OLG Köln, 2 Wx 128/13
Die Beschwerde der Beteiligten vom 22.03.2013 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Grundbuchamts – Aachen vom 25.02.2013 (AA-32719-1), an die Geschäftsstelle übergeben am 01.03.2013, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1.
Die Beteiligten zu 1) bis 5) sind im Grundbuch von B, als Eigentümerin des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes eingetragen, wobei die Beteiligten zu 2) und 4) noch mit ihren früheren Familiennamen „C“ bzw. „M“ verzeichnet sind.
Mit Schriftsatz vom 07.11.2012 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten eine auszugsweise Ausfertigung seiner Urkunde vom 05.09.2012 – UR Nr. 1xxx/2012 – und einer beglaubigten Abschrift seiner Änderungsurkunde vom 06.11.2012 – UR Nr. 2xxx/2012 – bei dem Grundbuchamt mit dem Antrag eingereicht, eine Vormerkung für den Erbbauberechtigten nach Maßgabe der Bewilligung in § 19 Abs. III Ziffer 1. der Urkunde einzutragen und die Familiennamen der Beteiligten zu 2) und 4) zu berichtigen.
In der Urkunde vom 05.09.2012 erklärten die Beteiligten zu 1) bis 5), der Beteiligten zu 6) an dem im Rubrum bezeichneten Grundbesitz ein Erbbaurecht zu bestellen. In der Präambel des wegen aller seiner weiteren Einzelheiten in Bezug genommen Urkundenauszuges (Bl. 4 – 22 d.A.) ist ausgeführt, der Erbbauberechtigte beabsichtige, das auf dem im Rubrum bezeichneten Grundbesitz und weiteren Grundstücken der Beteiligten zu 1) bis 5) gelegene Bestandsgebäude zu erwerben, um dieses anschließend abzureißen und ein neues Geschäftshaus zu errichten; hinsichtlich der weiteren Grundstücke würden gesonderte Erbbaurechtsverträge geschlossen.
Weiter heißt es in der Präambel:
„Soweit der Erbbauberechtigte das Bestandsobjekt abgerissen und das Geschäftshaus errichtet haben sollte, soll bei Beendigung des Erbbaurechtes durch Zeitablauf oder Heimfall der Grundstückseigentümer in der Lage sein, durch Abteilung der auf seinem Grundstück befindlichen Gebäudeteile eine separat nutzbare Einheit herzustellen. Die Kosten für diese Abteilung trägt der Erbbauberechtigte. Dem soll durch entsprechende planerische Vorgaben und statische Vorkehrungen bei der zwischenzeitlichen Bebauung des Grundstücks durch den Erbbauberechtigten Rechnung getragen werden. Sollte die Wiederherstellung einer separat nutzbaren Gebäudeeinheit infolge zwischenzeitlicher Rechtsänderungen nicht so, wie von den Parteien beabsichtigt, durchführbar sein, so verpflichten sich die Parteien, auch mit Wirkung für ihre Rechtsnachfolger an einer dem Gewollten im tatsächlichen und wirtschaftlichen Sinne möglichst entsprechenden Lösung mitzuwirken.“
Unter § 2 des Vertrages heißt es:
„Gegenstand des Erbbaurechtsvertrages
2.1 Der Grundstückseigentümer bestellt zugunsten des Erbbauberechtigten an
dem Grundbesitz ein Erbbaurecht.
2.1.1 Der Grundbesitz ist zurzeit mit dem Bestandsobjekt bebaut. Das Erbbaurecht erstreckt sich auch auf das über und unter der Oberfläche des Grundbesitzes befindliche Bauwerk mit der Maßgabe, dass dieses, sofern kein Abbruch und Wiederaufbau gemäß Ziffer 2.1.3. erfolgt, so umzubauen ist, dass eine körperlichbautechnische Teilbarkeit von Nachbargebäuden i.S.v. Ziffer 2.1.3 sichergestellt ist.
2.1.2 Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigter sind darüber einig, dass das Bestandsobjekt mit Entstehung des Erbbaurechts auf den Erbbauberechtigten gemäß § 12 Abs. 1 ErbbauRG als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts übergeht.
