OLG Frankfurt 4 U 134/10
Anspruch einer als Alleinerbin eingesetzten Stiftung unter Berücksichtigung eines Vermächtnisses
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.5.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt 2. Zivilkammer, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Kläger als Testamentsvollstrecker berechtigt war, den Gerichtskostenvorschuss für das vorliegende Verfahren aus dem von ihm verwalteten Konto des Nachlasses der Frau A bei der Y AG mit der Bezeichnung B als Testamentsvollstrecker nach A zu entnehmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.
Gründe
I.
Der Kläger ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am ….2002 verstobenen A (Erblasserin). Die Beklagte ist eine aufgrund einer Verfügung der Erblasserin von Todes wegen vom Kläger errichtete Stiftung. Der Kläger begehrt mit der Klage ihr gegenüber die Feststellung, dass die Testamentsvollstreckung fortdauert (Antrag zu 1) ) und er nicht verpflichtet sei, der Beklagten das ihr zugewandte Vermögen (Immobilien und Geldanlagen im Wert von nominell rund 23 Mio. €) zu überlassen (Antrag zu 2) ). Die Parteien streiten ferner darüber, ob der Kläger den Kostenvorschuss für den vorliegenden Prozess dem Nachlass entnehmen darf (Antrag zu 3) ).
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen. Zu dessen Verständnis ist zu ergänzen, dass der Kläger neben der monatlichen Zahlung von 20.000,- € an den Vermächtnisnehmer D die übrigen von ihm mit dem Vermögen erwirtschafteten Erträge der Beklagten jährlich zur Verfolgung ihres Stiftungszwecks zur Verfügung stellt.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Es hat zunächst ein Feststellungsinteresse für sämtliche Anträge bejaht, weil nur durch eine gerichtliche Entscheidung der Streit der Beteiligten beigelegt werden könne.
Der Antrag zu 1) sei begründet, weil der der Kläger als Testamentsvollstrecker in der Form einer Dauervollstreckung eingesetzt sei und diese erst ein Jahr nach dem Tod des Vermächtnisnehmers D ende. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Testamentes der Erblasserin, welches diese Befristung vorsehe. Danach sei gerade keine Abwicklungsvollstreckung gewollt. Aus der Zusammenhang mit Nr. 5 des Testament, wonach die Vollstreckung „auf Lebenszeit“ des Vermächtnisnehmers am gesamten Nachlass bestehe, ergebe sich, dass die Erblasserin den Vermächtnisnehmer habe versorgt wissen wollen und es sei naheliegend, dass dies der Testamentsvollstrecker zu überwachen habe. Eine Testamentsvollstreckung nur mit Kontroll- und Überwachungsfunktion kenne das Gesetz nicht.
Der Antrag zu 2) sei begründet, weil der Beklagten kein Anspruch aus § 2217 Abs. 1 BGB zustehe, dass der Kläger ihr die zugewandten Vermögensgegenstände übertrage. Bei einer Dauervollstreckung sei die vorzeitige Herausgabe nicht möglich. Der Kläger habe die Vermögensgegenstände auch nicht bereits freigegeben. Hierfür fehle es an hinreichenden Anzeichen. Dass die Beklagte nur dann als gemeinnützig anerkannt werde, wenn sie Zugriff auf ihr Vermögen habe, sei ohne Belang.
Der Antrag zu 3) schließlich sei begründet, weil dem Kläger aus den §§ 670, 2218 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Freistellung vom Kostenvorschuss für den vorliegenden Prozess zustehe. Der Kläger werde auch bei einem Prozess gegen die Erbin zur Verteidigung des Erblasserwillens in seiner Amtsstellung tätig.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.
Die Beklagte rügt, dass entgegen der Darstellung im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, sie nicht bestritten habe, dass der Kläger noch Testamentsvollstrecker sei. Die Parteien stritten allein um die Befugnisse des Klägers am ihr zugewandten Vermögen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das landgerichtliche Urteil auf der irrigen Annahme beruhe, ein Nachlass könne auch dann noch in der Verwaltung des Testamentsvollstreckers bleiben, wenn die als Alleinerbin eingesetzte Stiftung als rechtsfähig anerkannt worden sei.
