OLG Hamm, 15 W 251/13 – familiengerichtliche Genehmigung bei Veräußerung eines erbengemeinschaftlichen Grundstücks

August 10, 2017

Zu familiengerichtlichen Genehmigungserfordernissen bei der Veräußerung eines erbengemeinschaftlichen Grundstücks.

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wird die angefochtene Zwischenverfügung aufgehoben, soweit das Grundbuchamt die Eintragung der Auflassungsvormerkung davon abhängig machen will, dass die Genehmigung eines noch zu bestellenden Ergänzungspflegers in der Form des § 29 GBO sowie eine entsprechende familiengerichtliche Genehmigung nebst Rechtskraftbescheinigung vorgelegt werden.

Der Geschäftswert wird für den zurückgewiesenen Teil der Beschwerde auf 3.000 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) und ihre minderjährige Tochter, die Beteiligte zu 2), sind seit dem 12.11.2012 aufgrund Erbscheins des Amtsgerichts Dortmund vom 18.09.2012 (12 VI 368/12) im eingangs genannten Grundbuch als Eigentümer eingetragen, und zwar die Beteiligte zu 1) zu ½ und die Beteiligten zu 1) und 2) gemeinsam zu ½ in Erbengemeinschaft.

 

Mit notariellem Vertrag vom 26.03.2013 (UR-Nr. 15/2013 des Notars T in C) verkauften sie das bebaute Grundstück an den Beteiligten zu 3) zum Preis von 110.000 € und ließen es auf. Zur Sicherung des Eigentumsübertragungsanspruchs beantragte der Beteiligte zu 3) und bewilligten die Beteiligten zu 1) und 2) in § 6 des Vertrages die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. In § 7 des Vertrages ist festgehalten, dass der Käufer beabsichtige, den Kaufpreis mit Darlehen zu finanzieren. Zu diesem Zweck verpflichteten sich die Beteiligten zu 1) und 2), bei der Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten mit dinglicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung bis zur Höhe des Kaufpreises mit beliebigen Zinsen und Nebenleistungen mitzuwirken. Sie bevollmächtigten den Beteiligten zu 3) unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB Belastungen des Grundstücks mit Grundpfandrechten aller Art, auch in vollstreckbarer Form nach § 800 ZPO vorzunehmen.

Mit Schreiben vom 16.05.2013, eingegangen am 21.05.2013, beantragte der Notar die Eintragung der Grundschuld, mit weiterem Schreiben vom 16.05.2013, eingegangen am 21.05.2013, beantragte der Notar die Eintragung der Erwerbsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 3).

Mit Beschluss vom 06.05.2013 genehmigte das Familiengericht die von der Beteiligten zu 1) für ihre Tochter in dem notariellen Vertrag vom 26.03.2013 abgegebenen Erklärungen.

Am 10.05.2013 bestellte der Beteiligte zu 3) im eigenen Namen sowie unter Berufung auf die in § 7 des notariellen Vertrages erteilte Bevollmächtigung auch im Namen der Beteiligten zu 1) und 2) zugunsten der Beteiligten zu 4) eine Grundschuld in Höhe von 100.000 €.

Mit Zwischenverfügung vom 03.06.2013 wies das Grundbuchamt darauf hin, die Auflassungsvormerkung könne erst eingetragen werden, wenn die Genehmigung eines noch zu bestellenden Ergänzungspflegers in der Form des § 29 GBO sowie eine entsprechende familiengerichtliche Genehmigung nebst Rechtskraftbescheinigung vorgelegt werden. Die Regelungen in der UR-Nr. 15/2013 enthielten nämlich neben Veräußerung des Grundstücks „wohl“ auch eine Erbauseinandersetzung, sodass die Beteiligte zu 1) von der Vertretung ihrer Tochter nach §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB ausgeschlossen sei. Für die Eintragung der Grundschuld sei eine gesonderte familiengerichtliche Genehmigung der Grundschuldbestellung vom 10.05.2013 (UR-Nr. 20/2013) nebst Rechtskraftvermerk erforderlich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 02.07.2013, der das Grundbuchamt durch Beschluss vom 09.07.2013 nicht abhalf.

II.

Die nach den §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde ist begründet, soweit es den Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung anbelangt, im Übrigen ist sie unbegründet.