2.1.3 Der Erbbauberechtigte hat das Recht, aber nicht die Pflicht, auf seine Kosten jetzt und in Zukunft auf dem Grundbesitz vorhandene Bauwerke (und zwar sowohl solche, die bereits bei Begründung des Erbbaurechts vorhanden sind als auch solche, die der Erbbauberechtigte erst in Ausübung des Erbbaurechts neu errichtet hat) ganz oder teilweise abzubrechen („Abbruch“). Im Falle des Abbruchs ist er verpflichtet, den Grundbesitz wieder mit einem mindestens gleichwertigen Gebäude mit mindestens gleicher Nutzfläche zur gewerblichen Nutzung zu bebauen („Wiederaufbau“) vorbehaltlich der dann zu diesem Zeitpunkt geltenden öffentlichrechtlichen Vorschriften. Er ist berechtigt, das vorhandene oder neu zu errichtende Bauwerk in einen Zusammenhang mit anderen Gebäuden zu integrieren bzw. mit diesen zu verbinden, welche auf angrenzenden Grundstücken und dem hier betroffenen Grundbesitz errichtet werden können. Im Falle einer verbindenden Bebauung unter Einbeziehung des dem Grundstückseigentümer gehörenden Grundbesitzes ist jedoch der Erbbauberechtigte verpflichtet, durch entsprechende planerische Vorgaben und statische Vorkehrungen die Gestaltung des Bauwerks so vorzunehmen, dass eine Abtrennung zu einer separat nutzbaren Einheit statisch vorgesehen und tatsächlich möglich ist und das innerhalb der katastermäßigen Grenzen liegende Gebäude dergestalt über- und unterirdisch auf Kosten des Erbbauberechtigten umgebaut und abgeteilt werden kann, dass es jeweils in dimensionsgerechter Ausführung über einen eigenen Eingang, ein eigenes Treppenhaus sowie alle öffentlichrechtlichen Versorgungseinrichtungen (z.B, Wasser, Abwasser, Strom, Gas, Telekommunikation usw.) verfügt; außerdem muss eine eigene Heizung und eigene Wasserversorgung für den Grundstückseigentümer auf Kosten des Erbbauberechtigten bei Beendigung des Erbbaurechts wieder hergestellt werden können („körperlichbautechnische Teilbarkeit von Nachbargebäuden“). Sämtliche Giebelwände und Öffnungen sind entsprechend den dann gültigen behördlichen Bestimmungen herzustellen, zu verputzen und alle Installationsleitungen zu trennen. Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, auf seine Kosten alle notwendigen baulichen Maßnahmen zu einer solchen ggf. erforderlich werdenden Abteilung vorzunehmen. Die Planung und die Bauarbeiten erledigt der Erbbauberechtigte in eigener Verantwortung. Die notwendigen Genehmigungen werden vom Erbbauberechtigten beantragt.“
In dem Änderungsvertrag vom 06.11.2012 heißt es:
„1. Die Präambel des Erbbaurechtsvertrages wird am Ende vor dem Satz „Die Parteien vereinbaren daher Folgendes:“ um folgenden Absatz ergänzt:
Es wird klargestellt, dass das Geschäftshaus – auch wenn es von seinem äußeren Erscheinungsbild her sich als ein Gebäude darstellt -, sich in seinem körperlichbautechnischen Grundaufbau aus mehreren selbständigen Gebäuden zusammensetzen soll, die auf die jeweiligen Erbbaurechtsflächen begrenzt sind und – nach Vornahme entsprechender Umbauten, – auch als eigenständige Geschäftshäuser genutzt werden können.“
2. In Ziff. 2.1.3 des Erbbaurechtsvertrages wird vor der Klammerdefinition („körperlichbautechnische Teilbarkeit von Nachbargebäuden“) ein Punkt gemacht und die folgenden Sätze wie folgt neu gefasst:
„Soweit sich aus § 1 Abs. (3) ErbbauRG weitergehende Anforderungen an die Wahrung der Selbständigkeit der Gebäude ergeben, sind diese bei der verbindenden Bebauung zusätzlich zu beachten („Körperlichbautechnische Teilbarkeit von Nachbargebäuden “).