Die vom Landgericht im Zusammenhang mit dem Antrag zu 1) angenommene Dauertestamentsvollstreckung über das der Beklagten zugewandte Vermögen habe zur Folge, dass der Beklagten die Verwaltung des eigenen Stiftungsvermögens entzogen sei. Die Verwaltung des eigenen Vermögens durch die Stiftung sei aber für diese konstitutiv, schon weil die Stiftungsaufsicht allein die Tätigkeit des Vorstandes der Stiftung nicht aber den Testamentsvollstrecker prüfen dürfe. Deshalb müsse die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers mit der Anerkennung der errichteten Stiftung enden.
Die Beklagte wendet sich daneben gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des Testaments. Das Landgericht habe übersehen, dass es das vorrangige Ziel der Erblasserin gewesen sei, eine gemeinnützige Stiftung zu errichten, was aber mit der gleichzeitigen Anordnung des Nießbrauches für den Vermächtnisnehmer D nicht vereinbar gewesen sei. Dieser habe mit dem Vergleich vom 27.4.2006 auf seinen Nießbrauch am Nachlass verzichtet und die Beklagte habe dessen Zahlungsanspruch in § 17 ihrer Satzung auch anerkannt. Ob die künftigen Geldzahlungen der Beklagten an den Vermächtnisnehmer „mit der Testamentsvollstreckung belastet“ seien, sei aber nicht Gegenstand des Rechtstreits. Zudem habe der Kläger mit der Beantragung und Zustimmung zur Satzung der Beklagten den Nachlass zu ihren Gunsten freigegeben, denn aus §§ 7 und 17 der Satzung ergebe sich, das sie ihr Vermögen selbst verwalte.
Da aus den vorgenannten Gründen der Beklagten das Recht zu stehe, ihr Vermögen zu verwalten, sei auch der Antrag zu 2) begründet.
Hinsichtlich des Antrages zu 3) schließlich vertritt die Beklagte die Auffassung, dass ein Anspruch de Klägers gegen den Nachlass auf Erstattung der Kosten nicht gegeben sei, beruft sich aber auch einredeweise darauf, dass der Kläger der Beklagten die Kosten des Prozesses zu erstatten habe, weil er letztlich auf der Falschberatung des Klägers bei der Testamentserrichtung beruhe.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Er vertritt die Auffassung, dass die Verwaltung des Stiftungsvermögens durch einen Testamentsvollstrecker mit Stiftungsrecht vereinbar sei, weil der Vorstand der Stiftung über die Verwendung der Erträgnisse entscheiden könne. Hinsichtlich des Stiftungsvermögens weist der Kläger darauf hin, dass die Stiftungsaufsicht die Jahresabschlüsse der Stiftung, insbesondere den für 2008, bislang nicht beanstandet habe. Die Anordnung einer Erbeinsetzung und die Dauervollstreckung schlössen sich nicht aus.
Seine Aufgabe als Testamentsvollstrecker, die nach dem Testament erst ein Jahr nach dem Tod des D ende, sei auch noch nicht erledigt. Sie sei vielmehr zur Beachtung der Rechte des Nießbrauchsberechtigten D dringend erforderlich, weil er die Verpflichtung der Beklagten aus § 17 deren Satzung zu erfüllen habe. Ansonsten drohe ständiger Streit zwischen der Beklagten und dem Nießbrauchsberechtigten D, weil bei der Beklagten eine Interessenkollision bestehe. Zudem seien noch weitere Ansprüche der Vermächtnisnehmer nicht „abgearbeitet“.
