichen Verfügung durch die Erblasserin liegt offensichtlich
nicht vor. Soweit das Amtsgericht unter Hinweis auf die früheren Entscheidungen
des Senats meint, es läge eine Urkundstätigkeit auf der Grundlage des
§ 2232 BGB vor, kann dem nicht gefolgt werden.
§ 2232 S. 1 2. Alt. BGB lässt die Errichtung einer letztwilligen Verfügung im Wege
eines öffentlichen Testaments auch in der Weise zu, dass der Erblasser dem Notar
ein – offenes oder verschlossenes – Schriftstück mit dem Hinweis übergibt, es handele
sich dabei um seinen letzten Willen, und der Notar diesen Vorgang beurkundet (§ 30
BeurkG). Diese Regelung findet auch auf Erbverträge Anwendung (§ 2276 Abs. 1 S. 2
BGB). Übergabe bedeutet, dass die Schrift mit dem Willen des Erblassers in den Besitz
des Notars gelangt (Staudinger/Baumann BGB 2012, § 2232 Rn. 1 m.w.N.). Zum
öffentlichen Testament wird die Schrift indes erst mit der Errichtung eines Protokolls
(sog. Tatsachenprotokoll) über die Übergabe durch den Notar (RGZ 84, 163, 185;
Staudinger/Baumann a.a.O. Rn. 48; Münch.-Komm.-Hagena, 6. Aufl. 2013, § 2232
Rn. 31). Dabei können die beiden Testamentsformen des § 2232 BGB auch miteinander
kombiniert werden, etwa wenn der Erblasser mit dem nach § 2232 S. 1 1. Alt.
BGB beurkundeten Willen eine weitere letztwillige Verfügung geheimen Inhalts durch
Übergabe einer verschlossenen Schrift verbinden will (RGZ 82, 149, 154; Staudinger/
Baumann a.a.O. Rn. 53; Münch.-Komm. a.a.O. Rn. 33 m.w.N.). Schließlich kann
die übergebene Schrift auch ihrerseits bereits ein gem. § 2247 BGB formgerecht errichtetes
Testament sein. Beide Urkunden – übergebene Schrift und notarielle Urkunde
– bilden dann ein einheitliches öffentliches Testament (RGZ 82, 155; Staudinger/
Baumann a.a.O. Rn. 59; KG Beschl. v. 5.10.2006 – 1 W 46/06 – ZEV 2007, 497 –
juris – Rn. 8). Für erbvertragliche Einzelverfügungen, wie sie hier vorliegen, kann inSeite
soweit nichts anderes gelten. Übergibt also der Erblasser dem Notar anlässlich der
Beurkundung ein verschlossenes Schriftstück, in welchem er den beurkundenden
Notar zum Testamentsvollstrecker bestimmt, und nimmt der Notar diesen Vorgang als
Tatsachenprotoll in die Beurkundung der letztwilligen Verfügung mit auf, so liegt ein
einheitliches Testament vor, welches hinsichtlich der übergebenen Schrift unter objektivem
Verstoß gegen die §§ 7, 27 BeurkG errichtet worden ist. Ob dies auch zur Formunwirksamkeit
einer nach den Grundsätzen des § 2247 BGB formwirksam errichteten
letztwilligen Verfügung, die die Ernennung des Testamentsvollstreckers beinhaltet,
führt (so OLG Bremen FamRZ 2015, 533; a.A. Münch.-Komm.-Hagena, § 2232 Rn.
