OLG Koblenz 3 U 1142/13
Nachlassverfahren: Voraussetzungen eines von einem Miterben geltend gemachten Auseinandersetzungsanspruchs
Leitsatz
Begehrt ein Miterbe die Auseinandersetzung des Nachlasses muss der Klageantrag grundsätzlich auf Zustimmung zu einem bestimmten Teilungsplan lauten, der vorzulegen ist. Voraussetzung für einen Auseinandersetzungsanspruch ist das Vorliegen einer Teilungsreife. Grundsätzlich kann jeder Miterbe jederzeit Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses, also die Auflösung der Gesamthandsgemeinschaft, nicht aber eine Teilauseinandersetzung verlangen (in Anknüpfung an KG Berlin, Urteil vom Oktober 1960, 12 U 125/60, NJW 1961, 733 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 29. November 1973, 4 U 279/72, NJW 1974, 956)
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz – Einzelrichter – vom 29. August 2013 wie folgt abgeändert:
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
1
Die Parteien sowie deren Brüder, die Herren Heinz M. und Gerhard M., sind Miterben zu jeweils 1/4 Anteil nach dem am 09.12.2010 in Bad E. verstorbenen gemeinsamen Vater August M..
Der Kläger begehrt die Auseinandersetzung des Nachlasses. Zum Nachlass gehören ein Depot bei der D. Bank … im Wert von 20.702,14 € (Stand 17.07.2012) sowie ein Girokonto bei der N. Sparkasse im Wert von ca. 16.000,00 €. Der Miterbe Heinz M. und die Beklagte hatten sich bereits vorprozessual wechselseitig auf Auskunft über Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten in Anspruch genommen.
Die Parteien haben über die Teilungsreife des Nachlasses gestritten. Die Beklagte hat eingewandt, ein Teilungsbedürfnis bestehe noch hinsichtlich der persönlichen Wert- und Hausratsgegenstände des Erblassers, insbesondere einer Münzsammlung. Teilungsreife bestehe auch deshalb nicht, weil die Auskunftsansprüche bisher nicht erfüllt seien.
Der Kläger und die beiden Miterben haben im Laufe des Rechtsstreits beschlossen, die Münzsammlung auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen W. (GA 64 f.) zum Preis von 1362,20 € zu veräußern. Der Kläger hat seine Klageanträge daraufhin in Höhe von 340,55 € (1/4 von 1362,20 €) zugunsten der Beklagten geändert.
Er hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben der Kläger und die Miterben Heinz M. und Gerhard M. erklärt, dass sie auf mögliche Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte vorläufig verzichten (GA 67 ff.). Zugleich haben sie der Beklagten die unentgeltliche Übereignung und Übergabe der persönlichen Wert- und Hausratsgegenstände angeboten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf die konkret begehrte Auseinandersetzung des Nachlasses zu, da diese lediglich zu einer teilweisen Auseinandersetzung führe.Der durch den Kläger verfolgte Teilungsplan lasse Ausgleichsansprüche der übrigen Miterben gegenüber der Beklagten wegen zu Lebzeiten des Erblassers erfolgter geldwerter Zuwendungen unberücksichtigt. Anderes folge nicht aus den Erklärungen des Klägers und der Miterben, auf mögliche Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte vorläufig zu verzichten. Damit sei kein endgültiger und unbedingter Verzichtswille verbunden. Es obliege dem Kläger auch hinsichtlich der für möglich gehaltenen Ausgleichsansprüche der übrigen Miterben gegenüber der Beklagten ein zustimmungsfähiges Auseinandersetzungskonzept zu unterbreiten. Hieran fehle es.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Im Laufe des Berufungsverfahrens haben der Kläger und die Miterben auf etwaige Ausgleichsansprüche untereinander und gegenüber der Beklagten verzichtet. Darüber hinaus hat der Miterbe Heinz M. der Beklagten Auskunft über die von ihm zu Lebzeiten des Erblassers erhaltenen Zuwendungen erteilt.