Er vertritt im Bezug auf den Antrag zu 2) die Auffassung, dass die Beklagte von vornherein lediglich durch den Nießbrauch und die Testamentsvollstreckung belastetes Vermögen erhalten habe. Deshalb könne sie nicht die vollständige Übertragung verlangen. Im Vergleich vom 27.4.2006 hätten die Beteiligten das Nießbrauchsrecht des D anerkannt und dieser gerade nicht darauf verzichtet.
Der Kläger widerspricht einer Auslegung des vorgerichtlichen Schreibens der Beklagten vom 3.9.2009 dahin, dass die Beklagte allein die Freigabe des Nachlasses und die Einräumung der Verwaltungsbefugnis am Vermögen verlangt habe und stellt für den Fall der gegenteiligen Auslegung einen verdeutlichten Hilfsantrag zu 2) (Bl. 352).
Betreffend den Antrag zu 3) meint er, dass das Betreiben des vorliegenden Prozesses keine Pflichtverletzung seiner Seite darstelle, weil die Beklagte den Rechtsstreit „vom Zaun gebrochen“ habe.
Mit einem weiteren Schriftsatz vom 24.11.2010 trägt der Kläger vor, dass schon bei einer Besprechung mit der Stiftungsaufsicht am 3.11.2003 der Umstand, dass „die Verwaltung des Vermögens nicht in den Händen des Vorstandes“ liege als „vorrangiges Problem erkannt worden sei Protokoll Anlage BB-7). Gleichwohl sei die Beklagte danach genehmigt worden.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.
Der Klageantrag zu 1. ist mangels Rechtsschutzinteresse bereits unzulässig und der Klageantrag zu 2. zulässig aber nicht begründet. Demgegenüber über ist der unter 3. beantragten Feststellung vom Landgericht zu Recht entsprochen worden.
Der Klageantrag ist unzulässig, weil für die begehrte Feststellung kein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar ist.
Dass der Kläger Testamentsvollstrecker nach der Erblasserin A ist und zwar zumindest bis ein Jahr nach dem Tod des Vermächtnisnehmers D hat die Beklagte jedoch vorgerichtlich nicht in Zweifel gezogen. In dem Schreiben vom 21.9.2009 (K 21), aus welchem der Kläger in erster Instanz das Bestreiten des Rechtsverhältnisses ableitet, hat die Beklagte nicht die Stellung des Klägers als Testamentsvollstrecker bestritten. Sie hat allein die Herausgabe ihres Vermögens, nämlich des Vermögens, das ihr von der Erblasserin zugewandt worden ist, verlangt. Sie hat dazu lediglich die Auffassung vertreten, dass dieses Vermögen nicht mehr der Testamentsvollstreckung unterliege. Die Beklagte hat also nicht behauptet, dass das Amt des Testamentsvollstreckers nach A bereits sein Ende gefunden habe. Die Beklagte hat allein eine bestimmte mit der Testamentsvollstreckung nach dessen Auffassung verbundene Rechtsbefugnis des Klägers – die Verwaltung ihres Vermögens – bestritten.
Auch im Verlaufe des Prozesses ist eine solche Behauptung von der Beklagten nicht aufgestellt worden. Sie hat vielmehr immer wider betont, dass die Frage, ob der Kläger noch andere Aufgaben als Testamentsvollstrecker habe, insbesondere die Erfüllung der Vermächtnisse für D zu überwachen, sei denkbar, aber in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden.
II.. Zum Antrag zu 2.
Der Feststellungsantrag zu 2) ist zulässig jedoch nicht begründet, denn der Kläger ist entgegen dem mit dem Antrag geleugneten Rechtsverhältnis verpflichtet, der Beklagten ihr Vermögen herauszugeben und zur Verwaltung zu überlassen.