Spätestens bis zur Beendigung des Erbbaurechts muss der Rückbau der verbindenden Bebauung entsprechend dem Vorstehenden durchgeführt worden sein. Sämtliche Giebelwände und Öffnungen sind dann entsprechend den dann gültigen behördlichen Bestimmungen wieder herzustellen, zu verputzen und alle Installationsleitungen zu trennen. Die Planungen und die Bauarbeiten erledigt der Erbbauberechtigte in eigener Verantwortung. Die notwendigen Genehmigungen werden vom Erbbauberechtigten beantragt. Die Kosten trägt der Erbbauberechtigte. „
Mit Schriftsatz vom 13.02.2013 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten seine Änderungsurkunde vom 11.01.2013 – UR Nr. xxx/2013 – eingereicht.
Darin ist unter Bezugnahme auf den Erbbaurechtsvertrag nebst Änderungsurkunde ausgeführt:
„Der Vertrag sieht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Zulässigkeit eines sog. Nachbarerbbaurechts in Rechtsprechung und Literatur noch nicht abschließend geklärt ist, vor, dass im Falle einer im Erbbaurechtsvertrag näher beschriebenen verbindenden Bebauung die körperlichbautechnische Teilbarkeit des Gebäudes von Gebäuden auf angrenzenden Grundstücken gewahrt bleiben muss. Als Teil der dinglichen Bauverpflichtung des Erbbaurechts ist vereinbart, dass spätestens bis zur Beendigung des Erbbaurechts die vollständige Trennung der Gebäude vollzogen sein muss.
In Konkretisierung und Ergänzung dieser Bestimmungen vereinbaren wir nunmehr
Folgendes:
Eine Verbindung des Gebäudes mit angrenzenden Gebäuden auf Nachbargrundstü-cken hat ggf. so zu erfolgen, dass die körperlichbautechnische Teilbarkeit des Gebäudes gewahrt bleibt. Dies bedeutet: Jedenfalls das Fundament und das unmittelbar über dem Fundament liegende Untergeschoss werden vollkommen getrennt von
dem Nachbargebäude errichtet, wobei stabilisierende Verzahnungen, Öffnungen und Einbauten (wie z.B. Lüftungskanäle oder Fußbodenbekleidung) zulässig sind. Sämtliche darüber liegenden Geschosse können zwar mit Nachbargebäuden durchgehend verbunden sein. Jedoch muss der spätere Einbau einer durchgehenden Trennmauer zum Nachbargebäude entlang der Grundstücksgrenze bereits planerisch berücksichtigt und müssen entsprechende Vorrüstungen dafür vorgenommen worden sein, so dass sichergestellt ist, dass das Gebäude zu einem vollkommen getrennten, eigenständigen Gebäude ausgebaut werden kann. In Bezug auf Ver- und Entsorgungsleitungen ist für jedes Gebäude bereits eine Anschlussmöglichkeit an das öffentliche Leitungsnetz vorgesehen. Auch innerhalb des Gebäudes sind die Ver- und Entsorgungsleitungen jedenfalls in ihren Grundzügen schon vorhanden. Eine eigene Zugangsmöglichkeit zum Gebäude von der S und der B (Erdgeschoss) aus muss vorhanden oder zumindest vorgerüstet sein. Treppenhäuser in dimensionsgerechter Ausführung werden – soweit nicht bereits vorhanden – zumindest planerisch berücksichtigt und können bei einer völligen Abtrennung des Gebäudes an im Gebäude schon jetzt berücksichtigten Trennstellen eingebaut werden. Ingesamt hat sich das Gebäude im Falle einer verbindenden Bebauung so darzustellen, dass sich aus der tatsächlich vorhandenen bautechnischkörperlichen Beschaffenheit und den Bauplänen ergibt, dass es sich von seiner Grundausrichtung her um ein selbständiges Gebäude handelt, bei dem lediglich die abschließenden, zu einer endgültigen Trennung führenden Baumaßnahmen mit einer vollkommen eigenständigen Statik, Trennmauern, Zugängen und Treppenhäusern sowie eigenständigen Versorgungssystemen in Bezug auf Wasser, Abwasser, Strom, Heizung etc. („abschließende Baumaßnahmen“) zunächst noch nicht durchgeführt wurden.