Der Kläger beantragt nunmehr,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
Der Klageantrag muss grundsätzlich auf Zustimmung zu einem bestimmten Teilungsplan lauten, den der Kläger vorzulegen hat (Palandt-Weidlich, BGB, 73. Auflage 2014, § 2042 Rn. 21; Bamberger/Roth-Lohmann, BGB, 3 Auflage 2012, § 2042 Rn.7). Voraussetzung für einen Auseinandersetzungsanspruch ist das Vorliegen der Teilungsreife (KG, Urteil vom 10.1960 – 12 U 125/60 – NJW 1961, 733; OLG Karlsruhe, Urteil vom 29.11.1973 – 4 U 279/72 – NJW 1974, 956; Bamberger/Roth-Lohmann, ebd.; Soergel-W., BGB, Erbrecht, 2001, § 2042 Rn. 20). Grundsätzlich kann jeder Miterbe jederzeit Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses, nicht aber eine Teilauseinandersetzung verlangen (Staudinger/Werner, BGB, Neubearbeitung 2010, Rn. 37; Soergel-W., aaO, § 2042 Rn. 18).
Die vom Kläger begehrte Auseinandersetzung des Nachlasses war in erster Instanz lediglich auf eine teilweise Auseinandersetzung gerichtet, weil sie Ausgleichsansprüche der übrigen Miterben gegenüber der Beklagten wegen zu Lebzeiten des Erblassers erfolgter Zuwendungen aus §§ 2050 ff. BGB unberücksichtigt gelassen hat.
Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass der in der mündlichen Verhandlung protokollierten Erklärung der Miterben nicht die Bedeutung eines Anspruchsverzichts entnommen werden konnte. Die Miterben Gerhard und Heinz M. haben dort lediglich erklärt, auf mögliche Ausgleichsansprüche gegenüber der Beklagten aus §§ 2050 ff. BGB „vorläufig“ zu verzichten mit der Maßgabe, dass zunächst die Auseinandersetzung des Nachlasses, soweit möglich, erfolgen solle. Mit Recht hat die Beklagte eingewandt, dass dadurch lediglich ein möglicher Verzicht in den Raum gestellt worden sei, wenn der Nachlass im Übrigen einvernehmlich, etwa im Rahmen eines Vergleichs, auseinandergesetzt werde. Es kam aber weder zu einem Vergleich noch zu einer weiteren Erbauseinandersetzung. Zudem hat auch die Beklagte gegenüber dem Miterben Heinz M. gemäß Schreiben des Rechtsanwalts D. vom 20.06.2012 (Anlage A 2, GA 35) Auskunftsansprüche geltend gemacht (BE 2, GA 124), die in erster Instanz nicht erfüllt worden sind. Da die Miterben der Beklagten keine Auskünfte hinsichtlich möglicher Zuwendungen erteilt hatten, konnten Ausgleichsansprüche nach § 2050 BGB noch nicht abschließend geklärt werden.
Das Landgericht hat auch zu Recht ausgeführt, dass die vom Kläger gewünschte Aufteilung auf eine einseitige und endgültig zu Lasten der Beklagten wirkende Erbauseinandersetzung hinausliefe, was zur Folge hätte, dass mögliche Ansprüche der Beklagten ausgeschlossen wären, die übrigen Miterben sich aber weiterhin etwaige Ausgleichsansprüche gegen die Beklagten vorbehielten.
Aufgrund dieser Gegebenheiten hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
Aufgrund der somit eingetretenen Teilungsreife steht dem Kläger ein Anspruch auf die von ihm begehrte Auseinandersetzung des Nachlasses nach § 2042 BGB zu. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.01.2014 (GA 158 f.) und in dem nachgelassenen Schriftsatz (GA 163 f.) hiergegen auch keine Einwände mehr vorgebracht, sondern lediglich erbeten, dem Kläger die Kosten beider Instanzen aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.000,00 € festgesetzt (1/4 entsprechend der Erbquote des Klägers von 36.000 €).
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