Ein Anspruch aus § 2217 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass der Testamentsvollstrecker die Nachlassgegenstände „zur Erfüllung seiner Obliegenheiten offenbar nicht bedarf“. Es kommt dafür darauf an, ob der Kläger den Besitz und die Verwaltungsbefugnis am Nachlass und damit an dem von der Beklagten geerbten Vermögen zur Erfüllung seiner Aufgaben weiter benötigt. Dies ist nach dem Zweck der ihm übertragenen Vollstreckungsaufgaben objektiv zu beurteilen, wobei „offenbar“ bedeutet, dass das weggefallene Bedürfnis ohne „weitläufige Prüfung“ feststellbar sein muss (Palandt/Edenhofer, BGB, 69. Aufl., § 2217 Rz. 3). Der Anspruch aus § 2217 Abs. 1 BGB bildet insofern eine Ausnahme von dem in § 2205 BGB niedergelegten Grundsatz, wonach der Verwalter das Recht zum Besitz an den Nachlassgegenständen und ihrer Verwaltung (Verfügungsbefugnis) zukommt.
Hinsichtlich der übrigen Vermögensgegenstände benötigte der Kläger deren Besitz und das Verwaltungsrecht, weil in Nr. 5 des Testaments dem D im Wege des Vermächtnisses ein Nießbrauchsrecht am (verbleibenden) Nachlass eingeräumt worden war. Der Nießbrauch an Nachlassgegenständen berechtigt den Vermächtnisnehmen zur Ziehung der Nutzungen und zum Besitz an den Nachlassgegenständen (§§ 1030, 1036 i.V.m. 1089, 1085 BGB). Der Kläger durfte deshalb ursprünglich das von der Beklagten ererbte Vermögen, auch soweit es nicht unter die Nr. 2) – 4) des Testaments fiel, in Besitz nehmen, um es dem Nießbraucher zur Nutzung zu überlassen. Da das Nießbrauchsrecht des D für dessen Lebenszeit bestand und im Testament die Vollstreckertätigkeit bis ein Jahre nach dessen Tod angeordnet ist, hat das Landgericht insofern zutreffend angenommen, dass von der Erblasserin eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet worden ist.
Ab dem Zeitpunkt des Vergleichs im Vorprozess benötigte der Kläger mithin nicht mehr den Besitz an den Vermögensgegenständen, um ihn dem Vermächtnisnehmer und Nießbrauchsberechtigten übergeben zu können.
(1) Nach § 7 Nr. 1 a) der Satzung ist es, worauf die Beklagten mit Recht hinweist, Aufgabe des Vorstandes das Stiftungsvermögen zu verwalten. Die Unterzeichnung der Satzung musste aus der objektiven Sicht der entstehenden Beklagten und der Genehmigungsbehörde so verstanden werden, dass der Kläger der zu errichtenden Beklagten auch die Verwaltungsbefugnis über das Stiftungsvermögen übertragen wird. Andernfalls würde diese zentrale Bestimmung über die Aufgabe des Vorstandes teilweise leer laufen.
(2) Für ein solches Verständnis sprechen aber vor allem die der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Beklagten vorausgehenden Umstände. Der Kläger hat nämlich nicht bestritten, dass die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Beklagten durch die Stiftungsaufsicht wie auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach § 58 AO durch das Finanzamt zunächst gerade deshalb verweigert worden war, weil das von der Beklagten zu erbende Vermögen mit einem Nießbrauch belastet war. Aus diesem Grund haben die damaligen Beteiligten und ihre Berater § 17 der Satzung eingefügt und in dieser Form ist die Beklagte von der Stiftungsaufsicht genehmigt und ihre Gemeinnützigkeit anerkannt worden. Die Funktion des § 17 bestand mithin darin, der Beklagten einerseits das notwendige Stiftungsvermögen zur Verfügung zu stellen, aus dem Erträgnisse gezogen werden können, und andererseits den Nießbrauchberechtigten mit einer Zahlung aus dem Vermögensstock zu befriedigen. Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Beklagten war nämlich deshalb auf Bedenken gestoßen, weil die Stiftung nach den Anordnungen des Testamentes keine effektive Vermögensausstattung erhalten hätte, da das Besitz- und Nutzungsrecht vollständig dem Nießbrauchsberechtigten zugestanden hätten.