34), kann vorliegend dahinstehen, denn im vorliegenden Fall wurde die privatschriftliche
Verfügung der Erblasserin nicht gem. § 2232 S. 1 2. Alt. BGB zum Bestandteil
des notariellen Erbvertrages. Ausweislich des Wortlauts in Ziff. IV.1 des Erbvertrages
kündigte die Erblasserin nämlich nur die Abfassung und – spätere – Übergabe einer
entsprechenden privatschriftlichen Verfügung an. Damit erfolgte die Übergabe außerhalb
der notariellen Beurkundung, so dass sich auch die Beweiswirkung der öffentlichen
Urkunde nicht auf den Vorgang der Übergabe erstrecken kann. Damit fehlt es
am Vorliegen der Voraussetzungen des § 2232 S. 1 2.Alt. BGB, so dass kein einheitliches
Testament und damit keine Beurkundung der Testamentsvollstreckerernennung
erfolgt ist.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die verschlossene privatschriftliche
letztwillige Verfügung dem Notar unmittelbar im Anschluss an die Beurkundung übergeben,
von ihm mittels Büroklammer mit dem Erbvertrag verbunden und sodann in
einem gemeinsamen Umschlag in die gerichtliche Verwahrung gegeben wurde. Ein
unmittelbarer Anwendungsfall der §§ 7, 27 BeurkG liegt – wie dargelegt – nicht vor.
Eine entsprechende Anwendung dieser Normen erscheint nicht geboten. Einerseits
handelt es sich bei § 27 BeurkG um eine lediglich auf das Beurkundungsverfahren
bezogene Norm. Dem darin liegenden Rechtsgedanken, den Rechtsverkehr vor möglicherweise
unsachlichen Erwägungen des Urkundsnotars zu schützen, hat der Gesetzgeber
im materiellen Erbrecht keinen Vorzug vor der Testierfreiheit des Erblassers
eingeräumt. Vielmehr wird es allgemein als zulässig angesehen, dass der Erblasser
den beurkundenden Notar zum Testamentsvollstrecker ernennt, wenn er hierzu
den Weg über die Errichtung einer letztwilligen Verfügung bei einem anderen Notar –
der auch Sozius des Urkundsnotars sein kann (BGH Beschl. v. 18.12.1996 – IV ZB
9/96 -, FamRZ 1997, 549) – oder über eine autonom errichtete privatschriftliche letztwillige
Verfügung gem. § 2247 BGB einschlägt (Reimann DNotZ 1994, 659, 663;
DNotI-Report 1999, 101, 102; Armbrüster/Preuß/Renner BeurkG, 7. Aufl. 2015, § 27
Rn. 6). Andererseits bestünde bei einer Ausdehnung des Rechtsgedankens aus §§ 7,
27 BeurkG die Gefahr, dass die notwendige Klarheit über die Wirksamkeit der Testamentsvollstreckerernennung
beeinträchtigt werden könnte. Die große Bedeutung, die
dem öffentlichen Testament im Rechtsverkehr – z.B. gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO –
zukommt, erfordert, dass sich die Wirksamkeit der Beurkundung verhältnismäßig
leicht aus dem Inhalt der Urkunde feststellen lässt (BGH, Beschl. vom 18.12.1996 – IV
ZB 9/96 – FamRZ 1997, 549, – juris – Rn. 20). Sie würde in Fällen einer Ernennung
zum Testamentsvollstrecker entwertet, wenn zunächst nähere Aufklärung darüber
herbeizuführen wäre, unter welchen Bedingungen die privatschriftlich verfügte Ernennung
des Testamentsvollstreckers erfolgte und in welcher zeitlichen und räumlichen
Nähe zur notariellen Beurkundung sie geschah. Gerade in zeitlicher Hinsicht ließe
sich kaum ein praktischer Abgrenzungsmaßstab finden, der eine sichere Einschätzung
zuließe, ob sich der Wille des Erblassers autonom oder unter dem nachwirkenden
Einfluss des Notars gebildet hat.
Weitere Gründe, die Bedenken gegen die Wirksamkeit der Ernennung des Beteiligten
1.) zum Testamentsvollstrecker der Erblasserin begründen könnten, sind weder dargetan
noch sonst ersichtlich.
Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und das Nachlassgericht anzuweisen,
dem Beteiligten 1.) die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses nicht
mehr zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.

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