Ist ein Erbschein wegen einer formunwirksamen letztwilligen Verfügung aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu erteilen, kann der Richter die Entscheidung über den Erbscheinsantrag dem Rechtspfleger übertragen.
Ist ein Erbschein wegen einer formunwirksamen letztwilligen Verfügung aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu erteilen, kann der Richter die Entscheidung über den Erbscheinsantrag dem Rechtspfleger übertragen.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 23.12.2013 wird aufgehoben.
Das Verfahren wird gem. § 16 Abs. 2 RPflG dem Rechtspfleger des Amtsgerichts zur Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge übertragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist nach den §§ 58 ff. FamFG zulässig.
Der Senat versteht die von den Beteiligten zu 1) bis 6) eingelegte Beschwerde in der Weise, dass diese mit der Beschwerde in erster Linie den von der Beteiligten zu 1) erstinstanzlich gestellten Erbscheinsantrag vom 31.07.2013 auf der Grundlage gesetzlicher Erbfolge weiterverfolgen wollen. Insoweit sind alle Beteiligten auch beschwerdebefugt, da ihnen durch den amtsgerichtlichen Beschluss das von ihnen beanspruchte anteilige gesetzliche Erbrecht abgesprochen wird.
Die am Ende des Beschwerdeschriftsatzes vorgenommenen Ausführungen zu einer Erteilung eines Alleinerbscheins für die Beteiligte zu 1) versteht der Senat als Hilfserwägungen für den Fall, dass von einer wirksamen letztwilligen Verfügung des Erblassers auszugehen sein sollte.
Die Beschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und zur Zurückgabe des Erbscheinsverfahrens an das Amtsgericht – Rechtspfleger – zwecks Neubescheidung.
Das von dem Erblasser am 12.02.2007 verfasste Schriftstück stellt keine formwirksame letztwillige Verfügung dar, sondern lediglich den Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments (§ 2267 BGB).
Der Erblasser hatte bei der Absetzung des am 12.02.2007 verfassten und von ihm unterschriebenen Schriftstücks die Absicht, mit seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1), ein gemeinschaftliches Testament zu errichten. Zwar ist das Schriftstück mit „Mein letzter Wille“ überschrieben. In dem weiteren Text nimmt der Erblasser jedoch auf ein gemeinsam mit der Beteiligten zu 1) wahrgenommenes Beratungsgespräch bei dem Notar I Bezug, auf dessen Grundlage die folgenden Anordnungen getroffen werden sollen. Diese Anordnungen betreffen primär die Zeit nach dem Tod beider Ehegatten. Das zweiseitige Dokument enthält zudem am Ende jeder Seite Raum für eine von der Beteiligten zu 1) zu leistende Unterschrift. Aus der formalen Gestaltung des Schriftstücks und dem aufgrund des gemeinsamen Beratungsgesprächs bei dem Notar I vorhandenen Willen der Ehegatten, gemeinsam zu testieren, ergibt sich der Wille der Erblassers, ein gemeinschaftliches Testament nach § 2267 BGB zu errichten.
Als gemeinschaftliches Testament ist die letztwillige Verfügung aber nicht wirksam geworden (§§ 2267 Satz 1, 125 Satz 1 BGB), da die Beteiligte zu 1) das vollständig von dem Erblasser verfasste Testament nicht unterschrieben hat.
Das vom Erblasser verfasste Schriftstück kann entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Ansicht auch nicht als Einzeltestament des Erblassers aufrecht erhalten werden.
Zwar genügt das von dem Erblasser handschriftlich verfasste und unterschriebene Schriftstück den Formerfordernissen nach § 2247 BGB, es fehlt aber an dem erforderlichen Willen des Erblassers eine einseitige letztwillige Verfügung zu errichten.