(3) Die Unterzeichnung der später genehmigten Satzung der Beklagten musste aus der Sicht der Beteiligten zugleich dahin verstanden werden, dass der Kläger seine Bereitschaft des Klägers erklärt, die Verfügungsbefugnis über den Nachlass zugunsten des Vorstandes aufzugeben, denn eine Stiftung mit einer anderen Regelung der Verwaltungsbefugnis als in § 7 der Satzung geschehen hätte nicht genehmigt werden dürfen. Jedenfalls nach dem hier maßgeblichen hessischen Stiftungsrecht ist es für eine Stiftung unabdingbar, dass der Vermögensstock (Stiftungsvermögen) vom Vorstand der Stiftung verwaltet wird. Die vom Kläger und der Beklagten bislang praktizierte Teilung, wonach das Stiftungsvermögen vom Kläger als Außenstehendem verwaltet wird und der Vorstand der Stiftung allein über die Verwendung der Erträgnisse entscheidet, ist nicht zulässig. Der Vorstand muss in Eigenverantwortung das Stiftungsvermögen verwalten (vgl. allgemein Hof, in: Seifart, Handbuch des Stiftungsrechts, 3. Aufl., § 8 Rz. 233). Nach § 8 HessStiftungG sind die „Mitglieder der Stiftungsorgane“ zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Stiftungsvermögens verpflichtet. Der Stiftungsaufsicht des Landes unterstehen nach § 10 Hess StiftungsG „die Stiftungen“ zu dem Zweck, die Verwaltung der Stiftung im Einklang mit den Gesetzen und der Satzung sicherzustellen, und dazu sind der Aufsichtsbehörde gegenüber den Stiftungsorganen, und das heißt im Wesentlichen gegenüber dem Vorstand, nach den §§ 12 ff. HessStiftungG der Überwachung dienende Befugnisse eingeräumt. Würde das Stiftungsvermögen nicht in Eigenverantwortung vom Vorstand, sondern einem Dritten verwaltet, so bestünde für die Aufsichtsbehörde keine Möglichkeit zu prüfen, ob das Vermögen im Einklang mit den Grundsätzen des § 6 HessStiftungsG verwaltet wird.
Folglich muss ein Testamentvollstrecker, dessen Aufgabe die Errichtung einer Stiftung von Todes wegen war, nach der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Stiftung die Verfügungsbefugnis über den als Stiftungsvermögen zugewendeten Teil des Nachlasses zugunsten der Stiftung freigeben (vgl. MünchKomm-BGB/Reuter, 5. Aufl., § 83 Rz. 12: Erblasser könne mit der Stiftung keine Dauertestamentsvollstreckung für die Verwaltung des Nachlasses koppeln, weil dies auf eine Ausschaltung des Verwaltungsrechts der Stiftungsorgane und der Stiftungsaufsicht darüber hinauslaufe. Ähnl. Staudinger/Rawert, BGB, § 83 Rz. 10: mit Genehmigung endeten die Befugnisse des Testamentsvollstreckers).
Da der Kläger nach der Verfassung der von ihm als Testamentsvollstrecker errichteten Stiftung nicht zur Verwaltung des Stiftungsvermögen befugt ist und es auch nicht mehr zur Erfüllung des Nießbrauchsrechts an den Vermächtnisnehmer übergeben muss, „bedarf“ er der entsprechenden Nachlassgegenstände im Sinne des § 2217 Abs. 1 S. 1 BGB nicht mehr. Es ist entgegen der Meinung des Klägers darum nicht ausreichend, dass er den Vorstand der Beklagten über seine Verwaltungsmaßnahmen vorher informiert oder dazu anhört. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die hessische Stiftungsaufsicht in Kenntnis der rechtlichen „Problematik“, dass die Verwaltung des Vermögens der Beklagten nicht in den Händen des Vorstandes liegt (Gesprächsprotokoll vom 3.11.2003, Anlage BB-7) die Beklagte genehmigt hat. Zum einen dürfte dies in der Annahme erfolgt sein, dass der Kläger die Verwaltung des Vermögens in absehbarer Zeit an die Beklagte abgibt. Dafür spricht, dass die bei jener Besprechung anwesenden Vorstandsmitglieder versichert hatten, dass „Rechtsanwalt B nicht an seinem Amt hänge“ (Gesprächsprotokoll, a.a.O., S. 2). Zum anderen kommt es darauf an, welche Verfahrensweise objektiv der Rechtsordnung entspricht. Insoweit vertritt die Aufsichtsbehörde, selbst wenn sie damals aus pragmatischen Gründen eine abweichende Praxis toleriert haben sollte, jedenfalls heute den Standpunkt, dass der Beklagten jedenfalls nicht dauerhaft die Verwaltung über ihr Stiftungsvermögen entzogen sein darf.(Schriftsatz des Regierungspräsidiums an den Kläger vom5.8.2009, Anlage K 20). Damit kann jedenfalls die Gefahr, dass die Stiftungsaufsicht mit Mitteln der §§ 12 ff. HessStiftungG gegen die Beklagte tätig wird.