Eine verbindende Bebauung zu Nachbargebäuden ist nur zulässig, wenn diese e
benfalls körperlich – bautechnisch teilbar sind.
Teil der dinglichen Bauverpflichtung des Erbbaurechtes bleibt auch im Falle einer
verbindenden Bebauung, die abschließenden Baumaßnahmen durchzuführen und
ein vollständig real getrenntes eigenständiges Geschäftshaus zu errichten. Diese abschließenden Baumaßnahmen müssen spätestens durchgeführt worden sein
– im Falle der Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf unmittelbar vor
dem Zeitablauf
– im Falle des Heimfalls unmittelbar vor Vollzug des Heimfalls durch Rückübertragung des Erbbaurechts auf den Eigentümer
– im Falle des Abbruchs oder der Abtrennung eines angrenzenden Nachbarge
bäudes zeitgleich zu diesen Baumaßnahmen.
Wir stellen vorsorglich klar, dass die abschließenden Baumaßnahmen auch jederzeit früher durchgeführt werden können und der Erbbauberechtigte das Gebäude auch von Anfang an als selbständiges, vollständig abgetrenntes Gebäude errichten kann.“
Durch Beschluss vom 25.02.2013 (AA-32719-1), an die Geschäftsstelle übergeben am 01.03.2013, hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes den Antrag vom 07.11.2012 auf Eintragung einer Vormerkung für den Erbbauberechtigten zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beteiligten mit der Beschwerdeschrift ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 22.03.2013. Die Beschwerde macht geltend, weder handele es sich vorliegend um ein Nachbarerbbaurecht noch sei ein solches unzulässig; wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 22.03.2013 Bezug genommen.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamts hat durch Beschluss vom 28.03.2013 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
2.
Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Grundbuchbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; das Grundbuchamt hat den mit Schriftsatz vom 07.11.2012 eingereichten Antrag auf Eintragung einer Vormerkung für den Erbbauberechtigten mit Recht abgelehnt, weil ein durch Vormerkung sicherbarer Anspruch der Beteiligten zu 6) nicht entstanden ist.
Die Bestellung des Erbbaurechts gemäß der Urkunde vom 05.09.2012 in Verbindung mit den Änderungsurkunden vom 06.11.2012 und vom 11.01.2013 verstößt gegen § 1 Abs. 3 ErbbauRG. Nach dieser Bestimmung ist die Beschränkung des Erbbaurechts auf einen Teil eines Gebäudes unzulässig.
a)
Aus dieser Regelung folgt, dass die Bestellung eines sog. Nachbarerbbaurechts, also die Einräumung des Rechts, auf dem betreffenden Einzelgrundstück den darauf befindlichen unselbständigen Teil eines sich über mehrere Grundstücke erstreckenden Gebäudes zu haben, unzulässig ist.
Zwar beschränkt eine in Rechtsprechung (OLG Düsseldorf DNotZ 1974, 698; OLG Stuttgart 1975, 786) und Literatur (vgl. Staudinger/Rapp, ErbbauRG, Stand Nov. 2008, § 1 Rn. 34; Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 9. Aufl. 2010, § 1 Rn. 99 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 1694; Castor, Das Nachbarerbbaurecht, 2005, S. 90) vertretene Ansicht das Verbot des § 1 Abs. 3 ErbbauRG auf eine horizontale Teilung.