Für die Frage, ob nur der Entwurf eines gescheiterten gemeinschaftlichen Testaments oder wirksame einseitige Verfügungen vorliegen, kommt es auf den Willen desjenigen an, der die Erklärung niedergelegt hat (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1140; Münchener Kommentar-Musielak, BGB, 6. Auflage, § 2267 Rn.25 und § 2265 Rn.7). Entscheidend ist, ob der durch Auslegung zu ermittelnde Wille des Erblassers dahin geht, dass seine Verfügungen, die er als gemeinschaftliches Ehegattentestament entworfen hatte, unabhängig vom Beitritt des anderen Ehepartners gelten sollen (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1370; BayObLG FamRZ 2001, 518).
Von einem Willen des Erblassers, dass seine Verfügung unabhängig vom Beitritt der Beteiligten zu 1) gelten sollte, kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ziel des Erblassers war es nach dem Inhalt der letztwilligen Verfügung und den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten, das im hälftigen Eigentum der beiden Ehegatten stehende Familienheim der Familie zu erhalten. Dieses Vorhaben war aber nur dann effektiv umzusetzen, wenn sich auch die Beteiligte zu 1) in der letztwilligen Verfügung hinsichtlich ihres Eigentumsanteils und des ihr im Wege der Erbfolge zufallenden Eigentumsanteils des Erblassers verpflichtete, diesen dem dafür vorgesehenen Sohn U als Schlusserben zukommen zu lassen. Dieses wäre aber nur möglich gewesen, wenn die Beteiligte zu 1) die letztwillige Verfügung mitunterzeichnet hätte.
Für einen bloßen Entwurf spricht auch das Verhalten des Erblassers nach der Errichtung. Er hat den Tod seines ältesten Sohnes U, der nur sechs Wochen nach der Absetzung des Schriftstücks eingetreten ist, nicht zum Anlass genommen, eine Änderung vorzunehmen. Diese wäre aber vor dem Hintergrund, dass dem Sohn U das gemeinsame Haus der Eheleute nach dem Tod des Letztversterbenden zugedacht war, erforderlich gewesen, zumal der Erblasser nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten zu 1) bis 3) nunmehr den beiden Töchtern, den Beteiligten zu 2) und 3), das Haus zukommen lassen wollte.
Auch die Tatsache, dass der Erblasser das von ihm errichtete Schriftstück in der Folgezeit nie gegenüber den Beteiligten erwähnt hat, spricht dafür, dass er es selbst nur als Entwurf angesehen hat, der sich mit dem Tode seines Sohnes U überholt hatte.
Damit steht fest, dass sich die Erbfolge nicht nach der formunwirksamen letztwilligen Verfügung vom 12.02.2007 richtet, sondern gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. Die amtsgerichtliche Entscheidung, mit der der auf der Grundlage der gesetzlichen Erbfolge gestellte Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen wird, muss daher aufgehoben werden.
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) ist derzeit nicht entscheidungsreif, um einen Feststellungsbeschluss nach § 352 FamFG erlassen zu können. Denn in den dem Senat zur Verfügung stehenden Akten liegen die Personenstandsurkunden, die zum Nachweis der gesetzlichen Erbfolge erforderlich sind, nicht vollständig vor. Vor einer abschließenden Entscheidung müssen die Originale dieser Urkunden eingereicht und überprüft werden. Zu diesem Zweck hat der Senat die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. An dieser Verfahrensweise sieht sich der Senat nicht durch das Gebot der eigenen Sachentscheidung des Beschwerdegerichts (§ 69 Abs. 1 FamFG) gehindert. Denn auf diese Weise macht der Senat lediglich von einer verfahrensrechtlichen Möglichkeit Gebrauch, die in gleicher Weise dem Richter des Amtsgerichts zur Verfügung steht, nämlich nach Verneinung des Eintritts einer Erbfolge aufgrund einer vorliegenden letztwilligen Verfügung die Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge dem Rechtspfleger des Amtsgerichts zu übertragen (§ 16 Abs. 2 RPflG). Die abändernde Entscheidung muss denselben Inhalt heben können wie diejenige, die der Richter des Amtsgerichts auf der Grundlage des Standpunkts des Beschwerdegerichts selbst hätte treffen können.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf den § 40 Abs. 1 GNotKG und orientiert sich an den Angaben zum Wert des Nachlasses.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor.
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