(4) Die Verpflichtung zur Freigabe des der Beklagten zugewandten Teils des Nachlasses traf den Kläger jedoch erst ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs vom 27.4.2006 vor dem Landgericht Frankfurt. Die Mitwirkung des Klägers an diesem Vergleichs kann andererseits nicht bereits als konkludente Freigabeerklärung angesehen werden.
Bis zum Einverständnis des Vermächtnisnehmers D mit der Ersetzung des Nießbrauchsrechts durch Geldzahlungen seitens der Beklagten in Nr. 8 jenes Vergleiches durfte der Kläger die Verwaltung des Vermögens nicht zugunsten der Beklagten freigeben. Denn D stand aufgrund des Vermächtnisses ein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Beklagte auf Einräumung des Besitzes und des Nutzungsrechtes am der Beklagten zugewandten Nachlassvermögen zu, für dessen Erfüllung der Kläger als Testamentsvollstrecker Sorge zu tragen hatte. Ohne ein Einverständnis des Vermächtnisnehmers D lief die in § 17 der Satz angelegte Regelung leer. Er hätte auf sein Nießbrauchsrecht bestehen können und in diesem Falle wäre die Gründung oder Fortführung der Beklagten nicht möglich gewesen.
Die Beteiligung des Klägers an dem Vergleich ist andererseits nicht schon als eine konkludente Freigabe zu werten.
Die Überlassung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis an den Erben nach § 2217 Abs. 1 BGB beinhaltet eine einseitige, empfangsbedürftige Verzichtserklärung des Testamentsvollstreckers (Freigabe, vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2217 Rz. 5). Ist diese erklärt, so ist der Testamentsvollstreckers nur noch zur Abgabe der zur Ausübung der Verwaltung weiter erforderlichen formellen Erklärungen verpflichtet, während die Verfügungsbefugnis mit dinglicher Wirkung übergegangen ist (Palandt/Edenhofer, a.a.O., Rz. 6). Eine solche Freigabe kann zwar auch konkludent erklärt werden, so etwa durch Überlassung eines Handelsgeschäfts zur Führung im eigenen Namen (BGHZ 12, 100).