Nach §§ 1643 Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1 Nr.1 BGB bedarf die Beteiligte zu 1) als Mutter ihrer zu 2) beteiligten minderjährigen Tochter zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstück ihres Kindes der Genehmigung des Familiengerichts. Dabei ist anerkannt, dass unter einer Verfügung in diesem Sinne jede unmittelbare Einwirkung auf ein bestehendes Recht zu verstehen ist, welches in einer Übertragung, Belastung, Inhaltsänderung oder Aufgabe bestehen kann (vgl. Palandt/Götz, BGB, 72. Aufl., § 1821 Rn. 7 ff; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 3685 ff jeweils m. w. N.). Damit zählen zu den genehmigungsbedürftigen Verfügungen im Sinne des § 1821 Abs. 1 Nr.1 BGB sowohl die Übertragung des (Gesamthands-) Eigentums als auch dessen Belastung mit einem Grundpfandrecht, wie hier mit einer Grundschuld.

a) Hinsichtlich der Übertragung des Grundstücks und damit hinsichtlich der Auflassungsvormerkung liegt die nach §§ 1643 Abs. 1 Satz 1, 1821 Abs. 1 Nr.1 BGB erforderliche familiengerichtliche Genehmigung vor. Weiterer Genehmigungen bedarf es nicht, insbesondere bedarf es nicht der Genehmigung eines noch zu bestellenden Ergänzungspflegers. Denn der notarielle Vertrag vom 26.03.2013 (UR-Nr. 15/13) enthält keine Erbauseinandersetzung. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben dort lediglich das Grundstück veräußert, ohne dabei Regelungen zur Auseinandersetzung ihres gemeinsamen Erbes zu treffen. Der Erlös tritt im Wege der dinglichen Surrogation als Nachlassgegenstand an die Stelle des Grundstücks (§ 2041 S. 1 BGB). Der Erlös ist damit Gegenstand einer noch durchzuführenden Auseinandersetzung.

b) Nach h.M. in der Rechtsprechung und Literatur ist bei Veräußerung eines Grundstückes des Kindes neben der Genehmigung der Veräußerung eine zusätzliche familiengerichtliche Genehmigung für die Bestellung eines Grundpfandrechts zur Finanzierung des Kaufpreises erforderlich, selbst wenn diese unter Ausnutzung einer in dem Kaufvertrag erteilten Belastungsvollmacht bestellt wurde und die Erklärungen der Eltern in dem Kaufvertrag einschließlich der Belastungsvollmacht bereits familiengerichtlich genehmigt worden ist (vgl. OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 59 = FamRZ 2005, 832; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 20 W 251/11 -, juris; Palandt/Götz, a.a.O., § 1821 Rn. 10; Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 3688). Nach a.A. bedarf es keiner zusätzlichen Genehmigung, wenn in dem genehmigten Kaufvertrag bereits die wesentlichen Vertragsbestimmungen für die Bestellung des Grundpfandrechts enthalten sind (vgl. LG Schwerin MittBayNot 1997, 297; LG Saarbrücken Rpfleger 1982, 25; vgl. zum Meinungsstand DNotI-Report 2003, 129).

Der Senat schließt sich der h.M. an. Wie das OLG Frankfurt und das OLG Zweibrücken überzeugend ausgeführt haben, bedarf der Kreis der genehmigungsbedürftigen Verfügungen im Sinne des § 1821 Abs. 1 Nr.1 BGB im Interesse der Rechtssicherheit einer klaren Abgrenzung, die sich an formalen Kriterien zu orientieren hat und eindeutig zu bestimmen sein muss, so dass zur Abgrenzung der genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte kein Raum für eine wertende, an der wirtschaftlichen oder sonstigen Bedeutung orientierten Betrachtungsweise ist (vgl. BGHZ 17, 160; 38, 26/28 und 52, 316/319; KG NJW-RR 1993, 331). Deshalb kann eine eindeutig unter den Wortlaut des § 1821 Abs. 1 Nr.1 BGB fallende Verfügung aus der Genehmigungspflicht nicht deshalb herausgenommen werden, weil die Interessen des Betreuten möglicherweise bereits durch die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines anderen Rechtsgeschäfts als gewahrt angesehen werden können und deshalb die Genehmigungsbedürftigkeit bei wertender Betrachtung in Frage gestellt werden könnte (vgl. KG und OLG Zweibrücken sowie OLG Frankfurt jeweils a.a.O.).

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 4, 30 KostO. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 S. 1 GBO liegen nicht vor.

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