OLG Frankfurt, 20 W 53/12 Nachlasspflegschaft: Prüfung materieller Ansprüche eines vermeintlichen Nachlassgläubigers im Verfahren der Pflegerbestellung

August 16, 2017

OLG Frankfurt, 20 W 53/12

 

Nachlasspflegschaft: Prüfung materieller Ansprüche eines vermeintlichen Nachlassgläubigers im Verfahren der Pflegerbestellung

Orientierungssatz

  1. Im Verfahren der Nachlasspflegerbestellung werden materielle Rechte eines vermeintlichen Nachlassgläubigers nicht geprüft und entschieden.
  2. Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Geschäftswert der Beschwerde: 1.000 €.

Gründe

 

Mit Beschluss vom 11.10.2011 hat das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten zu 2) Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben mit beschränktem Wirkungskreis gem. § 1961 BGB angeordnet und den Beteiligten zu 3) zum Nachlasspfleger bestellt (Bl. 110). Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1), der ebenfalls Ansprüche wegen eines zum Nachlass gehörigen Anwesens geltend macht. Er verweist darauf, dass er dem Erblasser ¼ Haus geschenkt und auch noch die Raten bezahlt habe. Er möchte die Versteigerung verhindern und das Haus wieder übernehmen.

 

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) kann keinen Erfolg haben. Es ist neben der Frage der fristgerechten Beschwerdeeinlegung bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde formgerecht eingelegt worden ist (§§ 58 ff, 63, 64 FamFG), da der Beteiligte zu 1) wohl nur eine Kopie der Beschwerdeschrift zur Akte gereicht hat. Zweifelhaft ist auch, ob der Beteiligte zu 1) für seine Beschwerde das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis hat, denn durch die Nachlasspflegschaft wird seine etwaige Gläubigerstellung nicht in Frage gestellt. Die Nachlasspflegschaft erspart den Gläubigern vielmehr die Suche nach den wahren Erben. Der Senat stellt jedoch aus prozessökonomischen Gründen seine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde zurück, denn die Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet.

 

  • 1961 BGB bestimmt, dass das Nachlassgericht in den Fällen des § 1960 Abs 1 BGB einen Nachlasspfleger zu bestellen hat, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Erben sind derzeit aufgrund der eingegangenen Ausschlagungserklärungen unbekannt im Sinne von § 1960 Abs. 1 BGB. Dass die Sache infolge der Reihenfolge der Ausschlagungen möglicherweise auf ein Erbrecht des Fiskus hinausläuft, steht der Annahme, dass die Erben unbekannt sind, nicht entgegen, da das Fiskuserbrecht derzeit noch nicht festgestellt werden kann (vgl. §§ 1965, 1966 BGB).

 

Das Bedürfnis für die Nachlasspflegschaft zeigt sich in dem entsprechenden Antrag der Beteiligten zu 2), die so ihre Grundschuld an dem näher benannten Grundstück in … realisieren will. Dahinstehen kann, ob der Beteiligte zu 1) verlangen könnte, dass statt der Nachlasspflegerbestellung ein Nachlassinsolvenzverfahren wegen Überschuldung des Nachlasses eingeleitet wird, denn der Beteiligte zu 1) hat einen solchen Antrag nicht gestellt.

 

Welche Ansprüche dem Beteiligten zu 1) gegen den Nachlass und/oder an dem fraglichen … Hausgrundstück zustehen, insbesondere, ob das Grundstück tatsächlich zum Nachlass gehört, ist in diesem Zusammenhang ohne jeden Belang. Welche Rechte der Beteiligte zu 1) gegenüber dem Nachlass oder an dem Hausgrundstück hat, kann im Verfahren der Pflegerbestellung nicht geprüft und entschieden werden. Bereits das Amtsgericht hat zu Recht mehrfach im Ergebnis darauf hingewiesen, dass die Eigentumsfrage in diesem Verfahren nicht geklärt werden kann (Bl. 73, 118).

 

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 84 FamFG, 131 Abs. 1 und Abs. 4, 30 KostO. Es bestand kein Anlass, dem Beteiligten zu 1) außergerichtliche Kosten der anderen Beteiligten aufzuerlegen, da der Senat die anderen Beteiligten bislang nicht am Verfahren beteiligt hat.

 

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 70 FamFG). Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 70 Rn 41).

 

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