Die bloße Zustimmung des Klägers zur Befriedigung des Vermächtnisnehmers mittels Geldzahlung aus dem Stiftungsvermögen lässt noch nicht mit hinreichender Deutlichkeit auf den Willen schließen, der Beklagten auch das ihr zugewandte Nachlassvermögen zu übergeben. Vielmehr konnte die Zustimmung auch so verstanden werden – und der Kläger hat sie so verstanden und versteht sie weiter so -, dass er das Nachlassvermögen weiter verwalten, dem Vermächtnisnehmer den ihm zustehenden Geldanspruch auszahlen und der Beklagten die Erträge zuwenden dürfe. Dass dies mit der Stiftungsverfassung der Beklagten nicht vereinbar ist, war für auch durchschnittlich kundige Personen in der Rolle der Beteiligten nicht ohne weiteres erkennbar. Gegen eine konkludente Freigabe spricht weiterhin, dass der Kläger in der Folgezeit sämtliche das Vermögen betreffende Unterlagen behalten und die Verwaltung selbst vorgenommen hat. Bei der Annahme einer konkludenten Freigabeerklärung ist letztlich auch deshalb Zurückhaltung geboten, weil die Freigabe gegenüber Dritten nachgewiesen werden muss, so etwa dem Grundbuchamt zur Löschung des Testamentsvollstreckervermerks in der Form des § 29 Abs. 1 GBO. Der Text von Nr. 8 des Vergleichs in Verbindung mit § 17 der Satzung lässt aber aus der Perspektive eines Dritten ohne Kenntnis der Gesamtzusammenhänge keine Freugabeerklärung erkennen.
In der Konsequenz der von den Beteiligten gewählten zweiten Lösung liegt es, wie unter bb) gezeigt wurde, dass der Kläger die Verfügungsbefugnis über das zugewendete Vermögen und den Besitz an Nachlassgegenständen zugunsten der Beklagten aufzugeben hat. Nur dann konnte eine genehmigungsfähige Stiftung errichtet werden. Diese Aufgabe der Verfügungsbefugnis über den Stiftungsnachlass ist allerdings auch damit verbunden, dass der Kläger die Erfüllung des Nießbrauchs-Vermächtnisses bzw. des an seine Stelle getretenen Geldzahlungsanspruches für D nicht mehr selbst vornehmen und auf diesem Weg sicher stellen kann, sondern darauf angewiesen ist, dass die Beklagte dies ordnungsgemäß erfüllt. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass diese sich aus der sofortigen Errichtung der Stiftung ergebende Folge mit dem ausgelegten Willen der Erblasserin in Widerspruch steht. Zum einen hat der Vermächtnisnehmer einen entsprechenden gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen die Beklagte als Erbin. Es bestehen angesichts der Vermögensausstattung von rund 23 Mio Euro und des fortgeschrittenen Alters des Vermächtnisnehmers keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Anspruch wirtschaftlich gefährdet sein könnte. Zum anderen hat der Kläger als eines von drei Mitgliedern des Vorstandes die Möglichkeit, Einfluss auf die Erfüllung der Vermächtnisanspruchs zu nehmen. Dies erscheint angesichts der Regelung in § 17 der Satzung und der Überwachung der Beklagten durch die Aufsichtsbehörde ausreichend. Ob der Kläger darüber hinaus und mit welchen Mitteln der als Testamentsvollstrecker die Beklagte anhalten oder dazu zwingen könnte, den Vermächtnisanspruch des D zu erfüllen, kann deshalb dahin gestellt bleiben.
Der Kläger ist dementsprechend verpflichtet, der Beklagten das ihr durch die Erblasserin zugewendete Vermögen „zur freien Verfügung zu überlassen“, mithin den Verzicht auf seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zu erklären und die entsprechenden formellen Erklärungen gegenüber Dritten abzugeben. Die diese Verpflichtung sowohl im Hauptantrag als auch im zweitinstanzlichen, nur sprachlich abweichenden Hilfsantrag leugnende negative Feststellungsklage des Klägers ist deshalb unbegründet. Die Freigabepflicht umfasst allerdings nicht – was aber zwischen den Parteien auch unstreitig ist – die dem D vermachte und noch nicht übereignete Wohnung in ….
III. Zum Antrag zu 3.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, denn der Gerichtskostenvorschuss von 8.868,- Euro ist im Verhältnis zum Gesamtstreitwert von 750.000,- Euro (Streitwertbeschluss vom 24.11.2010) zuzüglich des Antrages zu 3) geringfügig.
Eine Zulassung der Revision war nicht geboten, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Soweit ein Anspruch auf Freigabe aus § 2217 Abs. 1 BGB angenommen wurde, beruht die Entscheidung auf der besonderen Gestaltung des Falles.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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