Der Senat vermag sich indes einer solchen einschränkenden Auslegung nicht anzuschließen; er folgt der Gegenansicht (von Oefele, Handbuch des Erbbaurechts, 5. Aufl. 2012, Rn. 3.84; MünchKomm/von Oefele, 5. Aufl. 2009, § 1 ErbbauRG Rn. 55 f.; Palandt/Bassenge, 72. Aufl. 2013, § 1 ErbbauRG Rn. 11; wohl auch Hügel/Otto, GBO, 2. Aufl. 2010, Stichwort „Erbbaurecht“, Rn. 76). Die Vorschrift erfasst auch eine mit einer grenzüberschreitenden Bebauung und der Bestellung eines Nachbarerbbaurechts verbundene grenzbezogene, vertikale Teilung. Eine Beschränkung des Verbots nach der Art der Teilung ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, bei dem dort genannten Stockwerkseigentum handelt es sich ersichtlich lediglich um ein Beispiel („insbesondere“), ohne dass sich dem eine Beschränkung auf Fälle horizontaler Teilung entnehmen ließe. Zudem zieht die Zulassung von Nachbarerbbaurechten die Gefahr des Auseinanderfallens von Rechten nach sich (s. insoweit auch BGH WM 1973, 999), zu deren Abwendung die Vertreter einer einschränkenden Auslegung des § 1 Abs. 3 ErbbauRG keine geeigneten Mittel aufzeigen. Da einzelne Erbbaurechte rechtlich selbständig sind, können sie an verschiedene Erwerber veräußert sowie verschieden belastet und dann getrennt versteigert werden, ferner kann nur bezüglich einzelner Rechte der Heimfall oder eine Aufhebung erfolgen; die Folge wäre, dass unselbständige Gebäudeteile im Eigentum verschiedener Erbbauberechtigter bzw. Eigentümer stünden (von Oefele Handbuch des Erbbaurechts, 5. Aufl. 2012, Rn. 3.76 f.; MünchKomm/von Oefele, 5. Aufl. 2009, § 1 ErbbauRG Rn. 56). Damit sind auch und gerade bei einer gedachten vertikalen Teilung eines Gebäudes durch eine Grundstücksgrenze Streitigkeiten insbesondere über die Benutzung und Instandhaltung der Gebäudeteile angelegt, die mit der Regelung des § 1 Abs. 3 ErbbauVO verhindert werden sollten (vgl. Castor a.a.O., S. 77).
Dass aufgrund der geltenden Regelung des § 1 Abs. 3 ErbbauRG sog. Nachbarerbrechte nicht als zulässig anzusehen sind, weshalb deren Zulässigkeit einer Gesetzesänderung bedürfte, ergibt sich auch aus einem anderen Umstand:
Denn der Gesetzgeber ist bei Schaffung der Sonderregelung des § 39 Abs. 3 SachenRBerG, durch welche u.a. die Zulässigkeit von Nachbarerbbaurechten in den neuen Bundesländern begründet wurde, nicht davon ausgegangen, dass ein Nachbarerbbaurecht unter der geltenden Regelung des § 1 Abs. 3 ErbbauRG (seinerzeit ErbbauRVO) zulässig ist, dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien:
In der Begründung des Regierungsentwurfs zu den §§ 39 – 41 SachenRBerG (Bundestagsdrucksache 12/5992, S. 78) ist ausgeführt:
„Nach dem Entwurf können deshalb
— mehrere Erbbaurechte an einem Grundstück im Gleichrang an erster Rangstelle
bestellt werden,
— sog. Gesamterbbaurechte bestellt werden, die sich auf mehrere Grundstücke er
strecken,
— unter bestimmten Voraussetzungen auch Erbbaurechte auf dem benachbarten
Grundstück zur Absicherung einer sich auf dieses Grundstück erstreckenden Be-
bauung bestellt werden (sog. Nachbarerbbaurechte).
Die in §§ 39 ff. vorgesehenen Neuregelungen sind nicht das Ergebnis eines besonderen Drangs nach Innovationen im Bereich des Sachenrechts oder eine Vorwegnahme einer Novellierung der ErbbauVO. Sie beruhen vielmehr auf der Notwendigkeit, angesichts der vorgefundenen, vielfach verworrenen Verhältnisse an den Grundstücken im Beitrittsgebiet und der meist noch unzureichenden Ausstattung in den Verwaltungen den Interessenausgleich zwischen den Grundstückseigentümern und den Nutzern vornehmen und dabei verkehrsfähige und beleihbare Rechte an den Grundstücken begründen zu müssen. Die Sachenrechtsbereinigung steht dazu unter einem erheblichen Zeitdruck; die gesetzlichen Grundlagen müssen, will man den Betroffenen nicht auf lange Zeit Rechtsunsicherheit zumuten und Investitionshindernisse hinnehmen, so schnell wie es eben geht geschaffen werden. Unter diesen Umständen sind auch atypische und nicht immer einfach zu begründende Vertragsgestaltungen eher zu vertreten als ein langes Zuwarten bis eine der Bebauung entsprechende Gestaltung der Grundstücksgrenzen vorliegt.“
Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber lediglich im Anwendungsbereich des SachenRBerG, der neuen Bundesländer, eine Zulässigkeit von Nachbarerbbaurechten begründen wollte, für die allgemeine Zulässigkeit dieses Rechtsinstituts indes eine „Novellierung der ErbbauRVO“ für erforderlich hielt; zu einer solchen Änderung der ErbbauRVO/des ErbbauRG, insbesondere der Bestimmung des § 1 Abs. 3, ist es bislang nicht gekommen. Zudem folgt aus der Einzelbegründung des Regierungsentwurfs zu § 39 Abs. 3 SachenRBerG (S. 137), dass mit der Vorschrift für das Beitrittsgebiet eine Sonderregelung zur Vermeidung der im Falle der nur in ein Grundstück oder Erbbaurecht betriebenen Zwangsvollstreckung oder eines nur von einem Grundstückseigentümer geltend gemachten Heimfallanspruchs zu Tage tretenden Probleme beabsichtigt war. Vor diesem Hintergrund ist de lege lata die Bestellung von Nachbarerbbaurechten außerhalb des Anwendungsbereichs gesetzlicher Sonderregelungen als unzulässig anzusehen.
Es besteht auch kein unabweisbares Bedürfnis, nach geltendem Recht die Einräumung von Nachbarerbbaurechten zuzulassen. Denn ein Erbbaurecht bei grenzüberschreitenden Bauwerken kann grundsätzlich in Gestalt eines nach allgemeiner Auffassung zulässigen Gesamterbbaurechts bestellt werden, bei dem die aufgezeigte Gefahr eines Auseinanderfallens der Rechtsinhaberschaft nicht besteht. Dass die Bestellung eines Gesamterbbaurechts in der Praxis auf Hindernisse stoßen kann, wenn einzelne Eigentümer nicht zu einer einheitlichen Erbbaurechtsbestellung bereit sind, beruht auf deren autonomer Entscheidung und bildet keinen hinreichenden Grund für eine Zulassung von Nachbarerbaurechten auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 ErbbauRG. Nach Auffassung des Senats ist daher eine entsprechende Regelung dem Gesetzgeber vorbehalten, wenn er hierfür, wie schon im Zusammenhang mit § 39 Abs. 3 SachenRBerG geschehen, ein Bedürfnis der Rechtspraxis sieht.
b)
Entgegen der Ansicht der Beschwerde handelt es sich bei dem Erbbaurecht gemäß der Urkunde vom 05.09.2012 in Verbindung mit den Änderungsurkunden vom 06.11.2012 und vom 11.01.2013 um ein nach den aufgezeigten Maßstäben unzulässiges Nachbarerbbaurecht, weil eine Selbständigkeit der auf den jeweiligen Grundstücken gelegenen Gebäudeteile für den Fall des Auseinanderfallens der Rechtszuständigkeit nicht gewährleistet ist.
Dies folgt – unabhängig voneinander – sowohl aus der Beschaffenheit des Bestandsgebäudes und der insoweit getroffenen Vereinbarungen als auch aus den vertraglichen Regelungen betreffend das für den Fall eines Abbruchs des Bestandsgebäudes zu errichtende Geschäftsgebäude.
Das eingeräumte Erbbaurecht erstreckt sich auch auf das vorhandene Bestandsgebäude, denn ein Erbbaurecht besteht gemäß § 1 Abs. 1 ErbbauRG in dem Recht, auf oder unter der Oberfläche ein Bauwerk zu „haben“, sodass nicht nur ein noch zu errichtendes Bauwerk erfasst wird. Dass aufgrund des vorliegenden Bauzustandes eine Selbständigkeit der auf den jeweiligen Grundstücksflächen gelegenen Gebäudeteile nicht vorliegt, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerde, wonach das Gebäude zwar in Teilbereichen Elemente eines selbständigen Gebäudes, wie etwa einen eigenen Zugang von der Reihstraße, ein eigenes Treppenhaus im Hinterhaus sowie Giebeltrennwände aufweise, dies aber „in weiten Bereichen“ nicht zutreffe, weshalb nach der Darstellung der Beschwerde mehr gegen als für die Annahme eines selbständigen Gebäudes spreche. Die damit fehlende Selbständigkeit wird nicht durch die unter Ziffer 2.1.1. des Vertrages vom 05.09.2012 für den Fall des Nichtabrisses vereinbarte Umbauverpflichtung hergestellt. Denn in der Zeit bis zu einem entsprechenden Umbau des Bestandsgebäudes kann – zumal eine bestimmte Fälligkeit der Umbauverpflichtung nicht vorgesehen ist – aufgrund eines der oben unter a) aufgeführten Umstände ein Auseinanderfallen der Rechte eintreten, bevor die im Vertrag genannte „körperlichbautechnische Teilbarkeit“ herbeigeführt ist, so dass die Gefahr des Bestehens unterschiedlicher Rechte an nicht selbständigen Bauwerkteilen nicht gebannt ist.
Im Ergebnis nichts anderes gilt für das Geschäftsgebäude. Denn nach der Regelung in dem Änderungsvertrag vom 06.11.2012 muss der Rückbau der verbindenden Bebauung „entsprechend dem Vorstehenden“ (d.h. entsprechend der unter Ziffer 2.1.3. des Vertrages vom 05.09.2012 zur Herstellung einer Trennbarkeit vorgesehenen bautechnischen Maßnahmen) „spätestens bis zur Beendigung des Erbbaurechts“ durchgeführt worden sein; die Änderungsurkunde vom 11.01.2013 sieht als Zeitpunkte, in denen die abschließenden Baumaßnahmen spätestens durchgeführt sein müssen, die Beendigung des Erbbaurechts, den Vollzug des Heimfalls sowie den Abbruch bzw. die Abtrennung einen angrenzenden Nachbargebäudes vor. Dadurch aber wiederum ist eine Selbständigkeit der auf den jeweiligen Grundstücken gelegenen Gebäudeteile für den Fall einer Änderung der Rechtsinhaberschaft vor Beendigung des Erbbaurechts aus anderen Gründen, sei es etwa durch Veräußerung oder aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, nicht gewährleistet, sodass es während des Bestehens des Erbbaurechts zu einem Auseinanderfallen der Rechtsinhaberschaft und hierdurch zu Streitigkeiten kommen kann, auf deren Vermeidung die Regelung des § 1 Abs. 3 ErbbauRG abzielt.
Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten ist nicht veranlasst, weil den Beschwerdeführern kein Gegner gegenüber steht; davon unberührt bleibt ihre Haftung für die Gerichtskosten nach den Vorschriften der Kostenordnung.
Die Rechtsbeschwerde ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts (§ 78 Abs. 2 Satz 1 GBO) zuzulassen; die für die Rechtspraxis bedeutsame und umstrittene Frage der Zulässigkeit des sog. Nachbarerbbaurechts ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt.
Rechtsmittelbelehrung :
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben. Sie ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichung einer in deutscher Sprache abgefassten und unterschriebenen Beschwerdeschrift eines bei dem Bundesgerichtshofs zugelassenen Rechtsanwalts bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe) einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, ist die Rechtsbeschwerde innerhalb einer Frist von einem Monat zu begründen; diese Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses und kann auf Antrag durch den Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 11.400.000,– €
(maßgeblich ist das Fünfundzwanzigfache des mit 456.000,– € vereinbarten jährlichen Erbbauzinses, §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 3, 24 Abs. 1 a) KostO)
3.
Der Senat sieht sich durch die Fassung des Rubrums des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses veranlasst, das Amtsgericht für künftige Fälle darauf hinzuweisen, dass der einen Eintragungsantrag einreichende Urkundsnotar in aller Regel – und auch hier – nicht Antragsteller in eigener Person und damit Beteiligter, sondern Vertreter des Antragstellers aufgrund der ihm durch § 15 Abs. 2 GBO eingeräumten Vertretungsmacht ist.
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